European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2011:T085008.20110303 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 03 März 2011 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0850/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 97928210.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | H05B 6/14 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Galette zum Erhitzen eines laufenden synthetischen Fadens | ||||||||
Name des Anmelders: | Oerlikon Textile GmbH & Co.KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | DIENES Apparatebau GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.4.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Kombination von Merkmalen verschiedener Ausführungsbeispiele - ursprünglich nicht offenbart | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent EP-B-845196 in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten.
II. Der Einspruch richtete sich gegen das Patent im Umfang der erteilten Patentansprüche 2 bis 5 sowie der Ansprüche 11 und 12, soweit diese auf die Ansprüche 2 bis 5 rückbezogen sind; er war auf die Gründe des Artikels 100 a) und c) EPÜ 1973 gestützt, insbesondere in Verband mit den Artikeln 54 (1) und (2), 56, und 57 EPÜ 1973.
III. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin), die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent im erteilten Umfang aufrecht zu erhalten.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
IV. Der Wortlaut der Ansprüche 1 und 2 in der erteilten Fassung lautet wie folgt:
"1. Galette zum Erhitzen eines laufenden synthetischen Fadens, welche eine Mehrzahl von ortsfesten Primärwicklungen (1) und einen magnetisch leitenden, zu diesen drehbar gelagerten Galettenmantel (2) aufweist, wobei die Primärwicklungen (1) jeweils auf zumindest einem aus mehreren Trafoblechen bestehenden U-förmigen Träger (3) gewickelt sind, wobei die U-förmigen Träger zum Galettenmantel (2) konzentrisch hintereinander auf einem Spulenträger (5) angeordnet sind und wobei über die Schenkel (3b) des Trägers (3) der Galettenmantel (2) mit den Primärwicklungen (1) jeweils über einen definierten Radialspalt (4) zur Erzeugung von induzierten Strömen gekoppelt ist, wobei der Träger (3) so ausgebildet ist, daß dessen Trafobleche im Bereich des Nutgrunds (3a) radial übereinanderliegen und in axialer Richtung des Spulenträgers (5) ausgerichtet angeordnet sind, und daß dessen Trafobleche im Bereich der Schenkel (3b) axial hintereinander liegen und in radialer Richtung des Spulenträgers (5) ausgerichtet angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, daß der Träger (3) mehrere U-förmig ineinander als Schnittbandkern gestapelte Trafobleche aufweist."
"2. Galette nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Träger (3) separate Schenkel (3b) und einen separaten Nutgrund (3a) aufweist."
V. Die Einspruchsabteilung begründete die Entscheidung damit, dass der Gegenstand der Ansprüche 2 bis 5 in der erteilten Fassung sowie der Ansprüche 11 und 12 in dieser Fassung, soweit sie auf die Ansprüche 2 bis 5 rückbezogen sind, aus den ursprünglichen Unterlagen nicht zu entnehmen sei und somit über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe (Artikel 100 c) EPÜ 1973).
VI. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Bezüglich der Frage, was ein Schnittbandkern ist, führe das Patent in Absatz [0016] aus, dass die Trafobleche in radialer Richtung und nicht - wie allgemein bekannt - in axialer Richtung geschichtet seien. Eine solche radiale Stapelung finde sich auch in den Ausführungsbeispielen nach den Abbildungen 4A bis 4C.
Auch würden in Absatz [0012] des Patents diese Beispiele als weitere Ausführungsformen des Schnittbandkerns gemäß Bereich B in Abbildung 1 bezeichnet. Dabei stelle für den Fachmann der Ausdruck "Schnittbandkern" hauptsächlich eine Information zur Ausrichtung der Bleche dar, nicht aber zur Frage, aus wie vielen Teilen eine Lage der Trafobleche gebildet sei. Es sei unerheblich, an wie vielen Stellen der Schnittbandkern geschnitten sei. Im erteilten Anspruch 1 stehe nun nicht, dass die Trafobleche selbst U-förmig seien, sondern vielmehr, dass die Trafobleche U-förmig ineinander gestapelt seien. Wie aus den Abbildungen 1 und 4A bis 4C hervorgehe, sei in diesen Beispielen die Stapelung tatsächlich U-förmig.
Somit lasse sich die Merkmalskombination des erteilten Anspruchs 2 den ursprünglich eingereichten Unterlagen direkt und eindeutig entnehmen.
VII. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Folgende Hinweise sprächen dafür, dass der Gegenstand der angegriffenen erteilten Ansprüche den ursprünglichen Unterlagen nicht zu entnehmen sei:
- Die ursprünglichen Ansprüchen 2 und 7-11 beziehungsweise 3-6 handelten von nebeneinander existierende Ausführungen; eine Vermischung dieser Ausführungen - wie im erteilten Patent vorgenommen - sei ursprünglich nicht offenbart worden.
- Aus der ursprünglichen Beschreibung auf Seiten 6 bis 8 gehe hervor, dass in Abbildungen 3 und 5 ein erstes Ausführungsbeispiel und in Abbildungen 4A, 4B, 4C, 6, und 7 weitere Ausführungsbeispiele dargestellt seien, wobei lediglich das erste Beispiel U-förmig ineinander als Schnittbandkern gestapelte Trafobleche aufweise.
- Im Prüfungsverfahren habe die Beschwerdeführerin im Brief vom 29. April 2002 - um die erfinderische Tätigkeit zu begründen - darauf verwiesen, dass es für den Fachmann mit Blick auf Präzision und Rundlauf abwegig sei, eine Galette mit einem U-förmig gebogenen, gestapelten Träger aus Trafoblechen zu konstruieren. Somit beziehe sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sogar nach Ansicht der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) selbst, auf das erste Ausführungsbeispiel gemäß den Abbildungen 3 und 5.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit
Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
2.1 Merkmale des erteilten Anspruchs 2
Der erteilte Anspruch 2 enthält in Folge seiner Bezugnahme auf den erteilten Anspruch 1 alle Merkmale dieses Anspruchs. Somit enthält der erteilte Anspruch 2 insbesondere die Merkmale, dass
(i) "der Träger (3) mehrere U-förmig ineinander als Schnittbandkern gestapelte Trafobleche aufweist", und
(ii) "der Träger (3) separate Schenkel (3b) und einen separaten Nutgrund (3b) aufweist."
2.2 Ursprüngliche Ansprüche
Die Merkmale (i) und (ii) sind die zusätzlichen Merkmale der ursprünglich eingereichten Ansprüche 2 und 3. Sowohl der ursprüngliche Anspruch 2 als auch der ursprüngliche Anspruch 3 ist allein vom ursprünglichen Anspruch 1 abhängig und enthält somit lediglich die Merkmale dieses Anspruchs. Die im erteilten Anspruch 2 enthaltene Kombination der Merkmale (i) und (ii) ist daher nicht aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen ableitbar.
2.3 Ursprüngliche Beschreibung und Abbildungen
2.3.1 Das Patent betrifft eine Galette zum Erhitzen eines laufenden synthetischen Fadens. Der Faden wird auf einem im Wesentlichen zylindrischen Galettenmantel 2 geführt, der drehbar gelagert ist. Zu dessen induktiver Beheizung befindet sich im Innern des Galettenmantels 2 ein Spulenträger 5, auf welchem mit Primärwicklungen 1 bestückte Träger 3 angeordnet sind. Durch die in den Primärwicklungen 1 angelegte Spannung wird im Galettenmantel 2 eine Spannung induziert, die einen Stromfluss zur Folge hat. Dadurch wird der Galettenmantel 2 - bedingt durch dessen Widerstand - erwärmt. Durch die Steuerung der Spulenspannung kann die Temperatur des Galettenmantels 2 eingestellt werden (ursprüngliche Beschreibung, Seite 4, letzter Absatz - Seite 5).
2.3.2 Die Abbildung 1 enthält den Bezug auf einen Bereich B. Gemäß der Beschreibung auf Seite 6, Zeilen 5-11, Seite 7, Zeilen 6 - Seite 8, Zeile 2, und Abbildungen 3, 4A, 4B und 4C, hat dieser Bereich B eine der in den Abbildungen 3, 4A, 4B und 4C gezeigten Formen. Somit umfasst die Abbildung 1 alle in diesen Abbildungen gezeigten Ausführungsbeispiele als Alternativen.
2.3.3 Gemäß der übereinstimmenden Auffassung beider Parteien wird ein Schnittbandkern dadurch hergestellt, dass ein Blechband auf einen Dorn mit rechteckigem Querschnitt aufgewickelt und verklebt wird und anschließend quer zum Band geteilt wird.
Auf Seite 6, Zeilen 5-9, der Beschreibung ist es explizit erwähnt, dass sich die in Abbildung 5 gezeigte Schnittansicht auf das in Abbildung 3 gezeigte Ausführungsbeispiel bezieht. In diesem Beispiel besteht ein Träger 3 aus gebogenen Trafoblechen, die U-förmig ineinander zu einem Schnittbandkern gestapelt sind. Dadurch wird ein optimaler Magnetfluss ermöglicht, der keine Grenzschichten überwinden muss (Seite 6, Zeile 5 - Seite 7, Zeile 4).
2.3.4 Die Kammer ist der Auffassung, dass es in den ursprünglich eingereichten Unterlagen keine Hinweise darauf gibt, dass der Schnittbandkern auch - wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen - an den Ecken geschnitten sein kann, um so zu einem Schnittbandkern mit einer Seitenansicht nach den Abbildungen 4A bis 4C zu gelangen. Dies wäre auch nicht zweckmäßig, da durch den Schnitt eine Grenzschicht eingeführt werden würde, die den Magnetfluss stören würde (siehe Seite 6, Zeilen 17-18). Außerdem ist der Vortrag der Beschwerdeführerin mit der Angabe bezüglich der Ausführungsformen der Abbildungen 4A bis 4C unvereinbar, dass der Nutgrund 3a eines Trägers ein Hohlzylinder aus mehreren in radialer Richtung gestapelten Trafoblechen ist (Seite 7, Zeilen 8-9, 17-18 und 26-27), da der Nutgrund eines Schnittbandkerns - bedingt durch seine Herstellung - im Wesentlichen flach ist.
Vielmehr wird auf Seite 4, Zeilen 14-19 der Beschreibung explizit darauf hingewiesen, dass sich die in den Abbildungen 6 und 7 gezeigten Schnittansichten auf die in den Abbildungen 4A, 4B und 4C gezeigten Ausführungsbeispiele beziehen. Demnach ist der Nutgrund 3a eines Trägers - wie oben beschrieben - ein Hohlzylinder aus mehreren in radialer Richtung gestapelten Trafoblechen, wobei der Schenkel 3b eines Trägers mehrere axial gestapelte ringförmige Trafobleche aufweist (Seite 7, Zeilen 9-10, 18-20 und 27-29; Seite 8, Zeilen 6 und 12-16).
Vor diesem Hintergrund ist es für den Fachmann - ein im Gebiet der industriellen Wärmetechnik arbeitender Ingenieur - auch klar, dass der Gebrauch des Ausdrucks "Schnittbandkern" in Bezug auf die in den Abbildungen 4A bis 4C gezeigten Beispiele (Seite 4, Zeilen 4-8; Seite 7, Zeilen 18-20 und 26-27) nicht dem im Fachgebiet üblichen Gebrauch entspricht. Vielmehr wird der Ausdruck dort lediglich als Synonym von "Träger" verwendet. Das wird besonders auf Seite 7, Absätze 2 bis 4, deutlich, wo manchmal vom Nutgrund und den Schenkeln des Trägers und manchmal vom Nutgrund und den Schenkeln des Schnittbandkerns die Rede ist.
2.3.5 Somit ist die Kammer der Auffassung, dass in der Beschreibung mit Bezug auf die Abbildungen 3 und 5 ein erstes Ausführungsbeispiel beschrieben wird und mit Bezug auf die Abbildungen 4A, 4B, 4C, 6, und 7 weitere und vom ersten Ausführungsbeispiel unabhängige Ausführungsbeispiele beschrieben werden.
2.3.6 Im Merkmal (i) wird definiert, dass der Träger mehrere U-förmig ineinander als Schnittbandkern gestapelte Trafobleche aufweist.
Das in den Abbildungen 3 und 5 gezeigte Ausführungsbeispiel wird in der Beschreibung auf dieselbe Weise beschrieben (Seite 6, Zeilen 5-9). Ferner besteht der Träger 3 in diesem Beispiel aus gebogenen Trafoblechen, die tatsächlich U-förmig ineinander zu einem Schnittbandkern gestapelt sind (siehe Punkt 2.3.3).
Dagegen ist die Kammer der Meinung, dass die mit Bezug auf die Abbildungen 4A bis 4C, 6 und 7 beschriebenen Beispiele dieses Merkmal nicht aufweisen, da der Träger hier nicht als Schnittbandkern angesehen werden kann (siehe Punkt 2.3.4). Außerdem werden die Trafobleche einerseits radial zu einem Hohlzylinder und andererseits axial zu einem Ring gestapelt. Eine U-Form ergibt sich also lediglich im Längsschnitt. Die Trafobleche können daher auch nicht als U-förmig ineinander gestapelt angesehen werden.
Somit gelangt die Kammer zu der Ansicht, dass sich das Merkmal (i) nur auf das mit Bezug auf die Abbildungen 3 und 5 beschriebene Ausführungsbeispiel bezieht.
2.3.7 Im Merkmal (ii) wird definiert, dass der Träger separate Schenkel und einen separaten Nutgrund aufweist.
Wie aus den Ausführungen in den Punkten 2.3.3 und 2.3.4 folgt, bezieht sich dieses Merkmal nur auf die mit Bezug auf die Abbildungen 4A bis 4C, 6 und 7 beschriebenen Ausführungsbeispiele.
2.4 Schlussfolgerung
Aus den oben genannten Gründen betreffen die Merkmale (i) und (ii) verschiedene Ausführungsbeispiele. Im erteilten Anspruch 2 werden daher Merkmale verschiedener Ausführungsbeispiele kombiniert, wobei eine solche Kombination nicht direkt und eindeutig aus den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen hervorgeht.
Somit geht der erteilte Anspruch 2 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.
Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ 1973 steht daher der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung entgegen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.