T 1027/08 () of 3.12.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T102708.20101203
Datum der Entscheidung: 03 Dezember 2010
Aktenzeichen: T 1027/08
Anmeldenummer: 01996994.8
IPC-Klasse: A61N 1/40
A61N 1/32
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Beeinflussungsvorrichtung zur therapeutischen Beeinflussung wenigstens von Teilbereichen eines Lebewesens
Name des Anmelders: Broers, Dieter
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 54(2)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0198/84
T 0279/89
T 0666/89
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0234/20

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 01996994.8 (europäische Veröffentlichungsnummer 1 347 803, internationale Veröffentlichungsnummer WO-A-02/060530) wurde mit der am 21. Februar 2008 zur Post gegebenen Entscheidung der Prüfungsabteilung zurückgewiesen.

Die angefochtene Entscheidung war damit begründet, dass die beanspruchte Erfindung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 56 EPÜ 1973).

II. Am 2. Mai 2008 legte der Anmelder (Beschwerdeführer) gegen die Zurückweisungsentscheidung Beschwerde ein. Am selben Tag wurde die Beschwerdegebühr entrichtet und ging die Beschwerdebegründung ein.

III. Mit einer Mitteilung vom 9. August 2010 wurde der Beschwerdeführer zu einer mündlichen Verhandlung geladen. Eine vorläufige Stellungnahme der Kammer erfolgte mit einer weiteren Mitteilung vom 24. August 2010. Hierauf antwortete der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 3. November 2010. Die mündliche Verhandlung fand am 3. Dezember 2010 statt.

IV. Der Beschwerdeführer beantragte, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen, und zwar gemäß Hauptantrag auf der Grundlage der mit Schreiben vom 3. November 2010 als Hilfsantrag 1 eingereichten Ansprüche 1-12 oder gemäß Hilfsantrag auf der Grundlage der während der mündlichen Verhandlung als Hilfsantrag 1 eingereichten Ansprüche 1-4.

V. Folgende Dokumente zum Stand der Technik wurden berücksichtigt:

(D1) EP-A-0 136 530;

(D2) DE-A-31 10 915;

(D3) EP-A-0 500 983.

VI. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"Beeinflussungsvorrichtung zur therapeutischen Beeinflussung wenigstens von Teilbereichen eines Lebewesens

mit einer Bestrahlungsvorrichtung zur Bestrahlung mit elektromagnetischen Wellen, bestehend aus,

einer Hochfrequenzoszillatorstufe zur Erzeugung eines Hochfrequenzwellenzuges, wobei die Hochfrequenzoszillatorstufe eine im Bereich von 130 MHz bis 170 MHz einstellbare Frequenz erzeugt,

einer Niederfrequenzoszillatorstufe, die eine einstellbare Frequenz als Modulationsfrequenz erzeugt,

einer Modulationseinheit, der der Ausgang der Hochfrequenzoszillatorstufe und der Ausgang der Niederfrequenzoszillatorstufe zugeführt sind, so dass ein modulierter Wellenzug entsteht und

einem Endverstärker, an den eine Sendeantenne anschließbar ist, in deren Abstrahlbereich ein zu behandelndes Gewebe bzw. eine Person postierbar ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Frequenz der Niederfrequenzoszillatorstufe (4) in einem Frequenzbereich von 0,5 Hz bis 40 Hz einstellbar ist,

dass die Beeinflussungsvorrichtung (1) weiter eine Beschallungsvorrichtung (13) zur gleichzeitigen und zusätzlichen akustischen Beeinflussung umfasst, mit der eine in einer Niederfrequenzoszillatorstufe (4) erzeugbare und über einen Verstärker (16) verstärkbare sowie in ihrer Frequenz einstellbare Niederfrequenz wenigstens einem Lautsprecher (17) als Schallquelle zuführbar und von diesem als akustisches Signal auf das zu behandelnde Gewebe bzw. eine Person (12) abstrahlbar ist,

dass die Frequenz dieses akustischen Signals einer aktuell im Frequenzbereich von 0,5 Hz bis 40 Hz eingestellten niederfrequenten Modulationsfrequenz oder einem ganzzahligen Vielfachen davon bis maximal 3000 Hz entspricht, und

dass die Niederfrequenzoszillatorstufe (4) der Bestrahlungsvorrichtung (2) auch als Niederfrequenzstufe mit nachgeschaltetem Frequenzvervielfacher (15) zur ganzzahligen Vervielfachung für die Beschallungsvorrichtung (13) verwendet ist, so dass eine selbsttätige Kopplung der elektromagnetischen Modulationsfrequenz und der akustischen Signalfrequenz erfolgt."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet wie folgt:

"Beeinflussungsvorrichtung zur therapeutischen Beeinflussung wenigstens von Teilbereichen eines Lebewesens

mit einer Bestrahlungsvorrichtung zur Bestrahlung mit elektromagnetischen Wellen, bestehend aus,

einer Hochfrequenzoszillatorstufe zur Erzeugung eines Hochfrequenzwellenzuges, wobei die Hochfrequenzoszillatorstufe eine im Bereich von 130 MHz bis 170 MHz einstellbare Frequenz erzeugt,

einer Niederfrequenzoszillatorstufe, die eine einstellbare Frequenz als Modulationsfrequenz erzeugt,

einer Modulationseinheit, der der Ausgang der Hochfrequenzoszillatorstufe und der Ausgang der Niederfrequenzoszillatorstufe zugeführt sind, so dass ein modulierter Wellenzug entsteht und

einem Endverstärker, an den eine Sendeantenne anschließbar ist, in deren Abstrahlbereich ein zu behandelndes Gewebe bzw. eine Person postierbar ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Modulationsfrequenz der Niederfrequenzoszillatorstufe (4) 8 Hz beträgt,

dass die Beeinflussungsvorrichtung (1) weiter eine Beschallungsvorrichtung (13) zur gleichzeitigen und zusätzlichen akustischen Beeinflussung umfasst, mit der die in einer Niederfrequenzoszillatorstufe (4) erzeugte und über einen Verstärker (16) verstärkte Niederfrequenz wenigstens einem Lautsprecher (17) als Schallquelle zuführbar und von diesem als akustisches Signal auf das zu behandelnde Gewebe bzw. eine Person (12) abstrahlbar ist, und

dass die Frequenz dieses akustischen Signals 64 Hz beträgt, wobei die Niederfrequenzoszillatorstufe (4) der Bestrahlungsvorrichtung (2) auch als Niederfrequenzstufe mit nachgeschaltetem Frequenzvervielfacher (15) zur ganzzahligen Vervielfachung für die Beschallungsvorrichtung (13) verwendet ist, so dass eine selbsttätige Kopplung der elektromagnetischen Modulationsfrequenz und der akustischen Signalfrequenz erfolgt,

und dass die Beeinflussungsvorrichtung (1) weiter eine Wechselstromanschlussvorrichtung (23) zur gleichzeitigen und zusätzlichen Beeinflussung umfasst, mit einem Wechselstromgenerator (24) und angeschlossenen Elektroden (25, 26, 27, 28), welche an das zu behandelnde Gewebe oder an Extremitäten (29, 30, 31, 32) einer Person (12) anlegbar sind und mit einer Wechselstromleistung von 50 mA bis 100 mA und einer Frequenz von 8 Hz aktivierbar sind."

VII. Am 13. Dezember 2007 trat das EPÜ 2000 (im Folgenden als "EPÜ" bezeichnet) in Kraft. Gemäß den Beschlüssen des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation vom 28. Juni 2001 (Sonderausgabe Nr. 1 Amtsblatt EPA 2007, 197) über die Übergangsbestimmungen nach Artikel 7(1) der Revisionsakte vom 29. November 2000 (Sonderausgabe Nr. 1 Amtsblatt EPA 2007, 196) und vom 7. Dezember 2006 (Sonderausgabe Nr. 1 Amtsblatt EPA 2007, 89) zur Änderung der Ausführungsordnung zum EPÜ wird im Folgenden das EPÜ oder das EPÜ 1973 angewandt, je nachdem, welche Vorschrift gemäß diesen Beschlüssen in Betracht kommt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag

2.1 Neuheit des Anspruchs 1 (Artikel 54(1),(2) EPÜ 1973)

2.1.1 Das in der vorliegenden Anmeldung (Seite 1, Zeile 20 bis Seite 2, Zeile 13) angegebene Dokument D1 offenbart eine Bestrahlungsvorrichtung zur Behandlung von lebendem Gewebe mit elektromagnetischen Wellen, welche eine Hochfrequenzoszillatorstufe, eine Niederfrequenzoszillatorstufe, eine Modulationseinheit, einen Endverstärker und eine Sendeantenne umfasst (D1, Seite 10, Zeilen 8-34; Figur 2). Die Hochfrequenzoszillatorstufe erzeugt ein Hochfrequenzsignal mit einer einstellbaren Frequenz in einem Bereich von 100 MHz bis 200 MHz, insbesondere 140 MHz bis 160 MHz (Anspruch 4). Die Niederfrequenzoszillatorstufe erzeugt ein Niederfrequenzsignal mit einer einstellbaren Frequenz in einem Bereich von 1 Hz bis 1000 Hz, welche als Modulationsfrequenz dient. Nach der Modulation des Hochfrequenzsignals mit dem Niederfrequenzsignal wird das modulierte Signal verstärkt und abgestrahlt.

2.1.2 Der im vorliegenden Anspruch 1 wiedergegebene Hochfrequenzbereich von 130 MHz bis 170 MHz ist eine Auswahl aus dem aus D1 bekannten Bereich von 100 MHz bis 200 MHz, wobei D1 (Anspruch 4) einen bevorzugten Bereich von 140 MHz bis 160 MHz nennt.

Gemäß der ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammer (T 198/84 (ABl. 1985, 209); T 279/89 (unveröffentlicht)), welche ihren Niederschlag in den Richtlinien für die Prüfung im EPA gefunden hat (siehe z.B. die Ausgabe von April 2010, C-IV.9.8ii), ist die Auswahl eines Teilbereichs numerischer Zahlenwerte aus einem größeren Bereich neu, wenn alle nachfolgenden Kriterien erfüllt sind:

a) Der ausgewählte Teilbereich muss eng sein;

b) Der ausgewählte Teilbereich muss genügend Abstand von dem durch Beispiele belegten, bekannten Bereich haben;

c) Der ausgewählte Bereich darf kein willkürlich gewählter Ausschnitt aus dem Vorbekannten, also keine bloße Ausführungsform der Vorbeschreibung sein, sondern muss zu einer neuen Erfindung führen (gezielte Auswahl).

Im vorliegenden Fall ist das zweite Kriterium nicht erfüllt, weil sich der ausgewählte Bereich von 130 MHz bis 170 MHz gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 wesentlich mit dem bevorzugten Bereich von 140 MHz bis 160 MHz gemäß Anspruch 4 von D1 überdeckt. Ferner ist eine gezielte Auswahl nicht erkennbar, mit der Folge, dass auch das dritte Kriterium nicht erfüllt ist.

2.1.3 Der im vorliegenden Anspruch 1 wiedergegebene Modulationsfrequenzbereich von 0.5 Hz bis 40 Hz überschneidet sich mit dem aus D1 bekannten Bereich von 1 Hz bis 1000 Hz. Dabei ist der anspruchsgemäße Modulationsfrequenzbereich fast vollständig in dem bekannten Bereich enthalten.

Bei sich überschneidenden Zahlenbereichen des beanspruchten Gegenstands und des Stands der Technik gelten für die Neuheitsprüfung dieselben Grundsätze wie bei Auswahlerfindungen (T 666/89 (ABl. 8/1993, 495); Richtlinien für die Prüfung im EPA, April 2010, C-IV.9.8iii).

Im vorliegenden Fall ist jedoch eine gezielte Auswahl nicht erkennbar. In der Tat weist die Anmeldung (Seite 2, Zeilen 22-25) zur Bedeutung des Modulationsfrequenzbereichs von 0.5 Hz bis 40 Hz lediglich darauf hin, dass es sich gezeigt hat, dass für eine gesundheitsfördernde merkliche Beeinflussung dieser relativ enge Niederfrequenzbereich voll ausreicht. Eine ähnliche positive Beeinflussung wird auch mit der aus D1 (Seite 5, Zeilen 28-33; Seite 6, Zeilen 10-20) bekannten Bestrahlungsvorrichtung erreicht. Somit ist das oben genannte Kriterium (c) nicht erfüllt.

2.1.4 Zusammenfassend unterscheidet sich die Beeinflussungsvorrichtung gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 von der aus D1 bekannten Bestrahlungsvorrichtung dadurch, dass sie weiter eine Beschallungsvorrichtung zur gleichzeitigen und zusätzlichen akustischen Beeinflussung umfasst, wobei die Beschallungsvorrichtung die entsprechenden, im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 erwähnten Merkmale aufweist.

2.1.5 Ähnlich wie D1 offenbart D3 (Figur 1; Anspruch 1) eine gattungsgemäße Bestrahlungsvorrichtung zur Behandlung von lebendem Gewebe mit elektromagnetischen Wellen, welche eine Hochfrequenzoszillatorstufe, eine Niederfrequenzoszillatorstufe, eine Modulationseinheit, einen Endverstärker und eine Sendeantenne umfasst. Die Hochfrequenzoszillatorstufe erzeugt ein Hochfrequenzsignal mit einer einstellbaren Frequenz in einem Bereich von 100 MHz bis 200 MHz. Die Niederfrequenzoszillatorstufe erzeugt ein Niederfrequenzsignal mit einer einstellbaren Frequenz in einem Bereich von 1 Hz bis 100 KHz, bevorzugt bis 10 KHz, welche als Modulationsfrequenz dient. Nach der Modulation des Hochfrequenzsignals mit dem Niederfrequenzsignal wird das modulierte Signal verstärkt und abgestrahlt.

Angesichts dessen, dass der Bereich für die Modulationsfrequenz gemäß D3 wesentlich breiter ist als der entsprechende Bereich gemäß D1, kommt D3 dem Gegenstand des Anspruchs 1 nicht näher als D1.

2.1.6 Das Dokument D2 (Seite 99, Zeilen 1-4) offenbart ein Therapiegerät zur Behandlung von biologischen Systemen, insbesondere Menschen (Seiten 101 und 102, "Biologische Systeme"), mit modulierten elektromagnetischen Strahlungen und mit Schallwellen (Seite 99, Zeilen 1-5 und 19; Figur 12b in Verbindung mit Seite 127). Nähere Einzelheiten im Sinne der beanspruchten Merkmale der Bestrahlungsvorrichtung und der Beschallungsvorrichtung sind D2 nicht zu entnehmen.

2.1.7 Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag neu gegenüber jedem der zitierten Dokumente, insbesondere gegenüber D1 als nächstliegendem Stand der Technik.

2.2 Erfinderische Tätigkeit des Anspruchs 1 (Artikel 56 EPÜ 1973)

2.2.1 Ausgehend von D1 besteht die in der Anmeldung (Seite 2, Zeilen 15-18) angegebene Aufgabe in der Weiterbildung der bekannten Bestrahlungsvorrichtung mit dem Ziel, die therapeutische Beeinflussung, insbesondere das körperliche Wohlbefinden, zu steigern. Diese Aufgabestellung mag auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen, aber sie wirft die Frage des objektiven Nachweises der Steigerung der therapeutischen Beeinflussung auf.

Nach der Meinung des Beschwerdeführers liegt der wesentliche Vorteil der vorliegenden Erfindung darin, dass eine im Vergleich zu der Bestrahlung gemäß D1 erheblich gesteigerte Therapiewirkung durch die anspruchsgemäße Bereitstellung einer zusätzlichen Beschallungsvorrichtung erreicht werde. Dies sei mit der Synchronisierung der auf ein Lebewesen gleichzeitig einwirkenden Schallwellen und elektromagnetischen Wellen zu erklären, welche durch die anspruchsgemäße Kopplung der Bestrahlungsvorrichtung und der Beschallungsvorrichtung zustande komme.

Der Beschwerdeführer brachte ferner vor, dass von therapeutischen Beeinflussungsvorrichtungen erreichte Wirkungen mit technischen Mitteln grundsätzlich nicht messbar seien. Folglich könne eine technische Aufgabe in diesem Gebiet schwerlich gestellt werden, obwohl der Gegenstand des Anspruchs eine technische Vorrichtung sei. In diesem Zusammenhang wurde angemerkt, dass die Forderung der Prüfungsabteilung nach überzeugenden Beweisen für die erreichte Wirkung unangebracht sei. De facto sei eine derartige Forderung von keinem der anderen, mit der vorliegenden Anmeldung befassten Patentämter erhoben worden, auch nicht vom Europäischen Patentamt im Verfahren, das zu der Erteilung eines Patents auf der Grundlage von D1 geführt habe.

Im vorliegenden Fall ist die behauptete Wirkung der Steigerung der therapeutischen Beeinflussung, insbesondere des körperlichen Wohlbefindens, gegenüber D1 nicht belegt oder wenigstens glaubhaft gemacht worden. Die Erklärung des Beschwerdeführers, die Wirkung stehe in Zusammenhang mit einer nicht näher definierten "Synchronisierung" der abgestrahlten Bestrahlungswellen und Beschallungswellen, ist nicht überzeugend, denn es ist davon auszugehen, dass ohne besondere Maßnahmen eine gewöhnlich ausgelegte Synchronisierung durch eine gemeinsame Niederfrequenzstufe wegen Phasenverschiebungen in der Bestrahlungsvorrichtung und der Beschallungsvorrichtung verloren geht. Ferner fehlt ein plausibler Hinweis auf eine kausale Beziehung des beanspruchten Gegenstands mit der anmeldungsgemäßen Aufgabe. Es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass ein allfällig subjektiv verbessertes Wohlbefinden mit einer Art Placebowirkung zusammenhängt.

Die Kammer ist sich der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Schwierigkeit bewusst, therapeutische Wirkungen objektiv zu belegen. Es obliegt dennoch dem Anmelder, zum Beispiel durch die Vorlage von sachgerechten, möglichst objektiven und reproduzierbaren Vergleichsversuchen, die behauptete Wirkung des Anspruchsgegenstands im gesamten beanspruchten Bereich gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen.

Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern können angebliche Wirkungen, auf die sich der Anmelder gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik beruft, die aber nicht hinreichend belegt sind, bei der Ermittlung der der Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe und damit für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen werden (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 6. Auflage 2010, I.D.4.2). Es gibt keinen Grund für eine Abweichung von dieser Rechtsprechung, die auf dem nachvollziehbaren Grundsatz beruht, dass eine als nicht naheliegend beanspruchte Lösung nur dann die Patenterteilung rechtfertigen kann, wenn sie auch erzielt wird (Singer/Stauder, EPÜ, 5. Auflage, Art 56 Rdn 42).

Aus diesen Gründen folgt, dass die in der Anmeldung dargelegte Aufgabe nicht als gelöst gelten kann und abgeändert werden muss (Singer/Stauder, EPÜ, 5. Auflage, Art 56 Rdn 46). Ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik wird die der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Aufgabe daher darin gesehen, die Einsatzfähigkeit der bekannten Bestrahlungsvorrichtung derart zu erweitern, dass andere Therapieformen als die Bestrahlung angewendet werden können.

Es bleibt zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann eine Anregung bietet, die neu gestellte Aufgabe durch die beanspruchte Beeinflussungsvorrichtung zu lösen.

2.2.2 Ein von D1 ausgehender Fachmann würde ohne weiteres D2 zu Rate ziehen, um die neu gestellte Aufgabe zu lösen, weil D2 eine Vorrichtung offenbart, die sowohl elektromagnetische als auch akustische Wellen auf ein zu behandelndes Lebewesen abstrahlt (vgl. Absatz 2.1.6 oben). Somit würde der Fachmann, ohne erfinderisch tätig zu werden, die aus D1 bekannte Bestrahlungsvorrichtung mit einer Beschallungsvorrichtung gemäß D2 zur gleichzeitigen und zusätzlichen akustischen Beeinflussung eines Lebewesens ergänzen.

Der Beschwerdeführer hat diese Auffassung nicht bestritten, aber geltend gemacht, dass sie deswegen unerheblich sei, weil der Kern der Erfindung eher in der konkreten Ausgestaltung der Beeinflussungsvorrichtung gemäß Anspruch 1 liege, welche vom Stand der Technik nicht nahegelegt werde. Ausgehend von D1 biete weder dieses Dokument, noch D2 oder D3 eine Anregung für die anspruchsgemäße schaltungstechnische Kopplung der Bestrahlungsvorrichtung und der Beschallungsvorrichtung, welche dazu führe, dass die Frequenz des abgestrahlten akustischen Signals der niederfrequenten Modulationsfrequenz der Bestrahlungsvorrichtung oder einem ganzzahligen Vielfachen davon entspreche. Im Gegenteil zeige D1 eine unterschiedliche Lösung mit getrennten unabhängigen Bestrahlungslinien 15-18 und 21-24 (Figur 2), deren Teile gegebenenfalls in separaten Gehäusen untergebracht werden könnten. Der Fachmann würde nicht auf den Vorteil dieses Aufbaus verzichten, der darin bestehe, dass eine defekte Linie die andere nicht beeinträchtige. Somit würde der Fachmann die Integration einer akustischen Beschallungsvorrichtung in die aus D1 bekannte Bestrahlungsvorrichtung durch die Einrichtung einer dritten unabhängigen Beschallungslinie, zum Beispiel in Form eines CD-Players, bewerkstelligen.

Diese Argumentation versäumt, das Können des Fachmanns gebührend zu würdigen. Die Bewerkstelligung der oben erwähnten Integration stellt den Fachmann vor ein schaltungstechnisches Problem, das zweifellos durch die Einrichtung einer unabhängigen Beschallungslinie in die Bestrahlungsvorrichtung gemäß D1 bewerkstelligt werden könnte, wie der Beschwerdeführer geltend macht. Es wäre jedoch verfehlt, anzunehmen, dass der Fachmann nicht in der Lage ist, auch andere Lösungen in Betracht zu ziehen. Noch im Rahmen seines fachlichen Könnens würde zum Beispiel die Berücksichtigung der weiteren Lösung liegen, die Niederfrequenzoszillatorstufe 16 der aus D1 bekannten Bestrahlungsvorrichtung (Figur 2) auch als Niederfrequenzstufe für die zu integrierende Beschallungsvorrichtung zu verwenden. Diese naheliegende Lösung hätte den ersichtlichen Vorteil, die Herstellungskosten zu reduzieren, denn die Beschaffung einer zweiten Niederfrequenzoszillatorstufe bliebe dadurch erspart. Aber auch der vom Beschwerdeführer erwähnte Nachteil der gleichzeitigen Beeinträchtigung der Bestrahlungsvorrichtung und Beschallungsvorrichtung, falls die beiden Linien gemeinsame Niederfrequenzoszillatorstufe ausfällt, wäre für den Fachmann offensichtlich. Es handelt sich hiermit um gewöhnliche Überlegungen des Fachmanns bezüglich der schaltungstechnischen Realisierung der Beeinflussungsvorrichtung im Hinblick auf die Abwägung der damit verbundenen Vor- und Nachteile. Im Rahmen einer solchen weiteren Lösung ist das zusätzliche Merkmal als banal anzusehen, wonach die zu integrierende Beschallungsvorrichtung einen Verstärker und einen Lautsprecher aufweist.

2.2.3 Es bleibt noch zu untersuchen, ob das anspruchsgemäße Merkmal auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen könnte, dass die Frequenz des akustischen Signals der im Frequenzbereich von 0,5 Hz bis 40 Hz eingestellten Modulationsfrequenz oder einem ganzzahligen Vielfachen davon bis maximal 3000 Hz entspricht.

Der beanspruchte akustische Frequenzbereich ist laut dem Beschwerdeführer von Bedeutung für eine erfolgreiche Therapiewirkung. Dabei handele es sich nicht um eine willkürliche Frequenzwahl. Diese Wahl ergebe sich vielmehr aus theoretischen Überlegungen in Verbindung mit den praktischen Erfahrungen des Erfinders mit der Bestrahlungsvorrichtung gemäß D1. Ferner sei der Begriff "akustisch" nicht im engeren Sinn auszulegen, denn es handele sich bei den erfindungsgemäßen Schallwellen um hörbare Töne aber auch um Schalldruckimpulse mit Frequenzen außerhalb des menschlichen Hörbereiches.

Wird der Begriff "akustisch" gemäß seiner gewöhnlichen Bedeutung, d.h. "hörbar", verstanden, was dadurch gerechtfertigt ist, dass die gesamte Anmeldung diese Bedeutung nicht ausschließt, so ist festzustellen, dass bei der Integration einer Beschallungsvorrichtung in die Bestrahlungsvorrichtung gemäß D1 die Niederfrequenzoszillatorstufe 16 (D1, Figur 2) mit Frequenzbereich von 1 Hz bis 1000 Hz als Frequenzquelle für die Beschallung anbietet. Es kann daher als naheliegend angesehen werden, als Eingang der Beschallungsvorrichtung die besagte Niederfrequenzoszillatorstufe zu wählen.

Bezüglich des beanspruchten akustischen Frequenzbereichs von 0.5 Hz bis 40 Hz hielt die Prüfungsabteilung diese Wahl für willkürlich (angefochtene Entscheidung, Entscheidungsgründe, 1.4, dritter Absatz). Diese Auffassung ist deswegen berechtigt, weil die vorliegende Anmeldung, abgesehen von der vagen Offenbarung auf Seite 2, Zeilen 22-28, keine Kriterien für die zu treffende Wahl gibt. Die weitere Offenbarung auf Seite 9, Zeilen 7-16 hilft diesbezüglich nicht weiter, denn die Bewertung der patienteneigenen Schwingungen ist nicht definiert.

Ähnliches gilt für das Merkmal der ganzzahligen Vervielfachung der Niederfrequenz bis maximal 3000 Hz, dessen Bedeutung in der vorliegenden Anmeldung nicht näher erläutert ist.

Der Einwand der willkürlichen Wahl ist auch dadurch begründet, dass ein Beleg für die gesteigerte Therapiewirkung der aus einer Beschallungsvorrichtung und einer Bestrahlungsvorrichtung bestehenden Beeinflussungsvorrichtung gemäß Anspruch 1 fehlt.

Aus diesen Gründen ist das Merkmal des akustischen Frequenzbereichs nicht erfinderisch.

2.2.4 Somit beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3. Hilfsantrag

3.1 Die Beeinflussungsvorrichtung des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich im Wesentlichen von der Vorrichtung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag durch die Modulationsfrequenz der Bestrahlungsvorrichtung von 8 Hz, die akustische Frequenz der Beschallungsvorrichtung von 64 Hz, den Frequenzvervielfacher, und die Bereitstellung einer Wechselstromanschlussvorrichtung, welche Elektroden mit einem Wechselstrom von 50 mA bis 100 mA und einer Frequenz von 8 Hz aktiviert.

3.2 Neuheit des Anspruchs 1 (Artikel 54(1),(2) EPÜ 1973)

Es bestehen keine Bedenken bezüglich der Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 gegenüber D1 als nächstliegendem Stand der Technik.

3.3 Erfinderische Tätigkeit des Anspruchs 1 (Artikel 56 EPÜ 1973)

3.3.1 Laut Beschwerdeführer hat die Frequenz von 8 Hz eine besondere therapeutische Bedeutung, weil sie der DNA-Frequenz entspreche. Dies sei wissenschaftlich erwiesen. Der Stand der Technik lege eine Beeinflussungsvorrichtung nicht nahe, die eine Bestrahlungsvorrichtung mit einer Modulationsfrequenz von 8 Hz, eine Beschallungsvorrichtung mit einer akustischen Grundfrequenz von 64 Hz und eine Wechselstromanschlussvorrichtung mit einer Wechselstromfrequenz von 8 Hz umfasse. Ausgehend von der Bestrahlungsvorrichtung gemäß D1 führe die beanspruchte Beeinflussungsvorrichtung zu einem gesteigerten körperlichen Wohlbefinden.

3.3.2 Zunächst ist festzustellen, dass ein Therapiegerät aus D2 (Seite 99) bekannt ist, das mit elektromagnetischen Strahlen, Schallwellen und elektrischen Strömen arbeitet. Somit liegt keine erfinderische Tätigkeit in der Erweiterung der Bestrahlungsvorrichtung gemäß D1 durch andere Therapieformen, nämlich durch Stimulieren mit Schall und Strom.

Ferner ist die behauptete besondere therapeutische Bedeutung der Frequenz von 8 Hz nicht nachgewiesen, abgesehen davon, dass die Bedeutung des Begriffs "DNA-Frequenz" nicht näher definiert ist. Wie für den Hauptantrag, ist auch für den Hilfsantrag die behauptete Wirkung der Steigerung der therapeutischen Beeinflussung, insbesondere des körperlichen Wohlbefindens, gegenüber D1 nicht belegt oder wenigstens glaubhaft gemacht worden.

Aus diesen Gründen gelten ähnliche Einwände wie für Anspruch 1 des Hauptantrags.

3.3.3 Somit beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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