T 1173/08 () of 16.1.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T117308.20120116
Datum der Entscheidung: 16 Januar 2012
Aktenzeichen: T 1173/08
Anmeldenummer: 99907459.4
IPC-Klasse: B41M 3/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Bedrucktes Wertdokument mit einem lumineszierenden Echtheitsmerkmal
Name des Anmelders: Giesecke & Devrient GmbH
Name des Einsprechenden: Bundesdruckerei GmbH
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 111(1)
Schlagwörter: Neuheit - ja
Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1082/08
T 1176/08

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die am 21. April 2008 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 977 670 wegen mangelnder Neuheit widerrufen worden ist, Beschwerde eingelegt.

II. Am 16. Januar 2012 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

III. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und, als Hauptantrag, die Neuheit des Gegenstands der Ansprüche wie erteilt festzustellen und die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen. Hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (1. Hilfsantrag) oder auf der Grundlage der folgenden Unterlagen: 2. bis 5. Hilfsantrag, gemäß der Anspruchsätze eingereicht als 1. bis 4. Hilfsantrag am 15. Dezember 2011; oder 6. und 7. Hilfsantrag, gemäß der Anspruchsätze eingereicht als 5. bis 6. Hilfsantrag am 13. Januar 2012.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde sowie die Nichtzulassung des 6. und 7. Hilfsantrags.

IV. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 16 gemäß Hauptantrag lauten wie folgt:

"1. Bedrucktes Wertdokument mit zumindest einem Echtheitsmerkmal in Form einer lumineszierenden Substanz auf der Basis von mit wenigstens einem Seltenerdmetall dotierten Wirtsgitter, das im Wesentlichen im gesamten sichtbaren Spektralbereich absorbiert, in wesentlichen Teilen des sichtbaren Spektralbereichs anregbar und zumindest im Wellenlängenbereich zwischen 0,8 mym und 1,1 mym wenigstens teilweise transparent ist, wobei das Seltenerdmetall im Wellenlängenbereich zwischen 0,8 mym und 1,1 mym emittiert, und dass das Wirtsgitter eine Granat- oder Perovskitstruktur aufweist."

"16. Sicherheitselement, welches zumindest ein Trägermaterial und eine lumineszierende Substanz auf der Basis von mit wenigstens einem Seltenerdmetall dotierten Wirtsgitter aufweist, das im Wesentlichen im sichtbaren Spektralbereich absorbiert, in wesentlichen Teilen des sichtbaren Spektralbereichs anregbar und zumindest im Wellenlängenbereich zwischen 0,8 mym und 1,1 mym wenigstens teilweise transparent ist, wobei das Seltenerdmetall im Wellenlängenbereich zwischen 0,8 mym und 1,1 mym emittiert, und das Wirtsgitter eine Granat- oder Perovskitstruktur aufweist."

V. Im Beschwerdeverfahren wurde unter anderem auf folgende Druckschrift Bezug genommen:

E1 WO 81/03507

VI. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Die wesentliche Merkmale der Anspruchs 1 wie erteilt seien, dass das Wirtgitter im Bereich zwischen 0,8 mym und 1,1 mym transparent sei und das Seltenerdmetall in diesem Bereich emittiere. Dieser Emissionsbereich besitze den Vorteil, dass er gut mit einem üblichen Fotodetektor nachgewiesen werden kann, vgl. Absätze [0005] und [0007] des Patents. Der Druckschrift E1 dahingegen liege die Aufgabe zugrunde, dass die Emissionen mit handelsüblichen Bildwandlern nicht detektiert werden können (Seite 3, Zeilen 22 bis 27, Seite 4, Zeilen 1 bis 3, Seite 4, Zeile 29 bis Seite 5, Zeile 8, Seite 8, Zeile 27 bis Seite 9, Zeile 4, und Seite 18, Zeilen 7 bis 10).

Gemäß der Druckschrift E1 sollten Emissionen im leicht zugänglichen nahen Infrarotbereich vom langwelligen sichtbaren Licht bis 1,1 mym eben nicht auftreten. Falls Emissionen in diesem Bereich dennoch auftreten sollten, sollten sie unterdrückt werden, vgl. Seite 4, Zeilen 29 bis 32, und Seite 17, Zeilen 30 bis 36. Im letztgenannten, die Beispiele betreffenden Passus werde ausgeführt, dass in dem Anregungsbereich (im Sichtbaren, welche sich zum Teil bis ins nahe UV und IR erstrecke) die den Dotierungen eigenen Emissionsbereiche unterdrückt würden.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt sei somit neu. Dies gelte sinngemäß für den Gegenstand des Anspruchs 16 wie erteilt.

Zurückverweisung an die erste Instanz

Das Patent wurde wegen mangelnder Neuheit widerrufen. Die Einspruchsabteilung habe über den weiteren vorgebrachten Einspruchsgrund fehlender erfinderischer Tätigkeit noch nicht entschieden. Um eine Prüfung dieses Einspruchsgrunds in zwei Instanzen zu gewähren, sei es angemessen, die Angelegenheit zur weiteren Prüfung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Die Druckschrift E1 zeige ein bedrucktes Wertdokument mit zumindest einem Echtheitsmerkmal in Form einer lumineszierenden Substanz (Verwendung der Substanz in Druckfarben, Seite 18, Zeile 14) auf der Basis eines mit wenigstens einem Seltenerdmetall dotierten Wirtsgitter, das im Wesentlichen im gesamten sichtbaren Spektralbereich absorbiere, in wesentlichen Teilen des sichtbaren Spektralbereichs anregbar sei, im Infrarotbereich einen optisch transparenten Bereich habe, in dem die Substanz ausschließlich emittiere, und eine Granat- oder Perovskitstruktur aufweise (vgl. Anspruch 11). Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt sei somit nicht neu. Da die in Anspruch 1 der Druckschrift enthaltenen Optionen "und gegebenenfalls zusätzlich im nahen IR absorbiert" und "oder des nahen IR-Bereichs anregbar" nicht zwingend seien und zum Infrarotbereich auch der nahe Infrarotbereich gehöre, umfasse die Lehre des Anspruchs 1 auch Wertpapiere, die im nahen Infrarotbereich emittierten.

Im Hinblick auf den in der Mitteilung zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung enthaltenen Hinweis, die Druckschrift E1 offenbare nicht, wo im Infrarotbereich von 0,7 mym bis 10 mym (vgl. Anspruch 6) das optische Fenster liege, werde darauf verwiesen, dass der beanspruchte Teilbereich von 0,8 mym und 1,1 mym im Anspruch 1 des Hauptantrags nur dann neu sein könne, wenn es sich um eine Auswahlerfindung handle, d.h. der ausgewählte Teilbereich eng sein und genügend Abstand von dem bekannten Bereich haben müsse sowie kein willkürlich gewählter Ausschnitt des Stands der Technik sein dürfe. Im vorliegenden Fall seien keine der drei Kriterien erfüllt, so dass keine Auswahlerfindung und somit keine Neuheit vorliege. Für den beanspruchten zweiten Teilbereich im Anspruch 1 des Hauptantrags, nämlich der Wellenlängenbereich zwischen 0,8 mym und 1,1 mym, worin das Seltenerdmetall emittiere, gelte das Gleiche wie für den Teilbereich des optischen Fenster.

Zurückverweisung an die erste Instanz

Der Einspruch wurde vor mehr als 6 Jahren eingelegt. Eine Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung würde wahrscheinlich eine weitere Beschwerde einer der Parteien nach sich ziehen. Das Prinzip der Verfahrensökonomie gebiete, dass auf eine Zurückverweisung verzichtet werde. Sollte die Kammer allerdings erwägen, den Einspruchsgrund der mangelnder erfinderischen Tätigkeit des Hauptantrags zu prüfen (Ansprüche wie erteilt, siehe 1. Hilfsantrag der Beschwerdeführerin), dann müsse die Kammer auf jedem Fall auch über alle Hilfsanträge entscheiden, da sonst die Beschwerdeführerin einen unangebrachten Vorteil habe: sie bekäme im Beschwerdeverfahren die Aufrechterhaltung des Patents, ggf. in geändertem Umfang, zugesprochen und wenn nicht, auf jeden Fall eine zweite Chance vor der Einspruchsabteilung, die Beschwerdegegnerin hingegen würde im ersten Fall endgültig "verlieren" und hätte keine zweite Chance.

Entscheidungsgründe

HAUPTANTRAG (ANSPRÜCHE WIE ERTEILT)

1. Einwand der mangelnden Neuheit

1.1 Auslegung des Anspruchs 1

Anspruch 1 des Hauptantrags betrifft ein bedrucktes Wertdokument mit zumindest einem Echtheitsmerkmal in Form einer lumineszierenden Substanz. Der Begriff "lumineszierendes Echtheitsmerkmal" impliziert im Zusammenhang mit dem Merkmal "wobei das Seltenerdmetall im Wellenlängenbereich zwischen 0,8 mym und 1,1 mym emittiert", dass die Emissionslinien der lumineszierenden Substanz (hier: des Seltenerdmetalls) in diesem (nahen IR-) Bereich auch detektierbar sind (was wiederum voraussetzt, dass das Wirtsgitter zumindest im genannten Wellenlängenbereich wenigstens teilweise transparent ist).

So lautet die Aufgabenstellung in Absatz [0005] des Streitpatents: Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Wertdokument mit einer lumineszierenden Substanz zur Verfügung zu stellen, die eine Emission im nahen IR-Spektralbereich aufweist, so dass sie auch bei geringen Konzentrationen der lumineszierenden Substanz im Wertdokument nachweisbar ist.

Die Auslegung des Anspruchs in Punkt 3.1 der angefochtenen Entscheidung, wonach das Seltenerdmetall im Wellenlängenbereich zwischen 0,8 mym und 1,1 mym zwar emittiert, aber die Emissionslinien in diesem Bereich nicht detektierbar sind, weil sie vom Wirtsgitter unterdrückt bzw. absorbiert werden, macht im Lichte der Beschreibung des Streitpatents betrachtet als Ganzes technisch keinen Sinn.

1.2 Neuheitsprüfung auf der Basis des Wortlauts des Anspruchs 1 bzw. der Beschreibung der Druckschrift E1

1.2.1 Die Druckschrift E1 offenbart ein Wertdokument mit zumindest einem Echtheitsmerkmal in Form einer lumineszierenden Substanz auf der Basis eines mit wenigstens einem Seltenerdmetall dotierten Wirtsgitter. Dieses Wirtsgitter absorbiert im Wesentlichen im gesamten sichtbaren Spektralbereich [und gegebenenfalls zusätzlich im nahen IR], ist ferner in wesentlichen Teilen des sichtbaren Spektralbereichs anregbar, hat im Infrarotbereich einen optisch transparenten Bereich, in dem die Substanz ausschließlich emittiert, und weist schließlich eine Granat- oder Perovskitstruktur auf (siehe Seite 1, Zeilen 4 bis 6, Seite 4, Zeilen 10 bis 14, 21 und 22, Seite 18, Zeile 14 und Anspruch 1). Im ersten Absatz der Seite 1 der Druckschrift E1 wird ausgeführt, was unter der Bezeichnung "Wertpapier" verstanden wird: Banknoten, Scheckformulare, Aktien und Briefmarken usw. Solche Wertpapiere werden normalerweise bedruckt (vgl. Titelblatt der Druckschrift E1, letzter Absatz: "Wertpapier mit einverleibten oder aufgedruckten lumineszierenden Echtheitskennzeichen ...", Seite 6, Zeilen 6 bis 8, und Seite 18, zweiter Absatz).

Auf Seite 9, Zeilen 7 und 8, der Druckschrift E1 wird ferner ausgeführt, dass "Seltenerdmetalle, insbesondere Elemente mit den Ordnungszahlen 58 bis 71, ... Emissionslinien im IR-Bereich haben".

Die Druckschrift E1 offenbart aber weder, wo im Infrarotbereich (der sich von ca. 0,7 bis 1000 mym erstreckt) der optisch transparente Bereich liegt, noch wo genau das Seltenerdmetall emittiert. Eine Betrachtung von bevorzugten Teilbereichen des gesamten Infrarotbereichs (zwischen 1,1 und 10 mym oder 0,7 und 10 mym, siehe Seite 4, Zeilen 25 bis 28 und Anspruch 7) ändert an dieser Schlussfolgerung nichts.

1.2.2 Nach der Auffassung der Kammer offenbart die Druckschrift E1 somit nicht die Kombination der Merkmale der Ansprüche 1 und 16, wonach

- [das Wirtsgitter ...] zumindest im Wellenlängenbereich zwischen 0,8 mym und 1,1 mym wenigstens teilweise transparent ist, wobei

- das Seltenerdmetall im Wellenlängenbereich zwischen 0,8 mym und 1,1 mym emittiert.

Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 16 sind gegenüber der Druckschrift E1 somit neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ.

1.3 Beurteilung der Druckschrift E1 auf der Basis des Gesamtinhalts

1.3.1 Die Beschwerdegegnerin hat ferner vorgetragen, dass die Druckschrift E1 eine Lumineszenz im nahen IR-Bereich nicht ausschließe, da das optische Fenster zwischen 0,7 und 10 mym liegen könne und das Wirtsgitter nicht zwingend im nahen IR absorbiere (siehe Anspruch 1 und Seite 4, Zeilen 11, 12 und 25 bis 27). Nichts anderes sei auf Seite 8, Zeilen 29 und 30, der Druckschrift E1 offenbart, wo es heiße "wenn ... möglichst auch im nahen IR-Bereich keine Emissionen auftreten".

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Beurteilung der Beschwerdegegnerin der Druckschrift E1 beruht auf einer wortwörtlichen Auslegung des Merkmals "das Wirtsgitter im wesentlichen im gesamten sichtbaren Bereich und gegebenenfalls zusätzlich im nahen IR absorbiert" in Anspruch 1 mit der Annahme, dass dem Begriff "gegebenenfalls" die allgemeine Bedeutung "optional" zukomme.

1.3.2 Auf Seite 4 der Druckschrift E1 wird im ersten Absatz folgendes ausgeführt: Aufgabe der Erfindung ist die Schaffung von Wertpapieren mit einer Absicherung in Form von lumineszierenden Substanzen, die möglichst schwer erkennbar sind und insbesondere keine Emission im sichtbaren Spektralbereich zeigen und die in geringer Menge eingesetzt werden können.

Die hier erwähnten Bedingungen "möglichst schwer erkennbar" und "keine Emission im sichtbaren Spektralbereich" wurden bereits auf Seite 3, Zeilen 22 bis 27, angesprochen, wo es heißt: Bei der automatischen Echtheitserkennung von Wertpapieren stellt es jedoch einen zusätzlichen Sicherheitsfaktor dar, wenn die Absicherung nicht sichtbar ist oder es nicht möglich ist, diese mit üblichen Hilfsmittel sichtbar zu machen. Die Absicherung ist dann "mit üblichen Hilfsmitteln sichtbar zu machen", wenn die Lumineszenz in dem mit handelsüblichen Bildwandlern leicht zugänglichen nahen IR-Bereich auftritt, siehe Seite 3, Zeilen 18 bis 22. Vergleiche auch Seite 9, Zeilen 1 bis 4, wo es heißt: Unter "nahem IR" wird hier definitionsgemäß der Spektralbereich vom langwelligen sichtbaren Licht bis 1,1 (m verstanden. Dieser Bereich ist durch handelsübliche Bildwandler zugänglich.

Auf Seite 4 der Druckschrift E1 wird im zweiten Absatz folgendes ausgeführt: Gegenstand der Erfindung ist ein Wertpapier mit lumineszierenden Substanzen auf der Basis von mit Seltenerdmetallen dotierten Wirtsgittern, das dadurch gekennzeichnet ist, daß das Wirtsgitter im wesentlichen im gesamten sichtbaren Bereich und gegebenenfalls zusätzlich im nahen IR absorbiert und in wesentlichen Teilen des sichtbaren oder des nahen IR-Bereichs anregbar ist und im IR einen optisch transparenten Bereich hat, in dem die Substanz ausschließlich emittiert (Hervorhebung durch die Kammer), vgl. Anspruch 1.

Wenn dieser Absatz vom Fachmann gelesen wird, dem durch Zusammenschau der beiden oben erwähnten vorausgehenden Passagen die Lehre vermittelt worden ist, dass die Lumineszenz nicht im nahen IR-Bereich auftreten soll, wird er nach Auffassung der Kammer den Ausdruck "gegebenenfalls zusätzlich im nahen IR absorbiert" so verstehen, dass falls Emissionen innerhalb des nahen IR-Bereichs liegen, das Wirtgitter sie absorbieren soll.

Auf Seite 4 der Druckschrift E1, vierter Absatz, werden zwei bevorzugte optische Fenster (optisch transparente Bereiche) erwähnt: Der optisch transparente Bereich oder das optische Fenster des Wirtsgitters liegt vorzugsweise zwischen 1,1 und 10 (m oder 0,7 und 10 (m.

Der im zweiten Absatz der Seite 4 gekennzeichnete Gegenstand der Erfindung wird auf Seite 4, fünften Absatz, der Druckschrift E1 nochmals in anderen Worten zusammengefasst: Außerhalb des optischen Fensters und insbesondere im sichtbaren oder nahen IR-Bereich liegende Emissionen werden durch das Absorptionsverhalten des Wirtsgitters unterdrückt. Nach Auffassung der Kammer ist der obengenannte Passus, der sich sowohl auf den im Anspruch 1 erwähnten, optisch transparenten Bereich im IR als auch auf die obengenannten bevorzugten optischen Fenster bezieht, die zentrale Lehre der Druckschrift E1, vgl. auch die Formulierung des Anspruchs 2: daß das absorbierende Wirtsgitter an die Emissionslinien der verwendeten Dotierung derart angepaßt ist, ..., daß jede im sichtbaren Bereich und gegebenenfalls zusätzlich im nahen IR auftretende Emission unterdrückt wird. Der zweite Satzteil formuliert das Ziel, welches im Wesentlichen bereits in Anspruch 1 enthalten ist, der erste Satzteil gibt einen bevorzugten Weg, dieses Ziel zu erreichen.

Im letzten Satz des Passus auf Seite 8, letzter Absatz, der Druckschrift E1 werden die Eigenschaften der erfindungsgemäßen Luminophore wie folgt zusammengefasst: Die gewünschten Eigenschaften der Luminophore liegen jedenfalls dann vor, wenn im Sichtbaren und möglichst auch im nahen IR-Bereich keine Emissionen auftreten und damit die Absicherung "unsichtbar" ist bzw. mit handelsüblichen Geräten, wie Bildwandlern, nicht beobachtet werden kann (Hervorhebung durch die Kammer).

Die Beschwerdegegnerin hat aus diesem Passus, der von den Parteien als durchaus kritische Stelle der Druckschrift E1 betrachtet wurde, gefolgert, das Nichtauftreten von Emissionen im nahen IR-Bereich sei nicht zwingend.

Nach Auffassung der Kammer kann der Satz aber unter Berücksichtigung der Lehre der Druckschrift E1 in ihrer Gesamtheit nur so gelesen werden, dass wenn die Luminophore zur Echtheitserkennung zur Absicherung in Wertpapiere eingebracht werden, "die Absicherung ... mit handelsüblichen Geräten ... nicht beobachtet werden kann". Dies ist der Fall, wenn die Lumineszenz in dem mit handelsüblichen Bildwandlern leicht zugänglichen nahen IR-Bereich nicht auftritt (siehe Seite 3, Zeilen 21 und 22). Der Ausdruck "möglichst auch im nahen IR-Bereich keine Emissionen auftreten" ist nach Auffassung der Kammer so zu verstehen, dass nach Möglichkeit oder im Rahmen des Möglichen keine Emissionen im nahen IR-Bereich auftreten sollten. Diese Auslegung steht im Einklang mit der obigen Auslegung des Gegenstands der Erfindung, dass falls Emissionen innerhalb des nahen IR-Bereichs auftreten sollten, das Wirtgitter diese absorbieren soll.

1.3.3 Die Kammer kommt aufgrund dieser Beurteilung der Druckschrift E1 in ihrer Gesamtheit zu dem Ergebnis, dass gemäß dieser Druckschrift Emissionslinien im nahen IR-Bereich, der mit einem handelsüblichen Bildwandler zugänglich ist, falls sie auftreten, unterdrückt werden.

Diese Lehre der Druckschrift E1 steht daher im Gegensatz zur Lehre der Erfindung des Streitpatents, wonach die Emissionslinien des Seltenerdmetalls (bzw. der lumineszierenden Substanz) gerade im Wellenlängenbereich zwischen 0,8 mym und 1,1 mym, d. h. im nahen Infrarotbereich, auftreten und detektierbar sein sollen (siehe Punkt 1.1).

Die Kammer möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass sich die Frage, ob es sich bei dem Gegenstand der Erfindung um eine Auswahlerfindung handelt, hier nicht stellt, da die angeblich ausgewählten Bereiche nicht zum Offenbarungsinhalt der Druckschrift E1 gehören.

Auch aus diesem Grund kann die Druckschrift E1 den Gegenstand der Ansprüche 1 und 16 nicht neuheitsschädlich vorwegnehmen.

2. Zurückverweisung an die erste Instanz

Die Kammer erachtet es als angemessen, die Angelegenheit gemäß Artikel 111 (1) EPÜ an die erste Instanz zurückzuverweisen, da die Einspruchsabteilung über den Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ) noch nicht entschieden hat.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen.

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