T 1220/08 () of 1.2.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T122008.20120201
Datum der Entscheidung: 01 Februar 2012
Aktenzeichen: T 1220/08
Anmeldenummer: 04732606.1
IPC-Klasse: B60L 7/22
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Überspannungsbegrenzer für einen Traktionsstromrichter
Name des Anmelders: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 04732606.1 zurückgewiesen worden ist.

II. Die Kammer wies in einer der Ladung für die mündliche Verhandlung beigefügten Mitteilung auf folgende Dokumente hin,

D1 = EP-A-1 245 431

D4 = EP-A-0 584 373

Zusätzlich war Dokument D2 = DE-A-195 22 563 in der angefochtenen Entscheidung genannt.

III. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 1. Februar 2012 statt.

IV. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent in folgender Fassung zu erteilen:

- Beschreibung: Seiten 1, 3 und 3a, eingereicht mit Schreiben vom 9. Juni 2008, Seiten 2 und 4 bis 8 wie ursprünglich eingereicht;

- Ansprüche: Anspruch 1, eingereicht mit Schreiben vom 9. Juni 2008, Ansprüche 2 bis 7 wie ursprünglich eingereicht.

- Zeichnungen : Fig. 1 und 2 wie ursprünglich eingereicht;

V. Der unabhängige Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Vorrichtung (2) zur Begrenzung einer Überspannung im Zwischenkreis (18) eines Traktionsstromrichters, die zwei elektrisch in Reihe geschaltete abschaltbare Halbleiterschalter (T7, T8), eine Induktivität (48) und einen Doppelschichtkondensator (50) aufweist, wobei die Reihenschaltung elektrisch parallel zum Zwischenkreis (18) des Traktionsstromrichters geschaltet ist, wobei die Induktivität (48) und der Doppelschichtkondensator (50) elektrisch in Reihe und diese Reihenschaltung zwischen einem Verbindungspunkt (46) der beiden abschaltbaren Halbleiterschalter (T7, T8) und einer negativen Stromschiene (20) des Zwischenkreises (18) geschaltet sind, dadurch gekennzeichnet, dass ein mittels eines Schalters (S1) zuschaltbarer Widerstand (54) vorgesehen ist, wobei dieser zuschaltbare Widerstand (54) elektrisch parallel zum Doppelschichtkondensator (50) schaltbar ist."

Die Ansprüche 2 bis 7 sind von dem Anspruch 1 abhängig.

VI. Die Beschwerdeführerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Aufgabe von D1 sei, die beim Bremsvorgang eines Traktionsmotors frei gesetzte Energie sinnvoll zu nutzen. Beim Traktionsstromrichter gemäß Figur 9A werde ein Teil der Energie der Batterie 902 zugeführt und die restliche Energie mittels Bremswiderstände in Wärme umgewandelt (vgl. D1, Absatz [0086], Zeilen 20 bis 24). Eine effiziente Rückgewinnung der Energie könne mittels Speichermittel verschiedener Arten, wie Batterien, Schwungräder, Kondensatoren oder Doppelschichtkondensatoren, einzeln oder in Kombination, erreicht werden (vgl. D1, Absatz [0082]). Eine noch bessere Energierückgewinnung könne erzielt werden, wenn die Bremswiderstände mittels eines Stellers gemäß Figur 9B gesteuert werden (vgl. D1, Absatz [0085] und Chopper-Schaltkreise DBC1 und DBC2 auf Figur 9B), wobei der Steller die Spannung des Gleichstromzwischenkreises an der Spannung der Speichermitteln 902 anpassen kann. Eine weitere Anpassung dieser Spannungen könne gemäß Fig. 9C mittels eines weiteren Stellers 910 erfolgen (vgl. D1, Absatz [0087]).

In D4 werde eine Überspannung des Gleichstromzwischenkreises mittels eines parallel zum Kondensator 7 und zum (elektrochemischen) Doppelschichtkondensator 20 schaltbaren Widerstands 11 abgebaut (vgl. D4, Abbildung 1 und Spalte 13, Zeile 51 bis Spalte 14, Zeile 12). Ähnlich den Bremswiderständen aus D1, werde der Widerstand 11 zwischen Plus- und Minuspole des Gleichstromzwischenkreises geschaltet. In den Fällen, in denen Element 902 von D1 aus einem Kondensator bestehe, entspräche Figur 1 von D4 der Figur 9A von D1. Folglich, würde der Fachmann ohne Kenntnis der Erfindung nicht zum Gedanken kommen einen Widerstand zu den, mittels eines Stellers 910 gesteuerten Speichermitteln 902 gemäß Fig. 9C von D1 parallel zu verschalten, weil D4 nicht über den Inhalt von D1 hinausgeht.

In D1 seien für eine effiziente Energierückgewinnung mindestens zwei verschiedene Gleichstromsteller notwendig, einer für die Bremswiderstände und einer für die Speichermittel (Batterie oder Kondensatoren). Durch die Verschaltung des Widerstands gemäß vorliegender Erfindung werde eine einfache Schaltung erreicht, die mittels eines einzigen Stellers zwei Funktionen, nämlich "Bremsen" und "Überspannungsbegrenzung in dem Gleichstromzwischenkreis" ausführen könne (vgl. Seite 8, letzte Zeile sowie Seite 4, letzte Zeile des oberen Absatzes).

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Anspruch 1, der im Lichte von D1 in zweiteiliger Form gegliedert wurde, entspricht dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1. Der Stand der Technik wurde in der an den neuen Anspruch 1 angepassten Beschreibung gewürdigt. Der Gegenstand der Anmeldung geht also nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, so dass die Änderungen nicht gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoßen.

3. Dokument D1 offenbart alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1, nämlich eine Vorrichtung zur Begrenzung einer Überspannung im Zwischenkreis 122 eines Traktionsstromrichters (vgl.D1, Absatz [0002] und Figur 9C), die zwei elektrisch in Reihe geschaltete abschaltbare Halbleiterschalter, eine Induktivität (vgl. Figur 9C, Steller 910) und einen Doppelschichtkondensator (vgl. D1, Absatz [0082], Zeilen 42 bis 44 und Absatz [0087], Zeilen 31 bis 33) aufweist, wobei die Reihenschaltung elektrisch parallel zum Zwischenkreis 122 des Traktionsstromrichters geschaltet ist und wobei die Induktivität und der Doppelschichtkondensator elektrisch in Reihe und diese Reihenschaltung zwischen einem Verbindungspunkt der beiden abschaltbaren Halbleiterschalter und einer negativen Stromschiene des Zwischenkreises geschaltet sind.

4. Der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 sieht noch vor, dass "ein mittels eines Schalters (S1) zuschaltbarer Widerstand (54) vorgesehen ist, wobei dieser zuschaltbare Widerstand (54) elektrisch parallel zum Doppelschichtkondensator (50) schaltbar ist."

5. Die Begrenzung der Überspannung des Zwischenkreises 122 von D1 (vgl. Figur 9C) erfolgt mittels Bremswiderstände, die über Schaltern DB1 bis DB5 parallel zum Zwischenkreis 122 und folglich parallel zu einer Reihenschaltung, die die Batterie oder den Doppelschichtkondensator 902 beinhaltet, schaltbar sind. Daher könnten die Bremswiderstände als zum Doppelschichtkondensator durch den Steller 910 und seine Induktivität parallel schaltbar betrachtet werden.

6. Die Kammer ist der Auffassung, dass der Wortlaut des vorliegenden Anspruchs 1 eindeutig macht, dass der Widerstand 54 mittels des Schalters S1 nicht durch den Halbleiterschalter T7, T8 und die Induktivität 48, sondern direkt parallel zum Doppelschichtkondensator schaltbar ist. Diese Interpretation untermauern die Zeichnungsblätter sowie die Beschreibung Seite 4, Absatz 2.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher als neu zu betrachten (Artikel 54 EPÜ).

7. Die Bremswiderstände von D1 können entweder stufenweise gesteuert werden (vgl. Figur 9A und Absatz [0086]) oder mittels Chopper-Schaltkreise DBC1 und DBC2, die eine genauere Steuerung der Zwischenkreisspannung und eine bessere Ausnutzung der Bremsenergie ermöglichen (vgl. Figur 9B und Absatz [0085]). Durch diese genauere Steuerung der Halbleiter wird mehr Energie in den Speichermitteln 902 zurückgewonnen sowie deren Schutz gegen Überspannungen gewährleistet.

8. Diese beiden Funktionen, nämlich "Energierückgewinnung" und "Überspannungsschutz" werden in D1 mittels zweier verschiedener Steller kontrolliert, nämlich eines Stellers für die Bremswiderstände und eines Stellers für die Versorgung der Speichermittel 902. Die vorliegende Anmeldung vereinfacht die Schaltung, da nur ein Steller T7, T8 und ein Zusatzschalter S1 nötig sind. Wie in Fig. 9B von D1 sieht D4 einen Doppelschichtkondensator 20 vor, der direkt parallel an dem Zwischenkreis angeschlossen ist. D4 ist daher nicht relevanter als D1. Schließlich wird die genaue Verschaltung des Bremswiderstands gegenüber dem Kondensator in D2 auch nicht angegeben.

9. Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt und als patentfähige Erfindung anzusehen ist (Artikel 56 EPÜ).

10. Die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 8 gelten durch ihren Rückbezug auf den Anspruch 1 ebenfalls als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

11. Dem Antrag des Beschwerdeführers ist somit stattzugeben.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in folgender Fassung zu erteilen:

- Beschreibung: Seiten 1, 3 und 3a, eingereicht mit Schreiben vom 9. Juni 2008, Seiten 2 und 4 bis 8 wie ursprünglich eingereicht;

- Ansprüche: Anspruch 1, eingereicht mit Schreiben vom 9. Juni 2008, Ansprüche 2 bis 7 wie ursprünglich eingereicht;

- Zeichnungen : Fig. 1 und 2 wie ursprünglich eingereicht

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