European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2010:T138108.20101209 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 Dezember 2010 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1381/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03762687.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | B32B 5/26 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Produkt und Verfahren zur Herstellung eines Vliesstoffes mittels hydrodynamischer Vernadelung | ||||||||
Name des Anmelders: | Fleissner GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Rieter Perfojet | ||||||||
Kammer: | 3.3.09 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (ja) Erfinderische Tätigkeit (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Erteilung des Europäischen Patents Nr. 1 519 833 auf die Europäische Patentanmeldung Nr.03762687.6, angemeldet am 26. Juni 2003 als Internationale Anmeldung PCT/EP2003/050267 im Namen der Fleissner GmbH, wurde am 8. März 2006 im Patentblatt 2006/10 bekannt gemacht.
Das Patent wurde mit drei Ansprüchen erteilt. Der unabhängige Anspruch 1 lautete wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung eines mindestens vierlagigen Sandwichvliesstoffes durch fortlaufendes Bilden der Schichten, also zuerst der Bodeschicht, dann der zumindest beiden Mittelschichten und letztlich der Deckschicht, dann der kontinuierlichen Verfestigung des jedenfalls vierlagigen Vliesstoffs allein mittels der hydrodynamischen Vernadelung und der abschließenden Trocknung des Vliesstoffs, wobei die beiden äußeren Schichten aus Vliesen aus Stapelfasern bis 100 mm Länge, die mittels des Kardiervorganges hergestellt, oder aus Spunbond- oder Meltblownfasern gebildet werden, und die mindestens beiden von den Außenschichten abgedeckten Innenschichten aus unterschiedlichen Pulpfasern oder Pulpfasern vermischt mit Synthesefasern oder Naturfasern hergestellt werden, und wobei die beiden Mittelschichten unterschiedliche Flüssigkeitsaufnahmefähigkeiten aufweisen."
II. Gegen das Patent legte die Firma Rieter Perfojet Einspruch ein und beantragte den vollständigen Widerruf des Patents. Der Einspruch wurde darauf gestützt, dass der beanspruchte Gegenstand nicht neu oder zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 100 a) EPÜ).
Zur Stütze ihrer Argumentation zitierte die Einspre chende unter anderem folgendes Dokument:
D1 : US 6 177 370 B.
III. Mit ihrer Entscheidung vom 5. Mai 2008 wies die Einspruchsabteilung den Einspruch zurück.
Zur Begründung führte die Einspruchsabteilung aus, dass der beanspruchte Gegenstand gegenüber der Offenbarung von D1 neu und erfinderisch sei. D1 offenbare keine Vliesstoffe mit Innenschichten, die bezüglich der Auswahl der Fasern oder der Flüssigkeitsaufnahmefähigkeit unterschiedlich seien. Ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik handle es sich bei dem beanspruchten Verfahren um ein alternatives, nicht naheliegendes Verfahren zur Herstellung eines Sandwichvliesstoffes.
IV. Am 21. Juni 2008 legte die Einsprechende (Beschwer deführerin) Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein und entrichtete die Beschwerdegebühr am gleichen Tag. Sie beantragte die Aufhebung der Entscheidung der Einspruchsabteilung und den Widerruf des Patents in vollem Unfang. Die entsprechende Beschwerdebegründung ist am 7. August 2008 eingegangen.
Folgendes zusätzliches Dokument wurde mit der Beschwerdebegründung eingereicht:
D18: US 5 284 703 A.
Die Beschwerdeführerin erhob Einwände hinsichtlich mangelnder Neuheit - gegenüber der Offenbarung von D1 allein oder in Zusammenschau mit D18 - und mangelnder erfinderischer Tätigkeit.
V. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2008 verteidigte die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) im wesentlichen die Entscheidung der Einspruchsabteilung.
VI. Eine mündliche Verhandlung fand am 9. Dezember 2010 vor der Beschwerdekammer statt.
VII. Die für diese Entscheidung wichtigen, schriftlich eingereichten und mündlich vorgetragenen Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammen fassen:
- Das beanspruchte Verfahren sei gegenüber der Offenbarung von D1 nicht neu.
- Anspruch 1 des Streitpatents schließe einen Sandwichvliesstoff mit identischen Innenschichten nicht aus, wenn jede Innenschicht aus einer Mischung von unterschiedlichen Pulpfasern bestehe. In diesem Fall könne die unterschiedliche Flüssigkeitsaufnahmefähigkeit nur durch unterschiedliche Dicken der Innenschichten erreicht werden. D1 offenbare für den Fachmann zumindest implizit eine solche Anordnung.
- Das beanspruchte Verfahren sei auch gegenüber der Offenbarung von D1 in der Zusammenschau mit D18 nicht neu. Durch den Verweis auf D18 in Spalte 6, Zeile 67 bis Spalte 7, Zeile 2, offenbare D1 auch unmittelbar ein Verfahren zur Herstellung vierlagiger Sandwichvliesstoffe, deren Innenschichten eine unterschiedliche Zusammensetzung aufweisen. Die unterschiedliche Zusammensetzung bedinge auch die unterschiedliche Flüssigkeitsaufnahmefähigkeit der Innenschichten. D18 offenbare einen vierlagigen Vliesstoff dessen Innenschichten unterschiedlicher Zusammensetzung seien und unterschiedliche Flüssigkeitsaufnahmefähigkeit aufweisen (Figur 7).
- Außerdem beruhe das beanspruchte Verfahren auf keiner erfinderischen Tätigkeit.
- Als nächstliegender Stand der Technik sei D1 oder D18 anzusehen.
- Beide Dokumente hätten die im angefochtenen Patent gestellte Aufgabe (Patent: Absatz [0002]; D1: Spalte 1, Zeilen 11-31; D18: Spalte 1, letzter Absatz) schon gelöst. Diese Aufgabe bestehe in der Bereitstellung eines Verfahren zur Herstellung eines mindestens vierlagigen Sandwichvliesstoffes mit unterschiedlichen Oberflächeneigenschaften. Daher sei die objektive Aufgabe neu zu formulieren und könne nur in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens gesehen werden.
- Die beanspruchte Lösung sei aufgrund der Offenbarung der D1 oder der D18, jeweils allein oder in Kombination, naheliegend.
VIII. Die für diese Entscheidung wichtigen, von der Beschwerdegegnerin schriftlich eingereichten und mündlich vorgetragenen Argumente können wie folgt zusammengefasst werden:
- Das beanspruchte Verfahren sei gegenüber D1 neu. D1 beschreibe zwar die Herstellung eines Sandwichvliesstoffes, dessen innere Zone aus mehreren Lagen bestehen kann. Diese Lagen seien jedoch von identischer Zusammensetzung, so dass aus diesen Lagen nur eine einzige homogene Zone gebildet werde.
- Im Weiteren sei die Offenbarung von D1 auch in der Zusammenschau mit D18 nicht neuheitsschädlich. D1 erwähne die D18 nur im Zusammenhang mit Material, das für die Innenzone des Sandwichvliesstoffes der D1 verwendet werden kann, insbesondere "fibrous cellulosic composite material" (Spalte 6, Zeile 41 bis Spalte 7, Zeile 2). D18 beschreibe einen hydraulisch verschlungenen, Pulpfasern enthaltenden Verbundvliesstoff ("fibrous cellulosic composite material") und dessen Anwendungen. Die in Figur 7 offenbarte vierschichtige Anordnung zeige lediglich eine Anwendung, in der der Verbundvliesstoff eine Lage (104) bilde. Die in dieser Figur gezeigte Struktur entspreche in keiner Weise dem beanspruchten, mindestens vierlagigen Sandwichvliesstoff.
- Das beanspruchte Verfahren sei auch erfinderisch, weil der Fachmann, ausgehend von D1 oder D18, im Stand der Technik weder eine Hinweis auf die beanspruchte Anordnung des Vliesstoffes noch auf die Durchführung einer einzigen hydrodynamischen Vernadelung finde.
IX. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 519 833.
X. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Der beanspruchte Gegenstand
2.1 Die Kammer stimmt der Einspruchsabteilung und den beiden Parteien zu, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 folgende sieben Merkmale umfasst:
- Ein Verfahren zur Herstellung eines mindestens vierlagigen Sandwichvliesstoffes durch fortlaufendes Bilden der Schichten, also zuerst der Bodeschicht, dann der zumindest beiden Mittelschichten und letztlich der Deckschicht, (Merkmal 1)
- die kontinuierliche Verfestigung des jedenfalls vierlagigen Vliesstoffs allein mittels der hydrodynamischen Vernadelung, (Merkmal 2)
- die abschließende Trocknung des Vliesstoffs, (Merkmal 3)
- wobei die beiden äußeren Schichten aus Vliesen aus Stapelfasern bis 100 mm Länge, die mittels des Kardiervorganges hergestellt, oder aus Spunbond- oder Meltblownfasern gebildet werden, (Merkmal 4)
- und die mindestens beiden von den Außenschichten abgedeckten Innenschichten (Merkmal 5)
- aus unterschiedlichen Pulpfasern oder Pulpfasern vermischt mit Synthesefasern oder Naturfasern hergestellt werden (Merkmal 6),
- und wobei die beiden Mittelschichten unterschiedliche Flüssigkeitsaufnahmefähigkeiten aufweisen (Merkmal 7).
2.2 Diese Analyse zeigt, dass Merkmal 5 die Anordnung der Schichten im hergestellten Vliesstoff betrifft, Merkmal 6 die Zusammensetzung dieser Schichten und Merkmal 7 die Bedingung betreffend ihrer Flüssigkeitsaufnahmefähigkeit.
Dabei fällt auf, dass Merkmal 6 nicht eindeutig ist. Der in diesem Zusammenhang verwendetet Ausdruck "aus unterschiedlichen Pulpfasern" kann sich einerseits auf die individuelle Struktur jeder Innenschicht beziehen [mit der Folge, dass jede Innenschicht aus einer Mischung von unterschiedlichen Fasern besteht, z. B. jede Innenschicht besteht aus Pulpfasern X + Y, resultierend in einer Anordnung X + Y // X + Y], andererseits kann sich der Ausdruck auf einen Vergleich der verschiedenen Innenschichten zueinander beziehen [mit der Folge, dass eine Innenschicht aus Pulpfasern X + Y, die andere aus Pulpfasern X' + Y' besteht, resultierend in einer Anordnung X + Y // X' + Y']. Im ersten Fall sind die Innenschichten strukturell identisch und im zweiten Fall unterschiedlich. Die Konsequenz für Merkmal 7 ist, dass im ersten Fall die unterschiedliche Flüssigkeitsaufnahmefähigkeit durch einen zusätzlichen, strukturellen Unterschied erfüllt werden muss, z. B. durch eine unterschiedliche Dicke der Innenschichten, während im zweiten Fall die unterschiedliche Zusammensetzung der Innenschichten die unterschiedliche Flüssigkeitsaufnahmefähigkeit bedingt.
2.3 Daher wurde in der mündlichen Verhandlung erörtert, welche dieser beiden Alternativen der technischen Realität entspricht, insbesondere angesichts der im Anspruch 1 geäußerten Anforderung, dass das hergestellte Produkt ein mindestens vierlagiger Sandwichvliesstoff sein muss.
In diesem Zusammenhang hat die Beschwerdegegnerin verdeutlicht, dass für den Fachmann nur der zweite Fall in Frage kommt, nämlich die unterschiedliche Zusammensetzung der Innenschichten [X + Y // X' + Y'], da nur eine solche Ausgestaltung einen vierlagigen Sandwichvliesstoff ergibt. Diese Ausgestaltung ist auch die einzige, die im strittigen Patent (Absatz [0004]) konkret dargestellt ist.
Im ersten Fall [X + Y // X + Y] würde durch die identische Zusammensetzung der Innenschichten eine homogene Zone gebildet werden, die der Fachmann als eine einzige Schicht/Lage ansehen würde. Eine derartige Konstruktion würde in den Augen des Fachmanns keine mindestens vierlagige Anordnung bereitstellen, wie sie in Anspruch 1 gefordert wird. Dieser Auffassung hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen.
2.4 Aus diesen Gründen ist die Kammer zu dem Schluss gekommen, dass Merkmal 6 nur eine Konfiguration von Innenschichten mit unterschiedlicher Zusammensetzung betrifft, z. B. eine Innenschicht mit Zusammensetzung X und eine andere mit Zusammensetzung Y, oder eine mit Zusammensetzung X + Y und eine andere mit Zusammensetzung X' + Y'.
3. Neuheit
3.1 Die Beschwerdeführerin hat die Neuheit des beanspruchten Verfahrens gegenüber der Offenbarung von D1 allein und D1 in Zusammenschau mit D18 angegriffen.
3.2 D1 offenbart einen Sandwichvliesstoff mit drei Zonen, zwei Außenzonen und einer Innenzone, und ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Sandwichvliesstoffes (Anspruch 1; Spalte 1, Zeilen 4-8; Zeichnungen 4 und 6-8). Gemäß D1 kann die Innenzone auch aus verschiedenen Lagen bestehen, z. B. aus zwei bzw. drei Lagen (Spalte 12, Zeilen 34-37 und Spalte 13, Zeilen 14-18; Zeichnungen 6-8). Eine unterschiedliche Zusammensetzung dieser Lagen wird in D1 aber nicht erwähnt. Vielmehr wird in diesen Textpassagen explizit darauf verwiesen, dass aus den jeweiligen Innenlagen 430 und 440 (Zeichnung 6), 530 und 540 (Zeichnung 7) bzw. 630, 640 und 650 (Zeichnung 8) eine einzige homogene Zone mit kurzen Fasern gebildet wird. Dies kann für den Fachmann nur bedeuten, dass die Innenlagen eine identische Zusammensetzung haben. Eine einzige homogene Innenzone führt aber nicht, wie oben gezeigt, zu der im Anspruch 1 geforderten mindestens vierlagigen Struktur (erster Unterschied). Darüber hinaus kann aufgrund der Homogenität dieser Zone keine unterschiedliche Flüssigkeitsaufnahmefähigkeit festgestellt werden (zweiter Unterschied). Auch umfasst das Verfahren von D1 mehrere hydrodynamische Vernadlungen (Spalte 12, Zeilen 18-34 and 43-55, Spalte 12, Zeile 64 bis Spalte 13, Zeile 14), wohingegen das beanspruchte Verfahren nur eine einzige hydrodynamische Vernadlung der Vliesstoffschichten verlangt (dritter Unterschied).
3.3 Aufgrund der genannten Unterschiede ist das Verfahren des Anspruchs 1 gegenüber D1 allein betrachtet neu.
3.4 D1 offenbart in Spalte 6, Zeile 41 ff., dass die Innenzone mit den kurzen Fasern aus Cellulosematerial bestehen kann, unter anderem auch aus einem Zellstoffverbundstoff ("fibrous cellulosic composite material"), wie z. B. einer Mischung von Pulpfasern und synthetischen Fasern (Spalte 6, Zeilen 66-67). In diesem Zusammenhang verweist D1 in Spalte 6, Zeile 67 bis Seite 7, Zeile 2 auf D18.
D18 betrifft einen hydraulisch verschlungenen, Pulpfasern enthaltenden Vliesverbundstoff, ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Vliesverbundstoffes und dessen Verwendung (Spalte 1, Zeilen 9-11). Der Zellstoffverbundstoff enthält 10 bis 25 Gew.-% eines Vliesendlosfilamentsubstratbestandteils und mehr als 70 Gew.-% eines aus Pulpfasern bestehenden Faserbestandteils (Anspruch 1). In der Zeichnung 7 von D18 wird eine Anwendung dieses Zellstoffverbundstoffes dargestellt, nämlich die Verwendung eines Zellstoffverbundstoffes als Fluidverteilungsmaterial (Schicht 104) in einer vierlagigen, saugfähigen Struktur.
Es geht aber eindeutig aus der D1 hervor, dass sich der Verweis auf die D18 auf den Zellstoffverbundstoff selbst bezieht und nicht auf irgendwelche in D18 gezeigten Anwendung dieses Zellstoffverbundstoffes ("A description of a fibrous cellulosic composite material may be found in, for example, U.S. Pat. No. 5,284,703."). Dem Argument der Beschwerdeführerin, dass sich der Verweis in D1 auf die vierlagige Struktur der Zeichnung 7 bezieht, kann die Kammer daher nicht folgen. Abgesehen davon offenbart D18 nicht, wie die Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung bemerkt hat, dass die einzelnen Schichten der in der Zeichnung 7 dargestellten Struktur durch hydrodynamische Vernadelung verbunden sind, und schon gar nicht, dass sie durch eine einzige hydrodynamische Vernadelung verbunden sind, wie in Anspruch 1 des Streitpatents gefordert.
3.5 Folglich ist das Verfahren des Anspruchs 1 auch gegenüber D1 in Zusammenschau mit D18 neu.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1 Nächstliegender Stand der Technik
Im Einklang mit den Parteien betrachtet die Kammer D1 als nächstliegenden Stand der Technik. Wie das Streitpatent betrifft D1 ein Verfahren zur Herstellung eines mehrlagigen, flüssigkeitsaufnahmefähigen Vliesstoffes, wobei die verschiedenen Schichten mittels hydrodynamischer Vernadelung verfestigt werden. D1 gehört somit zum gleichen technischen Gebiet wie das beanspruchte Verfahren und verfügt, im Vergleich zu den anderen genannten Dokumenten, über die meisten gemeinsamen technischen Merkmale mit dem beanspruchten Verfahren.
4.2 Die zu lösende technische Aufgabe
4.2.1 Das angefochtene Patent stellt sich als zu lösende Aufgabe die Entwicklung eines Verfahrens zur Herstellung eines mindestens vierlagigen Sandwichvliesstoffes mit besonderen Eigenschaften (Spalte 1, Zeilen 9-11), jedenfalls eines Vliesstoffes dessen Oberflächen unterschiedliche Eigenschaften besitzen (Spalte 1, Zeilen 12-16). Zur Lösung diese Aufgabe schlägt das Streitpatent die Verwendung von Innenschichten mit unterschiedlicher Zusammensetzung und unterschiedlicher Flüssigkeitsaufnahmefähigkeit und die Verfestigung mittels einer hydrodynamischen Vernadelung vor.
4.2.2 Die Kammer hat keinen Zweifel, dass die gestellte technische Aufgabe durch die beanspruchten Merkmale des Anspruchs 1 tatsächlich gelöst wird. Es ist offensichtlich, dass die Innenschichten ihre unterschiedlichen Eigenschaften auf die jeweilige Oberfläche des Vliesstoffes übertragen, so dass letztendlich die Oberflächen über unterschiedliche Flüssigkeitsaufnahmefähigkeit verfügen.
4.2.3 Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung argumentiert, dass sich D1 (Spalte 1, Zeilen 11-31) die gleiche technische Aufgabe gestellt hat wie das Streitpatent. Ihrer Meinung nach sei daher die objektive technische Aufgabe lediglich in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zur Herstellung eines Sandwichvliesstoffes zu sehen. Die Kammer kann sich den Ausführungen der Beschwerdeführerin jedoch aus folgenden Gründen nicht anschließen. Die zitierte Passage in D1 offenbart zwar, dass der Sandwichvliesstoff zusätzlich zu der offensichtlichen Flüssigkeitsaufnahmefähigkeit besondere Eigenschaften wie Verschleißfestigkeit ("abrasion resistance") aufweisen kann. Dieser Teil von D1 offenbart aber nicht, dass die Eigenschaften der Vliesstoffoberflächen unterschiedlich sein sollen. Die Kammer verweist in diesem Zusammenhang auch auf Spalte 4, Zeilen 49-52 der D1, in der Oberflächlicheneigenschaften des Vliesstoffes wie Festigkeit, Beständigkeit und Verschleißfestigkeit ("strength, durability and abrasion resistance") beschrieben werden. Auch hier werden den Oberflächen des Vliesstoffes keine unterschiedlichen Eigenschaften zugeordnet.
4.3 Naheliegen
4.3.1 Dem Fachmann, der von dem Verfahren von D1 zur Herstellung eines Vliesstoffes mit hauptsächlich drei Zonen, zwei äußeren und einer inneren, ausgeht und ein Verfahren sucht, welches zur Herstellung eines Sandwichvliesstoffes führt, dessen Oberflächen unterschiedliche Eigenschaften besitzen, findet in D1 oder D18 keinen Hinweis auf das anspruchsgemäße Verfahren.
4.3.2 Wie oben gezeigt, ist die Innenzone gemäß D1, selbst wenn sie aus mehreren Lagen aufgebaut worden ist, eine einzige, homogene Zone, die keine unterschiedliche Flüssigkeitsaufnahmefähigkeit auf die Oberflächen des Sandwichvliesstoffes übertragen kann. Eine Abänderung der Innenzone wie sie im Anspruch 1 des Streitpatents gefordert ist, wird in D1 nicht erwähnt. Darüber hinaus erfolgt die Herstellung eines Vliesstoffes mit mehrlagigen Innenschichten gemäß D1 mit mehr als einer hydrodynamischen Vernadelung. Zeichnungen 6-8 veranschaulichen solche Herstellungsverfahren, wobei durch eine erste hydrodynamischen Vernadelung die Oberschicht mit einer der Innenschichten verfestigt wird, in einer zweiten hydrodynamischen Vernadelung die Bodenschicht mit einer anderen der Innenschichten verfestigt wird, und letztendlich in einer dritten hydrodynamischen Vernadelung diese beiden Elemente verbunden werden.
4.3.3 Auch D18 bietet dem Fachmann keine Anregung zur Modifizierung des Verfahrens gemäß D1. Aus der D18 ist nicht ersichtlich, dass es sich bei der in der Zeichnung 7 dargestellten vierlagigen Struktur, bestehend aus einer Deckschicht (102), Zellverbundstoff als Fluidverteilungsmittel (104), Absorptionschicht (106) und Bodenschicht (108), um einen Sandwichvliesstoff handelt, dessen Schichten durch eine hydrodynamische Vernadlung verfestigt worden sind. Eine Übertragung einer solchen Anordnung auf die Vliesstoffe der D1 scheint nur in Kenntnis der Lehre des Streitpatents möglich zu sein. Eine derartige ex post facto Analyse kann bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit aber nicht berücksichtigt werden.
4.3.4 Daher beruht das Verfahren gemäß Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4.4 Aufgrund der Patentfähigkeit des Hauptanspruchs erfüllen auch die Unteransprüche 2 und 3 mutatis mutandis die Voraussetzungen des EPÜ.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.