T 1321/08 () of 18.1.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T132108.20110118
Datum der Entscheidung: 18 Januar 2011
Aktenzeichen: T 1321/08
Anmeldenummer: 03789091.0
IPC-Klasse: H03K 19/177
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Magnetische Logikeinrichtung
Name des Anmelders: Forschungsverbund Berlin e.V.
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Neuheit, erfinderische Tätigkeit - ja (nach Änderung)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 03 789 091.0 zurückgewiesen worden ist.

II. Der in der angefochtenen Entscheidung angegebene Grund für die Zurückweisung war, dass der Gegenstand der damaligen Ansprüche 1 und 10 nicht neu sei. Folgendes Dokument des Standes der Technik ist in der angefochtenen Entscheidung genannt:

D2: DE 100 53 206 C1.

III. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 18. Januar 2011 statt.

Der Beschwerdeführer (Anmelder) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

- Ansprüche 1 bis 12, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2011,

- Beschreibung Seiten 1 bis 6, 6a, 7 bis 25, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2011,

- Zeichnungen: Fig. 1 bis 8 wie ursprünglich eingereicht.

IV. Der unabhängige Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Verfahren zum Betrieb einer magnetischen Logikeinrichtung (10), bei dem durch mindestens eine logische Operation aus Eingangsgrößen (IA, IB) mit einer Operatorfunktion F der magnetischen Logikeinrichtung (10) mindestens eine Ausgangsgröße O = F(IA, IB) gebildet wird, wobei

- die Logikeinrichtung (10) vor der Operation mit einem bestimmten Operator-Steuersignal (SET) auf einen Startzustand zur Ausführung der Operatorfunktion F eingestellt wird, wobei das Operator-Steuersignal aus einer Gruppe von Steuerstromsignalen ausgewählt wird, unter deren Wirkung verschiedene Startzustände gezielt einstellbar sind, die jeweils für verschiedene logische Funktionen charakteristisch sind,

- die magnetische Logikeinrichtung (10) ein einziges magnetoresistives Element (11) mit zwei magnetischen Stellelementen (12, 13) umfasst, die verschiedene Koerzitivfeldstärken aufweisen,

- zur Ausführung der Operatorfunktion F Eingänge (14, 15) der Stellelemente (12, 13) zur Eingabe der logischen Eingangsgrößen (IA, IB) mit Eingangsstromsignalen beaufschlagt werden, und

- die magnetischen Logikeinrichtung (10) mit einer Stromquelle (21) und einer Schalteinrichtung (22) verbunden ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

- das Operator-Steuersignal mit der Stromquelle (21) erzeugt und mit der Schalteinrichtung (22) an die Eingänge (14, 15) der Stellelemente (12, 13) angelegt wird, und

- die Logikeinrichtung (10) mit dem Operator-Steuersignal SET auf einen nichtflüchtigen Logikzustand als Startzustand eingestellt wird, wobei

- an den zwei magnetischen Stellelemente mit den Steuerstromsignalen jeder von vier Startzuständen einstellbar ist, wobei mit den Steuerstromsignalen die Startzustände nichtflüchtig einstellbar sind, die jeweils für eine logische Funktion aus der Gruppe der logischen AND-, OR-, NAND- und NOR-Funktionen charakteristisch sind,

- die Koerzitivfeldstärken der Stellelemente (12, 13) und die Strombeträge der Steuerstromsignale so abgestimmt werden, dass die Magnetisierungsrichtungen von beiden Stellelementen (12, 13) durch das Operator-Steuersignal verstellt werden können, um den Startzustand für die Ausführung der Operatorfunktion F zu bilden, wobei die Steuerstromsignale aus drei Strömen (IA, IB und IC) gebildet werden und die Magnetisierungsrichtung des Stellelements (13) mit der höheren Koerzitivfeldstärke nur durch alle drei Ströme (IA, IB und IC) zusammen verstellt werden kann und die Magnetisierungsrichtung des Stellelements (12) mit der geringeren Koerzitivfeldstärke nur durch zwei (IA, IB) der drei Ströme verstellt werden kann, und

- die Einstellung der Logikeinrichtung (10) mit der Operator-Steuersignal (SET) vor der Ausführung der Operatorfunktion F in zwei aufeinanderfolgenden Teilschritten erfolgt, wobei zunächst durch die gleichzeitige Bestromung mit allen drei Strömen (IA, IB und IC) das Stellelement (13) mit der höheren Koerzitivfeldstärke und anschließend durch die gleichzeitige Bestromung mit zwei (IA, IB) der drei Ströme ausschließlich das Stellelement (12) mit der geringeren Koerzitivfeldstärke eingestellt wird."

Die Ansprüche 2 bis 7 sind von dem Anspruch 1 abhängig.

Der unabhängige Anspruch 8 lautet wie folgt:

"Logikeinrichtung (10) mit mindestens zwei Eingängen (14, 15) und mindestens einem Ausgang (16), verbunden mit einer Steuerschaltung (20), wobei die Logikeinrichtung (10) zur Ausführung mindestens einer logischen Operation vorgesehen ist, bei der aus Eingangsgrößen (IA, IB) mit einer Operatorfunktion F mindestens eine Ausgangsgröße O = F(IA, IB) gebildet wird, wobei die Steuerschaltung (20) zur Bereitstellung eines Operator-Steuersignals, das aus einer Gruppe von Steuerstromsignalen ausgewählt ist, unter deren Wirkung für verschiedene logische Funktionen charakteristische Startzustände der Logikeinrichtung (10) einstellbar sind, und zur Einstellung der Logikeinrichtung (10) auf einen dem Operator-Steuersignal entsprechenden Startzustand eingerichtet ist,

- die Logikeinrichtung (10) ein einziges magnetoresistives Element (11) mit zwei magnetischen Stellelementen (12, 13) mit verschiedenen Koerzitivfeldstärken umfasst, deren Eingänge (14, 15) die Eingänge der Logikeinrichtung (10) bilden und die mit den Eingangsgrößen (IA, IB) zur Ausführung der Operatorfunktion F beaufschlagbar sind,

- die Logikeinrichtung (10) eingerichtet ist, dass zur Ausführung der Operatorfunktion F die Eingänge (14, 15) der Stellelemente (12, 13) zur Eingabe der logischen Eingangsgrößen (IA, IB) mit Eingangsstromsignalen beaufschlagt werden, und

- die Steuerschaltung (20) eine Stromquelle (21) und eine Schalteinrichtung (22) aufweist, mit der das magnetoresistive Element (11) mit dem Operator-Steuersignal beaufschlagt werden kann,

dadurch gekennzeichnet, dass

- die Stromquelle (21) vorgesehen ist, das Operator-Steuersignal zu erzeugen, und die Stromquelle (21) über die Schalteinrichtung (22) mit den Eingängen (14, 15) der Stellelemente (12, 13) verbunden ist, und

- die Logikeinrichtung (10) mit dem Operator-Steuersignal auf einen nichtflüchtigen Startzustand einstellbar ist,

- an den zwei magnetischen Stellelemente mit den Steuerstromsignalen jeder von vier Startzuständen einstellbar ist, wobei mit den Steuerstromsignalen die Startzustände nichtflüchtig einstellbar sind, die jeweils für eine logische Funktion aus der Gruppe der logischen AND-, OR-, NAND- und NOR-Funktionen charakteristisch sind, und

- die Koerzitivfeldstärken der Stellelemente (12, 13) so abgestimmt sind und die Stromquelle (21) derart zur Bereitstellung von Strombeträgen der Steuerstromsignale eingerichtet ist, dass die Magnetisierungsrichtungen von beiden Stellelementen (12, 13) durch das Operator-Steuersignal verstellt werden können, um den Startzustand für die Ausführung der Operatorfunktion F zu bilden, wobei die Steuerschaltung (20) eingerichtet ist, die Steuerstromsignale aus drei Strömen (IA, IB und IC) zu bilden und die Magnetisierungsrichtung des Stellelements (13) mit der höheren Koerzitivfeldstärke nur durch alle drei Ströme (IA, IB und IC) zusammen verstellt werden kann und die Magnetisierungsrichtung des Stellelements (12) mit der geringeren Koerzitivfeldstärke nur durch zwei der drei Ströme (IA, IB und IC) verstellt werden kann, und

- die Steuerschaltung (20) eingerichtet ist, die Logikeinrichtung (10) mit dem Operator-Steuersignal (SET) vor der Ausführung der Operatorfunktion F in zwei aufeinanderfolgenden Teilschritten einzustellen, wobei zunächst durch die gleichzeitige Bestromung mit allen drei Strömen (IA, IB und IC) das Stellelement (13) mit der höheren Koerzitivfeldstärke und anschließend durch die gleichzeitige Bestromung mit zwei (IA, IB) der drei Ströme ausschließlich das Stellelement (12) mit der geringeren Koerzitivfeldstärke einstellbar ist."

Die Ansprüche 9 bis 12 sind von dem Anspruch 8 abhängig.

V. Der Beschwerdeführer argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Die unabhängigen Ansprüche seien durch die Offenbarung des allgemeinen Teils der Beschreibung in Kombination mit Seite 19, letzter Absatz und Seite 20, letzter Absatz gestützt.

Durch die Beschränkung der Ansprüche auf das definierte Verhältnis zwischen den Koerzitivfeldstärken der Stellelementen und den Strombeträgen der Steuerstromsignale sowie die Einstellung der Logikeinrichtung in zwei Teilschritten seien die Erfordernisse der Artikel 83 und 84 EPÜ erfüllt.

Keines der verfügbaren Dokumente des Standes der Technik offenbare oder weise darauf hin, wie alle vier Logikfunktionen nichtflüchtig eingestellt werden können.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Änderungen der unabhängigen Ansprüche stützen sich hauptsächlich auf die Offenbarung des allgemeinen Teils der Beschreibung, insbesondere Seiten 8 und 11. Das Verhältnis zwischen den Koerzitivfeldstärken und den Strombeträgen der Steuerstromsignale ist auf Seite 19, letzter Absatz offenbart. Die Einstellung der Logikeinrichtung in zwei Teilschritten ist auf Seite 20, letzter Absatz, offenbart. Die abhängigen Ansprüche stützen sich auf die ursprünglichen Ansprüche 5 bis 7, 9, 13, 14, 17 und 19 bis 21. Der Gegenstand der Anmeldung geht also nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, so dass die Änderungen nicht gegen Artikel 123(2) EPÜ verstoßen.

3. Die geänderten unabhängigen Ansprüche 1 und 8 sind auf das auf Seiten 19 und 20 beschriebene und in Figuren 3 bis 5 abgebildete Verfahren bzw. die entsprechende Vorrichtung beschränkt. Sie sind daher gemäß Artikel 84 EPÜ durch die Beschreibung gestützt. Weiterhin ist die beanspruchte Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie über die gesamte Breite der Ansprüche ausführen kann, so dass die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ erfüllt sind.

4. Nächstliegender Stand der Technik ist das Dokument D2, da dies das einzige verfügbare Dokument ist, das die Ausführung aller vier Logikfunktionen (AND, OR, NAND und NOR) mittels eines einzigen magnetoresistiven Elements offenbart. Das in Anspruch 1 definierte Verfahren unterscheidet sich von diesem Stand der Technik u. a. durch das im vorletzten Absatz des Anspruchs definierte Verhältnis zwischen den Koerzitivfeldstärken der Stellelemente und den Strombeträgen der Steuerstromsignale sowie durch die im letzten Absatz des Anspruchs definierte Einstellung der Logikeinrichtung in zwei Teilschritten, wobei dadurch alle vier Logikfunktionen nichtflüchtig eingestellt werden können. Die in Anspruch 8 definierte Vorrichtung unterscheidet sich von der aus D2 bekannten Vorrichtung durch die entsprechenden Vorrichtungsmerkmale. Keines der verfügbaren Dokumente des Stands der Technik weist darauf hin, dass durch diese Merkmalskombination eine nichtflüchtige Einstellung aller vier Logikfunktionen möglich wäre.

Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 im Sinne von Artikel 54 EPÜ neu ist und dass er sich gemäß Artikel 56 EPÜ für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.

Die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 7 und 9 bis 12 gelten durch ihren Rückbezug auf die Ansprüche 1 bzw. 8 ebenfalls als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend. Die Beschreibung ist an die geänderten Ansprüche angepasst worden.

5. Dem Antrag des Beschwerdeführers ist somit stattzugeben.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

- Ansprüche 1 bis 12, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2011,

- Beschreibung Seiten 1 bis 6, 6a, 7 bis 25, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2011,

- Zeichnungen: Fig. 1 bis 8 wie ursprünglich eingereicht.

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