T 1320/08 () of 17.9.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T132008.20100917
Datum der Entscheidung: 17 September 2010
Aktenzeichen: T 1320/08
Anmeldenummer: 02015421.7
IPC-Klasse: B60R 21/045
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kniestütze für Kraftfahrzeuge
Name des Anmelders: Dr. Ing. H.C. F. Porsche Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: Alutech Gesellschaft m.b.H.
DaimlerChrysler AG
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention R 80
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
Schlagwörter: Zulässigkeit (ja)
Neuheit (Hauptantrag: nein)
Klarheit (Hilfsantrag: nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent Nr. 1 295 760 wurde mit der am 8. Mai 2008 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung widerrufen. Dagegen wurde von der Patentinhaberin am 8. Juli 2008 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 8. September 2008 eingereicht.

II. Es fand am 17. September 2010 eine mündliche Verhandlung statt. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) nahm ihren Hauptantrag und ihren ersten Hilfsantrag, beide eingereicht am 17. August 2010, zurück und reichte einen neuen Hauptantrag ein. Des weiteren erklärte sie ihren 2. Hilfsantrag, eingereicht am 17. August 2010, zu ihrem alleinigen Hilfsantrag. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf Grundlage ihres Hauptantrags, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, hilfsweise auf der Grundlage ihres einzigen Hilfsantrags, eingereicht als 2. Hilfsantrag am 17. August 2010.

Die Beschwerdegegnerinnen I und II (Einsprechenden 01 und 02) beantragten den vollständigen Widerruf des Patents.

Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:

"Anordnung aus einer Kniestütze und einer Schalttafel innerhalb eines Aufbaus für Kraftfahrzeuge, wobei die Kniestütze im Bereich der Schalttafel (1) angeordnet ist und einen sich quer zur Fahrzeugslängsrichtung erstreckenden, an festen seitlichen Aufbaustrukturen gehaltenen und mit wenigstens einem Deformationselement (14, 15, 16, 17) versehenen Querträger (13) aufweist, welches Deformationselement (14, 15, 16, 17) mehrere Hohlträger umfasst und mittels einer Knien von Insassen des Kraftfahrzeugs zugekehrten Stützwand (9) verkleidet ist, dadurch gekennzeichnet, dass

das Deformationselement (14, 15, 16, 17) einen ersten entlang der Stützwand (9) der Schalttafel (1) verlaufenden Hohlträgerabschnitt (18) und einen zweiten zusätzlichen Hohlträgerabschnitt (19) aufweist, der im Winkel (gamma) zum ersten Hohlträgerabschnitt (18) angeordnet ist, wobei der zweite Hohlträgerabschnitt (19) am Querträger (13) befestigt ist und welcher erste Hohlträgerabschnitt (18) und zweite Hohlträgerabschnitt (19) jeweils wenigstens zwei erste Hohlträger (21, 22, 23, 24) bzw. zwei zweite Hohlträger (29, 31) aufweist, wobei der erste Hohlträgerabschnitt (18) eine die wenigstens zwei ersten Hohlträger (21, 22, 23, 24) begrenzende erste Trägerwand (20) aufweist, welche erste Trägerwand (20) des ersten Hohlträgerabschnitts (18) als Ebene oder Konvexe Fläche ausgebildet ist und mit gleichem Abstand zur Stützwand (9) der Schalttafel (1) verläuft."

Anspruch 1 des Hilfsantrags hat folgenden Wortlaut:

"Kniestütze für Kraftfahrzeuge, die innerhalb eines Aufbaus des Kraftfahrzeugs im Bereich einer Schalttafel (1) angeordnet ist und einen sich quer zur Fahrzeuglängsrichtung erstreckenden, an festen seitlichen Aufbaustrukturen gehaltenen und mit wenigstens einem Deformationselement (14, 15, 16, 17) versehenen Querträger (13) aufweist, welches Deformationselement (14, 15, 16, 17) mehrere Hohlträger umfasst und mittels einer Knien von Insassen des Kraftfahrzeugs zugekehrten Stützwand (9) verkleidet ist, wobei das Deformationselement (14, 15, 16, 17) einen ersten entlang der Stützwand (9) der Schalttafel (1) verlaufenden Hohlträgerabschnitt (18) und einen zweiten zusätzlichen Hohlträgerabschnitt (19) aufweist, der im Winkel (gamma) zum ersten Hohlträgerabschnitt (18) angeordnet ist, wobei der zweite Hohlträgerabschnitt (19) am Querträger (13) befestigt ist und welcher erste Hohlträgerabschnitt (18) und zweite Hohlträgerabschnitt (19) jeweils wenigstens zwei erste Hohlträger (21, 22, 23, 24) bzw. zwei zweite Hohlträger (29, 31) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Hohlträgerabschnitt (18) eine die wenigstens zwei ersten Hohlträger (21, 22, 23, 24) begrenzende erste Trägerwand (20) aufweist, welche erste Trägerwand (20) des ersten Hohlträgerabschnitts (18) als Ebene oder konvexe Fläche ausgebildet ist und mit gleichem Abstand zur Stützwand (9) der Schalttafel (1) verläuft, wobei beabstandet zur ersten Trägerwand (20) sich am ersten Hohlträgerabschnitt (18) eine zweite Trägerwand (25) erstreckt, wobei zwischen der ersten Trägerwand (20) und der zweiten Trägerwand (25) im Winkel zueinander verlaufende Stege (26, 27) angeordnet sind, die eine Art Diagonalverrippung bilden."

III. Die Beschwerdeführerin führte aus, dass der, abgesehen von kleineren Änderungen, auf den Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 vom 17. August 2010 basierende Anspruch 1 des Hauptantrags eine Reaktion auf die Ausführungen der Kammer in der Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung darstelle und somit zulässig sei. Insbesondere seien auch die vorgenommenen Änderungen unmittelbar durch die Einspruchsgründe veranlasst.

Der Anspruchsgegenstand sei angesichts von D2 (DE-A1-197 56 334) neu. Die in D2 offenbarte Anordnung einer Kniestütze mit einer Schalttafel weise keine "die wenigstens zwei ersten Hohlträger begrenzende erste Trägerwand .., welche erste Trägerwand des ersten Hohlträgerabschnitts als Ebene oder konvexe Fläche ausgebildet ist und mit gleichem Abstand zur Stützwand der Schalttafel verläuft". Eine solche Auslegung von D2 beruhe auf einer rückschauenden Betrachtungsweise. Das entsprechend dieser Auslegung als Trägerwand angesehene Bauelement der Kniestütze in der Figur 2 von D2 besitze weder eine Trägerfunktion noch sei es, wie bei einer Trägerwand erforderlich, eine Außenwand der Kniestütze selbst. Zudem begrenze dieses Bauelement auch nicht zwei Hohlträger und verlaufe nicht mit gleichem Abstand zur Stützwand. Somit stelle dieses Bauelement keine Trägerwand im Sinne des Anspruchs 1 dar.

Betreffend den Anspruch 1 des Hilfsantrags vertrat die Beschwerdeführerin den Standpunkt, dass es hinreichend klar sei. Insbesondere gebe der Ausdruck "eine Art Diagonalverrippung" wieder, dass die zwischen der ersten und der zweiten Trägerwand angeordneten Stege nicht genau nach der Art einer Diagonale von einem Winkel zum anderen verliefen, sondern eben lediglich in der Art einer Diagonale sich schräg von einer Trägerwand zur anderen erstrecken würden.

IV. Die Beschwerdegegnerin I vertrat die Ansicht, dass der neue Hauptantrag im Hinblick auf Regel 80 EPÜ nicht zulässig sei, da es nur eine Klarstellung beinhalte, die nicht in direktem Zusammenhang mit den Einspruchsgründen stehe.

Gegen den Anspruch 1 des Hauptantrags sei bezüglich der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit einzuwenden, dass dieser Gegenstand zumindest nicht erfinderisch sei. Die Figur 2 von D2 zeige eine Trägerwand, die zwei Hohlträger begrenze, als Ebene oder konvexe Fläche ausgebildet sei und zumindest teilweise entlang der Stützwand verlaufe. Das weitere Merkmal des Anspruchs, wonach die Trägerwand im gleichen Abstand zur Stützwand verlaufe, liege im Belieben des Fachmanns und könne jedenfalls keine erfinderische Tätigkeit begründen.

Der Anspruch 1 des Hilfsantrags sei angesichts des Wortlauts "eine Art Diagonalverrippung" nicht klar. Zudem stelle dessen Gegenstand eine Erweiterung des Inhalts der ursprünglich eingerechten Anmeldung dar, denn in Absatz [0011] der veröffentlichten Anmeldung (im Folgenden als EP-A bezeichnet) sei dieses Merkmal in Verbindung mit vier Hohlträgern offenbart.

V. Die Beschwerdegegnerin II legte dar, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags im Hinblick auf D2 nicht neu sei. Insbesondere sei in Figur 2 als erste Trägerwand diejenige anzusehen, die im Wesentlichen im gleichen Abstand zu der direkt mit der Stützwand in Kontakt liegenden unteren Trägerwand verlaufe. Sämtliche Merkmale des Anspruchs seien dann aus D2 zu entnehmen, denn Figur 2 zeige einen ersten und einen zweiten, auf gegenüberliegenden Seiten der Trägerwand liegenden Hohlträger, wobei beide Hohlträger durch diese dazwischen liegende Trägerwand begrenzt seien.

Hinsichtlich des Anspruchs 1 des Hilfsantrags sei zu bemängeln, dass der Ausdruck "eine Art Diagonalverrippung" nicht klar sei. Anscheinend habe dieser mit der üblichen Definition einer von einer Ecke zur anderen verlaufenden Diagonale nicht viel zu tun und spezifiziere auch nicht weiter was genau unter diesem Merkmal zu verstehen sei. Zudem sei der Anspruch auch deswegen unklar, weil sein Gegenstand nur eine Kniestütze betreffe, während dieser aber auch die Schalttafel und die Stützwand mitumfassende Merkmale beinhalte.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der Hauptantrag der Beschwerdeführerin ist zulässig, da insbesondere die Einwände auf der Grundlage von Regel 80 EPÜ nicht begründet sind. Die vorgenommene Änderung, nach der der Anspruch jetzt eine "Anordnung aus seiner Kniestütze und einer Schalttafel" und nicht mehr nur eine Kniestütze betrifft, mag zwar als Klarstellung angesehen werden, aber sie steht zweifellos in direktem Zusammenhang mit den Einwänden zur mangelnden Neuheit bzw. erfinderischen Tätigkeit, da diese Änderung notwendig war, um die die Schalttafel und die Stützwand umfassende Merkmale des Anspruchs überhaupt als Bestandteile des Anspruchsgegenstands betrachten zu können. Folglich steht Regel 80 EPÜ nicht der Zulässigkeit des Hauptantrags entgegen. Schließlich, da es sich bei den vorgenommenen Änderungen im Wesentlichen um Klarstellungen handelt, können sie ebenfalls nicht als verspätet vorgebracht gelten.

3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist gegenüber D2 nicht neu. Entsprechend den Ausführungen der Beschwerdeführerin II zeigt die Figur 2 von D2 sämtliche Merkmale des Anspruchs 1. Dabei ist als erste Trägerwand der Kniestütze die parallel zur unteren Wand, an der die Stützwand befestigt ist (D2, Spalte 2, Zeilen 52-57), verlaufende ebene Wand zu betrachten. Diese Trägerwand begrenzt auf gegenüberliegenden Seiten zwei Hohlträger 6a, 8a und verläuft mit gleichem Abstand zur Stützwand. Obgleich es sich bei dieser Trägerwand nicht um eine äußere Wand handelt, ist dies völlig unerheblich, weil bei einer Trägerwand dies nicht unbedingt erforderlich ist und weder der Anspruch noch die Patentschrift eine genaue Definition dieses Begriffes enthält. Insgesamt sind also hinsichtlich der strittigen Merkmale keine Unterschiede zwischen dem Anspruchsgegenstand und D1 ersichtlich. Da die weiteren Merkmale des Anspruchs unstreitig aus D2 bekannt sind, fehlt es dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags an der notwendigen Neuheit (Art. 54 (1) EPÜ 1973).

4. Der Anspruch 1 des Hilfsantrags ist nicht klar (Art. 84 EPÜ 1973). Der Wortlaut "eine Art Diagonalverrippung" beinhaltet keine hinreichend präzise Definition eines technischen Gegenstands. Damit kann der Fachmann dieses Merkmal nicht ohne weiteres ausführen. Dieses Merkmal definiert in Verbindung mit den weiteren Merkmalen des Anspruchs weder den Verlauf der Verrippung, noch ob, wie und welche Stellen der ersten und zweiten Trägerwand dadurch miteinander verbunden werden. Im selben Zusammenhang ist im Anspruch auch nicht definiert, auf welche Art und Weise die zwischen der ersten und der zweiten Trägerwand ausgebildeten Stege, die die Diagonalverrippung bilden sollen, und die ebenfalls an die Trägerwand angrenzenden Hohlträger gemeinsam anzubringen sind. Aus diesen Gründen entnimmt der Fachmann aus dem Anspruchsgegenstand keine klare Lehre zum technischen Handeln.

5. Da keiner der vorliegenden Anträge eine Grundlage für eine Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form bildet, ist die Beschwerde zurückzuweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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