European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2011:T091808.20110111 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 11 Januar 2011 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0918/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 99927798.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | A23G 1/18 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Herstellung von Fettschmelze basierten Impfkristallsuspensionen | ||||||||
Name des Anmelders: | Bühler AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Asted-Mikroverk ApS | ||||||||
Kammer: | 3.3.09 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - Hauptantrag (bejaht) Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das Patent EP 1 180 941 zurückzuweisen.
II. Die Einsprechende hatte den Widerruf des Patentes im gesamten Umfang auf der Grundlage der Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) beantragt.
Der im Einspruchsverfahren berücksichtigte Stand der Technik umfasste unter anderem folgende Dokumente:
D1: E. J. Windhab, "Highshear- and Seed Crystallization of Chocolates", International ZDS Symposium, "Chocolate Technology 1998", 7 - 9 December 1998,
D5: E. Windhab, E. A. Niediek, L. Rolfes, "TIEFTEMPERATUR-SCHERKRISTALLISATION NEUE ASPEKTE DER TEMPERIERTECHNIK", Süsswaren 3/1993, Seiten 32 - 37, und
D6: EP 0 525 524 A1.
III. Der am 26. Februar 2008 mündlich verkündeten und am 14. März 2008 schriftlich begründeten Entscheidung der Einspruchsabteilung lagen die erteilten Ansprüche 1-22 des Streitpatentes zugrunde, wobei die Ansprüche 1, 5 und 8 wie folgt lauteten:
"1. Verfahren zur Herstellung von Fettschmelze basierten Impfkristallsuspensionen ... mit hohem betaVI-Modifikationsanteil, und deren Einsatz bei der Impfkristallisation von fettbasierten disperse Feststoffpartikel enthaltenden Suspensionen ..., wobei kaltgesprühte Fettpulver einer stufenweisen thermischen Konditionierung ... unterzogen werden ..., das derart konditionierte Fettpulver zu >= 1 Prozent in einer ... Fettschmelze suspendiert wird, und diese Fettpulversuspension ... in einer Scher-/Dehnströmung behandelt wird ..., und die somit erzeugte Impfkristallsuspension in den Produktstrom einer vorzukristallisierenden Schokolade oder schokoladeähnlichen Masse mit Impfkristallanteilen zwischen 0,01 und 0,2 Prozent (bezogen auf Gesamtmasse) gleichmäßig zudosiert und ... vermischt wird."
"5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die thermisch/mechanische Behandlung der Sprühfettpulversuspension in einem Scher-/Dehnströmungsfeld räumlich homogen unter Einstellung der wirksamen Schubspannungen bzw. Schergeschwindigkeiten und Temperaturen ein- oder mehrstufig erfolgt und durch teilweises Abschmelzen niedriger schmelzender Kristallmodifikationen und die mechanische Dispergierung/Zerkleinerung der Kristalle eine Reduktion der mittleren Kristallgröße von ca. 100 (Sprühfettpulver) auf < 10 Mikrometer (mym) stattfindet und ein stationärer Zustand mit einem Kristallgehalt in der Suspension von 5 bis 35 Volumenprozenten Kristallanteil einstellbar ist."
"8. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 5, dadurch gekennzeichnet, daß in einer besonderen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens auf den Einsatz von kaltgesprühtem Kakaobutter(Fett-)pulver als Kristallisationspromotoren ganz verzichtet wird und der gesamte Impfkristallgehalt in der Impfkristallsuspension direkt im mechanisch-/thermischen Behandlungsschritt in einem Scher-/Dehnströmungsfeld erzeugt wird, wobei die Wandtemperatur auf 10 bis 25ºC abgesenkt, die Verweilzeit auf > 150 s erhöht und an der Wand gebildete Fettkristalle kontinuierlich abgeschabt und mit der Fettschmelze vermischt werden."
Von der Einspruchsabteilung wurde unter anderem folgende Auffassung vertreten:
Die Neuheit des Verfahrens gemäß Anspruch 8 sei gegenüber D1 anzuerkennen da die einzige in Dl angegebene Verweilzeit von 20-35 s deutlich kürzer als die in Anspruch 8 geforderte Verweilzeit von größer 150 s sei.
Das Verfahren des Anspruchs 8 sei auch erfinderisch gegenüber D1. Insbesondere falle eine Verlängerung der Verweilzeit um den Faktor 5 oder 6 nicht unter die zu erwartenden Ergebnisse von Routineuntersuchungen. Darüber hinaus enthalte Dl keinen Hinweis auf geeignete Kristallgrößen. Zwar sei aus dem Wortlaut des Anspruchs 8 nicht klar, ob die in Anspruch 5 angegebene Kristallgröße von kleiner l0 mym auch in dem Verfahren des Anspruchs 8 einzustellen sei, nach der gemäß Streitpatent zu lösenden technischen Aufgabe sei dies jedoch erwünscht.
IV. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) am 14. Mai 2008 nach Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr am 13. Mai 2008 Beschwerde ein. Am 11. Juli 2008 erfolgte die Einreichung der Beschwerdebegründung.
V. In der am 16. September 2008 eingegangenen Antwort der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) wurde ein geänderter Anspruch 8 als Teil eines Hilfsantrages eingereicht.
VI. Mit Fax, eingegangen am 10. Januar 2011, teilte die Beschwerdeführerin schriftlich mit, dass sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde. Sie beantragte, die mündliche Verhandlung dennoch durchzuführen, wobei ihr Vorbringen auf die Beschwerdebegründung beschränkt sei.
VII. In der am 11. Januar 2011 durchgeführten Verhandlung war die Beschwerdeführerin wie angekündigt nicht anwesend.
VIII. Die im schriftlichen Verfahren vorgebrachten Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:
Die ersten beiden Schritte des Verfahrens gemäß Anspruch 1 und 5, auf die Anspruch 8 rückbezogen sei, würden durch letztgenannten Anspruch ausgeschlossen. Somit müsse Anspruch 8 als unabhängiger Anspruch betrachtet werden. Daher sei auch die in Anspruch 1 genannte Zudosierung der Impfkristalle zu einer Schokoladenmasse nicht Teil des in Anspruch 8 beanspruchten Verfahrens.
D1 offenbare wie von Anspruch 8 gefordert die direkte Herstellung von Impfkristallsuspensionen durch Scherung, wobei an der Wand gebildete Kristalle abgeschabt und mit der Fettschmelze gemischt würden. Aus D1 gehe auch hervor, dass die Temperaturen des in der Schereinheit der D1 eingesetzten Kühlbades im Bereich von 9.6-19.0ºC lägen, so dass die Wandtemperatur anspruchsgemäß sei. Die Aufenthaltszeit in der Schereinheit der D1 liege mit 20-35 s innerhalb des in der Beschreibung des Streitpatentes genannten Bereiches von 20-500 s. Die lange Verarbeitungszeit ohne Viskositätssteigerung in D1 belege die Anwesenheit von betaVI-Kristallen. Folglich mangele es dem Gegenstand dieses Anspruchs an Neuheit gegenüber D1.
Ferner sei der Gegenstand des Anspruchs 8 auch nicht erfinderisch gegenüber D1. Insbesondere hätte es für den Fachmann nahegelegen, im Impfkristallisationsverfahren der D1 das Sprühfettpulver durch eine durch das Scherkristallisationsverfahren der D1 hergestellte Impfkristallsuspension zu ersetzen. Dabei sei die im Anspruch genannte Verweilzeitzeit von größer 150 s nicht mit einem technischen Effekt verbunden. Darüber hinaus ergäbe sich diese Verweilzeit für den Fachmann zwangsläufig, da es zum Grundwissen des Fachmanns gehöre und aus der Zusammenschau der D5 und D6 abgeleitet werden könne, dass zur Erzielung höherer Kristallstabilitäten längere Aufenthaltszeiten notwendig seien.
IX. Die im schriftlichen Verfahren sowie der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:
Durch Rückbezug auf Anspruch 1 enthalte Anspruch 8 neben dem Scherschritt die anschließende Zudosierung zu einer Schokoladenmasse. Darüber hinaus seien durch den Rückbezug auf Anspruch 5 auch die Merkmale dieses Anspruchs Teil des Verfahrens gemäß Anspruch 8.
D1 sei für die Neuheit und erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 8 allein schon deswegen nicht relevant, weil die öffentliche Zugänglichkeit von D1 vor dem Prioritätsdatum des Streitpatentes fraglich sei. Insbesondere habe Professor Windhab, einer der Autoren der D1, auf Rückfrage nicht bestätigen können, dass D1 vor dem Prioritätsdatum der D1 an die Öffentlichkeit verteilt worden sei.
Darüber hinaus seien die Neuheit und erfinderische Tätigkeit gegenüber D1 auch dann anzuerkennen, wenn D1 Stand der Technik darstellen würde:
- Das Scherkristallisationsverfahren der D1 beinhalte nicht die in Anspruch 8 geforderte Zudosierung einer Impfkristallsuspension zu einer Schokoladenmasse und unterscheide sich darüber hinaus vom Anspruchsgegenstand bezüglich der Verweilzeit. Das Impfkristallisationsverfahren der D1 unterscheide sich vom Verfahren gemäß Anspruch 8 dadurch, dass anstelle der anspruchsgemässen durch Scherung hergestellten Impfkristallsuspension ein kaltgesprühtes Fettpulver eingesetzt würde.
- Das Impfkristallisationsverfahren der D1 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. Die gegenüber diesem nächstliegenden Stand der Technik gelöste Aufgabe bestünde in der Bereitstellung eines alternativen Impfkristallisationsverfahrens, bei dem betaVI-Impfkristalle mit verbesserter Dosierbarkeit und Mischbarkeit mit der zu beimpfenden Schokoladenmasse erhalten würden. Weder D1 noch den übrigen im Einspruchsverfahren genannten Dokumenten sei zu entnehmen, dass diese Aufgabe durch Ersetzen des Kaltsprühschrittes im Impfkristallisationsverfahren der D1 durch einen Scherkristallisationsschritt gelöst werden könne. Im Gegenteil, aus Abbildung 1 der D1 ginge sogar hervor, dass mit dem Scherkristallisationsverfahren der D1 ausschließlich betaIV- und betaV, nicht jedoch betaVI-Kristalle erhalten würden. Darüber hinaus gelänge man selbst dann, wenn man den Kaltsprühschritt im Impfkristallisationsverfahren der D1 durch die darin offenbarte Scherkristallisation ersetzen würde, nicht zum Verfahren des Anspruchs 8, weil die Verweildauer in D1 nicht anspruchsgemäß sei und dadurch bedingt keine betaVI-Kristalle erhalten würden.
X. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 180 941.
XI. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents mit den erteilten Ansprüchen 1 bis 7 und 9 bis 22 sowie dem Anspruch 8, eingereicht mit Schreiben vom 11. September 2008.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Umfang der Beschwerde
Mit der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin ausschließlich die Prüfung des Anspruchs 8. Entsprechend waren alle im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Angriffe auf Anspruch 8 beschränkt. Unter Berücksichtigung des Verfügungsgrundsatzes ist von der Kammer daher nur die Gewährbarkeit des Anspruchs 8 zu prüfen.
3. Öffentliche Zugänglichkeit des Dokumentes D1
Die Einwände der Beschwerdeführerin bezüglich der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit stützten sich auf D1. Bezüglich dieses Dokumentes wurde von der Beschwerdegegnerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer die öffentliche Zugänglichkeit vor dem Prioritätsdatum des Streitpatentes bestritten. Wie unten aufgezeigt wird, steht aber D1 der Gewährung des Hauptantrages selbst dann nicht entgegen, wenn D1 Stand der Technik gemäß Artikel 54(2) EPÜ darstellt. Eine Entscheidung bezüglich dieses spät vorgetragenen Einwandes der Beschwerdegegnerin braucht daher nicht zu ergehen.
Hauptantrag
4. Auslegung der Rückbezüge in Anspruch 8
4.1 Anspruch 8 ist auf Anspruch 1 rückbezogen. Daher ist zum Verständnis des Anspruchs 8 die Kenntnis des Anspruchs 1 notwendig. Das Verfahren des Anspruchs 1 enthält vereinfacht ausgedrückt die folgenden Verfahrensschritte:
a) Stufenweise thermische Konditionierung von kaltgesprühtem Fettpulver,
b) Suspendierung des derart konditionierten Sprühfettpulvers in einer Fettschmelze,
c) Scherung der erhaltenen Sprühfettpulversuspension zur Erzeugung einer Impfkristallsuspension und
d) Zudosierung einer bestimmten Menge der so gewonnenen betaVI-Kristalle enthaltenden Impfkristallsuspension zu einer Schokoladenmasse.
Im Gegensatz zu Anspruch 1 fordert Anspruch 8 den Verzicht auf den Einsatz von kaltgesprühtem Fettpulver dergestalt, dass der gesamte Impfkristallgehalt in der Impfkristallsuspension direkt während eines Scherschritts erzeugt wird. Hieraus folgt unmittelbar, dass die ersten beiden in Anspruch 1 genannten Schritte (obige Schritte a) und b)) nicht Teil des Verfahrens gemäß Anspruch 8 sind. Gleichzeitig bedingt der Rückbezug auf Anspruch 1, dass nach der Scherung in Anspruch 8, wie in Anspruch 1 gefordert, eine Zudosierung der die betaVI-Kristalle enthaltenden Impfkristallsuspension zu einer Schokolade erfolgt (Schritt d)).
Somit stellen die beiden Ansprüche 1 und 8 de facto zwei unabhängige Ansprüche dar, die auf zwei unterschiedliche Alternativen des Streitpatentes gerichtet sind, nämlich einerseits auf ein Verfahren, bei dem eine betaVI-Kristalle enthaltende Impfkristallsuspension durch thermische Konditionierung von kaltgesprühtem Fettpulver, anschließende Suspendierung und nachfolgende Scherung hergestellt und einer Schokoladenmasse zudosiert wird (Anspruch 1) und andererseits auf ein Verfahren, bei dem eine betaVI-Kristalle enthaltende Impfkristallsuspension direkt durch Scherung bei definierter Wandtemperatur und Verweilzeit erzeugt und einer Schokoladenmasse zudosiert wird (Anspruch 8).
4.2 Zusätzlich zu dem oben diskutierten Rückbezug des Anspruchs 8 auf Anspruch 1 enthält Anspruch 8 einen Rückbezug auf Anspruch 5. Es bleibt daher zu prüfen, welche Merkmale des Anspruchs 5 auch für das Verfahren gemäß Anspruch 8 gelten.
Anspruch 5 fordert eine Scherung einer Sprühfettpulversuspension dergestalt, dass eine Kristallgrößenreduktion stattfindet. Das Verfahren des Anspruchs 8 enthält jedoch weder eine Scherung einer Sprühfettpulversuspension noch eine Kristallgrößenreduktion. Im Gegenteil, in Anspruch 8 wird, wie oben bereits ausgeführt, explizit auf den Einsatz eines Sprühfettpulvers verzichtet. Auch bedingt der Scherschritt des Anspruchs 8 nach der Entstehung von Kristallen eine sich daran anschließende Zunahme der Kristallgröße. Letzteres wurde von der Beschwerdegegnerin während der mündlichen Verhandlung bestätigt. Die Merkmale einer Scherung einer Sprühfettpulversuspension und einer Kristallgrößenreduktion in Anspruch 5 können daher nicht Teil des Anspruchs 8 sein.
Auch das weitere Merkmal der Einstellbarkeit eines bestimmten Kristallgehaltes in Anspruch 5 bezieht sich auf die Scherung einer Sprühfettpulversuspension. Daher kann auch dieses Merkmal kein Bestandteil des Anspruchs 8 darstellen. Darüber hinaus ist dieses Merkmal ohnehin nicht beschränkend, da die Einstellbarkeit eines Kristallgehaltes nicht bedingt, dass dieser Kristallgehalt tatsächlich eingesellt wird.
Anspruch 5 enthält auch keine weiteren Merkmale, die Teil des Anspruchs 8 ausmachen. Somit kann abschließend festgestellt werden, dass der in Anspruch 8 vorhandene Rückbezug auf Anspruch 5 dem Verfahren des Anspruchs 8 keine Merkmale hinzufügt.
5. Neuheit des Verfahrens gemäß Anspruch 8
5.1 Die Beschwerdeführerin hat ihre Einwände hinsichtlich der Neuheit ausschließlich auf D1 gestützt. D1 beschreibt zwei verschiedene Verfahren zur Herstellung von gut gemischter Schokolade oder schokoladeähnlichen Massen, nämlich ein Scherkristallisationsverfahren sowie ein Impfkristallisationsverfahren.
Das erste Verfahren (Scherkristallisationsverfahren) ist in den Abbildungen 2 und 3 der D1 dargestellt und zeigt die Wirkung von mechanischer Energie auf die Kristallmodifikation von Kakaobutter. Hierbei werden die Kristalle in einem Scherkristallisator in einem Schritt in der gesamten Schokoladenmasse hergestellt. Diese Ausführungsform der D1 beschreibt daher nicht die in Anspruch 8 geforderte Herstellung einer betaVI-Kristalle enthaltenden Impfkristallsuspension in einem separaten Verfahrensschritt und den sich daran anschließenden Zusatz dieser Suspension zu einer Schokoladenmasse.
Das zweite Verfahren (Impfkristallisationsverfahren) ist in Abbildung 11 der D1 beschrieben. Hierbei wird ein betaVI-Kristalle enthaltendes Sprühfettpulver durch Kaltsprühung und anschließende thermische Konditionierung hergestellt und danach in einer Menge von beispielsweise 0.12% einer Schokoladenmasse zudosiert (zweiter Absatz jeweils unterhalb der Abbildung 8 und 9 sowie Abbildung 11). Der in Anspruch 8 geforderte Scherschritt zur Herstellung einer betaVI-Kristalle enthaltenden Impfkristallsuspension wird hierbei nicht offenbart.
5.2 Somit ist die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 8 gegenüber D1 anzuerkennen.
6. Erfinderische Tätigkeit des Verfahrens gemäß Anspruch 8
6.1 Nächstliegender Stand der Technik
Das Streitpatent ist auf die Bereitstellung von Schokoladenprodukten mit verringerter Neigung zur Fettreifbildung gerichtet (Spalte 1, Zeile 47-57). Die gleiche Zielsetzung wird in D1 (erster Absatz auf der ersten Seite) verfolgt. Hierbei kommt das Impfkristallisationsverfahren der D1 dem im Streitpatent gewählten Verfahren am nächsten, da in beiden Verfahren zunächst betaVI-Impfkristalle erzeugt und diese dann der zu kristallisierenden Schokoladenmasse zugesetzt werden. Entsprechend stellt im Einklang mit dem Vorbringen beider Parteien das Impfkristallisationsverfahren der D1 den nächstliegenden Stand der Technik dar.
6.2 Die objektive Aufgabe
Das Streitpatent hat sich die Aufgabe gestellt, ein Impfkristallisationsverfahren für Schokoladenmassen bereitzustellen, das sich durch eine verbesserte Dosierbarkeit und eine verbesserte Mischbarkeit der Impfkristallzusammensetzung mit der Schokoladenmasse auszeichnet. Dabei soll das Verfahren zu beimpften ("vorkristallisierten") Schokoladenmassen führen, die bei höheren beziehungsweise stärker schwankenden Temperaturen verarbeitet werden können, ohne dass die Kristallisationsfähigkeit der Schokoladenmassen verloren geht (Spalte 3, Zeile 45 bis Spalte 4, Zeile 4; Spalte 6, Zeile 3-22 sowie Spalte 7, Zeile 12-45).
Das Streitpatent schlägt zur Lösung dieser Aufgabe die Herstellung einer betaVI-Kristalle enthaltenden Suspension durch Scherung und die sich daran anschließende Beimpfung der Schokoladenmasse mit dieser die betaVI-Kristalle enthaltenden Suspension vor (Anspruch 8). Insbesondere soll die anspruchsgemäße Verwendung einer Suspension anstelle des Sprühfettpulvers in D1 zur verbesserten Dosierbarkeit und Mischbarkeit führen (Spalte 6, Zeile 8-22 des Streitpatents). Ferner sollen die im anspruchsgemäßen Scherschritt erzeugten betaVI-Kristalle aufgrund ihres hohen Schmelzpunktes die Verarbeitbarkeit bei hohen beziehungsweise schwankenden Temperaturen gewährleisten (Spalte 7, Zeile 27-32 und Abbildung 2 des Streitpatentes).
Letzteres wird jedoch bereits durch das Impfkristallisationsverfahren der D1 erreicht. So wird im ersten Absatz des Kapitels 5 der D1 bereits darauf hingewiesen, dass mit dem im dort beschriebenen Impfkristallisationsverfahren vorgenommenen Sprüh- und Konditionierungsschritt betaVI-Kristalle erhalten werden, die aufgrund des höheren Schmelzpunktes eine Verarbeitbarkeit der Schokoladenmasse bei höheren beziehungsweise stärker schwankenden Temperaturen erlauben.
Die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe muss daher weniger anspruchsvoll formuliert werden als die Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zur Animpfung von Schokoladenmassen mit einer betaVI-Kristalle enthaltenden Impfkristallzusammensetzung, die sich durch eine bessere Dosierbarkeit und Mischbarkeit mit der Schokoladenmasse auszeichnet.
6.3 Naheliegen der Lösung
6.3.1 D1 beschreibt nur eine einzige Möglichkeit zur Animpfung von Schokoladenmassen mit betaVI-Impfkristallen, nämlich die Animpfung mit betaVI-Impfkristalle enthaltendem Sprühfettpulver, das durch Kaltsprühung und anschließende thermischer Konditionierung hergestellt wird. Ein Hinweis auf die Verwendung eines alternativen Verfahrens zur Herstellung der betaVI-Impfkristalle liegt an keiner Stelle der D1 vor. Daher hätte der die D1 lesende Fachmann keinen Anlass gehabt, den Kaltsprüh- und Konditionierungsschritt im Impfkristallisationsverfahren der D1 durch einen alternativen Verfahrensschritt, geschweige denn den anspruchsgemässen Scherschritt, zu ersetzen.
6.3.2 Von der Beschwerdeführerin wurde vorgebracht, dass der Fachmann die in D1 offenbarte Scherkristallisation zur Herstellung der im Impfkristallisationsverfahren der D1 benötigten betaVI-Impfkristalle eingesetzt hätte.
Im Scherkristallisationsverfahren der D1 werden durch Scherung in einem Scherkristallisator bei einer Verweilzeit von 20-35 s in einem Schritt in einer Schokoladenmasse Kristalle erzeugt (Abbildung 3 und 2. Absatz unterhalb der Abbildung 4).
Es fehlt jedoch jeglicher Hinweis in D1, die in der Scherkristallisation der D1 gewonnenen Kristalle in einem zweiten Verfahrensschritt als Impfkristalle zur Animpfung einer Schokoladenmasse im Impfkristallisationsverfahren der D1 einzusetzen. Auch fehlt ein Hinweis, dass durch einen solchen Einsatz eine bessere Dosierbarkeit und Mischbarkeit der Impfkristalle mit der Schokoladenmasse ermöglicht wird. Der Fachmann hatte somit, entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin, überhaupt keine Veranlassung, die in D1 beschriebene Scherkristallisation in dem anderen dort beschriebene Verfahren, dem Impfkristallisationsverfahren, zu verwenden.
Unabhängig hiervon wäre der Fachmann, selbst wenn er dies getan hätte, nicht zu den in Anspruch 8 geforderten betaVI-Impfkristallen gelangt. Vielmehr bedingt, wie von der Beschwerdegegnerin ausgeführt, die kurze nicht anspruchsgemäße Verweilzeit von 20-35 s im Scherkristallisationsverfahren der D1 (Anspruch 8: > 150 s) die ausschließliche Entstehung von betaIV- und betaV-Kristallen. Dies wird durch Abbildung 1 der D1 bestätigt, die als Ergebnis der Scherkristallisation der D1 ausschließlich betaIV- und betaV-Kristalle zeigt. Somit ist die in Anspruch 8 geforderte Erzeugung von betaVI-Impfkristallen durch Scherung selbst dann nicht naheliegend, wenn der Fachmann gemäß der Behauptung der Beschwerdeführerin die Scherkristallisation der D1 tatsächlich im Impfkristallisationsverfahren dieses Dokumentes eingesetzt hätte.
6.3.3 Von der Beschwerdeführerin wurde noch vorgebracht, dass die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 8 im Hinblick auf D5 und D6 zu verneinen sei. Jedoch beschreiben auch diese Dokumente an keiner Stelle ein Impfkristallisationsverfahren, geschweige denn ein solches, bei dem betaVI-Impfkristalle durch den in Anspruch 8 geforderten Scherschritt hergestellt und anschließend zur Animpfung einer Schokoladenmasse eingesetzt werden. Auch fehlt ein Hinweis in diesen Dokumenten, dass durch Scherkristallisation eine Impfkristallzusammensetzung erhalten wird, die sich durch eine verbesserte Dosierbarkeit oder Mischbarkeit mit der Schokoladenmasse auszeichnet. Somit hätte der Fachmann auch unter Berücksichtigung der D5 und D6 keinerlei Anlass gehabt, die Impfkristalle im Impfkristallisationsverfahren der D1 anstelle des Sprüh- und Konditionierungsschrittes durch eine anspruchsgemäße Scherkristallisation herzustellen.
6.4 Die erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 8 ist daher gegenüber D1, sowohl allein betrachtet, als auch in Kombination mit D5 und/oder D6 anzuerkennen.
7. Wie oben unter Punkt 2 dargelegt, erübrigt sich eine Prüfung der weiteren Ansprüche des Hauptantrages.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.