European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2013:T094608.20130222 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 22 Februar 2013 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0946/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02026715.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06F 17/60 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und System zur Bereitstellung produktspezifischer Daten in einer Servicestation | ||||||||
Name des Anmelders: | MAN Truck & Bus AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ursprüngliche Offenbarung - verneint (Hauptantrag, Hilfsantrag 1) Erfinderische Tätigkeit - verneint Später Hilfsantrag 2 - nicht zugelassen (nicht unmittelbar gewährbar) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 13. September 2007, die europäische Patentanmeldung Nr. 02026715.9 mit der Bezeichnung "Verfahren und System zur Bereitstellung produktspezifischer Daten in einer Servicestation", veröffentlicht als
A1: EP-A1-1 320 055 (18. Juni 2003),
wegen unzulässiger Erweiterung des Anmeldungsinhalts (Artikel 123 (2) EPÜ 1973) zurückzuweisen.
II. Der angefochtenen Entscheidung liegen die geänderten Ansprüche 1 bis 15 vom 13. August 2007 zu Grunde. Anspruch 1 lautet:
"1. Verfahren zur Bereitstellung produktspezifischer Daten in einer Servicestation zur Erkennung und etwaigen Änderung von Bau- und Funktionszuständen an von einem Hersteller ausgelieferten, als Nutzfahrzeuge ausgebildeten Produkten,
gekennzeichnet durch
- eine zentrale Speicherung und Bereitstellung von Ausstattungsdaten für Produktkomponenten aller Produkttypen und deren unterschiedlichen Varianten in einer zentralen Datenbank, wobei die Ausstattungsdaten durch den Hersteller aktualisiert werden;
- Archivierung der individuellen Ausstattungsdaten des jeweils ausgelieferten Produkts in einem eigenen, mittels eines dem Produkt zugeordneten Identifizierungscodes abrufbaren Datenfile in einem Archivspeicher, mit welchem mehrere Benutzerschnittstellen mittels Telekommunikation zu verbinden sind, wobei
- mittels eines rechnergestützt ablaufenden Programms, das zwischen der zentralen Datenbank und dem Archivspeicher kommuniziert, neue oder geänderte Datenfiles erzeugt und im Archivspeicher abgelegt werden,
- Abrufen des dem jeweils zu betreuenden Produkt zugeordneten Datenfiles aus dem Archivspeicher mittels wenigstens einer in einer Servicestation vorhandenen Benutzerschnittstelle und Erkennen des Ist-Zustands des Produktes; und
- mit dem rechnergestützt ablaufenden Programm einerseits bei der Herstellung des Produktes für die Erstellung des jeweiligen Datenfiles in Abhängigkeit vom Montageauftrag und die daraus folgende Fertigungssteuerung auf die in der zentralen Datenbank gespeicherten aktualisierten Ausstattungsdaten zugegriffen wird und andererseits bei der Betreuung des Produktes in der Servicestation für Produktänderungen nur die in der zentralen Datenbank gespeicherten aktualisierten Ausstattungsdaten zur Verfügung gestellt werden, und
- mit Hilfe eines am jeweiligen Nutzfahrzeug vorgesehenen Umsetzers eine Verbindung zu der in der Servicestation vorhandenen Benutzerschnittstelle hergestellt wird, so dass einerseits das zugeordnete Datenfile, welches Informationen über den aktuellen Bauzustand des Nutzfahrzeugs enthält, aus dem Archivspeicher bereitgestellt wird und andererseits das neue Datenfile, welches die am Nutzfahrzeug vorgenommenen Änderungen enthält, generiert und im Archivspeicher abgespeichert wird."
III. In ihren schriftlichen Entscheidungsgründen vom 27. November 2007 führte die Prüfungsabteilung an, dass insbesondere Anspruch 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinausgehe (Artikel 123 (2) EPÜ 1973). Der letzte Absatz des Anspruchs 1 definiere durch die Formulierung "so dass" implizit einen kausalen Zusammenhang, der aus der Anmeldung in ihrer ursprünglichen Fassung nicht hervorgehe.
Obiter beanstandete die Prüfungsabteilung, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 15 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, denn die der Anmeldung zugrunde liegende Aufgabe sei im Wesentlichen administrativer Natur, wie die Beschwerdekammer in ihrer früheren Entscheidung T 1242/04 zur selben Anmeldung bereits festgestellt habe. Die technischen Implementierungsmerkmale hingegen lägen nahe; hierzu stützte sich die Prüfungsabteilung insbesondere auf den von ihr ermittelten Aufsatz
D1: "Auto-Diagnose mit OBD-2", Zeitschrift ELEKTOR, DE, Online-Ausgabe Juli/August 2005.
D1 selbst sei zwar nachveröffentlicht, weise aber darauf hin, dass es elektronische Diagnose-Systeme in Kraftfahrzeugen fast ebenso lang wie digitale Motorsteuerungen gebe, "also schon seit etwa 20 Jahren".
IV. In der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 15 vom 13. August 2007 zu erteilen, die der Entscheidung zu Grunde lagen. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.
Die ursprüngliche Beschreibung (Seite 3, letzter Absatz; Seite 4, erster und zweiter Absatz; Seite 7, Absatz 2; entsprechend A1, Absätze 0020, 0021, 0031) könne nur dahin verstanden werden, dass die Datei, die die am Nutzfahrzeug vorgenommenen Änderungen enthalte, aufgrund der Verbindung generiert und archiviert werde, die zwischen der Schnittstelle der Servicestation und dem Umsetzer des Nutzfahrzeugs hergestellt werde.
Hinsichtlich erfinderischer Tätigkeit geht die Beschwerdebegründung insbesondere auf die Druckschrift D1 ein, die keine Anregung zur Lösung der in der Anmeldung genannten Aufgabe gebe, die Funktionalität und Qualität eines ausgelieferten Nutzfahrzeugs über dessen gesamte Lebensdauer zu gewährleisten (A1, Absatz 0003 in Verbindung mit Absatz 0034).
V. Die Kammer beraumte für 22. Februar 2013 eine mündliche Verhandlung an und führte in einem Ladungsanhang Diskussionspunkte an. Eine automatische Bereitstellung produktspezifischer Daten scheine aus der Anmeldung hervorzugehen, aber in erster Linie einem administrativen oder organisatorischen Zweck zu dienen, nämlich dass der Hersteller eines Produkts auch nach dessen Auslieferung eine zentrale Kontrolle über den Werdegang des Produkts behalte. Als technisch erscheine lediglich die elektronische Unterstützung der organisatorischen Maßnahme durch eine naheliegende zentrale Datenbank. Die Verwendung von Umsetzern für eine datenübertragungstechnische Verbindung zum Fahrzeug liege aus der Motordiagnosetechnik (D1) nahe.
VI. In Erwiderung auf den Ladungsbescheid reichte die Beschwerdeführerin am 22. Januar 2013 geänderte unabhängige Ansprüche 1 und 10 als Hilfsantrag (nachstehend Hilfsantrag 1 genannt) ein.
Gemäß Hilfsantrag 1 lautet der letzte Absatz des Anspruchs 1 wie folgt (Einfügung gegenüber der Fassung des Hauptantrags kursiv):
"- mit Hilfe eines am jeweiligen Nutzfahrzeug vorgesehenen Umsetzers eine Verbindung zu der in der Servicestation vorhandenen Benutzerschnittstelle hergestellt wird und am Nutzfahrzeug Einstellungen per Funk oder Telekommunikation durchgeführt werden, so dass einerseits das zugeordnete Datenfile, welches Informationen über den aktuellen Bauzustand des Nutzfahrzeugs enthält, aus dem Archivspeicher bereitgestellt wird und andererseits das neue Datenfile, welches die am Nutzfahrzeug vorgenommenen Änderungen enthält, generiert und im Archivspeicher abgespeichert wird."
VII. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 22. Februar 2013 argumentierte die Beschwerdeführerin hinsichtlich erfinderischer Tätigkeit, dass die anmeldungsgemäße Aufgabenstellung erheblich über die herkömmliche Aufgabe hinausgehe, in einer Servicestation ein Fahrzeug eines gegebenen Typs zu warten oder zu reparieren. Die Anmeldung lehre, ein individuelles wertvolles Nutzfahrzeug über seine gesamte Lebensdauer zu betreuen und unabhängig von einem akuten Reparaturbedarf stets auf dem aktuellen Entwicklungsstand des Herstellers zu halten. Der für die Ausstattung einer herkömmlichen Servicewerkstatt zuständige Fachmann sei kein Spezialist für Datenverarbeitung. Lösungsmerkmale aus diesem Gebiet dürften ihm daher nicht zugeschrieben werden (Hinweis auf T 422/93).
VIII. Um in der Verhandlung erörterte Zweifel der Kammer an der ursprünglichen Offenbarung des Anspruchsgegenstands auszuräumen, reichte die Beschwerdeführerin in der Verhandlung als Hilfsantrag 2 eine zusätzliche geänderte Fassung des Anspruchs 1 ein, deren letzter Absatz lautet:
"- ein der jeweiligen Benutzerschnittstelle zugeordneter Umsetzer zur Herstellung einer datenübertragungstechnischen Verbindung mit dem Nutzfahrzeug und am Nutzfahrzeug ein Umsetzer zur Durchführung von Einstellungen per Funk oder Telekommunikation vorgesehen sind."
Die Kammer erhob und erörterte Bedenken gegen eine Zulassung des späten Hilfsantrags 2.
Entscheidungsgründe
Anmeldungsgegenstand
1. Die Anmeldung zielt auf die Schaffung eines Verfahrens und eines Systems, durch welche die Funktionalität und Qualität ausgelieferter Produkte während deren gesamter Lebensdauer gewährleistbar ist (A1, Absatz 0003). Das Produkt kann insbesondere ein Nutzfahrzeug sein (A1, Absätze 0024 und 0034); dies ist inzwischen ein obligatorisches Merkmal aller geänderten Fassungen des Anspruchs 1.
Die vorgeschlagene Lösung zur lebenslangen Produktbetreuung umfasst zum einen eine zentrale Datenbank (1) zur Speicherung von (Soll-)Ausstattungen des Produkts, die fortlaufend durch den Hersteller aktualisiert werden (A1, Absatz 0018). Zum anderen wird in einem Archivspeicher (3) für ein ausgeliefertes Produkt ein Datenfile über dessen Ist-Ausstattung archiviert; die resultierende Produktdokumentation ist mittels eines dem Produkt zugeordneten Identifikationscodes aufrufbar (A1, Absatz 0019).
Mit den herstellerseitigen Datenspeichern kann eine Benutzerschnittstelle einer Servicestation vorzugsweise über Telekommunikation, z.B. eine Netzwerkverbindung, bei der Betreuung eines Produkts in Verbindung treten (A1, Absatz 0020). Für Änderungen am Produkt (z.B. für Reparatur, Wartung, Nachrüstung) werden der Servicestation aktuelle Ist- und Soll-Ausstattungsdaten zur Verfügung gestellt. Bei jeder durchzuführenden Arbeit werden somit die neuesten Erkenntnisse des Herstellers bezüglich der verbauten und der zu verbauenden Produktkomponenten und deren Funktionalitäten vermittelt (A1, Absatz 0021). Diese Daten werden dem Servicepersonal auf Bestellung automatisch zur Verfügung gestellt; insoweit wird eine Selbstversorgung der Servicestation mit produktspezifischen Daten erreicht (A1, Absätze 0022 und 0032).
Der Benutzerschnittstelle und dem Produkt kann je ein Umsetzer zugeordnet sein, um sie datenübertragungstechnisch zu verbinden, z.B. zur Durchführung von Einstellungen am Produkt (A1, Absatz 0031).
Hauptantrag
Artikel 123 (2) EPÜ - Ursprüngliche Offenbarung des Verfahrens nach dem geänderten Anspruch 1
2. Die ursprüngliche Beschreibung offenbart zwar, dass produktspezifische Daten aus den herstellerseitigen Datenspeichern (Datenbank 1, Archivspeicher 3) automatisch an die Benutzerschnittstelle der Servicestation bereitgestellt werden können (A1, z.B. Absätze 0020 bis 0022; 0032). Ferner sind zwei Umsetzer offenbart, die der Benutzerschnittstelle bzw. dem Produkt zugeordnet sind (A1, Absätze 0020 und 0031).
Jedoch lehrt die ursprüngliche Offenbarung keinen kausalen Zusammenhang zwischen den beiden Umsetzern und der Datenbereitstellung aus den herstellerseitigen Datenspeichern.
3. Der letzte Absatz des geänderten Anspruchs 1 hingegen führt ein, dass der Datenaustausch mit dem Archivspeicher kausal ("so dass") auf die umsetzergestützte Verbindung zwischen Nutzfahrzeug und Servicestation zurückgehen soll, und erweitert in dieser Hinsicht die ursprüngliche Offenbarung.
Der geänderte Anspruch 1 erfüllt daher nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
Hilfsantrag 1
Artikel 123 (2) EPÜ - Ursprüngliche Offenbarung des Verfahrens nach dem geänderten Anspruch 1
4. Die ursprüngliche Beschreibung offenbart zwar das zusätzliche Teilmerkmal, dass mit Hilfe eines produktseitigen (d.h. fahrzeugseitigen) Umsetzers Einstellungen per Funk oder Telekommunikation durchgeführt werden können (A1, Absatz 0031).
Jedoch ist auch hier festzustellen, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen den Umsetzern und der Datenbereitstellung aus den herstellerseitigen Datenspeichern nicht offenbart ist.
5. Der letzte Absatz des geänderten Anspruchs 1, der wiederum einen solchen kausalen Zusammenhang ("so dass") zum Gegenstand hat, stößt daher auf dieselbe Beanstandung bezüglich fehlender ursprünglicher Offenbarung wie Anspruch 1 des Hauptantrags.
Auch der gemäß Hilfsantrag 1 geänderte Anspruch 1 erfüllt daher nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
Hilfsantrag 2
Artikel 13 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern - Nichtzulassung des späten Antrags
6. Hilfsantrag 2 wurde in einem sehr späten Verfahrensstadium, nämlich im Lauf der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer, gestellt. Es lag daher im Ermessen der Kammer, diesen Antrag noch ins Verfahren zuzulassen oder nicht. Bei der Ausübung des Ermessens berücksichtigte sie insbesondere die Komplexität des geänderten Vorbringens, den Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie (Artikel 13 (1) VOBK). Ein Antrag, der zu diesem späten Zeitpunkt eingereicht wird, kann nur dann zugelassen werden, wenn er unmittelbar erkennbar alle Voraussetzungen für eine Patentierung erfüllt (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 6. Auflage, VII.E.16).
7. Der gemäß Hilfsantrag 2 geänderte letzte Absatz des Anspruchs 1 beruht zwar eindeutig auf ursprünglicher Offenbarung (A1, Absatz 0031) und räumt somit den diesbezüglichen Einwand aus, den die Prüfungsabteilung gegen die Fassung des Hauptantrags erhoben hatte und den die Kammer in der mündlichen Verhandlung auch gegen Hilfsantrag 1 vorbrachte (Artikel 123 (2) EPÜ).
8. Jedoch überwindet Anspruch 1 auch in der Fassung nach Hilfsantrag 2 nicht den Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit, der bezüglich des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1 mit der Beschwerdeführerin ausführlich erörtert wurde.
8.1 Artikel 56 EPÜ 1973 verlangt im Licht des Artikels 52 (1) (2) (3) EPÜ einen erfinderischen technischen Beitrag. Geschäftliche und/oder verwaltungsbezogene Gesichtspunkte können dieses Erfordernis nicht erfüllen und bleiben daher bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit außer Betracht (T 641/00-Zwei Identitäten/COMVIK, Leitsatz 1, ABl. EPA 2003, 352; T 1784/06-Classification method/COMPTEL).
8.2 Die Anmeldung deutet zunächst zwar eine technische Aufgabe an (A1, Absatz 0003: "Funktionalität und Qualität der ausgelieferten Produkte während deren gesamter Lebensdauer gewährleistbar"). Aber die Lösung wird auf administrativem Weg angestrebt, nämlich indem der Hersteller eines Produkts auch nach dessen Auslieferung eine ununterbrochene zentrale Kontrolle über den weiteren Werdegang des Produkts behält (siehe A1, Absätze 0001, 0002, 0006, 0008, 0013, 0014, 0018, 0021, 0022, 0024, 0028, 0029, 0032, 0033; ursprüngliche Ansprüche 1, 4, 12, 15).
Dieser Lösungsanteil ist eine administrative, organisatorische, geschäftliche oder rechtliche Maßnahme (wer darf was wann entscheiden, und wer verantwortet die Entscheidung; siehe die in der Beschwerdebegründung hervorgehobene Produkthaftung des Herstellers).
Die Tatsache, dass das Produkt ein Fahrzeug ist, hat keine technische Auswirkung auf die Verwaltung oder Verarbeitung der zugehörigen Daten.
Im Übrigen ist die organisatorische Maßnahme nur eine planerische Voraussetzung für die Ausführung der eigentlichen qualitätssichernden (Wartungs-/Reparatur-) Arbeit, die nicht Gegenstand des Anspruchs 1 ist. Dies betonte die Kammer (in anderer Besetzung) auch schon in ihrer früheren Entscheidung T 1242/04 vom 20. Oktober 2006 (Punkt 4.1) zur vorliegenden Anmeldung.
8.3 Als technisch ist lediglich die elektronische Unterstützung der organisatorischen Maßnahme anzusehen: Der Hersteller nutzt eine zentrale Datenbank mit Archiv, um die gewünschte zentralisierte Überwachung und Verwaltung (Betreuung) seines Produkts computergestützt zu betreiben.
Zur zentralen Verwaltung und Dokumentation des Werdegangs eines Produkts bietet sich dem Hersteller jedoch seine üblicherweise ohnehin vorhandene zentrale Datenbank an. Hierzu offenbart die Anmeldung keine technische Ausführungseinzelheit, die eine erfinderische Tätigkeit begründen könnte. Die Bezeichnung einer Datenbank als "Archivspeicher" ändert nichts an ihrer technischen Funktionsweise.
8.4 Als zuständigen Fachmann betrachtet die Kammer somit nicht den Ausstatter einer dezentralen Servicestation, dem Merkmale aus einem möglicherweise anderen Lösungsgebiet, nämlich der zentralen Datenverarbeitung, -verwaltung und -vernetzung, ggf. nicht zugeschrieben werden könnten (T 422/93, Leitsatz 3, ABl. EPA 1997, 25).
Aufgrund der herstellerzentrierten Aufgabenstellung sieht die Kammer vielmehr die vorhandene zentrale Datenverarbeitungsinfrastruktur des Herstellers als Ausgangspunkt an. Diese ist vom einschlägigen Datenverarbeitungsfachmann dahin zu ertüchtigen, dass der Hersteller die geschäftspolitisch gewünschte Bereitstellung fahrzeugspezifischer Daten an die ihm geschäftlich verbundenen Servicestationen durchführen kann. Die lebenslange zentrale Fahrzeugbetreuung ergibt sich aus der Bereitschaft (oder vertraglichen Verpflichtung) der Servicestationen, sich an dem Geschäftsmodell der zentral verwalteten Produktdaten zu beteiligen. Die technische Umsetzung dieses Modells obliegt dem Fachmann dieser Datenverarbeitung.
8.5 Was die Verwendung datenübertragungstechnischer Umsetzer anbelangt, offenbart die Anmeldung nur eine Verbindung zwischen der Benutzerschnittstelle der Servicestation und dem Produkt, d.h. dem Nutzfahrzeug (A1, Absätze 0020 und 0031). Für diesen Zweck sind jedoch Umsetzer in der Schnittstelle zwischen einem Fahrzeug und z.B. einem Diagnose-Computer vorbekannt (siehe den diesbezüglichen Hinweis in D1).
Eine nicht-naheliegende technische Wechselwirkung der Umsetzer mit den zentralen, herstellerseitigen Datenspeichern ist nicht offenbart und kann daher eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.
Somit leistet auch das Umsetzer-Merkmal des Anspruchs 1 keinen erfinderischen Beitrag.
8.6 Die Kammer sieht auch eine Fahrzeugeinstellung per Telekommunikation, soweit ursprünglich offenbart, nicht als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend an.
Die diesbezügliche Offenbarung (A1, Absatz 0031) besteht aus einer kurzen aufgabenhaften Angabe ohne weitere technische Einzelheit und setzt somit voraus, dass der Leser aufgrund seines Fachwissens in der Lage ist, eine Fahrzeugeinstellung über eine Schnittstelle durchzuführen. Dies ist einerseits plausibel, da auch bei einer herkömmlichen Motordiagnose z.B. ein Zündzeitpunkt eingestellt oder eine Software des Motormanagements aktualisiert wird. Andererseits kann eine als fachmännisch vorausgesetzte Maßnahme nicht gleichzeitig als erfinderisch angesehen werden.
Eine nicht-naheliegende technische Wechselwirkung mit den herstellerseitigen Datenspeichern ist wiederum nicht offenbart und kann daher eine erfinderische Tätigkeit ebenfalls nicht begründen.
8.7 Insgesamt lässt daher das Verfahren nach Anspruch 1 (Hilfsantrag 2) keinen erfinderischen Schritt erkennen und erfüllt daher nicht die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ 1973.
9. Da die Kammer den Hilfsantrag 2 somit nicht als unmittelbar gewährbar ansah, nahm sie ihn im erreichten letzten Stadium des Verfahrens nicht mehr zur materiellen Entscheidung an.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.