T 1088/08 () of 13.8.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T108808.20100813
Datum der Entscheidung: 13 August 2010
Aktenzeichen: T 1088/08
Anmeldenummer: 03026659.7
IPC-Klasse: A23L 1/30
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verwendung von mittelkettigen Triglyceriden (MCT) zur ernährungsphysiologischen Optimierung des Fettsäurespektrums in einem diätischen Lebensmittel für Diabetiker
Name des Anmelders: HORST HEIRLER PROJEKTE ERNÄHRUNG*MEDIZIN*ÖKOLOGIE
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.09
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 84
Schlagwörter: Änderungen - Erweiterung (bejaht)
Klarheit der Ansprüche (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0010/93
T 1129/97
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die im Namen der HORST HEIRLER PROJEKTE ERNÄHRUNG*MEDIZIN*ÖKOLOGIE am 19. November 2003 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 03026659.7 wurde mit Entscheidung vom 21. Dezember 2007 unter Verweis auf den Bescheid vom 23. November 2005 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen. Der Entscheidung lagen die am 6. September 2005 eingereichten Ansprüche 1 - 17 zugrunde, wobei Anspruch 1 wie folgt lautete:

"1. Verwendung von mittelkettigen Triglyceriden oder einer mittelkettige Triglyceride enthaltenden Zusammensetzung zur Herstellung eines diätetischen Mittels zur diätetischen Therapie von Diabetes mellitus, wobei die Zusammensetzung in der Fettphase enthält:

(a) 10 bis 30% mittelkettige Triglyceride;

(b) mindestens eine einfach ungesättigte

Fettsäure;

(c) Linolsäure;

(d) alpha-Linolensäure; und

(e) Eicosapentaensäure und/oder Docosahexaensäure

als mehrfach ungesättigte Triglyceride."

II. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Anmelderin) mit Schreiben vom 11. Februar 2008 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein. Mit Schreiben vom 25. April 2008 erfolgte die Beschwerdebegründung, in der beantragt wurde, die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und das Patent auf der Basis der am 6. September 2005 eingereichten Ansprüche zu erteilen.

III. In ihrer Mitteilung vom 24. März 2010 erhob die Kammer unter anderem Einwände gegen die Klarheit der Ansprüche. Insbesondere wurde die vorläufige Auffassung vertreten, dass es dem Ausdruck "mittelkettige Triglyceride" in Anspruch 1 an Klarheit mangele. Ferner wurde ausgeführt, dass nicht deutlich sei, ob es sich bei der Angabe "%" in Anspruch 1 um beispielsweise Gewichts- oder Volumenprozent handle. Schließlich wurde festgehalten, dass die Ansprüche bezüglich der Frage widersprüchlich seien, ob die darin genannten Säuren als Säuren oder Triglyceride vorliegen.

IV. In ihrem Schreiben vom 29. Juni 2010 reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Anspruchssatz als Hauptantrag sowie das folgende Dokument ein:

D11: Zusammenfassende Ergebnisdarstellung einer klinischen Studie.

V. In der Mitteilung der Kammer vom 23. Juli 2010 wurde die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass sie in der für den 13. August 2010 anberaumten mündlichen Verhandlung darauf vorbereitet sein sollte, für jede Änderung die Basis in den ursprünglichen Unterlagen anzugeben. Ferner wurde ausgeführt, dass in der mündlichen Verhandlung zu diskutieren sei, ob die Angabe "%" in den Ansprüchen als klar anzusehen sei. Darüber hinaus wurde die vorläufige Auffassung vertreten, dass nicht deutlich sei, welche Triglyceride durch die in Anspruch 1 befindlichen Formulierungen "Ölsäure als einfach ungesättigtes Triglycerid", "Linolsäure als zweifach ungesättigtes Triglycerid" und "alpha-Linolensäure als dreifach ungesättigtes Triglycerid" umfasst sein sollen. In diesem Zusammenhang wurde von der Kammer auf das folgende Dokument verwiesen:

D12: A. Rutkowski et al, "Über die Struktur der Rapsöl- Glyceride, FETTE . SEIFEN . ANSTRICHMITTEL", 66. Jahrgang, Nummer 12, 1964, Seiten 1017 - 1020.

VI. In ihrer Erwiderung vom 4. August 2010 reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag (einziger Antrag) mit den Ansprüchen 1 - 8 ein, wobei der unabhängige Anspruch 1 wie folgt lautete:

"1. Diätetisches Lebensmittel zur Verwendung in der ergänzenden diätetischen Behandlung von Diabetes mellitus umfassend eine Fettphase, wobei die Zusammensetzung in der Fettphase enthält:

(a) 10 bis 30% Triglyceride der Octan- und/oder

Dekansäure (Caprylsäure; C8:0 und/oder

Caprinsäure; C10:0);

(b) 20% bis 60% Ölsäure;

(c) 10 bis 35% Linolsäure;

(d) 3 bis 10% alpha-Linolensäure."

Die Ansprüche 2 - 8 stellten von Anspruch 1 abhängige Ansprüche dar.

Zusätzlich wurden mit der Erwiderung folgende Dokumente eingereicht:

D13: Leitsätze für Speisefette und Speiseöle, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, 1997, Seiten 1 - 16, und

D14: "Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von Ölpflanzen in Europa", http://www.inaro.de/deutsch/ rohstoff/industrie/oel fett/fettsaur.htm, 27. Juli 2010.

VII. Am 13. August 2010 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. In der Verhandlung wurde der in der Erwiderung vom 4. August 2010 eingereichte Hauptantrag aufrechterhalten und keine weiteren Anträge eingereicht.

VIII. Die im schriftlichen Verfahren sowie der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente der Beschwerdeführerin können, soweit sie für die vorliegende Entscheidung relevant sind, wie folgt zusammengefasst werden:

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei die in Anspruch 1 befindliche Formulierung "Triglyceride der Octan- und/oder Dekansäure (Caprylsäure; C8:0 und/ oder Caprinsäure; C10:0)" im zweiten Absatz der Seite 7 und dritten Absatz der Seite 8 der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart. Anspruch 1 erfülle daher die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

Bezüglich der Klarheit des Anspruchs 1 verwies die Beschwerdeführerin auf Kapitel 5 der Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamtes, wo festgehalten sei, dass bei der Auslegung der Ansprüche im Zusammenhang mit der Prüfung der Klarheit unlogische oder technisch unsinnige Auslegungen ausgeschlossen werden müssten. Es sollte versucht werden, zu einer Auslegung des Anspruchs zu gelangen, die technisch sinnvoll sei und bei der die gesamte Offenbarung der Patentanmeldung berücksichtigt würde. Zudem stellte die Beschwerdeführerin fest, dass von der Beschwerdekammer zahlreiche Klarheitseinwände erhoben wurden, obwohl im erstinstanzlichen Prüfungsverfahren keinerlei Klarheitseinwände seitens der Prüfungsabteilung geltend gemacht worden waren.

Zu den einzelnen von der Beschwerdekammer angesprochenen Punkten äußerte sich die Beschwerdeführerin wie folgt:

- Bei den in Anspruch 1 befindlichen Prozentangaben handele es sich um Gewichtsprozent. Dies ginge aus der Anmeldung in ihrer Gesamtheit und insbesondere aus den Grammangaben auf Seite 12 sowie im Beispiel der ursprünglichen Anmeldung klar hervor. Zudem sei es für den Durchschnittsfachmann eindeutig, dass, wenn das Endprodukt ein (halb)festes Produkt wie zum Beispiel Margarine oder Streichfett ist, diese Angaben nur als Gewichtsprozent verstanden werden könnten. Schließlich sei es in der Lebensmitteltechnologie üblich, dass der prozentuale Gehalt als Gewichtsprozent angegeben werde. Dies ginge unter anderem aus der Aussage "Prozentangaben beziehen sich auf das Gewicht" in D13, Abschnitt A.5 hervor.

- Die als Komponenten (b) - (d) in Anspruch 1 genannten Säuren lägen in der anspruchsgemässen Fettphase als Triglyceride vor. Dies gehe aus der Anmeldung selbst hervor, die in zahlreichen Textstellen Öle und Fette als Quelle für die Komponenten (b) bis (d) offenbare. Ferner würde dies durch den ursprünglichen Anspruch 7 bestätigt, gemäß dem Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure als Triglyceride anwesend seien.

Für den Fachmann, einen Lebensmittelchemiker oder einen Ökothrophologen, sei darüber hinaus deutlich, dass die Fettsäuren in Ölen und Fetten als Triglyceride vorlägen. Dies ergäbe sich aus den amtlichen Leitsätzen für Speisefette und Speiseöle D13. Im Abschnitt "A.1 Begriffsbestimmungen" der D13 würde darauf hingewiesen, dass Speisefette und Speiseöle fast ausschließlich aus Triglyceriden von Fettsäuren bestünden. Des Weiteren folge aus diesem Dokument, dass Speisefette und Speiseöle üblicherweise durch ihre Fettsäurezusammensetzungen gekennzeichnet würden, welche wieder als Triglyceride vorlägen. Dies würde auch von D14 bestätigt.

Der Auslegung, dass es sich bei den in Anspruch 1 als Komponenten (b) - (d) bezeichneten Säuren um Triglyceride handele, stehe die in diesem Anspruch vorgenommene Unterscheidung zwischen Triglyceriden (Komponente (a)) und Säuren (Komponenten (b) - (d)) nicht entgegen. Vielmehr sei auf der Basis der ursprünglichen Ansprüche 4 - 6 deutlich, dass auch die als Komponenten (b) - (d) im jetzigen Anspruch 1 genannten Säuren nicht als Säuren sondern als Triglyceride vorlägen.

- Bezüglich der Frage, wie die in Anspruch 1 im Zusammenhang mit den für die Säuren (b) - (d) genannten Prozentangaben auszulegen seien, wurde von der Beschwerdeführerin keine eindeutige Aussage getroffen. Einerseits wurde in der mündlichen Verhandlung festgehalten, dass die in Anspruch 1 genannte Menge von 60% Ölsäure die Anwesenheit von 60% Ölsäure enthaltenden Triglyceriden impliziere. Andererseits wurde ebenfalls in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass sich die Prozentangaben auf die Menge der in den Triglyceriden vorhandenen Säure selbst bezögen.

IX. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Hauptantrages vom 4. August 2010 zu erteilen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Artikel 123(2) EPÜ

2.1 In Anspruch 1 wird die Komponente (a) als "Triglyceride der Octan- und/oder Dekansäure (Caprylsäure; C8:0 und/ oder Caprinsäure; C10:0)" definiert. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin stellen der zweite Absatz der Seite 7 und der dritte Absatz der Seite 8 der ursprünglich eingereichten Anmeldung die Basis für diese Definition dar.

2.2 Der zweite Absatz der Seite 7 der ursprünglichen Offenbarung enthält die Formulierung

"… solcher mittelkettigen Triglyceride, vorzugsweise mit einem nahezu ausschließlichen Gehalt an Caprylsäure (C8 : 0) und/oder Caprinsäure (C10 : 0), …".

Im dritten Absatz der Seite 8 der ursprünglichen Offenbarung findet sich die Aussage

"Der hier verwendete Ausdruck "mittelkettige Triglyceride" bezieht sich auf Triglyceride mit einem nahezu ausschließlichen Gehalt an Octansäure (Caprylsäure; C8 : 0) und/oder Dekansäure (Caprinsäure; C10 : 0) entsprechend den systematischen und trivialen Namen in der chemischen Nomenklatur."

Das in den obigen Textstellen der ursprünglichen Offenbarung enthaltene Merkmal "nahezu ausschließlich" fehlt im Anspruch 1. Da jedoch Triglyceride mit einem Gehalt von "nahezu ausschließlich Octan- und/oder Dekansäure" nicht identisch sind mit "Triglyceriden der Octan- und/oder Dekansäure", können diese Textstellen der ursprünglichen Offenbarung nicht als Basis für die Definition der Triglyceride der Komponente (a) dienen.

2.3 Darüber hinaus findet sich auch keine andere Textstelle in der ursprünglich eingereichten Anmeldung, die die Definition der Komponente (a) in Anspruch 1 offenbaren würde. Dies wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet.

2.4 Somit ist die Definition der Komponente (a) in Anspruch 1 als "Triglyceride der Octan- und/oder Dekansäure (Caprylsäure; C8:0 und/ oder Caprinsäure; C10:0)" ursprünglich nicht offenbart. Anspruch 1 des Hauptantrages verstößt daher gegen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

2.5 Während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer wurde von der Beschwerdeführerin angeboten, den oben diskutierten Ausdruck "nahezu ausschließlich" in Anspruch 1 einzufügen. Aber selbst wenn dieser Ausdruck als klar angesehen werden könnte, hätte ein entsprechend geänderter Anspruchsgegenstand aus den gleichen Gründen, wie nachfolgend für den jetzt vorliegenden Hauptantrag angegeben, die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973 nicht erfüllt.

3. Klarheit (Artikel 84 EPÜ 1973)

3.1 Es ist der Beschwerdeführerin insofern zuzustimmen, dass im vorliegenden Fall Klarheitseinwände erstmals von der Beschwerdekammer erhoben wurden. Diese Vorgehensweise steht jedoch im Einklang mit dem in G 10/93 (Leitsätze; ABl. EPA 1995, 172) aufgestellten Grundsatz, dass die Beschwerdekammer ein von der Prüfungsabteilung nicht in Betracht gezogenes Patentierungserfordernis in das Verfahren einbeziehen kann, wenn Anlass zu der Annahme besteht, dass dieses Erfordernis nicht erfüllt sein könnte. Die Beschwerdeführerin hatte ausreichend Gelegenheit, sich zu den Klarheitseinwänden der Beschwerdekammer zu äußern, da die Klarheitseinwände bereits im schriftlichen Verfahren in den Bescheiden vom 24. März und 23. Juli 2010 erhoben wurden.

3.2 Der Gehalt der Komponenten (a) - (d) in Anspruch 1 wird in "%" angegeben. Wie von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wurde, lässt diese Angabe für sich genommen offen, ob es sich hierbei um Gewichts-, Volumen- oder Molprozent handelt.

3.2.1 Von der Beschwerdeführerin wurde die Auffassung vertreten, dass auf Grund der Grammangaben auf Seite 12 sowie im Beispiel der ursprünglichen Anmeldung deutlich sei, dass es sich bei den Prozentangaben in Anspruch 1 um Gewichtsprozentangaben handeln muss. Wie jedoch z. B. in der Entscheidung T 1129/97 (Punkt 2.1.2; ABl. EPA 2001, 273) bereits ausgeführt, bedeutet gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern das in Artikel 84 EPÜ 1973 verankerte Erfordernis der Klarheit, dass die Ansprüche für einen Fachmann mit allgemeinem Fachwissen in sich deutlich sein müssen, so dass er nicht die Beschreibung des betreffenden Patents hinzuziehen muss. Folglich kann das auf der Beschreibung basierende Argument der Beschwerdeführerin nicht durchgreifen.

3.2.2 Es bleibt daher zu prüfen, ob der Fachmann auf Grund seines allgemeinen Fachwissens die Angabe "%" in Anspruch 1 als Gewichtsprozent gelesen hätte.

In diesem Zusammenhang wurde von der Beschwerdeführerin auf D13, Abschnitt A.5 verwiesen, wo festgehalten wird, dass sich die Prozentangaben in D13 auf das Gewicht beziehen.

D13 beschreibt Leitsätze für Speisefette und Speiseöle. Zunächst ist festzustellen, dass die Zusammensetzung des Anspruchs 1 nicht notwendigerweise Speisefette oder Speiseöle enthält. Vielmehr stellt Anspruch 1 ganz allgemein auf ein diätetisches Lebensmittel ab, das eine Fettphase enthält. Auch der Verweis im zweiten Absatz der Seite 10 der ursprünglichen Offenbarung auf Oliven-, Raps-, Canol- und Sonnenblumenöl als Quellen für die Säuren der anspruchsgemässen Fettphase impliziert nicht, dass diese Öle in der anspruchsgemässen Zusammensetzung enthalten sein müssen.

Somit kann ein möglicherweise durch D13 belegtes im Zusammenhang mit Speisefetten und Speiseölen stehendes allgemeines Fachwissen bei der Auslegung des nicht auf Speisefette und Speiseöle beschränkten Anspruchs 1 nicht berücksichtigt werden. Die auf D13 gründende Argumentation der Beschwerdeführerin kann daher nicht durchgreifen.

Unabhängig hiervon steht die Argumentation der Beschwerdeführerin nicht im Einklang mit der im Prüfungsverfahren mit D9 bezeichneten Veröffentlichung, die sich mit in Speiseölen maritimen Ursprungs vorkommenden polyungesättigten Fettsäuren beschäftigt. Insbesondere ergibt sich aus Tabelle 1 dieses Dokumentes eindeutig, dass Fettsäuregehalte von Fisch- und Seerobbenöl auch in Molprozent angegeben werden. Somit würden sich die Prozentangaben in Anspruch 1 selbst dann, wenn die darin genannte Fettphase auf Speisefette und Speiseöle beschränkt wäre, nicht notwendigerweise auf Gewichtsprozent beziehen.

Von der Beschwerdeführerin wurde noch vorgebracht, dass, wenn das anspruchsgemäße Endprodukt ein (halb)festes Produkt wie zum Beispiel Margarine oder Streichfett sei, der Fachmann Prozentangaben als Gewichtsprozent lesen würde. Selbst wenn dieses Argument zutreffen würde, kann es nicht für den gesamten Umfang des Anspruchs 1 greifen, da dieser Anspruch nicht auf Margarine oder Streichfett beschränkt ist. Somit kann auch dieses Argument der Beschwerdeführerin nicht überzeugen.

Aus der obigen Betrachtung folgt, dass es für den mit allgemeinem Fachwissen ausgestatteten Fachmann nicht deutlich ist, ob sich die Prozentangaben in Anspruch 1 auf Gewichts-, Volumen- oder Molprozent beziehen. In Abhängigkeit hiervon werden jedoch durch Anspruch 1 unterschiedliche Gehalte an Komponenten (a) - (d) abgedeckt. Somit sind die Gehalte dieser Komponenten in der Zusammensetzung des Anspruchs 1 unklar.

3.3 Anspruch 1 enthält die Formulierung:

"wobei die Zusammensetzung in der Fettphase enthält:

a) 10 bis 30% Triglyceride der Octan- und/oder Dekansäure (Caprylsäure; C8:0 und/oder Caprinsäure; C10:0);

b) 20% bis 60% Ölsäure;

c) 10 bis 35% Linolsäure;

d) 3 bis 10% alpha-Linolensäure."

3.3.1 Bei wörtlicher Auslegung des Anspruchs 1 muss somit die Zusammensetzung in der Fettphase bestimmte Mengen "freier" Ölsäure, Linolsäure und alpha-Linolensäure enthalten.

Die Beschwerdeführerin vertrat jedoch die Auffassung, dass die als Komponenten (b) - (d) in Anspruch 1 genannten Säuren in der anspruchsgemässen Fettphase beziehungsweise der anspruchsgemässen Zusammensetzung nicht als "freie" Säuren sondern als Triglyceride vorlägen.

3.3.2 Selbst wenn man dieser Auffassung der Beschwerdeführerin folgt, ist nicht klar, ob sich die in Anspruch 1 für den Gehalt der Komponenten (b) - (d) gemachten Prozentangaben beziehen

i) auf den auf die Fettphase bezogenen Gehalt der Triglyceride, die die jeweilige Fettsäure (Ölsäure, Linolsäure bzw. alpha-Linolensäure) enthalten,

ii) auf den auf die Fettphase bezogenen Gehalt der Fettsäuren, die in den jeweiligen Triglyceriden enthalten sind, oder

iii) auf den auf den Gesamtfettsäuregehalt bezogenen Gehalt der Fettsäuren.

Zu dieser Frage wurde von der Beschwerdeführerin keine eindeutige Aussage getroffen. Einerseits wurde während der mündlichen Verhandlung festgehalten, dass die in Anspruch 1 genannte Menge von 60% Ölsäure die Anwesenheit von 60% Ölsäure enthaltenden Triglyceriden impliziere. Andererseits wurde in der mündlichen Verhandlung auch darauf hingewiesen, dass sich die Prozentangaben auf die Menge der in den Triglyceriden vorhandenen Säure selbst bezögen. Mit anderen Worten ist selbst ausgehend von dem in der mündlichen Verhandlung gemachten Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht deutlich, welcher der beiden obigen Auslegungsmöglichkeiten i) oder ii) für Anspruch 1 auszuwählen ist.

Wie in der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdekammer dargelegt wurde, enthält auch das von der Beschwerdeführerin zur Belegung des allgemeinen Fachwissens angezogene Dokument D13 widersprüchliche Angaben zu dieser Frage. Insbesondere beziehen sich die in Verbindung mit Fettsäuregehalten in Punkt C.3 auf Seite 7 verwendeten Prozentangaben auf "Prozent Säure, jeweils berechnet als Triglycerid in 100 g Fett", was obige Auslegungsart i) stützen würde. Im Gegensatz hierzu beziehen sich die Prozentangaben auf der nachfolgenden Seite 8 der D13 auf "Gewichtsprozent Säure, bezogen auf Gesamtfettsäuren", was obiger Auslegungsart iii) entspricht. Somit würde selbst dann, wenn D13 als für die vorliegende Anmeldung relevantes allgemeines Fachwissen angesehen werden könnte, nicht deutlich sein, welche der obigen Auslegungsarten zu wählen ist.

Abhängig davon, welcher der Auslegungsmöglichkeiten i) bis iii) berücksichtigt wird, ergeben sich jedoch unterschiedliche Gehaltsbereiche für die Komponenten (b) bis (d) in Anspruch 1. Auch aus diesem Grund sind die in Anspruch 1 genannten Gehalte der Komponenten (b) - (d) unklar.

3.4 Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass

- nicht deutlich ist, ob sich die Angabe "%" in Anspruch 1 auf Gewichts-, Volumen- oder Molprozent bezieht,

- nicht deutlich ist, ob die in Anspruch 1 bezüglich der Komponenten (b) - (d) genannten Prozentangaben den auf die Fettphase bezogenen Gehalt an Triglyceriden, den auf die Fettphase bezogenen Gehalt an Fettsäuren oder den auf den Gesamtfettsäuregehalt bezogenen Gehalt an Fettsäuren darstellen.

Daher sind die in Anspruch 1 befindlichen Gehaltsangaben unklar. Anspruch 1 erfüllt folglich nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen

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