European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2013:T127408.20130430 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 30 April 2013 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1274/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00956127.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | C08L 3/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Thermoplastiche Polymermischung aus thermoplasticher Stärke sowie Verfahren zu deren Herstellung | ||||||||
Name des Anmelders: | BIOP Biopolymer Technologies AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.3.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - (ja) Alle Anträge Erfinderische Tätigkeit - (nein) Alle Anträge |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 15. April 2008, mit der das europäische Patent EP 1 282 662 B1 (Anmeldenummer 00956127.5) widerrufen wurde.
Das erteilte Patent enthielt 19 Ansprüche, wobei die Ansprüche 1, 5 und 19 unabhängige Ansprüche waren und wie folgt lauteten:
"1. Thermoplastisches Polymer-Blend mit einer bikontinuierlichen Phasenstruktur aus thermoplastischer Stärke, mindestens einem synthetischen Polymer und einer Hydrolysekomponente auf PVAc-Basis, erhältlich durch reaktive Extrusion einer Mischung von nativer Stärke und wenigstens einem hydrophoben Polymer unter Zusatz einer hydrolysierten Komponente auf Polyvinylacetat-Basis und von Ethylenglykol, Propylenglykol, Glycerol, 13-Butandiol oder/und Wasser in Gegenwart eines aciden Katalysators."
"5. Verfahren zur Herstellung eines thermoplastischen Polymerblends durch reaktive Extrusion einer Mischung von nativer Stärke und wenigstens einem hydrophoben Polymer unter Zusatz einer hydrolysierten Komponente auf Polyvinylacetat-Basis und von Ethylenglykol, Propylenglykol, Glycerol, 13-Butandiol oder/und Wasser, dadurch gekennzeichnet, dass die Mischung in Gegenwart eines aciden Katalysators extrudiert wird."
"19. Verwendung eines thermoplastischen Polymer-Blends nach jeweils einem der Ansprüche 1 bis 18 für die Herstellung von Spritzguss-, Tiefzieh- oder Blasformteilen, Folien oder Faserrohstoffen sowie als Material für Schmelzebeschichtungen."
Die Ansprüche 2 bis 4 waren auf bevorzugte Ausführungsformen der polymere Formmasse nach Anspruch 1 gerichtet, die Ansprüche 6 bis 18 auf bevorzugte Ausführungsformen des Verfahrens nach Anspruch 5.
II. Am 15. März 2006 wurde Einspruch gegen das Patent eingelegt. Die Einsprechende machte den Einspruchsgrund gemäß Artikel 100(a) EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) geltend. Die angefochtene Entscheidung wurde auf Grundlage des Patents in der erteilten Fassung als Hauptantrag und eines während der mündlichen Verhandlung am 15. April 2008 eingereichten Hilfsantrags getroffen.
Die strittige Entscheidung stützte sich inter alia auf:
D1: EP 0 404 723 B
D1: EP 0 404 723 B, nach der Einpruchsfrist eingereicht
E1: Vergleichsversuch Wiederholung Beispiel 17 aus D1, eingereicht mit Schreiben vom 15. Februar 2008.
Da die Einspruchsabteilung befand, dass D9 alle Merkmale des Anspruchs 1 beider Anträge offenbarte, wurde dieses Dokument ins Verfahren zugelassen und der Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit vom Amts wegen ins Verfahren eingeführt.
III. Gegen diese Entscheidung legte die Patentinhaberin am 4. Juli 2008 Beschwerde ein. Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet. In der Beschwerdebegründung, die mit Schreiben vom 5. September 2008 einging, wurde die Richtigkeit der Entscheidung bestritten und beantragt, das Patent wie erteilt oder auf Basis eines der vier beigefügten Hilfsanträge aufrechtzuerhalten. Zudem wurden die Anlagen A und B eingereicht:
- Anlage A: Formation of Co-continuous Structures in Melt-Mixed Immiscible Polymer Blends, Petra Pötschke and D. R. Paul, Journal of Macromolecular Science, Part C, Polymer Reviews, Vol. C43, No. 1, pp. 87-102, 2003.
- Anlage B: Schriftsatz vom 27. Dezember 2007.
Die Beschwerdeerwiderung der Einsprechenden ging mit Schreiben vom 27. Januar 2009 ein. Darin wurden die Neuheit des gemäß Hauptantrag und erstem Hilfsantrag beanspruchten Gegenstands des Patents, die Zulässigkeit der Änderungen und die erfinderische Tätigkeit der Patentansprüche gemäß zweitem bis vierten Hilfsantrag angegriffen.
IV. Die Beschwerdeerwiderung der Einsprechenden ging mit Schreiben vom 27. Januar 2009 ein. Darin wurden die Neuheit des gemäß Hauptantrag und erstem Hilfsantrag beanspruchten Gegenstands des Patents, die Zulässigkeit der Änderungen und die erfinderische Tätigkeit der Patentansprüche gemäß zweitem bis vierten Hilfsantrag angegriffen.
Mit Schreiben vom 13. Oktober 2010 nahm die Beschwerdegegnerin ihren Einspruch gegen das Streitpatent zurück.
Am 11. Januar 2013 erging eine Ladung zur mündlichen Verhandlung. In einer am 16. Januar 2013 zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung versandten Mitteilung äußerte die Kammer ihre vorläufige Meinung hinsichtlich der Artikel 54 und 56 EPÜ.
V. Am 11. Januar 2013 erging eine Ladung zur mündlichen Verhandlung. In einer am 16. Januar 2013 zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung versandten Mitteilung äußerte die Kammer ihre vorläufige Meinung hinsichtlich der Artikel 54 und 56 EPÜ.
Mit Schreiben von 28. März 2013 reichte die Beschwerdeführerin vier Anspruchssätze als Hilfsanträge 1 bis 4 ein.
Mit Schreiben von 28. März 2013 reichte die Beschwerdeführerin vier Anspruchssätze als Hilfsanträge 1 bis 4 ein.Erster Hilfsantrag
Mit Schreiben von 28. März 2013 reichte die Beschwerdeführerin vier Anspruchssätze als Hilfsanträge 1 bis 4 ein.Erster HilfsantragDie unabhängigen Ansprüche 1, 5 und 14 dieses Hilfsantrages haben folgenden Wortlaut:
VI. Mit Schreiben von 28. März 2013 reichte die Beschwerdeführerin vier Anspruchssätze als Hilfsanträge 1 bis 4 ein.Erster HilfsantragDie unabhängigen Ansprüche 1, 5 und 14 dieses Hilfsantrages haben folgenden Wortlaut:
erhältlich durch reaktive Extrusion einer Mischung von nativer Stärke und wenigstens einem hydrophoben Polymer unter Zusatz einer hydrolysierten Komponente auf Polyvinylacetat-Basis und von Ethylenglykol, Propylenglykol, Glycerol, 13-Butandiol oder/und Wasser in Gegenwart eines aciden Katalysators,
wobei der acide Katalysator eine Organometallverbindung, wie Dibutylzinnoxid, Dibutylzinndilaurat, Tetra-2-ethylhexyltitanat, Triethanolaminzirkonat, mit Milchsäure chelatisierte Titanat-Verbindung, Triethanolamintitanat oder/und Alkyltitanate, ist, wobei die Mischung 0,5 bis 2 % des aciden Katalysators bezogen auf ihr Gesamtgewicht, enthält,
oder wobei der acide Katalysator eine Lewissäure (wie z. B. Triphenylphosphit) ist, wobei die Mischung 0,5 bis 2 % des aciden Katalysators bezogen auf ihr Gesamtgewicht, enthält,
oder wobei der acide Katalysator eine Säure, wie Salpetersäure, Schwefelsäure, Salzsäure oder/und p-Toluolsulfonsäure, ist, wobei die Mischung 0,05 bis 0,2 % des aciden Katalysators, bezogen auf ihr Gesamtgewicht, enthält."
"5. Verfahren zur Herstellung eines thermoplastischen Polymerblends durch reaktive Extrusion einer Mischung von nativer Stärke und wenigstens einem hydrophoben Polymer unter Zusatz einer hydrolysierten Komponente auf Polyvinylacetat-Basis und von Ethylenglykol, Propylenglykol, Glycerol, 13-Butandiol oder/und Wasser, dadurch gekennzeichnet, dass die Mischung in Gegenwart eines aciden Katalysators extrudiert wird, wobei der acide Katalysator wie in Anspruch 1 definiert ist."
"14. Verwendung eines thermoplastischen Polymer-Blends nach jeweils einem der Ansprüche 1 bis 13 für die Herstellung von Spritzguss-, Tiefzieh- oder Blasformteilen, Folien oder Faserrohstoffen sowie als Material für Schmelzebeschichtungen."
oder wobei der acide Katalysator eine Säure, wie Salpetersäure, Schwefelsäure, Salzsäure oder/und p-Toluolsulfonsäure, ist, wobei die Mischung 0,05 bis 0,2 % des aciden Katalysators, bezogen auf ihr Gesamtgewicht, enthält."
oder wobei der acide Katalysator eine Säure, wie Salpetersäure, Schwefelsäure, Salzsäure oder/und p-Toluolsulfonsäure, ist, wobei die Mischung 0,05 bis 0,2 % des aciden Katalysators, bezogen auf ihr Gesamtgewicht, enthält."Zweiter Hilfsantrag
oder wobei der acide Katalysator eine Säure, wie Salpetersäure, Schwefelsäure, Salzsäure oder/und p-Toluolsulfonsäure, ist, wobei die Mischung 0,05 bis 0,2 % des aciden Katalysators, bezogen auf ihr Gesamtgewicht, enthält."Zweiter HilfsantragDie unabhängigen Ansprüche des zweiten Hilfsantrags unterscheiden sich von den Ansprüchen des ersten Hilfsantrags durch folgende Hinzufügungen:
"1. [...], wobei die Hydrolysekomponente ein Polyvinylacetat mit einem Hydrolysegrad von 20-70% ist."
"5. [...] und die hydrolysierte Komponente wie in Anspruch 1 definiert ist."
oder wobei der acide Katalysator eine Säure, wie Salpetersäure, Schwefelsäure, Salzsäure oder/und p-Toluolsulfonsäure, ist, wobei die Mischung 0,05 bis 0,2 % des aciden Katalysators, bezogen auf ihr Gesamtgewicht, enthält."Zweiter HilfsantragDie unabhängigen Ansprüche des zweiten Hilfsantrags unterscheiden sich von den Ansprüchen des ersten Hilfsantrags durch folgende Hinzufügungen:Dritter Hilfsantrag
oder wobei der acide Katalysator eine Säure, wie Salpetersäure, Schwefelsäure, Salzsäure oder/und p-Toluolsulfonsäure, ist, wobei die Mischung 0,05 bis 0,2 % des aciden Katalysators, bezogen auf ihr Gesamtgewicht, enthält."Zweiter HilfsantragDie unabhängigen Ansprüche des zweiten Hilfsantrags unterscheiden sich von den Ansprüchen des ersten Hilfsantrags durch folgende Hinzufügungen:Dritter HilfsantragDie unabhängigen Ansprüche des dritten Hilfsantrags unterscheiden sich von den Ansprüchen des ersten Hilfsantrags durch folgende Hinzufügungen:
"1. [...], wobei die Hydrolysekomponente ein Polyvinylacetat mit einem Hydrolysegrad von 20-70% ist, erhalten durch Verseifen einer wässrigen Polyvinylacetat-Dispersion mit Natronlauge bei 120-140°C."
"5. [...] und die hydrolysierte Komponente wie in Anspruch 1 definiert ist."
oder wobei der acide Katalysator eine Säure, wie Salpetersäure, Schwefelsäure, Salzsäure oder/und p-Toluolsulfonsäure, ist, wobei die Mischung 0,05 bis 0,2 % des aciden Katalysators, bezogen auf ihr Gesamtgewicht, enthält."Zweiter HilfsantragDie unabhängigen Ansprüche des zweiten Hilfsantrags unterscheiden sich von den Ansprüchen des ersten Hilfsantrags durch folgende Hinzufügungen:Dritter HilfsantragDie unabhängigen Ansprüche des dritten Hilfsantrags unterscheiden sich von den Ansprüchen des ersten Hilfsantrags durch folgende Hinzufügungen:
Vierter Hilfsantrag
oder wobei der acide Katalysator eine Säure, wie Salpetersäure, Schwefelsäure, Salzsäure oder/und p-Toluolsulfonsäure, ist, wobei die Mischung 0,05 bis 0,2 % des aciden Katalysators, bezogen auf ihr Gesamtgewicht, enthält."Zweiter HilfsantragDie unabhängigen Ansprüche des zweiten Hilfsantrags unterscheiden sich von den Ansprüchen des ersten Hilfsantrags durch folgende Hinzufügungen:Dritter HilfsantragDie unabhängigen Ansprüche des dritten Hilfsantrags unterscheiden sich von den Ansprüchen des ersten Hilfsantrags durch folgende Hinzufügungen:Die unabhängigen Ansprüche des vierten Hilfsantrags unterscheiden sich von den Ansprüchen des ersten Hilfsantrags durch folgende Hinzufügungen:
"1. [...], wobei die Hydrolysekomponente ein Polyvinylacetat mit einem Hydrolysegrad von 30-55% ist, erhalten durch Verseifen einer wässrigen Polyvinylacetat-Dispersion mit Natronlauge bei 120-140°C."
"5. [...] und die hydrolysierte Komponente wie in Anspruch 1 definiert ist."
oder wobei der acide Katalysator eine Säure, wie Salpetersäure, Schwefelsäure, Salzsäure oder/und p-Toluolsulfonsäure, ist, wobei die Mischung 0,05 bis 0,2 % des aciden Katalysators, bezogen auf ihr Gesamtgewicht, enthält."Zweiter HilfsantragDie unabhängigen Ansprüche des zweiten Hilfsantrags unterscheiden sich von den Ansprüchen des ersten Hilfsantrags durch folgende Hinzufügungen:Dritter HilfsantragDie unabhängigen Ansprüche des dritten Hilfsantrags unterscheiden sich von den Ansprüchen des ersten Hilfsantrags durch folgende Hinzufügungen:Die unabhängigen Ansprüche des vierten Hilfsantrags unterscheiden sich von den Ansprüchen des ersten Hilfsantrags durch folgende Hinzufügungen:
VII. Die mündliche Verhandlung fand am 30. April 2013 statt.
VIII. Die Argumente der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Artikel 54 und 56 EPÜ lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Hauptantrag
Hauptantrag
a) Das Ethylenvinylalkohol Copolymer aus Beispiel 1 von D9 sei nicht mit einer hydrolysierten Komponente auf Polyvinylacetat-Basis gleichzusetzen, weil Ethylenvinylalkohol Ethyleneinheiten in der Polymerstruktur enthalte, die nicht in einem Polyvinylacetat vorkämen. Darüber hinaus sei das hydrolysierte Polyvinylacetat nicht teilverseift und auch eine bikontinuierliche Phasenstruktur sei nicht offenbart. Der beanspruchte Gegenstand sei daher neu.
b) Ausgehend von D9 als nächstliegendem Stand der Technik sei die zu lösende Aufgabe die Bereitstellung von thermoplastischen Polymer-Blends für Folien mit verbesserter Zugfestigkeit und Dehnbarkeit bei geringer Dicke. Die Lösung dieser Aufgabe sei die Verwendung einer Kombination eines teilverseiften Polyvinylacetats mit acidem Katalysator, wie im Absatz [0026] des Streitpatents offenbart. D9 gebe weder einen Hinweis auf die Verwendung einer solchen Kombination noch auf die verbesserten Eigenschaften der so hergestellten Folien.
Hilfsanträge
IX. Die gleichen Argumente würden verstärkt auch für die Hilfsanträge 1 bis 4 gelten, da D9 keinen Hinweis auf den Hydrolysegrad enthalte.
X. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents aufgrund entweder der Ansprüche wie erteilt als Hauptantrag oder eines der mit Schreiben vom 28. März 2013 eingereichten Hilfsanträge 1-4.
XI. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag
Artikel 54 EPÜ
2. Artikel 54 EPÜ
2.1 D9 offenbart (Anspruch 1) ein Gemisch von Polymermaterial, dass zur Herstellung von bioabbaubaren Filmen, Folien und Fasern geeignet ist, erhältlich aus einer Schmelze enthaltend ein synthetisches thermoplastisches Polymer und eine destrukturierte Stärke, dadurch gekennzeichnet, dass die Schmelze eine borenthaltende Verbindung umfasst.
2.2 Beispiel 1 von D9 offenbart die Herstellung einer Masse, enthaltend:
- 38 Gew. -% ungetrocknete Stärke Globe 0341 Cerestar mit einem Wasseranteil von 11 %
- 38 Gew. -% Clarene R-20 Ethylenvinylalkohol Copolymer von Solvay,
- 3 Gew. -% EAA 5981 Ethylen-Acrylsäurecopolymer von Dow Chemical,
- 5 Gew.-% Harnstoff,
- 15,7 Gew.-% Glycerin,
- 0,3 Gew.-% Erucamid.
Dieser Masse wurde Borsäure in einer Menge von 0,2 Gew.-% der Gesamtmenge hinzugefügt.
Das Clarene R-20 ist ein Ethylenvinylalkohol Copolymer, das sich von einer hydrolysierten Komponente auf Polyvinylacetat-Basis nach Anspruch 1 des Streitpatents (gewonnen aus der Polymerisation von Vinylacetat) in dem es neben Vinylalkohol auch Ethyleneinheiten in der Polymerhauptkette enthält. Somit ist der Gegenstand der Ansprüche 1 und 5 des Streitpatents neu gegenüber D9.
Das Clarene R-20 ist ein Ethylenvinylalkohol Copolymer, das sich von einer hydrolysierten Komponente auf Polyvinylacetat-Basis nach Anspruch 1 des Streitpatents (gewonnen aus der Polymerisation von Vinylacetat) in dem es neben Vinylalkohol auch Ethyleneinheiten in der Polymerhauptkette enthält. Somit ist der Gegenstand der Ansprüche 1 und 5 des Streitpatents neu gegenüber D9.
3. Artikel 56 EPÜ
Das Streitpatent offenbart thermoplastische Polymer-Blends aus thermoplastischer Stärke, mindestens einem synthetischen Polymer und einer Hydrolysekomponente auf PVAc-Basis. Die Polymer-Blends sollen in Abhängigkeit von der Produktzusammensetzung zu dünnen Folien mit einstellbaren Gebrauchswerteigenschaften verarbeitet werden (Absatz [0040]).
3.1 Das Streitpatent offenbart thermoplastische Polymer-Blends aus thermoplastischer Stärke, mindestens einem synthetischen Polymer und einer Hydrolysekomponente auf PVAc-Basis. Die Polymer-Blends sollen in Abhängigkeit von der Produktzusammensetzung zu dünnen Folien mit einstellbaren Gebrauchswerteigenschaften verarbeitet werden (Absatz [0040]).
Ähnliche Polymer-Blends und deren Herstellungsverfahren sind aus D9 bekannt (Anspruch 1). Dünne Folien mit einstellbaren Dehnbarkeit und Zugfestigkeit werden ebenfalls beschrieben. D9 wurde von der Beschwerdeführerin als nächstliegender Stand der Technik angesehen. Die Kammer sieht keinen Grund, von dieser Meinung abzuweichen.
3.2 Ähnliche Polymer-Blends und deren Herstellungsverfahren sind aus D9 bekannt (Anspruch 1). Dünne Folien mit einstellbaren Dehnbarkeit und Zugfestigkeit werden ebenfalls beschrieben. D9 wurde von der Beschwerdeführerin als nächstliegender Stand der Technik angesehen. Die Kammer sieht keinen Grund, von dieser Meinung abzuweichen.
3.3 Die Absätze [0012] und [0040] des Streitpatents definieren die technische Aufgabe als die Bereitstellung von Polymer-Blends auf Basis von thermoplastischer Stärke mit verbesserten mechanischen Eigenschaften, die insbesondere zu Blasfolien mit geringer Dicke und erhöhter Zugfestigkeit und Dehnbarkeit verarbeitet werden können.
3.4 Die Beispiele 1 bis 16 des Streitpatents zeigen, wie verschiedene Zusammensetzungen, alle enthaltend native Stärke mit 16 bis 20 % Feuchtigkeit und eine hydrolisierte Komponente auf PVAc-Basis, zusammen mit etwa je 1% Stearinsäure und gefällter Kieselsäure vermengt werden. Diese Pulvermischung wird zusammen mit einem synthetischen Polymer (Bionolle #3001, ein Poly(butylensuccinat-co-adipat) und Glycerin in einem Extruder zu Granulat mit einer Restfeuchte von 6-10 Gew.% geformt. Das Granulat ist geeignet zur Weiterverarbeitung zu Blasfolien mit einer Dicke von bis ca. 30 mym. Zum Vergleich wurden zwei Beispiele mit gezogenen Flachfolien dargestellt. Die Tabellen auf Seiten 5 und 6 der Patentschrift fassen Werte einiger mechanischen Eigenschaften, wie Zugfestigkeit und Dehnbarkeit der Folien, zusammen.
3.5 Keines der im Streitpatent enthaltenen Vergleichsbeispiele entspricht jedoch der Offenbarung des nächstliegenden Standes der Technik D9. Ein Beleg für eine Verbesserung der Eigenschaften der beanspruchten Polymer-Blends und der daraus hergestellten Folien gegenüber D9 wurde somit nicht erbracht. Die technische Aufgabe ist folglich weniger anspruchsvoll zu formulieren, und zwar als die Bereitstellung von weiteren thermoplastischen Polymer-Blends.
3.6 Absatz [0026] des Streitpatents offenbart, dass die Verwendung von acidem Katalysator und hydrolysierter PVAc-Komponente die Lösung der technischen Aufgabe sei. In Hinblick auf die Beispiele im Streitpatent kann anerkannt werden, dass die Aufgabe durch die Merkmale von Anspruch 1 gelöst wird.
3.7 Die Verwendung eines aciden Katalysators nach Anspruch 1 des Streitpatents ist in den Beispielen 1 bis 3 von D9 offenbart. Darin wird Borsäure in Mengen von 0,2% Gesamtgewicht (Beispiel 1), 0,4% Gesamtgewicht (Beispiel 2) und 0,5% Gesamtgewicht (Beispiel 3) verwendet. Borsäure wird in D9 eingesetzt, um ein besseres Ineinanderdringen der Stärkephase und der synthetischen Polymerphase, zu erhalten (Seite 10, letzter Absatz). Anlage A (Seite 90, letzter Absatz) lehrt, dass ein solches Ineinanderdringen beider Phasen als bikontinuierliche Phasenstruktur bezeichnet werden kann. Daraus folgt, dass die in D9 offenbarten Polymer-Blends eine bikontinuierliche Phasenstruktur besitzen und somit als Polymer-Blends als eine bikontinuierlichen Phasenstruktur im Sinne von Anspruch 1 des Streitpatents zu betrachten sind.
Darüber hinaus beschreibt D9 die Verwendung hydrolysierter Polyvinylacetate in thermoplastischen Polymer-Blends (Seite 5, zweiter und dritter Absatz). Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, dass D9 keine hydrolysierten Polyvinylacetate nach Anspruch 1 des Streitpatents lehrt, weil der beanspruchte Hydrolysegrad 20 bis 70% betragen sollte. Dennoch wird der Hydrolysegrad der Komponente auf PVAc-Basis in Anspruch 1 des Streitpatents nicht erwähnt, so dass dieses Argument nicht zu überzeugen vermag. Daher würde der Fachmann, ausgehend von der Lehre der D9, ohne erfinderisch tätig zu werden zum beanspruchten Gegenstand gelangen.
3.8 Darüber hinaus beschreibt D9 die Verwendung hydrolysierter Polyvinylacetate in thermoplastischen Polymer-Blends (Seite 5, zweiter und dritter Absatz). Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, dass D9 keine hydrolysierten Polyvinylacetate nach Anspruch 1 des Streitpatents lehrt, weil der beanspruchte Hydrolysegrad 20 bis 70% betragen sollte. Dennoch wird der Hydrolysegrad der Komponente auf PVAc-Basis in Anspruch 1 des Streitpatents nicht erwähnt, so dass dieses Argument nicht zu überzeugen vermag. Daher würde der Fachmann, ausgehend von der Lehre der D9, ohne erfinderisch tätig zu werden zum beanspruchten Gegenstand gelangen.
Aus diesen Gründen erfüllt der Hauptantrag nicht die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ.
3.9 Aus diesen Gründen erfüllt der Hauptantrag nicht die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ.
Erster Hilfsantrag
Erster Hilfsantrag
Artikel 56 EPÜ
4. Artikel 56 EPÜ
4.1 Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags in dem der acide Katalysator näher definiert wurde. Das Streitpatent enthält keinen Beleg für einen aus dieser Einschränkung resultierenden technischen Effekt. Die zu lösende technische Aufgabe bleibt daher die Bereitstellung von weiteren thermoplastischen Polymer-Blends.
4.2 Da die in den Beispielen 1 und 3 der D9 verwendete Borsäure sowohl der im jetzigen Anspruch 1 definierten Katalysator-Klasse b) als auch c) zugeordnet werden kann, gelten die gleichen Argumente wie für den Hauptantrag. Daraus folgt, dass D9 den Gegenstand von Anspruch 1 nahelegt. Der Gegenstand des ersten Hilfsantrags ist daher nicht erfinderisch.
Zweiter bis vierter Hilfsantrag
Zweiter bis vierter Hilfsantrag
Artikel 56 EPÜ
5. Artikel 56 EPÜ
5.1 In den Hilfsanträgen 2 bis 4 wurde Anspruch 1 durch folgende Merkmale näher definiert:
a) "[...], wobei die Hydrolysekomponente ein Polyvinylacetat mit einem Hydrolysegrad von 20-70% ist." (Hilfsantrag 2).
b) "[...], erhalten durch Verseifen einer wässrigen Polyvinylacetat-Dispersion mit Natronlauge bei 120-140°C." (Hilfsantrag 3).
"[...], wobei die Hydrolysekomponente ein Polyvinylacetat mit einem Hydrolysegrad von 30-55% ist." (Hilfsantrag 4).
c) "[...], wobei die Hydrolysekomponente ein Polyvinylacetat mit einem Hydrolysegrad von 30-55% ist." (Hilfsantrag 4).
Da die Beschwerdeführerin nicht gezeigt hat, dass diese Merkmale irgendeinen technischen Effekt gegenüber D9 bewirken, bleibt die technische Aufgabe die Bereitstellung von weiteren thermoplastischen Polymer-Blends.
5.2 Da die Beschwerdeführerin nicht gezeigt hat, dass diese Merkmale irgendeinen technischen Effekt gegenüber D9 bewirken, bleibt die technische Aufgabe die Bereitstellung von weiteren thermoplastischen Polymer-Blends.
5.3 Die Eingrenzung des Anspruchs 1 nach a), b) oder c) führt den Fachmann nicht außerhalb des Rahmens der Lehre von D9. Insbesondere kann die Angabe der Hydrolysegrad von 20-70% (zweiter Hilfsantrag) oder 30-55% (vierter Hilfsantrag) im Hinblick auf die Offenbarung von 50-100% (D9, Seite 5, dritter Absatz), nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit der gemäß dieser Hilfsanträge beanspruchten Gegenstände des Patents führen. Bezüglich des dritten Hilfsantrags hat die Beschwerdeführerin nicht gezeigt, inwieweit die Angabe der Herstellung eines der Komponenten des Polymer-Blends zu einer Änderung des beanspruchten Gegenstands führen würde. Daher gelten die gleichen Argumente wie für den zweiten Hilfsantrag.
5.4 Daraus folgt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 2 bis 4 von D9 nahegelegt ist. Der Gegenstand der Hilfsanträge 2 bis 4 erfüllt daher nicht die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.