T 1472/08 (Fungizide Triazolopyrimidine/BASF) of 8.2.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T147208.20120208
Datum der Entscheidung: 08 Februar 2012
Aktenzeichen: T 1472/08
Anmeldenummer: 05716390.9
IPC-Klasse: A01N 43/90
C07D 487/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: 5,6-Cycloalkyl-7-amino-triazolopyrimidine, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung zur Bekämpfung von Schadpilzen sowie sie enthaltende Mittel
Name des Anmelders: BASF SE
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention R 137(3)
European Patent Convention R 100(1)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: Hauptantrag und Hilfsantrag 2 - nicht zugelassen
Hilfsantrag 1: Neuheit, erfinderische Tätigkeit und Ausführbarkeit (ja)
Orientierungssatz:

Es kann nicht Aufgabe des Prüfungsbeschwerdeverfahrens sein, das Prüfungsverfahren völlig neu aufzurollen durch die Zulassung von Ansprüchen mit erweiterten Definitionen von Merkmalen, sofern diese Ansprüche bereits im Prüfungsverfahren hätten vorgelegt werden können und diese Erweiterungen nicht zum Ausräumen von Einwänden sachdienlich sind, welche in der angefochtenen Entscheidung oder von der Kammer erhoben wurden.

Angeführte Entscheidungen:
G 0010/93
T 1969/08
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 2000/09
T 1428/11
T 2078/15
T 3171/19

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung 05 716 390.9 basiert auf einer am 26. März 2005 eingereichten internationalen Patentanmeldung, welche als WO-A-2005/094 584 veröffentlicht wurde.

II. Die Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts wies die Anmeldung in einer Entscheidung zurück, deren schriftliche Fassung am 22. April 2008 zur Post gegeben wurde.

III. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

IV. Von der Prüfungsabteilung wurden u.a. die folgenden Entgegenhaltungen zitiert:

(D1) EP-A-0 141 317

(D3) Datenbank Beilstein Crossfire, Institut zur Förderung der chemischen Wissenschaften/DE; BRN 647 840, letztes Update: 3. September 1992

(D5) G. Berecz et al., Journal of Heterocyclic Chemistry, Band 36, Nr. 5 (1999), 1199-1212

(D6) Datenbank CAPLUS, Chemical Abstracts Service, Columbus, OH/US, AN 1991:122 274 & M. T. Wu et al., Journal of Heterocyclic Chemistry, Band 27, Nr. 6 (1990), 1159-1163

(D7) EP-A-0 220 458

(D8) US-A-2 444 607

(D9) DD-A-279 675.

V. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung basierte auf den Ansprüchen 1 bis 7, eingereicht mit dem Schreiben mit Datum vom 2. Juli 2007.

Deren Anspruch 1 lautete wie folgt:

"1. 5,6-Cycloalkyl-7-amino-triazolopyrimidine der Formel I

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

in der

X CH2, CH2CH2, CH2CH2CH2, CH2CH2CH2CH2 und CH2CH2CH2CH2CH2 oder CH=CH, CH=CHCH2, CH=CHCH2CH2, CH2CH=CHCH2, CH=CHCH2CH2CH2, CH2CH=CHCH2CH2, CH=CHCH=CH, CH=CHCH=CHCH2, wobei die Kohlenstoffketten durch ein oder zwei Heteroatome ausgewählt aus S, O oder NR**(1)unterbrochen sein können, und

R**(1) C1-C6-Alkyl bedeuten."

Anspruch 7 war auf ein Verfahren zur Bekämpfung von pflanzenpathogenen Schadpilzen mit Hilfe der Verbindungen gemäß Anspruch 1 gerichtet.

VI. Die Prüfungsabteilung begründete ihre Entscheidung damit, dass der Gegenstand der Ansprüche 1-4 nicht neu sei im Hinblick auf die Offenbarung jedes der Dokumente (D3) und (D5) bis (D9).

Der vorliegende Anspruch 1 enthalte auch spekulative Alternativen, nämlich 3- und 4-Ringe, die gegebenenfalls durch ein bis zwei Heteroatome erweitert werden. Diese ließen sich nicht nach dem offenbarten Verfahren herstellen und auf diese ließen sich die in den Beispielen offenbarten Produkte nicht verallgemeinern. Die Aufgabe, weitere Fungizide bereitzustellen, werde daher nicht glaubhaft gelöst. Folglich beruhe der Gegenstand der Ansprüche nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

VII. Mit der Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin geänderte Ansprüche ein, in denen die Definition des Substituenten R**(1) gleich, die des Restes X gleich oder enger gefasst war.

VIII. In ihrem ersten Bescheid zitierte die Kammer zusätzlich die folgende Entgegenhaltung:

(D10) T. Okabayashi et al., Chemical & Pharmaceutical Bulletin, Band 8, Nr. 12 (1960), 1095-1099.

IX. Mit dem Schreiben mit Datum vom 28. September 2011 antwortete die Beschwerdeführerin auf diesen Bescheid und reichte sechs Sätze von geänderten Patentansprüchen ein.

X. Als Anlage zur Ladung vom 25. November 2011 zur mündlichen Verhandlung erließ die Kammer einen zweiten Bescheid. In diesem erwog sie, jene dieser Anspruchssätze nicht in das Verfahren zuzulassen, in denen die Definition der Reste X und R**(1)sowohl gegenüber den im Prüfungsverfahren geänderten als auch im Hinblick auf die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Ansprüchen erweitert worden war.

XI. Die vorliegende Entscheidung basiert auf

- den Ansprüchen 1 bis 7 des Hauptantrags und

- den Ansprüchen 1 bis 7 des Hilfsantrags 2,

jeweils eingereicht mit dem Schreiben mit Datum vom 2. Januar 2012, sowie

- den Ansprüchen 1 bis 6 des Hilfsantrags 1 und

- den Ansprüchen 1 bis 6 des Hilfsantrags 3,

jeweils eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2012.

a) Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Bekämpfung von pflanzenpathogenen Schadpilzen, dadurch gekennzeichnet, dass man die Pilze, oder die vor Pilzbefall zu schützenden Materi- alien, Pflanzen, den Boden oder Saatgüter behandelt mit einer wirksamen Menge einer Verbindung der Formel I

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

in der

X C1-C12-Alkylen oder C2-C12-Alkenylen, wobei die Kohlenstoffketten durch ein oder zwei Heteroatome ausgewählt aus S, O oder NR**(1)unterbrochen sein können,

R**(1)Wasserstoff, C1-C6-Alkyl oder C(=O)-C1-C6-Alkyl ist."

b) Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Bekämpfung von pflanzenpathogenen Schadpilzen, dadurch gekennzeichnet, dass man die Pilze, oder die vor Pilzbefall zu schützenden Materi- alien, Pflanzen, den Boden oder Saatgüter behandelt mit einer wirksamen Menge einer Verbindung der Formel I

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

in der

X CH2CH2, CH2CH2CH2, CH2CH2CH2CH2, CH2CH2CH2CH2CH2, CH=CH, CH=CHCH2, CH=CHCH2CH2, CH2CH=CHCH2, CH=CHCH2CH2CH2, CH2CH=CHCH2CH2, CH=CHCH=CH oder CH=CHCH=CHCH2, wobei die Kohlenstoffketten durch ein oder zwei Heteroatome ausgewählt aus S, O oder NR**(1)unterbrochen sind, und

R**(1) C1-C6-Alkyl bedeuten."

c) Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 entspricht dem des Hauptantrags, mit der Änderung, dass die Kohlenstoffkette X nur durch ein Heteroatom (statt durch ein oder zwei Heteroatome) unterbrochen sein kann.

XII. Bei der Diskussion, ob die Ansprüche des Hauptantrags und des Hilfsantrags 2 in das Verfahren zugelassen werden sollten, gab die Beschwerdeführerin zu Bedenken, sie sei durch die unvermittelte Zurückweisung der Anmeldung überrascht worden, so dass sie keine Gelegenheit gehabt hätte, entsprechende Änderungen im Prüfungsverfahren vorzuschlagen. Der Gegenstand dieser Ansprüche sei von der Recherche umfasst. Deshalb sollten die Anträge zugelassen werden, auch wenn in deren Ansprüchen die Definitionen der Reste X und R**(1) weiter gefasst seien als in den vor der Prüfungsabteilung geänderten Ansprüchen. Zudem führe deren Zulassung zu keiner Verzögerung des Verfahrens.

Ihre Argumente zu den weiteren Einwänden können wie folgt zusammengefasst werden: Der Gegenstand der Ansprüche löse die Aufgabe, neue tricyclische Amine mit fungizider Wirkung bereitzustellen. Das Dokument (D1) sei als nächstliegender Stand der Technik anzusehen. Keines der zitierten Dokumente lege die beanspruchte Lösung dieser Aufgabe nahe. Die Verbindungen mit zwei Heteroatomen in der Kette X könnten teilweise aus dem Produkt gemäß (D4), teilweise auf einem alternativen Weg synthetisiert werden. Die Erfindung sei deshalb so ausreichend offenbart, dass der Fachmann sie ausführen könne.

XIII. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Zurückweisung aufzuheben und auf der Grundlage des Hauptantrags oder des Hilfsantrags 2, eingereicht mit Schreiben vom 2. Januar 2012, oder eines der Hilfsanträge 1 und 3, eingereicht während der mündlichen Verhandlung, ein Patent zu erteilen.

XIV. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag und Hilfsantrag 2

2.1 Die im zweiten Bescheid der Kammer geäußerten Bedenken gegen die Zulassung bestimmter, damals vorliegender Anspruchssätze treffen auch auf die des nun vorliegenden Hauptantrags und Hilfsantrags 2 zu, da hier in gleicher Weise die Definition der Reste X und R**(1)sowohl gegenüber den im Prüfungsverfahren geänderten als auch im Hinblick auf die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Ansprüchen erweitert worden ist (siehe oben unter Punkt XI a) und c)).

2.2 Die Beschwerdeführerin hatte bereits vor der Prüfungsabteilung geänderte Patentansprüche eingereicht. Gemäß Regel 137(3) EPÜ können weitere Änderungen nur mit Zustimmung der Prüfungsabteilung vorgenommen werden. Laut Regel 100(1) EPÜ ist diese Vorschrift entsprechend im Beschwerdeverfahren gegen Entscheidungen der Prüfungsabteilungen anzuwenden (siehe T 1969/08 vom 7. Juni 2011, Punkt 3.2 der Entscheidungsgründe). Im vorliegenden Fall bedürfen also weitere Änderungen der Anmeldung im Beschwerdeverfahren der Zustimmung der Kammer.

Entsprechend unterstreicht Artikel 12(4) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) die "Befugnis der Kammer, ..., Anträge nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können" (siehe Beilage zum ABl EPA 1/2012, 39-49).

2.3 Die Beschwerdeführerin sah sich durch die unvermittelte Zurückweisung der Anmeldung durch die Prüfungsabteilung gehindert, weitere Änderungen vorzuschlagen (siehe oben im ersten Absatz unter Punkt XII).

2.4 In der internationalen Phase der vorliegenden Anmeldung wurde am 20. März 2006 vom EPA ein internationaler vorläufiger Prüfungsbericht (IPER) erstellt. In diesem Bericht wurde u. a. der Gegenstand der ursprünglichen Ansprüche 1 bis 4 nicht für neu gehalten.

Der Bescheid der Prüfungsabteilung vom 11. Januar 2007 bestätigte die Einwände im IPER und forderte die Anmelderin auf, geänderte Ansprüche einzureichen.

Dies tat sie nach Fristverlängerung mit Schreiben mit Datum vom 2. Juli 2007.

Die Entscheidung der Prüfungsabteilung wurde am 22. April 2008 zur Post gegeben.

2.5 Da die Beschwerdeführerin keinen weiteren Antrag auf Fristverlängerung gestellt hat, geht die Kammer davon aus, dass die Beschwerdeführerin sich zum Zeitpunkt der Abfassung ihrer Antwort vom 2. Juli 2007 in der Lage sah, auf den Bescheid zu antworten und alle notwendigen Änderungen vorzunehmen.

In dieser Antwort erschöpfte sich die Stellungnahme zur Neuheit in dem Satz: "Wir gehen davon aus, dass durch die Präzisierung der Variablen in Formel I Neuheit hergestellt ist."

Es war jedoch allein schon im Hinblick auf die einzige im Dokument (D3) genannte Verbindung offensichtlich, dass der Gegenstand der so geänderten Ansprüche nicht neu war (siehe Punkt 2 des Beiblatts zum IPER). Deshalb hätte die Anmelderin und jetzige Beschwerdeführerin mit der Zurückweisung ihrer Anmeldung nach der Antwort auf den Erstbescheid rechnen müssen.

Aus diesen Gründen hält die Kammer die oben unter Punkt 2.3 zusammengefasste Argumentation der Beschwerdeführerin nicht für stichhaltig. Die Beschwerdeführerin hatte also durchaus ausreichend Gelegenheit, während des Prüfungsverfahrens Ansprüche einzureichen, in denen die Reste X und R**(1) wie in den Ansprüchen des vorliegenden Hauptantrags bzw. Hilfsantrags 2 definiert sind.

2.6 "Das Verfahren vor den Beschwerdekammern ist auch im Ex-parte- Verfahren primär auf die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung abgestellt" (G 10/93, ABl EPA 1995, 172, Punkt 4 der Entscheidungsgründe).

Daher kann es keinesfalls Aufgabe des Prüfungsbeschwerdeverfahrens sein, das Prüfungsverfahren völlig neu aufzurollen durch die Zulassung von Ansprüchen mit erweiterten Definitionen von Merkmalen, sofern, wie im vorliegenden Fall, diese Ansprüche bereits im Prüfungsverfahren hätten vorgelegt werden können und diese Erweiterungen nicht zum Ausräumen von Einwänden sachdienlich sind, welche in der angefochtenen Entscheidung oder von der Kammer erhoben wurden.

Ob der Gegenstand dieser geänderten Ansprüche von der Recherche umfasst wurde, kann offen gelassen werden.

Aus diesem Gründen entschied die Kammer gemäß Artikel 12(4) VOBK, die Ansprüche des Hauptantrags und des Hilfsantrags 2 nicht in das Verfahren zuzulassen.

3. Hilfsantrag 1

3.1 Neuheit

Die Neuheit des Gegenstands der Ansprüche des Hilfsantrags 1 wurde nicht bezweifelt. Sie beruht u.a. darauf, dass die im Anspruch 1 definierten Verbindungen

sich von der in der Entgegenhaltung (D3) bzw. (D10)

Verbindung der Formel

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

dadurch unterscheiden, dass der in der obigen Formel karbozyklische Ring in den erfindungsgemäßen Verbindungen ein oder zwei Heteroatome enthalten muss.

3.2 Erfinderische Tätigkeit

3.2.1 Nächstliegender Stand der Technik

Die Kammer stimmt mit der Beschwerdeführerin überein, dass die Entgegenhaltung (D1) bei der Ermittlung der erfinderischen Tätigkeit als nächstliegender Stand der Technik anzusehen ist. Als einzige der zitierten Entgegenhaltungen offenbart sie die in der vorliegenden Anmeldung angestrebte fungizide Wirkung.

In der Entgegenhaltung (D1) werden Verbindungen der folgenden Formel beansprucht

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

wobei

R**(1) ein gegebenenfalls substituierter Akylrest,

R**(2) Wasserstoff oder Alkyl bedeuten, und

A ein Stickstoffatom sein kann.

Diese Verbindungen unterscheiden sich von den im vorliegenden Anspruch 1 definierten dadurch, dass R**(1) und R**(2) gemäß (D1) nicht zu einem zweiwertigen Rest X verbunden sein können.

3.2.2 Aufgabe

In der vorliegenden Anmeldung wird die Aufgabe angesichts der Entgegenhaltung (D1) darin gesehen, Verbindungen mit verbesserter fungizider Wirkung und/oder verbreitertem Wirkungsspektrum bereitzustellen (siehe Seite 1, Zeile 37, bis Seite 2, Zeile 2).

Da keine vergleichbaren Daten zur Wirksamkeit der beanspruchten Verbindungen mit denen gemäß (D1) vorliegen, sieht die Kammer die gestellte Aufgabe darin, weitere fungizide Wirkstoffe bereitzustellen.

Bei der Beantwortung der Frage, ob diese Aufgabe im gesamtem Umfang der Ansprüche gelöst wird, können die mit den Schreiben vom 2. Juli 2007 und 2. Januar 2012 vorgelegten Wirkungsdaten berücksichtigt werden.

Diese belegen die fungizide Wirksamkeit der Verbindungen mit X = -CH2-S-CH2- (Verbindung I-3), bzw.

X = -CH2-CH2-S-CH2- (Verbindung I-4).

Da überdies die ursprüngliche Anmeldung auf Seite 19 die fungizide Wirksamkeit der nicht mehr erfindungsgemäßen Verbindung I-2 mit X = -CH2-CH2-CH2-CH2- dokumentiert, liegt der Schluss nahe, dass kleinere Variationen im Rest X keinen negativen Einfluss auf die fungizide Wirksamkeit der Verbindungen haben. Da sich die beanspruchten Verbindungen nur im Rest X unterscheiden, geht die Kammer davon aus, dass alle beanspruchten Verbindungen fungizid wirksam sind.

Aus diesen Gründen sieht sie die oben genannte Aufgabe als gelöst an.

3.2.3 Lösung

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt die vorliegende Anmeldung die Verbindungen der Formel I

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

vor, die im Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 definiert sind. Diese unterscheiden sich von den im Stand der Technik (D1) offenbarten Verbindungen der Formel

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

dadurch, dass mittels des Restes X ein weiterer Ring ankondensiert wird.

Die Entgegenhaltung (D1) gibt weder einen Hinweis auf Verbindungen, bei denen die einwertigen Reste R**(1) und R**(2) durch einen zweiwertigen Rest X ersetzt sind, noch legt sie nahe, dass die Reste R**(1) und R**(2) verändert werden könnten, ohne dass die fungizide Wirksamkeit verloren ginge. Da die übrigen zitierten Entgegenhaltungen keine fungizide Wirksamkeit offenbaren, hätte sie der Fachmann bei der Suche nach weiteren Fungiziden nicht berücksichtigt.

3.2.4 Aus diesen Gründen beruht der Gegenstand des Stoffanspruchs 3 des Hilfsantrags 1 auf erfinderischer Tätigkeit. Gleiches gilt

- für die Ansprüche 2 und 4, die auf diese Verbindungen enthaltendes Saatgut bzw. fungizide Mittel gerichtet sind,

- für die Ansprüche 5 und 6 betreffend Verfahren zur Herstellung dieser Verbindungen, sowie

- für den auf ein Verfahren zur Bekämpfung von Schadpilzen mittels dieser Verbindungen gerichteten Anspruch 1.

3.3 Ausführbarkeit gemäß Art. 83 EPÜ

Die Prüfungsabteilung hat unter Punkt 4 a) ihrer Entscheidung moniert, die damals vorliegenden Ansprüche umfassten auch Verbindungen mit durch den Rest X aufgespannten Drei- bzw. Vierringen, bzw. Reste X mit ein oder zwei Heteroatomen, die nicht auf dem in der Anmeldung skizzierten Syntheseweg zugänglich seien.

In den nun vorliegenden Ansprüchen ist die Definition des Restes X so geändert worden, dass Drei- oder Vierringe ausgeschlossen sind.

Ferner hat die Beschwerdeführerin auf Seite 3 ihres Schreibens vom 2. Januar 2012 dargelegt, wie der Fachmann die Verbindungen analog zu dem in der Anmeldung beschriebenen Verfahren herstellen konnte.

Folglich konnte der Fachmann die in den Ansprüchen des Hilfsantrags 1 definierte Erfindung ohne weiteres ausführen.

3.4 Anpassung der Beschreibung

Die Kammer hat sich vergewissert, dass die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte geänderte Beschreibung an die Ansprüche des Hilfsantrags 1 angepasst ist und keinen Anlass zur Beanstandung gibt.

4. Da der Hilfsantrag 1 gewährbar ist, braucht sich die Kammer nicht mit dem Hilfsantrag 3 zu befassen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Beschreibung:

Seiten 1-15, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2012

Ansprüche:

Nr. 1-6, eingereicht als Hilfsantrag 1 während der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2012.

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