T 0811/08 (Luftfilter/CARL FREUDENBERG KG) of 7.4.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T081108.20110407
Datum der Entscheidung: 07 April 2011
Aktenzeichen: T 0811/08
Anmeldenummer: 02001201.9
IPC-Klasse: B01D 46/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Luftfilter mit elektrostatisch wirksamer Vliesstoffschicht und deren Verwendung
Name des Anmelders: Carl Freudenberg KG
Name des Einsprechenden: Airflo Europe N.V.
3M Innovative Properties Company
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 113(1)
European Patent Convention Art 113(2)
European Patent Convention Art 114(2)
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 123(3)
European Patent Convention R 103(1)
Schlagwörter: Änderungen (alle Anträge): zulässig
Erweiterung des Schutzumfangs (alle Anträge): nein
Deutlichkeit (alle Anträge): nein
Wesentlicher Verfahrensmangel (nein)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1776/18

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde betrifft die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das Europäische Patent EP-B-1 254 693 widerrufen wurde.

II. Die Einspruchsabteilung stützte sich u.a. auf folgende Dokumente:

Dl: US-A-5 419 953

D2: WO-A-97/40 913

D3: EP-A-0 960 645

D7: US-A-5 470 485

III. Nach Ansicht der Einspruchsabteilung ging der Schutzumfang der Ansprüche des Hauptantrages über den der erteilten Ansprüche hinaus; es lag somit ein Verstoß gegen Artikel 123(3) EPÜ vor. Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 gemäß Hilfsantrag beruhte nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf die Dokumente D1 und D3.

IV. Gegen diese Entscheidung legte die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) Beschwerde ein. Mit der Beschwerdebegründung vom 27. Juni 2008 reichte sie neue Ansprüche gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 9 ein.

V. Die unabhängigen Ansprüche dieser Anträge lauten jeweils (Änderungen gegenüber dem Wortlaut der erteilten Ansprüche in Fettdruck):

Hauptantrag

"1. Mehrlagiger Luftfilter ausgebildet als Staubsaugerbeutel umfassend eine Filterschicht aus Kombinationen von Spinnvlies mit Meltblown-Vliesstoff oder aus einem Spunbond-Meltblown-Spunbond-Laminat und eine diese rohgasseitig überdeckende Vorfilterschicht, wobei die Vorfilterschicht einen trocken gelegten und elektrostatisch wirksamen Stapelfaser-Vliesstoff aufweist, dessen Flächengewicht 10 bis 100 g/m**(2) beträgt, wobei die Länge der Stapel 3 bis 10 cm beträgt und wobei die Filterschicht feinere Porenradien und Fasertiter aufweist."

Hilfsantrag 1

"1. Mehrlagiger Luftfilter ausgebildet als Staubsaugerbeutel umfassend eine Filterschicht aus Kombinationen von Spinnvlies mit Meltblown-Vliesstoff oder aus einem Spunbond-Meltblown-Spunbond-Laminat und eine diese rohgasseitig überdeckende Vorfilterschicht, wobei die Vorfilterschicht einen trocken gelegten und elektrostatisch wirksamen Stapelfaser-Vliesstoff besteht, dessen Flächengewicht 10 bis 100 g/m**(2) beträgt,

wobei der trocken gelegte elektrostatisch wirksame Stapelfaser-Vliesstoff eine Luftdurchlässigkeit von grösser gleich 700 l/(m**(2).sec), bei einem Differenzdruck von 200 Pa, einen NaCl-Durchlassgrad DNaCl, von kleiner gleich 40 %, und einen Differenzdruck von kleiner gleich 20 Pa aufweist und wobei die Filterschicht feinere Porenradien und Fasertiter aufweist."

Hilfsantrag 2

"1. Mehrlagiger Luftfilter ausgebildet als Staubsaugerbeutel umfassend eine Filterschicht aus Kombinationen von Spinnvlies mit Meltblown-Vliesstoff oder aus einem Spunbond-Meltblown-Spunbond-Laminat und eine diese rohgasseitig überdeckende Vorfilterschicht, wobei die Vorfilterschicht einen trocken gelegten und elektrostatisch wirksamen Stapelfaser-Vliesstoff besteht, dessen Flächengewicht 10 bis 100 g/m**(2) beträgt, und wobei die Länge der Stapel 3 bis 10 cm beträgt, wobei der trocken gelegte elektrostatisch wirksame Stapelfaser-Vliesstoff eine Luftdurchlässigkeit von grösser gleich 700 l/(m**(2).sec), bei einem Differenzdruck von 200 Pa, einen NaCl-Durchlassgrad DNaCl, von kleiner gleich 40 %, und einen Differenzdruck von kleiner gleich 20 Pa aufweist, wobei der Quotient aus Luftdurchlässigkeit in l/(m**(2).sec) und NaCl-Durchlassgrad DNaCl, in % grösser gleich einem Wert von 120 ist und wobei die Filterschicht eine Luftdurchlässigkeit von kleiner gleich 500 l/(m**(2.)sec) bei einem Differenzdruck von 200 Pa aufweist und wobei die Filterschicht feinere Porenradien und Fasertiter aufweist."

Hilfsantrag 3

"1. Mehrlagiger Luftfilter ausgebildet als Staubsaugerbeutel umfassend eine Filterschicht aus Kombinationen von Spinnvlies mit Meltblown-Vliesstoff oder aus einem Spunbond-Meltblown-Spunbond-Laminat und eine diese rohgasseitig überdeckende Vorfilterschicht, wobei die Vorfilterschicht einen trocken gelegten und elektrostatisch wirksamen Stapelfaser-Vliesstoff besteht, dessen Flächengewicht 30 bis 60 g/m**(2) beträgt, und wobei die Länge der Stapel 3 bis 10 cm beträgt, wobei der trocken gelegte elektrostatisch wirksame Stapelfaser-Vliesstoff eine Luftdurchlässigkeit von grösser gleich 700 l/(m**(2).sec), bei einem Differenzdruck von 200 Pa, einen NaCl-Durchlassgrad DNaCl, von kleiner gleich 40 %, und einen Differenzdruck von kleiner gleich 20 Pa aufweist, wobei der Quotient aus Luftdurchlässigkeit in l/(m**(2).sec) und NaCl-Durchlassgrad DNaCl, in % grösser gleich einem Wert von 120 ist und wobei die Filterschicht eine Luftdurchlässigkeit von kleiner gleich 500 l/(m**(2.)sec) bei einem Differenzdruck von 200 Pa aufweist und wobei die Filterschicht feinere Porenradien und Fasertiter aufweist, wobei die Vorfilterschicht aus Stapelfasern mit einem Titer von 0,5 bis 5 dtex hergestellt ist."

Hilfsantrag 4

"1. Mehrlagiger Luftfilter ausgebildet als Staubsaugerbeutel umfassend eine Filterschicht aus Kombinationen von Spinnvlies mit Meltblown-Vliesstoff oder aus einem Spunbond-Meltblown-Spunbond-Laminat und eine diese rohgasseitig überdeckende Vorfilterschicht, wobei die Vorfilterschicht einen trocken gelegten und elektrostatisch wirksamen Stapelfaser-Vliesstoff besteht, dessen Flächengewicht 30 bis 60 g/m**(2) beträgt, und wobei die Länge der Stapel 3 bis 10 cm beträgt, wobei der trocken gelegte elektrostatisch wirksame Stapelfaser-Vliesstoff eine Luftdurchlässigkeit von grösser gleich 700 l/(m**(2).sec), bei einem Differenzdruck von 200 Pa, einen NaCl-Durchlassgrad DNaCl, von kleiner gleich 40 %, und einen Differenzdruck von kleiner gleich 20 Pa aufweist, wobei der Quotient aus Luftdurchlässigkeit in l/(m**(2).sec) und NaCl-Durchlassgrad DNaCl, in % größer gleich einem Wert von 120 ist und wobei die Filterschicht eine Luftdurchlässigkeit von kleiner gleich 500 l/(m**(2.)sec) bei einem Differenzdruck von 200 Pa aufweist, wobei die Filterschicht feinere Porenradien und Fasertiter aufweist, wobei die Vorfilterschicht aus Stapelfasern mit einem Titer von 0,5 bis 5 dtex hergestellt ist und wobei die Vorfilterschicht lose in einen Filterbeutel eingelegt ist."

Hilfsantrag 5:

"1. Verwendung eines mehrlagigen Luftfilters als Staubsaugerbeutel, wobei der mehrlagige Luftfilter umfassend eine Filterschicht aus Kombinationen von Spinnvlies mit Meltblown-Vliesstoff oder aus einem Spunbond-Meltblown-Spunbond-Laminat und eine diese rohgasseitig überdeckende Vorfilterschicht umfasst [sic!], wobei die Vorfilterschicht einen trocken gelegten und elektrostatisch wirksamen Stapelfaser-Vliesstoff aufweist, dessen Flächengewicht 10 bis 100 g/m**(2) beträgt und wobei die Länge der Stapel 3 bis 10 cm beträgt."

Hilfsanträge 6 bis 9:

Die unabhängigen Ansprüche entsprechen denjenigen der Hilfsanträge 1 bis 4, sind aber wie Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 als Verwendungsansprüche abgefasst.

VI. Eine Ladung zur mündlichen Verhandlung gemäß Regel 115(1) EPÜ erging mit Mitteilungen der Kammer vom 15. November 2010 und 30. November 2010.

VII. Die Beschwerdeführerin nahm in ihrem Schreiben vom 28. März 2011 ihren hilfsweise gestellten Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurück und erklärte, an einer solchen nicht teilzunehmen.

VIII. Am 7. April 2011 fand eine mündliche Verhandlung in Abwesenheit der Beschwerdeführerin statt (Artikel 15(3) VOBK).

IX. Die Argumente der Beschwerdeführerin, soweit sie für die vorliegende Entscheidung relevant sind, können wie folgt zusammengefasst werden:

Verstoß gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs

Der Einwand der Beschwerdeführerin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, gewisse, am Beginn der mündlichen Verhandlung neu gestellte, danach aber zurückgezogene Anträge (Hilfsanträge 1 bis 6, eingereicht mit Schreiben vom 21. Dezember 2007) nicht erneut zuzulassen. Statt dessen gestattete die Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung nur noch die Vorlage bzw. Wiederaufnahme eines einzigen Antrags, nämlich des zurückgezogenen Hauptantrages.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei die Einspruchsabteilung entgegen üblicher Praxis und auch zu streng formalistisch vorgegangen. Sie hätte die Korrektur formaler Mängel in den neu gestellten Anträgen zulassen können, ohne einen wesentlichen neuen Sachverhalt ins Verfahren einzubringen. Die Beschwerdeführerin sah in diesem Vorgehen einen Verstoß gegen die Bestimmungen von Artikel 113(1) EPÜ.

Änderungen

Die Ansprüche seien nunmehr auf einen "Luftfilter, ausgebildet als Staubsaugerbeutel" bzw. auf dessen Verwendung gerichtet. Offenbarungsgrundlage dafür sei Absatz [0026] der Patentschrift. Damit sei keine Erweiterung des Schutzumfangs verbunden, da ein Staubsaugerbeutel eine spezielle Ausgestaltung eines Luftfilters sei.

Das neue Anspruchsmerkmal betreffend "feinere Porenradien und Fasertiter" der Filterschicht sei in Absatz [0015] der Patentschrift offenbart.

Zur Neuheit und erfinderischen Tätigkeit

Die Beschwerdeführerin argumentierte im Beschwerdeschriftsatz auch detailliert zur Frage der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit, insbesondere im Hinblick auf D3 als nächsten Stand der Technik.

X. Die Beschwerdegegnerin I argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Die angebliche Versagung des rechtlichen Gehörs für die Patentinhaberin während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung wurde bestritten.

Der Anspruch 1 des Hauptantrags verstoße gegen die Bestimmungen von Artikel 123(2) EPÜ, da die Merkmale "Länge der Stapel 3 bis 10 cm" und "wobei die Filterschicht feinere Porenradien und Fasertiter aufweist" durch die Offenbarung von Absatz [0020] der Patentschrift nicht gedeckt seien. Letzteres Merkmal sei auch unklar (Artikel 84 EPÜ), weil dem Anspruch nicht zu entnehmen sei, welche Fasertiter und Porenradien noch als "feiner" anzusehen seien.

Die Beschwerdegegnerin I bestritt auch das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf Dokumente D3 und D7. D3 offenbare alle Anspruchsmerkmale außer der Länge der Stapelfasern von 3 bis 10 cm. Dies sei eine gängige Faserlänge bei der Herstellung von Vliesstoffen. So offenbare z.B. D7 ein elektrostatisch wirksames Filtermaterial, bei dem die Faserlänge der Stapelfasern zwischen 30 und 200 mm, insbesondere zwischen 40 und 100 mm betragen solle.

XI. Die Beschwerdegegnerin II argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Artikel 123(3) EPÜ

Der Ersatz der Begriffs "Luftfilter" durch "Staubsaugerbeutel" in Anspruch 1 gemäß Hauptantrag stelle eine unzulässige Erweiterung des Schutzumfanges dar, da ein Staubsaugerbeutel nämlich nicht mit einem Luftfilter gleichzusetzen sei bzw. kein Synonym oder Äquivalent dafür sei. Dieser Einwand träfe auch die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 4.

Artikel 123(2) EPÜ

Die Ansprüche aller Anträge enthielten Merkmals kombinationen, die auf einer doppelten oder sogar mehrfachen, nicht zielgerichteten Auswahl beruhten. Für diese Kombinationen gäbe es keine Basis in den ursprünglich eingereichten Unterlagen.

Artikel 84 EPÜ

Alle Ansprüche, insbesondere die verschiedenen Hilfsanträge, versuchten, den Anspruchsgegenstand mit Hilfe von Parametern zu definieren. Dies sei nur unter gewissen engen Voraussetzungen zulässig, die im vorliegenden Fall nicht gegeben seien. Für eine unzweifelhafte Definition der verwendeten Parameter sei auch die Angabe der zu verwendenden Messmethode notwendig, insbesondere wenn es mehr als eine Methode gebe oder eine andere als die übliche angewandt werden solle. Das Streitpatent mache keine solchen Angaben.

Das Merkmal "wobei die Filterschicht feinere Porenradien und Fasertiter aufweist" sei unklar, unbestimmt, und für den Fachmann nicht ausführbar. Die Porenradien des Vlieses seien auch nicht reproduzierbar bestimmbar. Es stelle sich die Frage, ob die Porenradien an beladenem oder unbeladenem Material gemessen werden sollen und ob die Messung nur mechanische oder auch elektrostatische Filtration berücksichtigen solle.

Desgleichen sei die NaCl-Durchlässigkeit nicht reproduzierbar bestimmbar bzw. es fehlten Angaben im Streitpatent, welche Bestimmungsmethode und welche Testbedingungen anzuwenden seien.

Schließlich gehe aus dem Wortlaut von Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 nicht klar hervor, welche Teile des Luftfilters welche anderen Teile umfassen würden.

Neuheit und erfinderische Tätigkeit

Die Beschwerdegegnerin II ging von D3 als nächstem Stand der Technik aus. Das einzige aus D3 nicht bekannte Merkmal, nämlich die Stapelfaserlänge von 3 bis 10 cm, sei üblich und könne keine erfinderische Tätigkeit begründen. Daher sei der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrages wenn schon nicht neu gegenüber D3, so doch nicht erfinderisch.

XII. Anträge:

Die Beschwerdeführerin beantragte im schriftlichen Verfahren, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, die Beschwerdegebühr zurück zu erstatten und die Sache an die Einspruchsabteilung zurück zu verweisen; hilfsweise das Patent in geänderter Form auf Basis der Ansprüche des Hauptantrags, hilfsweise der Hilfsanträge 1 bis 9, eingereicht mit Schreiben vom 27. Juni 2008, aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdegegnerinnen I und II beantragten in der mündlichen Verhandlung die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Änderungen

1.1 Hauptantrag

Anspruch 1 beruht auf den Ansprüchen 1 bis 3, sowie der Beschreibung, Seite 5, Zeile 9, der Anmeldungsunterlagen in der ursprünglich eingereichten Fassung.

Das Anspruchsmerkmal, wonach "die Filterschicht feinere Porenradien und Fasertiter aufweist", ist auf Seite 4, Zeilen 11 bis 15, der Anmeldungsunterlagen in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart.

1.2 Hilfsantrag 1

Das zusätzliche Anspruchsmerkmal

"wobei der trocken gelegte elektrostatisch wirksame Stapelfaser-Vliesstoff eine Luftdurchlässigkeit von grösser gleich 700 l/(m**(2).sec), bei einem Differenzdruck von 200 Pa, einen NaCl-Durchlassgrad DNaCl, von kleiner gleich 40 %, und einen Differenzdruck von kleiner gleich 20 Pa aufweist"

stammt aus Anspruch 8 der ursprünglich eingereichten Unterlagen.

1.3 Hilfsantrag 2

Das zusätzliche Anspruchsmerkmal

"wobei der Quotient aus Luftdurchlässigkeit in l/(m**(2).sec) und NaCl-Durchlassgrad DNaCl, in % größer gleich einem Wert von 120 ist und wobei die Filterschicht eine Luftdurchlässigkeit von kleiner gleich 500 l/(m**(2.)sec) bei einem Differenzdruck von 200 Pa aufweist"

stammt aus Anspruch 9 und Anspruch 12 der ursprünglich eingereichten Unterlagen.

1.4 Hilfsantrag 3

Das zusätzliche Anspruchsmerkmal

"wobei die Vorfilterschicht aus Stapelfasern mit einem Titer von 0,5 bis 5 dtex hergestellt ist"

stammt aus Anspruch 11 der ursprünglich eingereichten Unterlagen.

1.5 Hilfsantrag 4

Das zusätzliche Anspruchsmerkmal

"wobei die Vorfilterschicht lose in einen Filterbeutel eingelegt ist"

basiert auf der Beschreibung, Seite 4, Zeilen 2 bis 3, der ursprünglich eingereichten Unterlagen.

1.6 Hilfsantrag 5

Anspruch 1 basiert auf den Ansprüchen 1 bis 3 sowie der Beschreibung, Seite 5, Zeile 9, der Anmeldungsunterlagen in der ursprünglich eingereichten Fassung.

1.7 Hilfsanträge 6 bis 9

Die Hilfsanträge 6 bis 9 betreffen Verwendungsansprüche und die Änderungen entsprechen im wesentlichen denen im Hauptantrag und in den Hilfsanträgen 1 bis 4. Es wird verwiesen auf die Punkte 1.1 bis 1.4.

1.8 Artikel 123(3) EPÜ - alle Anträge

1.8.1 Die durch die Umwandlung der Produktansprüche in Verwendungsansprüche bedingten Änderungen erweitern den Schutzumfang der Ansprüche gegenüber demjenigen der erteilten Ansprüche nicht.

1.8.2 In Anspruch 1 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 4 ist der Ausdruck "Luftfilter" durch den Ausdruck "Luftfilter ausgebildet als Staubsaugerbeutel" ersetzt worden. Ein derartiger Anspruch wird von der Kammer als auf einen Staubsaugerbeutel selbst gerichtet verstanden, der als Luftfilter fungiert. Somit fallen nach Ansicht der Kammer hypothetische Staubsaugerbeutel, die keine Luftfilter wären, nicht unter den Anspruch. Der Schutzumfang der geänderten Ansprüche ist daher nicht erweitert worden.

Die Kammer kann der in der angefochtenen Entscheidung, Punkt 5.1, und von den Beschwerdegegnerinnen vertretenen Meinung nicht zustimmen, dass der Ersatz von "Luftfilter" durch "Staubsaugerbeutel" in einem Anspruch eine Erweiterung des Schutzumfanges darstelle. Als Begründung wird dort angegeben, dass ein Staubsaugerbeutel nicht mit einem Luftfilter gleichzusetzen sei bzw. kein Synonym oder Äquivalent dafür sei.

Nach Ansicht der Kammer ist jedoch im Zusammenhang mit Artikel 123(3) EPÜ zu entscheiden, ob alle nunmehr beanspruchten Gegenstände auch unter den erteilten Anspruch fallen würden. Dies ist im vorliegenden Fall zu bejahen, da ein Staubsaugerbeutel eine Sonderform (spezielle Ausgestaltung) eines Luftfilters ist und somit jeder Staubsaugerbeutel unter den Oberbegriff eines Luftfilters fällt. Die Beschwerdegegnerinnen konnten in der mündlichen Verhandlung kein überzeugendes Beispiel für einen als Staubsaugerbeutel ausgebildeten Filter anführen, der nicht auch Luft filtern würde. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass es auch Staubsaugerbeutel gibt, durch die feuchte Luft oder sogar Wassertropfen enthaltende Luft gesaugt werden kann. Die besondere Wortwahl "Luftfilter ausgebildet als Staubsaugerbeutel" in den vorliegenden Ansprüchen macht nämlich deutlich, dass von allen praktisch denkbaren, als Staubsaugerbeutel fungierenden Gegenständen nur diejenigen tatsächlich beansprucht werden, die gleichzeitig als Luftfilter fungieren.

Der Schutzbereich ist daher nicht erweitert worden.

1.9 Die im Hauptantrag und in den Hilfsanträgen 1 bis 9 vorgenommenen Änderungen genügen daher den Bestimmungen des Artikels 123(2) und (3) EPÜ.

2. Artikel 84 EPÜ (Deutlichkeit)

2.1 Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 4, 6 bis 9

2.1.1 Nach Auffassung der Beschwerdegegnerinnen I und II sei der Ausdruck "feinere Porenradien und Fasertiter" (vorkommend in den Ansprüchen 1 aller Anträge mit Ausnahme des Hilfsantrages 5) relativ, unbestimmt, unklar und erlaube keine Bestimmung des beanspruchten Gegenstandes.

Was den Begriff "feinere Porenradien" betrifft, so wurde geltend gemacht, dass keine universelle Messmethode zur Bestimmung der Größe der Poren in einem Faservlies bestehe. Die Werte würden aber, je nach angewandter Methode, unterschiedlich ausfallen. Es stelle sich die Frage, ob die Porenradien an beladenem oder unbeladenem Material gemessen werden sollen und ob die Messung mechanische oder auch elektrostatische Filtration berücksichtigen solle.

2.1.2 Die Beschwerdeführerin hat dazu keine Gegenargumente vorgebracht.

2.1.3 Die Kammer ist der Meinung, dass die Bezugnahme auf einen Porenradius einer Filterschicht, bestehend aus einem Spinnvlies, also einem relativ losen Fasergebilde, einer näheren Definition und zusätzlicher Angaben bedarf, um den Wert konkret und reproduzierbar bestimmbar zu machen. Dies gilt insbesondere dann, wenn genau dieses Merkmal in einem Anspruch zur Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik dienen soll. Die Patentschrift enthält aber keinerlei Angaben oder Anhaltspunkte zur Bestimmung des Wertes "Porenradius der Filterschicht".

Möglicherweise ist es üblich, den Porenradius bzw. die Porengröße mittels Partikel zu bestimmen, die man durch das Vlies bläst (vgl. die Bestimmung des NaCl - Durchlassgrads in Abschnitt [0032] des Streitpatents). Dann müssten aber mindestens Filtrations geschwindigkeit und Druckdifferenz definiert werden. In jedem Fall ist bei einem "non-woven" Vlies wohl nicht davon auszugehen, dass es kreisrunde Poren aufweist. Was eine Pore ist oder welche Form sie in diesem Sinn hat, bedarf daher einer Definition oder eines Standards, die der Patentinhaber nicht angegeben hat.

Das Merkmal "Porenradius" ist daher nicht deutlich im Sinne von Artikel 84 EPÜ.

2.1.4 In der Regel erwartet man bei einem im Komparativ stehenden Begriff (hier: "feinere Porenradien", "feinere Fasertiter") die Angabe der Vergleichsgrundlage, um klarzustellen, womit verglichen wird. Diese Vergleichsgrundlage ist im vorliegenden Fall nicht explizit angegeben.

Die Kammer hat untersucht, ob eine solche Vergleichsgrundlage vom Fachmann aus dem Wortlaut des Anspruches bzw. der Ansprüche möglicherweise aufgrund folgender Überlegungen ergänzt werden könnte. Der beanspruchte Luftfilter umfasst bekanntlich zwei Schichten, nämlich eine Filterschicht und eine Vorfilterschicht. Der Anspruchswortlaut könnte also möglicherweise dahingehend ausgelegt werden, dass die Filterschicht anspruchsgemäß "feinere Porenradien und Fasertiter" aufweisen solle als diejenigen der anderen Schicht, nämlich der Vorfilterschicht. Die Beschwerdeführerin hat im Beschwerdeschriftsatz (Seite 9, zweiter vollständiger Absatz) in diese Richtung argumentiert. Die Stelle in der Beschreibung, auf der das Merkmal basiert (Seite 4, Zeilen 11 bis 15) stellt aber nicht klar, ob die "in der Regel feineren Porenradien" der Filterschicht im Vergleich zu denen der Vorfilterschicht zu verstehen sind. An der genannten Stelle ist von einer Vorfilterschicht im Sinne der nunmehr vorliegenden Ansprüche (bestehend aus einem trocken gelegten und elektrostatisch wirksamen Stapelfaser-Vliesstoff mit bestimmter Faserlänge und bestimmtem Flächengewicht) gar nicht die Rede.

Es wäre nach Ansicht der Kammer auch denkbar, dass mit dem Ausdruck "feinere Porenradien" bloß eine allgemeine Kennzeichnung eines Vlieses mit feinen Poren, im Gegensatz zu einem grobporigen Material gemeint ist. Auch für diese Deutung fehlt aber eine eindeutige Stütze in der Beschreibung.

Im Zusammenhang mit Staubsaugerbeuteln spricht man verschiedentlich von feinporigen Filtern oder Filtern mit sehr feinen Poren. Bei diesen Filtern handelte es sich aber um Papierfilter. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass der Begriff "feinere Poren" auf einen allgemeinen Standard zurückzuführen wäre. Dergleichen ist aber im Patent nicht angegeben.

Die Kammer kann keine Rechtfertigung für den Mangel an Deutlichkeit der Ansprüche selbst darin finden, dass die Beschreibung des Streitpatents oder das allgemeine Fachwissen eine Auslegung der Ansprüche in der einen oder anderen Richtung nahelegten. Wie oben ausgeführt, ist keine der angeführten Auslegungen eindeutig.

2.1.5 Diese Anträge sind daher nicht gewährbar, da die Bedingungen des Artikels 84 EPÜ nicht erfüllt sind.

2.2 Hilfsantrag 5

2.2.1 Anspruch 1 des Hilfsantrages 5 ist grammatikalisch unklar (vermutlich ist entweder das Wort "umfassend" in Zeile 2 des Anspruchs oder das Wort "umfasst" in Zeile 5 des Anspruchs überflüssig bzw. fehl am Platz).

Dieser Mangel ist der Beschwerdeführerin von der Beschwerdegegnerin II im Schriftsatz vom 14. Januar 2009, Brückenabsatz Seiten 7 und 8, vorgehalten worden, dort allerdings mit der Begründung, dass unklar sei, welche Teile des Luftfilters welche anderen Teile umfasse.

2.2.2 Die Kammer selbst sieht den Anspruch primär als grammatikalisch unklar an. Dies hat aber eine inhaltliche Unklarheit zur Folge, weil nicht eindeutig ist, ob das Spunbond-Meltblown-Spunbond-Laminat der Filterschicht oder der Vorfilterschicht zuzuordnen ist.

Obwohl der Mangel vermutlich leicht zu beheben wäre, ist es weder Aufgabe der Kammer noch ist sie befugt, von sich aus die Ansprüche zu ändern, auch wenn es sich nur um eine grammatikalische Bereinigung handeln würde. Die Beschwerdeführerin hat durch ihr Fernbleiben an der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit, eine Korrektur vorzunehmen, versäumt. Eine Vertagung der Verhandlung und Wiedereintritt ins schriftliche Verfahren hätte eine Verzögerung des Verfahrens bedeutet, die unter den vorliegenden Umständen nicht zu vertreten war.

2.2.3 Der Anspruch ist daher nicht gewährbar (Artikel 84 EPÜ).

3. Da somit kein gewährbarer Antrag vorliegt, muss die Beschwerde zurückgewiesen werden.

4. Rückzahlung der Beschwerdegebühr

4.1 Da eine Voraussetzung von Regel 103(1) a EPÜ, nämlich die Stattgabe der Beschwerde, nicht erfüllt ist, kann dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr schon aus diesem Grund nicht stattgegeben werden.

4.2 Darüber hinaus ist auch nach Ansicht der Kammer die weitere Voraussetzung der Regel 103 (1)a EPÜ, nämlich das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels, nicht gegeben.

Die Kammer kann nicht erkennen - und es wurde auch nicht vorgetragen -, dass die angefochtene Entscheidung sich auf Tatsachen oder Gründe stützen würde, zu denen sich die Beschwerdeführerin nicht hätte äußern können (Artikel 113(1) EPÜ) oder nicht die vom Patentinhaber vorgelegte oder gebilligte Fassung betreffe (Artikel 113(2) EPÜ).

Die Beschwerdeführerin scheint geltend machen zu wollen, dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen nach Artikel 114(2) EPÜ, neue Anträge zuzulassen, während der mündlichen Verhandlung falsch oder missbräuchlich ausgeübt habe. Dies ist nach Ansicht der Kammer aber ebenfalls nicht der Fall gewesen. Aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2008 geht hervor, dass die Beschwerdeführerin zu Beginn der Verhandlung ihre mit Schreiben vom 21. Dezember 2007 eingereichten Anträge (Hauptantrag und fünf Hilfsanträge) zurücknahm und durch einen neuen Hauptantrag und sechs Hilfsanträge ersetzte. Die Einspruchsabteilung ließ alle diese Anträge trotz Verspätung zu (siehe Punkt 3 der Niederschrift), machte aber klar, dass die Möglichkeit zur Einreichung weiterer Anträge erschöpft sei.

Nichtsdestoweniger ließ die Einspruchsabteilung nach Diskussion des Hauptantrages und Rücknahme der Hilfsanträge 1 bis 6 durch die Beschwerdeführerin noch einen weiteren Antrag zur Diskussion zu (Punkte 5 und 10 der Niederschrift). Ein Zurückgehen auf die bereits zurückgezogenen Anträge, die durch andere ersetzt worden waren, hätte zweifellos eine erhebliche Verschleppung des Verfahrens bedeutet und wäre den anderen Parteien und der Einspruchsabteilung nicht zumutbar gewesen. Die Kammer kommt also zum Ergebnis, dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen nach Artikel 114(2) EPÜ nicht fehlerhaft oder missbräuchlich ausgeübt hat.

4.3 Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird daher abgewiesen.

5. Eine Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz, wie beantragt, käme laut Artikel 11 VOBK in Betracht, wenn das erstinstanzliche Verfahren wesentliche Mängel aufweist. Dies ist aber nicht der Fall, wie unter Punkt 3.2 dargelegt. Besondere Gründe für eine Zurückverweisung kann die Kammer nicht erkennen, zumal die Beschwerde auch in der Sache keinen Erfolg hat.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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