European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2012:T143508.20120207 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 07 Februar 2012 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1435/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01915318.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | H03K 19/007 F16P 3/00 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Sicherheitsschaltgerät und Sicherheitsschaltgeräte-System | ||||||||
Name des Anmelders: | Pilz GmbH & Co. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Sick AG E. Dold & Söhne KG Siemens Aktiengesellschaft Leuze lumiflex GmbH + Co. KG |
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Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Neuheit - nein (Hauptantrag, Hilfsantrag 1 und Anspruch 1 in der aufrechterhaltenen Fassung) Erfinderische Tätigkeit - nein (Hilfsantrag 2a) Erfinderische Tätigkeit - ja (Hilfsantrag 4a) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden der Einsprechenden 01 und der Patentinhaberin richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 1 262 021 in geänderter Fassung.
II. In der angefochtenen Zwischenentscheidung stellte die Einspruchsabteilung u. a. fest, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung von 6. März 2008 eingereichten Hilfsantrag 3 neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Als Stand der Technik wurden u. a. folgende Dokumente berücksichtigt:
D1: DE-C2-42 42 792;
D2: "LCU-P Programmable Safety Interface - OPERATING INSTRUCTIONS" SICK AG, Ausgabe 8 008 364.0999;
D7: "Modulares Sicherheits-Interface MSImx/Rx MSI-mx/Tx - Anschluss- und Betriebsanleitung", Leuze lumiflex, 603600-07/99".
III. Mit der Beschwerdebegründung vom 18. September 2008 reichte die Patentinhaberin Ansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag 1 und Ansprüche 1 bis 12 gemäß Hilfsantrag 2 ein.
IV. Mit Schreiben vom 26. Januar 2009 reichte die Einsprechende 04 folgende Dokumente ein:
D7a: Rechnung der Firma Leuze lumiflex vom 20. August 1999 über die Auslieferung eines Sicherheits-Interface MSI-mx/Rx sowie einer Betriebsanleitung MSI-mx an die Firma J. Rettenmaier & Söhne, Rosenberg;
D7b: Rechnung der Firma Leuze lumiflex vom 22. Juli 1999 über die Auslieferung eines Sicherheits-Interface MSI-m/R an die Firma Windmöller und Hölscher, Lengerich.
V. Mit Schreiben vom 3. Februar 2009 reichte die Patentinhaberin drei weitere Sätze mit Patentansprüchen für Hilfsanträge 3 bis 5 ein.
VI. Am 7. Februar 2012 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Anwesend waren Vertreter der Patentinhaberin, der Einsprechenden 01, der Einsprechenden 03 und der Einsprechenden 04.
VII. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte mit der von ihr eingelegten Beschwerde, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten (Hauptantrag), hilfsweise, das Patent in geänderter Form auf der Grundlage des Hilfsantrags 1, eingereicht mit Schreiben vom 18. Dezember 2008, oder des Hilfsantrags 2a, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2012, aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende 01) und die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende 03 und 04) beantragten, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende 01) beantragte mit der von ihr eingelegten Beschwerde, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag), hilfsweise, das Patent in geänderter Form auf der Grundlage des Hilfsantrags 4a, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2012, aufrechtzuerhalten.
VIII. Anspruch 1 des erteilten Patents (Hauptantrag der Patentinhaberin) lautet wie folgt:
"Sicherheitsschaltgerät zum Ein- und sicheren Ausschalten eines elektrischen Verbrauchers (84, 124), insbesondere einer elektrisch angetriebenen Maschine, mit zumindest einem ersten und einem zweiten elektronischen Schaltelement (56, 58; 56, 58, 156, 158; 56, 58, 176, 178), zumindest einer ersten und einer zweiten Ausgangsklemme (76, 78; 76, 78, 152, 154; 76, 78, 172, 174) sowie zumindest einer Eingangsklemme (70, 72) für ein erstes Schaltsignal, das auf die Schaltelemente (56, 58; 56, 58, 156, 158; 56, 58, 176, 178) einwirkt, dadurch gekennzeichnet, daß das erste und das zweite Schaltelement (56, 58; 56, 58, 156, 158; 56, 58, 176, 178) jeweils einen Ausgang (66) aufweisen, der in Abhängigkeit von dem ersten Schaltsignal ein Ausgangssignal eines ersten (UB) oder eines zweiten Potentials (Masse) bereitstellt, wobei der Ausgang (66) des ersten Schaltelements (56; 56, 156; 56, 176) mit der ersten Ausgangsklemme (76; 76, 152; 76, 172) und der Ausgang (66) des zweiten Schaltelements (58; 58, 158; 58, 178) mit der zweiten Ausgangsklemme (78; 78, 154; 78, 174) verbunden ist."
Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:
"Sicherheitsschaltgerät zum Ein- und sicheren Ausschalten eines elektrischen Verbrauchers (84, 124), insbesondere einer elektrisch angetriebenen Maschine, mit zumindest einem ersten und einem zweiten elektronischen Schaltelement (56, 58; 56, 58, 156, 158; 56, 58, 176, 178), zumindest einer ersten und einer zweiten Ausgangsklemme (76, 78; 76, 78, 152, 154; 76, 78, 172, 174) und zwei Eingangsklemmen (70, 72) für ein Schaltsignal von einem zweikanaligen Schalter (74), das auf die Schaltelemente (56, 58; 56, 58, 156, 158; 56, 58, 176, 178) einwirkt, wobei das erste und das zweite Schaltelement (56, 58; 56, 58, 156, 158; 56, 58, 176, 178) jeweils einen Ausgang (66) aufweisen, der in Abhängigkeit von dem Schaltsignal ein Ausgangssignal eines ersten (UB) oder eines zweiten Potentials (Masse) bereitstellt, wobei der Ausgang (66) des ersten Schaltelements (56; 56, 156; 56, 176) mit der ersten Ausgangsklemme (76; 76, 152; 76, 172) und der Ausgang (66) des zweiten Schaltelements (58; 58, 158; 58, 178) mit der zweiten Ausgangsklemme (78; 78, 154; 78, 174) verbunden ist, gekennzeichnet durch eine Auswerte- und Steuereinheit (52) und zumindest zwei weitere Ausgangsklemmen (136, 138) sowie einen Taktgenerator (134), der zwei unterschiedliche Taktsignale an den zwei weiteren Ausgangsklemmen (136, 138) bereitstellt, wobei die zwei unterschiedlichen Taktsignale über den zweikanaligen Schalter (74) an die zwei Eingangsklemmen (70, 72) zurückführbar sind, und wobei die Auswerte- und Steuereinheit (52) dazu ausgebildet ist, die an die zwei Eingangsklemmen (70, 72) zurückgeführten Taktsignale mit den an den weiteren Ausgangsklemmen (136, 138) anliegenden Taktsignalen zu vergleichen, um in Abhängigkeit davon die Schaltelemente (56, 58) anzusteuern."
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2a ist nicht entscheidungserheblich und braucht hier nicht wiedergegeben zu werden.
Der unabhängige Anspruch 11 gemäß Hilfsantrag 2a lautet wie folgt:
"Sicherheitsschaltgeräte-System zum Ein- und sicheren Ausschalten eines elektrischen Verbrauchers mit zumindest zwei Sicherheitsschaltgeräten (50, 50'; 50, 110; 132, 50'), wobei jedes Sicherheitsschaltgerät (50, 50'; 50, 110; 132, 50') zumindest ein erstes und ein zweites elektronisches Schaltelement (56, 58; 56, 58, 156, 158; 56, 58, 176, 178), zumindest eine erste und eine zweite Ausgangsklemme (76, 78; 76, 78, 152, 154; 76, 78, 172, 174) sowie zumindest eine Eingangsklemme (70, 72) für ein erstes Schaltsignal, das auf die Schaltelemente (56, 58; 56, 58, 156, 158; 56, 58, 176, 178) einwirkt, wobei das erste und das zweite Schaltelement (56, 58; 56, 58, 156, 158; 56, 58, 176, 178) jeweils einen Ausgang (66) aufweisen, der in Abhängigkeit von dem ersten Schaltsignal ein Ausgangssignal eines ersten (UB) oder eines zweiten Potentials (Masse) bereitstellt, wobei der Ausgang (66) des ersten Schaltelements (56; 56, 156; 56, 176) mit der ersten Ausgangsklemme (76; 76, 152; 76, 172) und der Ausgang (66) des zweiten Schaltelements (58; 58, 158; 58, 178) mit der zweiten Ausgangsklemme (78; 78, 154; 78, 174) verbunden, und wobei die zumindest zwei Sicherheitsschaltgeräte derart in Reihe geschaltet sind, daß die ersten und zweiten Ausgangsklemmen (76, 78) des einen Sicherheitsschaltgerätes (50; 132) mit den Eingangsklemmen (70, 72) des nachfolgenden Sicherheitsschaltgerätes (50'; 110) verbunden sind, wobei an die erste und zweite Ausgangsklemme des nachfolgenden Sicherheitsschaltgerätes jeweils ein Aktor (80) angeschlossen ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Verbindung (102, 104) zwischen den ersten und zweiten Ausgangsklemmen (76,78) des einen Sicherheitsschaltgerätes (50) und den Eingangsklemmen (70,72) des nachfolgenden Sicherheitsschaltgerätes (110) zumindest einen weiteren Aktor (122) beinhaltet."
Der unabhängige Anspruch 12 unterscheidet sich vom Anspruch 11 dadurch, dass die Verbindung zwischen den ersten und zweiten Ausgangsklemmen des einen Sicherheitsschaltgerätes und den Eingangsklemmen des nachfolgenden Sicherheitsschaltgerätes zumindest einen "Schalter (106)" beinhaltet.
Anspruch 1 in der aufrechterhaltenen Fassung (Hilfsantrag 3 der angefochtenen Entscheidung) lautet wie folgt:
"Sicherheitsschaltgerät zum Ein- und sicheren Ausschalten eines elektrischen Verbrauchers (84, 124), insbesondere einer elektrisch angetriebenen Maschine, mit zumindest einem ersten und einem zweiten elektronischen Schaltelement (56, 58; 56, 58, 156, 158; 56, 58, 176, 178), zumindest einer ersten und einer zweiten Ausgangsklemme (76, 78; 76, 78, 152, 154; 76, 78, 172, 174) sowie zumindest einer Eingangsklemme (70, 72) für ein erstes Schaltsignal, das auf die Schaltelemente (56, 58; 56, 58, 156, 158; 56, 58, 176, 178) einwirkt, wobei das erste und das zweite Schaltelement (56, 58; 56, 58, 156, 158; 56, 58, 176, 178) jeweils einen Ausgang (66) aufweisen, der in Abhängigkeit von dem ersten Schaltsignal ein Ausgangssignal eines ersten (UB) oder eines zweiten Potentials (Masse) bereitstellt, wobei der Ausgang (66) des ersten Schaltelements (56; 56, 156; 56, 176) mit der ersten Ausgangsklemme (76; 76, 152; 76, 172) und der Ausgang (66) des zweiten Schaltelements (58; 58, 158; 58, 178) mit der zweiten Ausgangsklemme (78; 78, 154; 78, 174) verbunden ist, gekennzeichnet durch ein Betriebsmodus-Wahlmittel (140), das die Wahl zwischen zumindest einem ersten und einem zweiten Betriebsmodus ermöglicht, wobei die Schaltelemente (56, 58) in dem ersten Betriebsmodus im wesentlichen stationäre Ausgangssignale und im zweiten Betriebsmodus getaktete Ausgangssignale liefern."
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4a unterscheidet sich von Anspruch 1 in der aufrechterhaltenen Fassung durch folgende zusätzliche Merkmale:
"wobei die im wesentlichen stationären Ausgangssignale solche sind, die einem nachfolgenden typgleichen Sicherheitsschaltgerät (50') als stationär erscheinen, und wobei das nachfolgende Sicherheitsschaltgerät (50') die getakteten Ausgangssignale erkennen und gezielt auswerten kann, um einen Querschluss in der Verbindung zu der ersten und zweiten Ausgangsklemme zu entdecken, wobei die getakteten Ausgangssignale nicht dazu geeignet sind, ein Relais anzusteuern."
Die Ansprüche 2 bis 7 gemäß Hilfsantrag 4a sind auf Anspruch 1 zurückbezogen.
Anspruch 8 bezieht sich auf ein "Sicherheitsschaltgeräte-System mit zumindest zwei Sicherheitsschaltgeräten (50, 50'; 50, 110; 132, 50') nach einem der vorhergehenden Ansprüche".
Ansprüche 9 und 10 sind von Anspruch 8 abhängig.
IX. Im Bezug auf den Hauptantrag und den Hilfsantrag 1 hat die Einsprechende 01 im Wesentlichen auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung verwiesen. Hinsichtlich der übrigen Anträge der Patentinhaberin lassen sich die Argumente der Einsprechenden 01 wie folgt zusammenfassen:
Bild 2 auf Seite 6 von D2 beziehe sich auf ein Sicherheitsschaltgeräte-System, das dem Oberbegriff von Anspruch 11 bzw. 12 des Hilfsantrags 2a entspricht. Der einzige Unterschied zwischen dem bekannten System und dem Gegenstand von Anspruch 11 bzw. 12 bestehe darin, dass ein Aktor, wie z. B. ein Relais bzw. ein Schalter zwischen zwei verkettete Sicherheitsschaltgeräte des Systems geschaltet ist. Es sei aber eine an sich triviale technische Maßnahme, die Verbindung zwischen den Ausgangsklemmen des einen Sicherheitsschaltgerätes und den Eingangsklemmen des nachfolgenden Sicherheitsschaltgerätes je nach Bedarf mit einem Relais bzw. einem Schalter zu versehen. Der Gegenstand von Anspruch 11 bzw. 12 ergebe sich somit in naheliegender Weise aus D2 in Verbindung mit den üblichen Fachkenntnissen.
In Bezug auf den Wortlaut von Anspruch 1 in der aufrechterhaltenen Fassung oder gemäß Hilfsantrag 4a sei zu bemerken, dass die Art des Ausgangssignals, das das patentgemäße Sicherheitsschaltgerät liefert, abhängig vom nachgeschalteten Gerät ist, welches jedoch nicht Gegenstand des Anspruchs ist. Es bleibe damit völlig unklar, wann bei einem Sicherheitsschaltgerät ein im Wesentlichen stationäres Ausgangssignal vorliegt. Es sei ferner unklar, wie das Betriebsmodus-Wahlmittel ausgebildet sein muss, um eine Wahl zwischen zwei Betriebsmodi zu ermöglichen. Da der Fachmann nicht wisse, wie ein patentgemäßes Sicherheitsschaltgerät zu konstruieren ist, sei die beanspruchte Erfindung weder klar definiert noch ausführbar (Artikel 84 und 83 EPÜ).
Der Gegenstand von Anspruch 1 dieser Anträge solle sich zwar auf die Ausführungsform gemäß Figur 6 stützen. Er enthalte jedoch nicht alle wesentlichen Merkmale des dargestellten Systems, wie z. B. einen Taktgenerator. Anspruch 1 umfasse somit Ausführungsformen, die über die ursprüngliche Offenbarung hinausgehen (Artikel 123 (2) EPÜ). Ferner habe die in Anspruch 1 des Hilfsantrags 4a hinzugefügte Zweckangabe "um einen Querschluß in der Verbindung zu der ersten und zweiten Ausgangsklemme zu entdecken" keine klare technische Bedeutung im Kontext von Anspruch 1 und auch keine schutzbeschränkende Wirkung.
Unbeschadet dessen seien die tatsächlich schutzeinschränkenden Merkmale von Anspruch 1 aus D1 bekannt, wonach die Testimpulse so zu wählen sind, dass sie den anstehenden Sicherheitsproblemen entsprechend angepasst sind (D1, spalte 8, Zeilen 38 bis 44). Das sei eine andere Umschreibung dafür, dass der Fachmann eine Wahl der Ausgangssignale vornehmen muss, also dass "Wahlmittel" zwingend vorgesehen sein müssen. Damit offenbare D1 ein Betriebsmodus-Wahlmittel, das die Wahl zwischen zwei Betriebsmodi mit verschiedenen Ausgangssignalen, insbesondere mit Ausgangssignalen mit unterschiedlich getakteten Testimpulsen, ermöglicht. Ob es sich bei einem der gewählten Ausgangssignale um ein "im wesentlichen stationäres" Ausgangssignal handelt oder um ein "getaktetes", werde erst später durch ein nachgeschaltetes Gerät definiert und sei nicht Gegenstand des beanspruchten Sicherheitsschaltgerätes.
Ein Sicherheitsschaltgerät mit wählbaren Betriebsmodi, das in einem Schutzbetriebsmodus im Wesentlichen stationäre Signale und in einem Zweitaktbetriebsmodus Taktsignale an seine Ausgänge liefert, sei ferner aus D2 bekannt.
Der Gegenstand von Anspruch 1 in der aufrechterhaltenen Fassung und gemäß Hilfsantrag 4a sei somit nicht neu gegenüber D1 oder D2 (Artikel 54 EPÜ).
Hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4a seien sowohl aus D1 als auch aus D2 oder D7 Sicherheitsschaltgeräte bekannt, die im Wesentlichen stationäre und getaktete Ausgangssignale liefern.
Gemäß D1, Spalte 8, Zeilen 38 bis 44, seien die Testimpulse auf dem Ausgangssignal "entsprechend dem anstehenden Sicherheitsproblem" so vorzuwählen, dass sie der Trägheit des angeschlossenen Relais angepasst sind. Das Ausgangssignal sei dann ein im Wesentlichen stationäres Ausgangssignal. Wenn aber das Sicherheitsschaltgerät ein anderes Relais zu steuern habe, müssten die Testimpulse auf dem Ausgangssignal neu "entsprechend dem anstehenden Sicherheitsproblem" gewählt werden. Bei Anpassung der Testimpulse an ein zweites Relais mit einer erheblich geringeren Trägheit werde also der Betriebsmodus des Sicherheitsschaltgeräts von "getakteten" Ausgangssignalen auf "im wesentlichen" stationäre Ausgangssignale umgeschaltet.
Der Fachmann werde daher, ausgehend von D1 und vor die Aufgabe gestellt, das Sicherheitsschaltgerät für einen neuen Anschluss eines anderen Relais auszugestalten, dazu geführt, ein Wahlmittel bzw. ein Betriebsmodus-Wahlmittel vorzusehen, mit dem er im Falle des Anschlusses eines anderen Relais den Betriebsmodus derart umschaltet, dass aus "getakteten" Schaltsignalen "im wesentlichen" stationäre Schaltsignale werden.
Ausgehend von D1 könne ferner die Aufgabe der Erfindung, darin gesehen werden, ein Sicherheitsschaltgerät so zu gestalten, dass Schaltgeräte nach D1 wie in D2 kaskadierbar sind.
Der Fachmann, der eine solche Kaskadierung vornimmt, müsse sich nun überlegen, dass die Elektronik des nachfolgenden Sicherheitsschaltgeräts alle Signale, inklusive der Testimpulse, genauso gut wie ein ansonsten anliegendes mechanisches Relais "versteht".
Der Fachmann wisse, dass die Trägheit von mechanischen Relais durch die träge Mechanik verursacht wird. Ein nachgeschaltetes Sicherheitsschaltgerät habe diese Trägheit nicht. Es könne daher nicht mit den gleichen Testimpulsen arbeiten. Die Testsignale müssten dann entsprechend geändert werden. Jedes Schaltgerät, das nach der Lehre von D2 mit anderen ähnlichen Schaltgeräten verbunden werden kann, müsse somit eine solche Betriebsmodus-Wahlmöglichkeit anbieten, sonst wäre es nicht möglich, diese Schaltgeräte sowohl mit Relais als auch mit ähnlichen Schaltgeräten zu verbinden.
Angesichts des vorliegenden Standes der Technik sei somit für den Fachmann naheliegend gewesen, an ein Sicherheitsschaltgerät gemäß Anspruch 1 von Hilfsantrag 4a zu gelangen (Artikel 56 EPÜ).
Zusammenfassend biete keiner der von der Patentinhaberin gestellten Anträge eine Basis für die Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents.
X. Die Argumente der Patentinhaberin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Patentschrift enthalte in Absatz [0023] eine eigene Definition für den Begriff "im wesentlichen stationäre Ausgangssignale". Diese Definition stelle auf die Erkennbarkeit der Ausgangssignale bei einem nachfolgenden typgleichen Sicherheitsschaltgerät ab. Es sei somit ein eindeutiger Vergleichsmaßstab definiert.
Im Hinblick auf den Hauptantrag sei festzustellen, dass die aus D1 bekannte Schaltung kein Sicherheitsschaltgerät im Sinne des vorliegenden Patents betreffe, sondern lediglich die Ausgangsstufe einer Lichtschranke. Ferner gebe es in D1 keine Eingangsklemmen für ein erstes Schaltsignal. Dies ergebe sich bereits aus der unterschiedlichen zeichnerischen Darstellung der Eingänge 15a, 15b im Vergleich zu den Ausgängen 43a, 43b, wobei nur letztere nach D1, Spalte 5, Zeilen 29, 30 tatsächlich als Steckkontakte ausgeführt sind, während die Eingänge 15a, 15b keine Klemmen im Sinne des Patents aufweisen.
Da die Zugehörigkeit des Dokuments D7 zum maßgeblichen Stand der Technik nicht ausreichend belegt sei, stehe die Neuheit des Gegenstandes von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht in Frage.
Ansprüche 11 und 12 gemäß Hilfsantrag 2a bezögen sich auf ein Sicherheitsschaltgeräte-System mit zumindest zwei Sicherheitsschaltgeräten mit potenzialbezogenen Ausgangssignalen an redundanten Ausgangsklemmen, wobei die Ausgangsklemmen des einen Sicherheitsschaltgerätes mit Eingangsklemmen des anderen Sicherheitsschaltgerätes verbunden sind und wobei die Verbindung zumindest einen Aktor oder zumindest einen Schalter beinhaltet. Durch eine solche Anordnung lasse sich ein hierarchisches Steuerungssystem realisieren.
Lediglich D2 zeige eine Kaskade von zwei Lichtschranken-Interfacegeräten. Weder in D2 noch im weiteren Stand der Technik finde sich jedoch ein Hinweis auf die hierarchische Kaskade nach den Ansprüchen 11 und 12.
Anspruch 1 in der aufrechterhaltenen Fassung und Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4a stützten sich auf das in Figur 6 abgebildete Sicherheitsschaltgeräte-System und auf die entsprechenden Textstellen der Beschreibung, insbesondere auf die Absätze [0023], [0061], [0062] und [0063].
Ein Sicherheitsschaltgerät, welches das in Anspruch 1 des aufrechterhaltenen Patents aufgeführte Betriebsmodus-Wahlmittel umfasst, sei weder aus D1 noch aus D2 bekannt. Der Gegenstand dieses Anspruchs sei somit neu (Artikel 54 EPÜ).
Die Zweckangabe "um einen Querschluß in der Verbindung zu der ersten und zweiten Ausgangsklemme zu entdecken" in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4a impliziere für den Fachmann, dass die Taktsignale unterschiedlich, beispielweise phasenverschoben sein müssen.
Da ein Sicherheitsschaltgerät mit dem erfindungsgemäßen Betriebsmodus-Wahlmittel durch den vorliegenden Stand der Technik nicht nahegelegt sei, beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrags 4a auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
XI. Die Argumente der Einsprechenden 04 lassen sich wie folgt zusammenfassen:
D7 sei eine vorveröffentliche Druckschrift, deren Druckdatum, Juli 1999, auf der ersten Seite in Form der branchenüblichen Codierung 07/99 aufgedruckt ist. Als zusätzlicher Nachweis für die Veröffentlichung des Dokuments D7 bzw. für die Auslieferung eines entsprechenden Sicherheits-Interface MSI-mx/Rx vor dem Prioritätstag des Streitpatents seien zwei Rechnungen (D7a und D7b) eingereicht worden, wobei die auf D7a und D7b aufgeführten Geräte bzw. die dort aufgeführte Betriebsanleitung ohne jegliche Geheimhaltungsverpflichtung an die entsprechenden Kunden ausgeliefert worden seien. Bei der in D7a aufgeführten Betriebsanleitung handele es sich um das Dokument D7.
In Bezug auf den Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 und 2a hat sich die Einsprechende 04 im Wesentlichen der Argumentation der Einsprechenden 01 angeschlossen.
XII. Die Einsprechende 03 hat im Wesentlichen ausgeführt, dass der Hilfsantrag 2a nicht zulässig sei, weil sich die unabhängigen Ansprüche 11 und 12 auf Ausführungsformen der Erfindung bezögen, die die Patentinhaberin im Einspruchsverfahren nicht weiterverfolgt hatte. Hinsichtlich solcher Ausführungsformen sei die Patentinhaberin somit nicht beschwert.
In Bezug auf Hilfsantrag 2a hat die Einsprechende 03 sowohl die unzulässige Erweiterung des Anspruchsgegenstandes und des Schutzbereiches gegenüber dem erteilten Patents als auch die mangelnde Klarheit von Anspruch 1 geltend gemacht.
XIII. Die Einsprechende 02 hat im Lauf des Beschwerdeverfahrens keine Angaben gemacht.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag der Patentinhaberin ("Patent wie erteilt")
2.1 Anspruch 1 des angefochtenen Patents betrifft ein Sicherheitsschaltgerät zum Ein- und sicheren Ausschalten eines elektrischen Verbrauchers, insbesondere einer elektrisch angetriebenen Maschine, welches folgende Merkmale aufweist:
a) zumindest ein erstes und ein zweites elektronisches Schaltelement,
b) zumindest eine erste und eine zweite Ausgangsklemme,
c) sowie zumindest eine Eingangsklemme für ein erstes Schaltsignal, das auf die Schaltelemente einwirkt,
d) das erste und das zweite Schaltelement weisen jeweils einen Ausgang auf, der in Abhängigkeit von dem ersten Schaltsignal ein Ausgangssignal eines ersten oder eines zweiten Potentials (Masse) bereitstellt,
e) wobei der Ausgang des ersten Schaltelements mit der ersten Ausgangsklemme und der Ausgang des zweiten Schaltelements mit der zweiten Ausgangsklemme verbunden ist.
2.2 In Bezug auf Anspruch 1 des Streitpatents hat die Patentinhaberin im Wesentlichen geltend gemacht, dass die aus D1 bekannte Schaltung kein Sicherheitsschaltgerät im Sinne des Streitpatents betreffe, sondern lediglich die Ausgangsstufe einer Lichtschranke. Ferner zeige D1 keine Eingangsklemmen für ein erstes Schaltsignal.
3.1 D1 betrifft eine Sicherheitsschalteranordnung zum Ein- und Ausschalten der Stromversorgung eines elektrischen Verbrauchers, insbesondere einer elektrisch angetriebenen Maschine 22 (siehe Figur 1). Die aus D1 bekannte Sicherheitsschalteranordnung weist zwei parallelgeschaltete Schaltpfade 40a und 40b auf, deren Sensoreingängen 15a und 15b jeweils ein identisches Sensorschaltsignal 13a und 13b zugeführt wird, "welches beispielsweise von einer Lichtschranke stammt" (D1, Spalte 4, Zeile 60 bis Spalte 5, Zeile 2).
3.2 Laut Streitpatent (Absatz [0004]) werden gattungsgemäße Sicherheitsschaltgeräte "vor allem im industriellen Bereich verwendet, um elektrisch angetriebene Maschinen, wie beispielsweise eine Presse oder ein Fräswerkzeug, ein- und vor allem sicher auszuschalten. Sie dienen insbesondere in Verbindung mit einem mechanisch betätigbaren Not-Aus-Taster dazu, die Maschine in einer Notfallsituation schnell und zuverlässig abzuschalten. Hierzu wird in der Regel die Stromversorgung der abzuschaltenden Maschine über die Arbeitskontakte von zwei Schaltelementen geführt. Die Schaltelemente werden von dem Sicherheitsschaltgerät in einer fehlersicheren Art und Weise angesteuert. Sobald auch nur eines der beiden Schaltelemente seine Arbeitskontakte öffnet, wird die Stromzuführung der Maschine unterbrochen".
Gemäß Absatz [0009] kommt es in der Praxis sehr häufig vor, "daß mehrere Schaltereignisse, beispielsweise das Betätigen eines Not-Aus-Schalters 32, das Öffnen einer Schutztür 34 oder das Durchgreifen eines Lichtvorhangs 36 UND-verknüpft werden müssen. Hierzu werden, wie in Fig. 1 dargestellt, die Arbeitskontakte 22, 24 mehrerer Sicherheitsschaltgeräte 10, 12, 14 in Reihe geschaltet" (Unterstreichung hinzugefügt).
Das Streitpatent sieht daher ausdrücklich vor, dass das dem erfindungsgemäßen Sicherheitsschaltgerät zugeführte Schaltereignis durch eine Lichtschranke 36 generiert werden kann (siehe Figur 1).
3.3 Was das Merkmal "Ein- bzw. Ausgangsklemmen" anbelangt, geht einerseits aus dem angefochtenen Patent hervor, dass damit lediglich unspezifische, lösbare Anschlüsse zwischen dem Sicherheitsschaltgerät und einem Sicherheitsschalter 74 bzw. zwischen dem Sicherheitsschaltgerät und den Schaltelementen einer elektrischen Arbeitsmaschine gemeint sind. Andererseits liegt es auf der Hand, dass in D1 die Sensoreingänge 15a und 15b mit Klemmen versehen werden können, um die Verbindung mit dem Sensorausgang zu erleichtern.
3.4 Da das aus D1 bekannte Sicherheitsschaltgerät alle in Anspruch 1 des Streitpatents aufgeführten Merkmale offenbart bzw. impliziert, ist der Gegenstand von Anspruch 1 nicht neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ.
Hilfsantrag 1
4.1 Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 umfasst die vorstehend aufgelisteten Merkmale a), b), d) und e) und zusätzlich Folgendes:
c') zwei Eingangsklemmen für ein Schaltsignal von einem zweikanaligen Schalter;
i') eine Auswerte- und Steuereinheit und zumindest zwei weitere Ausgangsklemmen sowie einen Taktgenerator, der zwei unterschiedliche Taktsignale an den zwei weiteren Ausgangsklemmen bereitstellt, wobei die zwei unterschiedlichen Taktsignale über den zweikanaligen Schalter an die zwei Eingangsklemmen zurückführbar sind,
ii') die Auswerte- und Steuereinheit ist dazu ausgebildet, die an die zwei Eingangsklemmen zurückgeführten Taktsignale mit den an den weiteren Ausgangsklemmen anliegenden Taktsignalen zu vergleichen, um in Abhängigkeit davon, die Schaltelemente anzusteuern.
Wie von der Patentinhaberin angegeben, basiert Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 auf der Beschreibung des in Figur 6 gezeigten Ausführungsbeispiels.
4.2 Die Kammer sieht keinen Anlass, die durch D7a und D7b dokumentierte Auslieferung von Sicherheitsschaltgeräten des Typs "MSI-mx/Rx Sicherheits-Interface" und von entsprechenden Betriebsanleitungen D7 ohne Geheimhaltungspflicht seitens der Empfänger in Frage zu stellen. Sie stimmt daher mit der Einspruchsabteilung überein, dass D7 vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde und folglich zum relevanten Stand der Technik gehört.
4.3 D7 betrifft ein modulares Sicherheits-Interface (MSI), das "als Bindeglied zwischen einer oder mehreren optoelektronischen Schutzeinrichtungen, Typ 2, Typ 3 oder Typ 4, im internationalen Sprachgebrauch Active Optoelectronic Protective Device (AOPD) genannt, und der Maschinensteuerung" dient (D7, Seite 4, erster Absatz). Bei dem offenbarten MSI handelt es sich somit um ein Sicherheitsschaltgerät im Sinne des angefochtenen Patents. Wie auf Seite 4 (letzter Absatz) angegeben und auf Seite 42 abgebildet, weist das MSI mehrere pnp-Halbleiterausgänge auf (vgl. Merkmal a)).
Die weiteren Merkmale b), d) und e) sind z.B. der Figuren auf Seite 40 bzw. 42 zu entnehmen.
4.4 Laut D7 (Seite 36, vorletzter Absatz) werden AOPDs des Typs 4 "über die zeitlich versetzten Testsignale T1 oder T2 zyklisch getestet". Ein entsprechendes Anschlussbeispiel, das die o. g. Merkmale c') und i') aufweist, ist auf Seite 42 abgebildet.
Auf Seite 9 (zweiter Absatz) von D7 wird darauf hingewiesen, dass "Querschlüsse zwischen S1 und S2 bzw. S3 und S4" "vom MSI Sicherheitsbaustein nur erkannt" werden, "wenn für angeschlossene Schutzeinrichtung(en) mit Relaisausgang die beiden zeitversetzten Testsignalausgänge T1 und T2 verwendet werden".
Gemäß Seite 11 (erster Absatz) sorgen zwei Mikroprozessoren für redundante Verarbeitung der Signalabläufe. "Dabei werden die Ergebnisse der beiden Prozessoren laufend verglichen. Abweichungen führen zum sofortigen Abschalten der sicherheitsrelevanten Ausgänge".
Es liegt auf der Hand, dass die Erkennung eines Querschlusses zwischen zwei Eingängen zum Abschalten der sicherheitsrelevanten Ausgänge führen muss, so dass die Auswerte- und Steuereinheit (d.h. Mikroprozessoren) des bekannten Sicherheitsschaltgerätes u. a. dazu ausgebildet ist, in Abhängigkeit vom Vergleich der Testsignale die Schaltelemente anzusteuern (vgl. Merkmal ii')).
4.5 Zusammenfassend offenbart D7 ein Sicherheitsschaltgerät, das alle im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 aufgeführten Merkmale umfasst. Der Gegenstand von Anspruch 1 ist somit nicht neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ.
Hilfsantrag 2a
5.1 Hilfsantrag 2a umfasst einen unabhängigen Anspruch 1, der sich auf ein Sicherheitsschaltgerät bezieht, und zwei unabhängige Ansprüche 11 und 12, die jeweils ein Sicherheitsschaltgeräte-System betreffen.
Das Sicherheitsschaltgeräte-System gemäß Anspruch 11 umfasst "zumindest zwei" Sicherheitsschaltgeräte, welche die o. g. Merkmale (a) bis (e) (siehe Punkt 2.1) und folgende Merkmale aufweisen:
j') die zumindest zwei Sicherheitsschaltgeräte sind derart in Reihe geschaltet, dass die ersten und zweiten Ausgangsklemmen des einen Sicherheitsschaltgerätes mit den Eingangsklemmen des nachfolgenden Sicherheitsschaltgerätes verbunden sind;
jj') wobei an die erste und zweite Ausgangsklemme des nachfolgenden Sicherheitsgeräts jeweils ein Aktor angeschlossen ist;
jjj') die Verbindung zwischen den ersten und zweiten Ausgangsklemmen des einen Sicherheits-schaltgerätes und den Eingangsklemmen des nachfolgenden Sicherheitsschaltgerätes zumindest einen weiteren Aktor beinhaltet.
Anspruch 12 unterscheidet sich von Anspruch 11 dadurch, dass das Merkmal jjj') wie folgt lautet:
jjj'') die Verbindung zwischen den ersten und zweiten Ausgangsklemmen des einen Sicherheitsschaltgerätes und den Eingangsklemmen des nachfolgenden Sicherheitsschaltgerätes zumindest einen Schalter beinhaltet.
Ansprüche 11 und 12 entsprechen offensichtlich jeweils den Ausführungsbeispielen der Figuren 5 und 3 bzw. 6.
5.2 Nach Auffassung der Einsprechenden 03 ist der Hilfsantrag 2a als unzulässig zu verwerfen. Da ein Sicherheitsschaltgeräte-System gemäß Anspruch 11 oder 12 nicht Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung gewesen sei, sei die Patentinhaberin diesbezüglich nicht beschwert. Eine Weiterverfolgung dieses Gegenstandes im Rahmen des Beschwerdeverfahrens stehe der Patentinhaberin daher nicht zu.
5.3 Ansprüche 11 und 12 entsprechen dem Patentanspruch 9 jeweils in Verbindung mit Anspruch 10 und Anspruch 11 des Streitpatents. Alle von der Patentinhaberin vor der mündlichen Verhandlung des erstinstanzlichen Verfahrens eingereichten Anträge und insbesondere der Hilfsantrag 3 umfassten vergleichbare, auf ein Sicherheitsschaltgeräte-System gerichtete Ansprüche. Wie aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6. März 2008 hervorgeht, kam die Einspruchsabteilung nach Erörterung des unabhängigen Anspruchs 11 gemäß Hilfsantrag 3 zu dem Schluss, dass das entsprechende Sicherheitsschaltgeräte-System nicht erfinderisch sei. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei jedoch durch die besprochenen Einzeldokumente bzw. Kombinationen von Dokumenten nicht nahegelegt. Daraufhin ersetzte die Patentinhaberin den Hilfsantrag 3 durch einen neuen Hilfsantrag 3, in welchem die Ansprüche 11 und 12 gestrichen waren.
5.4 Zusammenfassend ist dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchabteilung eindeutig zu entnehmen, dass alle von der Patentinhaberin schriftlich eingereichten Anträge sowohl ein Sicherheitsschaltgerät als auch ein Sicherheitsschaltgeräte-System umfassten. Nachdem die Einspruchsabteilung die Patentierbarkeit der beanspruchten Sicherheitsschaltgeräte-Systeme wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit verneint hatte, wurde das Patentbegehren auf ein Sicherheitsschaltgerät eingeschränkt. Da durch diese Entscheidung der Einspruchabteilung die Patentinhaberin offensichtlich beschwert ist, steht ihr zu, im Rahmen der von ihr eingelegten Beschwerde einen Patentschutz für die im Streitpatent offenbarten Sicherheitsschaltgeräte-Systeme anzustreben.
Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Hilfsantrag 2a zulässig ist.
6.1 D2 betrifft eine Steuereinheit (LCU "Light Curtain Control Unit") für berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen (BWS). Sie ist als selbstüberwachende Komponente ausgeführt und hat folgende vorprogrammierte Standardfunktionen: Schutzbetrieb, Eintakt und Zweitakt (siehe Seite 4).
Nach dem auf Seite 6 geschilderten Funktionsprinzip übernimmt das LCU-P als optionales Bindeglied zwischen Maschinensteuerung und BWS-Sensoren Steuerungsaufgaben, indem es über zweikanalige Halbleiterausgänge die erforderlichen Kontaktelemente (Schütze) der Maschinensteuerung schaltet. Es können Sensoren der Kategorie 2 (testbar) und/oder Sensoren der Kategorie 4 (selbstüberwachend) betrieben werden. Bild 2 zeigt zwei in Reihe geschaltete LCU-P.
Es ist für den Fachmann implizit, ein Relais zur Ansteuerung der vom Sicherheitsschaltgerät überwachten Maschine an die Ausgangsklemmen des nachfolgenden Sicherheitsgeräts anzuschließen. Wie in Streitpatent (siehe Absatz [0041]) angegeben, umfasst der Begriff "Aktor" sowohl Relais als Schütze.
6.2 Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich vom bekannten Sicherheitsschaltgeräte-System lediglich dadurch, dass die Verbindung zwischen den ersten und zweiten Ausgangsklemmen des einen Sicherheitsschaltgerätes und den Eingangsklemmen des nachfolgenden Sicherheitsschaltgerätes zumindest einen weiteren Aktor beinhaltet.
6.3 Ausgehend von D2 kann die durch das beanspruchte System gelöste Aufgabe darin gesehen werden, die Funktionalität des bekannten Systems zu erweitern.
6.4 Wie in D2 (Seite 6, erster Absatz) angegeben, dienen die Ausgänge eines Sicherheitsschaltgerätes primär dazu, Aktoren wie z.B. Relais anzusteuern. In D2 wird ferner gelehrt, zwei Sicherheitsschaltgeräte in Reihe zu schalten, indem die zwei Ausgänge eines Gerätes mit zwei Eingängen eines nachfolgenden Gerätes verbunden werden.
Es liegt jedoch für den Fachmann auf der Hand, dass bei der Reihenschaltung zweier Sicherheitsschaltgeräte die Ausgänge des ersteren weiterhin zur Ansteuerung eines Aktors zur Verfügung stehen und zu diesem Zweck auch verwendet werden können, um z. B. bestimmte Komponenten einer Maschine separat anzusteuern oder einfach den Zustand der Ausgänge des entsprechenden Sicherheitsschaltgerätes anzuzeigen.
6.5 Auch die Verbindung eines Schalters gemäß Anspruch 12 stellt nach Meinung der Kammer eine Maßnahme dar, die kein erfinderisches Zutun erfordert. Sie bietet sich z. B. dem Fachmann an, der sich bei dem in D2 (Bild 2) dargestellten Sicherheitsschaltgeräte-System die Möglichkeit verschaffen möchte, die Verbindung zwischen den in Reihe geschalteten Sicherheitsschaltgeräten nach Bedarf trennen zu können, ohne auf die Eingangs- bzw. Ausgangsklemmen eines der beiden Geräte direkt einzugreifen.
6.6 Angesichts der Lehre von D2 und der allgemeinen Fachkenntnisse beruht daher der Gegenstand der Ansprüche 11 und 12 auf keiner erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
Hauptantrag der Patentinhaberin ("Patent in der aufrechterhaltenen Fassung")
7.1 Anspruch 1 in der aufrechterhaltenen Fassung umfasst die o. g. Merkmale a) bis e) des erteilten Anspruchs 1 und zusätzlich folgende Merkmale:
f) ein Betriebsmodus-Wahlmittel, das die Wahl zwischen zumindest einem ersten und einem zweiten Betriebsmodus ermöglicht,
g) wobei die Schaltelemente in dem ersten Betriebsmodus im Wesentlichen stationäre Ausgangsignale und in dem zweiten Betriebsmodus getaktete Ausgangssignale liefern.
7.2 Wie oben ausgeführt (siehe Punkt 6.1), offenbart D2 eine Steuereinheit LCU bzw. LCU-P, die unterschiedliche Betriebsmodi (d.h. Schutzbetrieb, Eintakt und Zweitakt) aufweist. Das auf Seite 7 (Bild 3) gezeigte LCU-P verfügt über einen Wahlschalter zur Abberufung der eingestellten Betriebsarten.
7.3 Wie die Einsprechende 01 überzeugend erklärt hat, werden beim Zweitaktbetrieb Signale erzeugt, die nicht "im Wesentlichen stationär" sind, weil nach Ablauf eines Maschinenzyklus (Ausgänge "aktiv") die Ausgänge auf "inaktiv" geschaltet werden und der Sensor (z.B. Lichtvorhang) auf die vorprogrammierten Eingriffe des Benutzers wartet, um den Maschinenzyklus erneut zu starten. Die in diesem Betriebsmodus gelieferten Ausgangssignale können in der Tat als "getaktet" bezeichnet werden.
Das in D2 offenbarte Sicherheitsschaltgerät umfasst daher nicht nur die o. g. Merkmale a) bis e) (siehe Punkte 2.1, 6.1 und 6.2 der Entscheidung), sondern auch die Merkmale f) und g).
7.4 Der Gegenstand von Anspruch 1 in der aufrechterhaltener Fassung ist somit nicht neu gegenüber D2 (Artikel 54 EPÜ).
Hilfsantrag 4a
8.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4a umfasst die o. g. Merkmale a) bis e) des erteilten Anspruchs 1, die Merkmale f) und g) von Anspruch 1 in der aufrechterhaltenen Fassung und Folgendes:
h) wobei die im wesentlichen stationären Ausgangssignale solche sind, die einem nachfolgenden typgleichen Sicherheitsschaltgerät als stationär erscheinen, und
i) wobei das nachfolgende Sicherheitsschaltgerät die getakteten Ausgangssignale erkennen und gezielt auswerten kann,
j) um einen Querschluß in der Verbindung zu den ersten und zweiten Ausgangsklemme zu entdecken,
k) wobei die getakteten Ausgangssignale nicht dazu geeignet sind, ein Relais anzusteuern.
8.2 Der Wortlaut der Merkmale f) und g) (siehe Punkt 7.1) entspricht im Wesentlichen dem abhängigen Anspruch 5 des erteilten Patents.
Laut Patentinhaberin sind die Merkmale h), i) und j) durch die Beschreibung, insbesondere durch Absatz [0023], Zeilen 24 bis 35 gestützt. Ferner sei das Merkmal k) dem Absatz [0062], Zeilen 15 und 16 zu entnehmen.
8.3 Die Einsprechende 01 hat hingegen die Klarheit gemäß Artikel 84 EPÜ von Anspruch 1 und die Offenbarung nach Artikel 83 EPÜ der beanspruchten Erfindung in Frage gestellt. Die Einsprechende 03 hat sich im Wesentlichen der Argumentation der Einsprechenden 01 angeschlossen.
Auslegung von Anspruch 1
9.1 Im Absatz [0038] des Streitpatents wird angegeben, dass das in Figur 2 gezeigte Sicherheitsschaltgerät 50 zwei Eingangsklemmen 70, 72 besitzt, "die jeweils mit der Auswerte- und Steuereinheit 52 verbunden sind. An diese beiden Eingangsklemmen 70, 72 wird - im vorliegenden Ausführungsbeispiel - ein zweikanaliger Schalter 74 angeschlossen, und zwar derart, daß die Eingangsklemme 70 bei geschlossenem Schalter mit einem Potential P1 und die Eingangsklemme 72 mit einem Potential P2 verbunden sind. Bei dem Schalter 74 handelt es sich beispielsweise um einen Not-Aus-Schalter einer Maschine oder einer Schutztür".
"Je nach gewünschter Sicherheitskategorie sind die beiden Potentiale P1 und P2 gleich (Kategorie 3) oder ungleich (Kategorie 4). Letzteres kann auch dadurch erreicht werden, dass die Potentiale P1 und P2 unterschiedlich getaktet sind" (Absatz [0039] - Unterstreichung hinzugefügt).
9.2 Gemäß Absatz [0044] des Streitpatents ist in Figur 3 ein "Sicherheitsschaltgeräte-System" dargestellt, das zwei der in Figur 2 abgebildeten Sicherheitsschaltgeräte umfasst.
"Die beiden Sicherheitsschaltgeräte 50, 50' sind über zwei Leitungen 102, 104 miteinander verbunden, wobei die beiden Leitungen 102, 104 an ihrem einen Ende an den Ausgangsklemmen 76, 78 des Sicherheitsschaltgerätes 50 und an ihrem anderen Ende an den Eingangsklemmen 70, 72 des Sicherheitsschaltgerätes 50' angeschlossen sind. In den Leitungen 102, 104 ist ein zweikanaliger Schalter 106, beispielsweise ein Not-Aus-Schalter angeordnet, der bei Betätigung die elektrische Verbindung zwischen den Sicherheitsschaltgeräten 50, 50' unterbricht" (Absatz [0045]).
"Da die beiden Eingangsklemmen 70, 72 des zweiten Sicherheitsschaltgerätes 50' auf gleichem Potential liegen, ist ein Querschluß zwischen den beiden Leitungen 102, 104 nicht zu erkennen, so daß dieses System nur der Sicherheitskategorie 3 entspricht" (Absatz [0048] - Unterstreichung hinzugefügt).
"In Fig. 6 ist ein weiteres Ausführungsbeispiel eines Sicherheitsschaltgeräte-Systems gezeigt und mit dem Bezugszeichen 130 gekennzeichnet. Das Sicherheitsschaltgeräte-System 130 entspricht im wesentlichen dem in Fig. 3 gezeigten Sicherheitsschaltgeräte-System 100" (Absatz [0060] - Unterstreichung hinzugefügt).
"Der Unterschied zu dem Sicherheitsschaltgeräte-System 100 ist in der Ausgestaltung des Sicherheitsschaltgerätes 132 zu sehen. Wie bereits zuvor erwähnt, wird der Schalter 74 des ersten Sicherheitsschaltgerätes 132 mit zwei unterschiedlichen Potentialen P1 und P2 beaufschlagt, um die Sicherheitskategorie 4 zu erreichen. Statt der Beaufschlagung mit zwei unterschiedlichen Potentialen ist es jedoch auch möglich, den Schalter 74 mit zwei unterschiedlichen, beispielsweise phasenverschobenen, Taktsignalen zu beaufschlagen, die bei geschlossenem Schalter 74 an die Eingangsklemmen 70, 72 zurückgeführt werden. Die beiden unterschiedlichen Taktsignale werden von einem Taktgenerator 134 im Sicherheitsschaltgerät 132 erzeugt und liegen an zwei weiteren Ausgangsklemmen 136, 138 an. Von dort werden sie über elektrische Verbindungen zu dem Schalter 74 geführt. Die Auswerte-und Steuereinheit 52 erfasst nun diese beiden Taktsignale über die Eingangsklemmen 70, 72 und vergleicht sie mit den an den Ausgangsklemmen 136, 138 anliegenden Originalsignalen. Werden Abweichungen detektiert, deutet es entweder auf das Betätigen des Schalters 74 oder auf einen Fehler in den Signalleitungen hin. Die Auswerte-und Steuereinheit 52 wird daraufhin die Schaltelemente 56, 58 entsprechend ansteuern, so daß die Arbeitskontakte 82 der Relais 80 über das zweite Sicherheitsschaltgerät 50' geöffnet werden und die Maschine 84 zum Stillstand kommt" (Absatz [0061] - Unterstreichung hinzugefügt).
"Um auch Fehler in den beiden Leitungen 102,104 zwischen den beiden Sicherheitsschaltgeräten 132, 50' zu erkennen, werden diese Leitungen ebenfalls mit einem Taktsignal beaufschlagt. Daher werden die Schaltelemente 56, 58 des ersten Sicherheitsschaltgerätes 132 hier im Takt betrieben, so daß das entsprechende Taktsignal an den Ausgangsklemmen 76, 78 anliegt" (Absatz [0062] - Unterstreichung hinzugefügt).
"Da ein solches Taktsignal nicht dazu geeignet ist, ein Relais 80 anzusteuern, läßt sich das Sicherheitsschaltgerät 132 bzw. 50' über einen Schalter 140 zwischen einem ersten Betriebsmodus (Normalmodus) und einem zweiten Betriebsmodus (Taktmodus) umschalten. Im Normalmodus liegt an den Ausgangsklemmen 76, 78 ein zur Ansteuerung eines Relais geeignetes Signal an, während im Taktmodus an den Ausgangsklemmen 76, 78 Taktsignale anliegen, die von einem nachgeordneten Sicherheitsschaltgerät verarbeitet werden können" (Absatz [0063] - Unterstreichung hinzugefügt).
9.3 Zusammenfassend ist den o. g. Textstellen des Streitpatents Folgendes zu entnehmen:
- Um die Sicherheitskategorie 4 zu erreichen, muss ein Sicherheitsschaltgerät die Möglichkeit bieten, einen Querschluss zwischen den Eingangsleitungen bzw. den Leitungen, die zwei Geräte miteinander verbinden, zu erkennen. Dies ist möglich, wenn die Eingansklemmen des Sicherheitsschaltgeräts nicht auf gleichem Potential liegen.
- Unterschiedliche Potentiale an den Eingangsklemmen können auch durch unterschiedliche, phasenverschobene Taktsignale erzeugt werden.
- Bei dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 6 werden die Schaltelemente 56, 58 des ersten Sicherheitsschaltgerätes 132 im Takt betrieben, so dass ein entsprechendes Taktsignal an den Ausgangsklemmen 76, 78 anliegt. Diese Taktsignale dienen zur Erkennung von Fehlern in den Leitungen 102, 104 zwischen den Sicherheitsschaltgeräten 132 und 50'.
- Die Taktsignale zur Fehlererkennung sind nicht imstande, ein Relais anzusteuern. Sie können aber von einem typgleichen Sicherheitsschaltgerät als Eingangssignale erkannt und verarbeitet werden.
9.4 Das Streitpatent und die entsprechenden Anmeldungsunterlagen offenbaren somit ein der Sicherheitsstufe 4 entsprechendes Sicherheitsschaltgerät, das an seinem Ausgang phasenverschobene Taktsignale bereitstellt, so dass sie am Eingang eines nachfolgenden Gerätes liegen und zum Erfassen eines Querschlusses dienen können.
9.5 Wenn Anspruch 1 des Hilfsantrags 4a im Lichte der Beschreibung ausgelegt wird, besteht nach Auffassung der Kammer kein Zweifel, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 sich auf ein Sicherheitsschaltgerät bezieht, das zwei wählbare Betriebsmodi umfasst, wobei beim ersten Betriebsmodus die Schaltelemente stationär betrieben werden, so dass auf deren Ausgang auch stationäre Signale liegen, die für die Ansteuerung eines Relais geeignet sind. Beim zweiten Betriebsmodus hingegen werden die Schaltelemente im Takt betrieben, so dass an den entsprechenden Ausgangsklemmen phasenverschobene Taktsignale liegen.
9.6 Die Erfordernisse des Artikels 83 und des Artikels 84 EPÜ sind somit erfüllt.
Die Kammer stellt ferner fest, dass der Gegenstand der Ansprüche gemäß Hilfsantrag 4a nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht (Artikel 123 (2) EPÜ), und den Schutzbereich des erteilten Patents nicht erweitert (Artikel 123 (3) EPÜ).
Artikel 54 EPÜ
10.1 Gemäß D1, Spalte 3, Zeilen 27 bis 48 ist der Grundgedanke der darin offenbarten Erfindung darin zu sehen, "daß die beiden Hauptschalter in relativ kurz aufeinanderfolgenden Zeitabständen ein kurzzeitiges Öffnungssignal erhalten und daß in der Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden kurzzeitigen Öffnungen der Hilfsschalter, welche im folgenden als Testpause bezeichnet wird, automatisch durch elektronische Überwachungsmittel geprüft wird, ob die Schalter dadurch tatsächlich geöffnet sind oder nicht. Wird bei einem der Hauptschalter während der Testpause eine Nicht-Öffnung festgestellt, so wird der andere Hauptschalter geöffnet und dafür gesorgt, daß dieser zweite Hauptschalter auch nach der Testpause geöffnet bleibt. Wichtig ist, daß die Testpausen so kurz bemessen sind, daß die Aktoren diese Unterbrechung wegen ihrer Trägheit nicht erkennen und daher bis zum Ende der Testpause aktiv bleiben. Nur dann, wenn innerhalb der Testpause ein Nichtöffnen eines der Hauptschalter festgestellt wird, wird der andere Hauptschalter nach der Testpause, wenn seine Trägheit überwunden ist, geöffnet und verbleibt in diesem Zustand, bis der aufgetretene Fehler behoben worden ist" (Unterstreichung hinzugefügt).
"Beiden Schaltpfaden 40a, 40b gemeinsam ist ein Testgenerator 45, welcher alle 16 ms einen Testzyklus auslöst, der mit einem Zeitversatz von 8 ms jeweils auf den Schaltpfaden 40a bzw. 40b die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden kurzzeitigen Öffnungen der Hilfsschalter 16a, 16b auf 50 mys festlegt. Diese Zeit wird im folgenden als Testpause bezeichnet.
Über Steuerleitungen 46a, 46b beaufschlagt der Testgenerator 45 einen ersten Steuereingang 19a, 19b der Hilfsschalter 16a, 16b, um diese am Beginn der jeweils zugeordneten Testpause zu öffnen. Die Öffnung der Hilfsschalter 16a, 16b entspricht einem 0-Signal am Sensoreingang, so daß daraufhin der angeschlossene Hauptschalter 14a, 14b öffnen müßte" (D1, Spalte 5, Zeilen 32 bis 45).
Die Testsignale sollen somit ein kurzzeitiges Öffnen der Hauptschalter 14a und 14b bewirken, das jedoch von den angeschlossenen Relais wegen ihrer Trägheit nicht erkannt wird.
10.2 Wie von der Einsprechenden 01 ausgeführt, sieht D1 (Spalte 8, Zeilen 38 bis 44) zwar vor, "Testdauer, Anzahl der Testimpulse je Periode, Periodendauer und zeitlicher Versatz von Test A/SA zu Test B/SB entsprechend dem anstehenden Sicherheitsproblem" vorzuwählen. Dies impliziert jedoch nicht, dass das bekannte Sicherheitsschaltgerät ein Betriebsmodus-Wahlmittel gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 4a aufweist.
11.1 Was das Dokument D2 anbelangt (siehe Punkte 7.1 bis 7.4), unterscheiden sich die im "Zweitaktbetrieb" gelieferten Ausgangssignale von den in Anspruch 1 aufgeführten Taktsignalen grundsätzlich dadurch, dass sie imstande sein müssen, ein Relais anzusteuern. Ferner ist dem Dokument D2 nicht zu entnehmen, dass diese "getakteten" Ausgangssignale so beschaffen sind, dass ein nachfolgendes typgleiches Gerät sie verarbeiten könnte, um einen Querschluss in der Verbindung zu der ersten und zweiten Ausgangsklemme zu entdecken.
11.2 In D2 wird ferner darauf hingewiesen, dass das LCU die Funktion "Sensortest" zum Testen der angeschlossenen Sensoren und die Funktion System-Test zum Testen der gesamten Anlage umfasst. Während dieser Tests sind jedoch die Ausgänge des LCU inaktiv geschaltet (Seite 20).
11.3 Zusammenfassend geht aus D2 nicht hervor, dass das darin offenbarte Sicherheitsschaltgerät ein Betriebsmodus-Wahlmittel gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 4a aufweist.
11.4 Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4a ist somit neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ.
Artikel 56 EPÜ
12.1 Ein wesentlicher Aspekt des Sicherheitsschaltgerätes gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrages 4a besteht darin, dass die Ausgangsignale entweder stationäre Signale oder Taktsignale sein können, und dass der gewählte Ausgang ausschließlich durch die Betriebs-Wahlmittel bestimmt wird. Mit anderen Worten kann z. B. entweder ein stationäres Signal gewählt werden, um Relais anzusteuern, oder ein Taktsignal, um die Möglichkeit zu eröffnen, die Verbindungsleitungen zu einem nachfolgenden typgleichen Sicherheitsschaltgerät auf einen Querschluss zu prüfen. Dieser Betriebsmodus ist unabhängig von anderen Eingangssignalen und vor allem vom Status der angeschlossenen Schalter oder Sensoren.
12.2 D1 sieht nicht vor, dass zwei Sicherheitsschalteranordnungen kaskadiert werden können oder dass eine zweite Anordnung Testsignale, die von der Testschaltung einer ersten Anordnung erzeugt werden, verarbeiten soll. Es ist ferner ein wesentlicher Aspekt der Lehre von D1, dass "die Testpausen so kurz bemessen sind, daß die Aktoren diese Unterbrechung wegen ihrer Trägheit nicht erkennen und daher bis zum Ende der Testpause aktiv bleiben" (D1, Spalte 3, Zeilen 39 bis 43). Nach D1 ist somit nicht erforderlich, zwischen einem "Taktmodus" und einem "Normalmodus" zu unterscheiden oder unterschiedliche Testsignale für unterschiedliche anzuschließende Relais vorzusehen, da das für Testzwecke erzeugte, kurzzeitige Öffnungssignal an den Ausgangsklemmen keinen Einfluss auf den Zustand des angeschlossenen Relais hat.
12.3 Ausgehend von D1 könne daher die Aufgabe der Erfindung, darin gesehen werden, das bekannte Sicherheitsschaltgerät kaskadierbar auszugestalten, so dass es auch für den Betrieb in Sicherheitsschaltgeräte-Systemen geeignet ist.
13. D2 enthält keinen Hinweis, der in Verbindung mit der Lehre von D1 den Fachmann zum erfindungsgemäßen Sicherheitsschaltgerät führen könnte.
14.1 D7 betrifft ein modulares Sicherheits-Interface (MSI), das als Bindeglied zwischen einer oder mehreren optoelektronischen Schutzeinrichtungen (Active Optoelectronic Protective Device AOPD) dient. Nach Seite 9 können Querschlüsse zwischen den Eingängen S1 und S2 bzw. S3 und S4 nur erkannt werden, wenn für angeschlossene Schutzeinrichtungen mit Relaisausgang die beiden zeitversetzten Testsignalausgänge T1 und T2 verwendet werden. Das bekannte MSI umfasst somit zwei Testsignalausgänge, die an AOPDs angeschlossen sind, wobei letztere dann zyklisch getestet werden (siehe Beispiel 4, Seite 38).
14.2 D7 zeigt keine Verkettung von MSi und deutet auch nicht auf die Möglichkeit hin, Ausgangssignale eines MSi zur Erkennung von Fehlern in den Leitungen zwischen zwei MSi zu verwenden.
15.1 Angesichts des vorliegenden Standes der Technik und unter Berücksichtigung der vorauszusetzenden allgemeinen Fachkenntnisse ist die Kammer der Auffassung, dass es für den Fachmann nicht naheliegend war, ausgehend von D1 bzw. D2 zu einem Sicherheitsschaltgerät zu gelangen, das die in Anspruch 1 aufgeführte Merkmalskombination umfasst.
Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4a beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
15.2 Die auf Anspruch 1 zurückbezogenen Ansprüche 2 bis 10 betreffen besondere Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Sicherheitsschaltgerätes bzw. eines Sicherheitsschaltgeräte-Systems, das zumindest zwei der erfindungsgemäßen Sicherheitsschaltgeräte umfasst. Somit weist auch der Gegenstand der Ansprüche 2 bis 10 eine erfinderische Tätigkeit auf.
16.1 Aus den vorstehenden Gründen kommt die Kammer zu dem Schluss, dass die Unterlagen gemäß Hilfsantrag 4a der Patentinhaberin den Erfordernissen des EPÜ genügen.
16.2 Dem Hilfsantrag 4a der Patentinhaberin, das angefochtene Patent in geänderter Form aufrechtzuerhalten, war somit stattzugeben.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die 1. Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geänderter Form in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Beschreibung: Seiten 2 bis 8, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 6. März 2008,
Ansprüche: 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag 4a, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2012,
Zeichnungen: Figuren 1 bis 8 der Patentschrift.