T 1253/08 () of 20.11.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T125308.20121120
Datum der Entscheidung: 20 November 2012
Aktenzeichen: T 1253/08
Anmeldenummer: 04804106.5
IPC-Klasse: G07D 7/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Banknotenbearbeitungsmaschine und Verfahren für das Erkennen von gefälschten Banknoten
Name des Anmelders: Giesecke & Devrient GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung 04 804 106.5 wurde von der Prüfungsabteilung wegen fehlender Neuheit der unab hängigen Ansprüche 1 und 6 zurückgewiesen.

II. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung beruht auf folgendem Stand der Technik

D4: WO 01/97180 A2

III. Die Beschwerdeführerin beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

- Ansprüche : 1 bis 3, eingereicht mit Schreiben vom 19. Oktober 2012,

- Beschreibung: Seiten 1, 2, 2a und 3 eingereicht mit Schreiben vom 19. Oktober 2012,

Seiten 4 bis 10 wie veröffentlicht

- Zeichnungen: Blatt 1/1 wie veröffentlicht

IV. Der unabhängige Anspruch des Antrags hat den folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren für das Erkennen von gefälschten Banknoten, bei dem die zu überprüfenden Banknoten mit Vergleichsdaten, die von echten Banknoten und bekannten Fälschungen abgeleitet sind, verglichen werden, wobei zusätzliche Vergleichsdaten für neuartige Fälschungen, die mit den für die echten Banknoten und bekannten Fälschungen abgeleiteten Vergleichsdaten nicht als Fälschungen erkannt werden, zur Verfügung gestellt werden, und die zu überprüfenden Banknoten sowohl mit den Vergleichsdaten, als auch mit den zusätzlichen Vergleichsdaten für neuartige Fälschungen verglichen werden, um festzustellen, ob eine gefälschte Banknote vorliegt, dadurch gekennzeichnet, daß [sic] zu überprüfende Banknoten mit den Vergleichsdaten verglichen werden um deren Art gemäß Währung und Denomination sowie deren Echtheit festzustellen, und daß ein Verglich [sic] mit den zusätzlichen Vergleichsdaten für neuartige Fälschungen nur erfolgt, falls für die festestellte Art von Banknoten gemäß Währung und Denomination Vergleichsdaten für neuartige Fälschungen vorliegen, und falls bei der Überprüfung mit den Vergleichsdaten die Echtheit der zu überprüfenden Banknoten festgestellt wurde."

V. Die von der Beschwerdeführerin im Schreiben vom 19. Oktober 2012 und in der darauf folgenden mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente können wie folgt zusammengefasst werden.

Der neue Anspruch 1 enthalte im Wesentlichen sowohl die Merkmale der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 bis 3 als auch zusätzlich Merkmale die sich klar aus der ursprünglich eingereichten Beschreibung Seite 1, Zeilen 23 bis 28 sowie Seite 8, Zeile 22 bis Seite 9, Zeile 7 ergäben. Die neuen Ansprüche 2 und 3 entsprächen den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 4 und 5.

Das Patentbegehren nach dem neuen Anspruch 1 sei auf die flexible Erkennung von neu auftretenden Fälschungen gerichtet. Dazu würden, abhängig davon, ob für die ermittelte Art der Banknoten gemäß Währung und Denomination zusätzliche Vergleichsdaten für neu auftretende Fälschungen zur Verfügung stünden, eine weitere Überprüfung mittels solcher zusätzlichen Vergleichsdaten durchgeführt. Eine Überprüfung von Banknoten mit zusätzlichen Vergleichsdaten werde jedoch nur dann durchgeführt, wenn die zu prüfenden Banknoten bei einer vorherigen Überprüfung mit den ursprünglichen Vergleichsdaten als echt befunden wurden.

Somit löse die nunmehr in Anspruchs 1 beanspruchte Erfindung die erfindungsgemäße Aufgabe, neuartige Fälschungen mit geringem Aufwand sicher und bereits relativ kurze Zeit nach dem Auftreten der neuartigen Fälschungen zu erkennen.

Speziell ergebe sich der Vorteil eines besonders geringen Aufwands bei der Überprüfung von Banknoten mit den zusätzlichen Vergleichsdaten, weil für schon bei der ursprünglichen Überprüfung als gefälscht erkannte Banknoten überflüssige weitere Überprüfungen vermieden werden würden.

Der geänderte Wortlaut des Anspruch 1 genüge den Vorschriften des Artikel 123(2). Aus den angeführten Gründen sei der Gegenstand des Anspruchs 1 neu und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen (Art. 123(2) EPÜ)

2.1 Die im Folgenden durch unterstrichenen Fettdruck hervorgehobenen Merkmale des Anspruchs 1 sind nicht direkt auf den Wortlaut der ursprünglichen Ansprüche 1 bis 3 zurückführbar. Etwaige rein grammatikalische und redaktionelle Anpassungen wurden nicht hervorgehoben.

"1. Verfahren für das Erkennen von gefälschten Banknoten, bei dem die zu überprüfenden Banknoten mit Vergleichsdaten, die von echten Banknoten und bekannten Fälschungen abgeleitet sind, verglichen werden, wobei zusätzliche Vergleichsdaten für neuartige Fälschungen, die mit den für die echten Banknoten und bekannten Fälschungen abgeleiteten Vergleichsdaten nicht als Fälschungen erkannt werden, zur Verfügung gestellt werden, und die zu überprüfenden Banknoten sowohl mit den Vergleichsdaten, als auch mit den zusätzlichen Vergleichsdaten für neuartige Fälschungen verglichen werden, um festzustellen, ob eine gefälschte Banknote vorliegt, dadurch gekennzeichnet, daß zu überprüfende Banknoten mit den Vergleichsdaten verglichen werden um deren Art gemäß Währung und Denomination sowie deren Echtheit festzustellen, und daß ein Verglich mit den zusätzlichen Vergleichsdaten für neuartige Fälschungen nur erfolgt, falls für die festestellte Art von Banknoten gemäß Währung und Denomination Vergleichsdaten für neuartige Fälschungen vorliegen, und falls bei der Überprüfung mit den Vergleichsdaten die Echtheit der zu überprüfenden Banknoten festgestellt wurde."

2.2 Die Formulierung, dass "zusätzliche Vergleichsdaten für neuartige Fälschungen [...] zur Verfügung gestellt werden," lässt unmittelbar und eindeutig aus der in der Anmeldung beschriebenen Ableitung und Erzeugung der Vergleichsdaten (z.B., Seite 7, Zeilen 20 bis 23) bzw. deren Ergänzung über die Schnittstelle 42 (Seite 7, Zeilen 26 bis 28) ableiten.

2.3 Das Merkmal, dass "die mit den für die echten Banknoten und bekannten Fälschungen abgeleiteten Vergleichsdaten nicht als Fälschungen erkannt werden" ergibt sich in diesem Zusammenhang als direkte Konsequenz des letzten Nebensatzes des ursprünglichen Anspruchs 2 ("falls bei der Überprüfung mit den Vergleichsdaten die Echtheit der zu überprüfenden Banknoten festgestellt wurde").

2.4 Der jetzt hinzugefügte ausdrückliche Hinweis darauf, dass sich die "Art der Banknoten" auf deren "Währung und Denomination" bezieht wird, ergibt sich aus der Beschreibung (z.B., aus Seite 3, Zeilen 5 bis 6; Seite 5, Zeilen 5 bis 7; Seite 9, Zeile 1).

2.5 Zuletzt ist es im gegebenen Zusammenhang als selbstverständlich anzusehen, dass das Überprüfungs verfahren dazu dient, nicht nur die Art der Banknoten festzustellen sondern auch "deren Echtheit".

2.6 Die weiteren in der Anmeldung durchgeführten Änderungen beziehen sich darauf, die Beschreibung an die jetzt auf ein Verfahren beschränkten Ansprüche anzupassen, und auch darauf, die von der Prüfungsabteilung ursprünglich angeführten Entgegenhaltungen D1 bis D3 zu würdigen.

2.7 Aus den oben dargelegten Gründen sieht die Kammer in den durchgeführten Änderungen keinen Verstoß gegen die Bestimmungen des Artikel 123(2) EPÜ.

3. Neuheit (Art. 54 EPÜ 1973)

3.1 Die Kammer bewertet Dokument D4 als den nächstliegenden Stand der Technik sowohl für die Ermittlung der Neuheit als auch für die Beurteilung ob die Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

3.2 Dokument D4 offenbart ein Verfahren zur Überprüfung von Dokumenten, in denen Echtheitsmerkmale geprüft werden.

3.2.1 Das Verfahren besteht aus einem ersten und einem zweiten Teilschritt. Im ersten Teilschritt "erfolgt die Echtheitsprüfung unter Heranziehung von [...] Echtheitskriterien" (Seite 9, Zeile 28 bis Seite 10, Zeile 1).

3.2.2 Es ist ebenso aus Dokument D4 bekannt, dass die Prüfstation mehrere Echtheitskriterien prüfen kann, wobei sowohl dem Dokument eigene Sicherheitsmerkmale als auch Unterschiede zwischen Dokumenten und bekannten Fälschungen als Prüfungskriterien herangezogen werden können.

3.2.3 Zuletzt wird in Dokument D4 auch offenbart dass anhand von gefälschten Banknoten zusätzliche, weitere Echtheitskriterien ermittelt werden, welche charakteristische Unterschiede zwischen echten Banknoten als Fälschung erkannte Banknoten betreffen. (Seite 11, Zeilen 23 bis 27). Diese zusätzlich ermittelten Kriterien werden dann über die Zentralbank in das Prüfungsverfahren aufgenommen. Somit erlaubt das aus Dokument D4 bekannte Verfahren eine einfache und schnelle Aktualisierung von Merkmalen und Kriterien (Seite 10, Zeilen 27 bis 29).

3.3 Wie von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang argumentiert, Dokument D4 offenbart also ebenso wie das erfindungsgemäße Verfahren ein Verfahren in dem sowohl schon bekannte als auch unter Umständen neuhinzugekommene Echtheitsmerkmale geprüft werden können um Fälschungen zu identifizieren. In beiden Verfahren besteht die Prüfung aus aufeinanderfolgenden Prüfschritten die unterschiedliche Merkmale prüfen. In dem aus Dokument D4 bekannten Verfahren werden, soweit weitere Daten vorliegen, beide Verfahrenschritte durchgeführt, im erfindungsgemäßen Verfahren dagegen nur an Banknoten die im vorhergehenden Schritt als echt bewertet wurden. Dieser Unterschied zwischen dem bekannten und dem erfindungsgemäßen Verfahren begründet die Neuheit der beanspruchten Erfindung.

4. Erfinderische Tätigkeit (Art. 56 EPÜ 1973)

4.1 Erfinderische Tätigkeit wird beurteilt unter Zugrundelegen des Unterschieds zwischen dem nächstliegenden Stand der Technik und der beanspruchten Erfindung.

4.2 Die Aufgabe der Erfindung, angesichts des Unterschieds zwischen ihr und dem in Dokument D4 offenbarten Stand der Technik, besteht also darin, ein alternatives zweistufiges Verfahren zur Banknotenüberprüfung bereitzustellen, welches es erlaubt, neu auftretende Fälschungen im Überprüfungsverfahren schnell und ohne großen Mehraufwand zu berücksichtigen.

4.3 Im Unterschied zu dem in Dokument D4 offenbarten Verfahren zur Banknotenprüfung wird nach dem erfindungsgemäßen, gestaffelten Verfahren eine Banknote einem weiteren Überprüfungsschritt nur dann unterzogen, wenn sie im vorhergehenden Schritt als echt bewertet wurde: "..., daß ein Verglich (sic) mit den zusätzlichen Vergleichsdaten für neuartige Fälschungen nur erfolgt, falls [...] bei der Überprüfung mit den Vergleichsdaten die Echtheit der zu überprüfenden Banknoten festgestellt wurde."(Anspruch 1, Zeilen 16-22).

4.4 Schon als Fälschungen bewertete Banknoten scheiden also unmittelbar aus dem weiteren Prüfungsverfahren aus und werden kein weiteres Mal überprüft. Dadurch ergibt sich eine klare Verfahrensökonomie, die, wie vom der Beschwerdeführerin glaubhaft vorgetragen, besonders bei sehr hohen Durchlaufzahlen erhebliche Vorteile bringt.

4.5 Zur Durchführung der erfindungsgemäßen gestaffelten Prüfung, welche die unnötige Überprüfung von bereits als Fälschung identifizierten Banknoten vermeidet, gibt es in Dokument D4 keinen Hinweis. Das beanspruchte gestaffelte Überprüfungs verfahren lässt sich daher nicht in naheliegender Weise aus dem der Kammer vorliegenden Stand der Technik ableiten.

4.6 Aus den oben genannten Gründen kommt die Kammer kommt zu dem Schluss, dass die in Anspruch 1 beanspruchte Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die 1. Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

- Ansprüche : 1 bis 3, eingereicht mit Schreiben vom 19. Oktober 2012,

- Beschreibung: Seiten 1, 2, 2a und 3 eingereicht mit Schreiben vom 19. Oktober 2012,

Seiten 4 bis 10 wie veröffentlicht

- Zeichnungen: Blatt 1/1 wie veröffentlicht

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