European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2010:T080508.20100416 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 16 April 2010 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0805/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03742873.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | B22D 11/06 B22D 11/12 B22D 11/124 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vorrichtung zum kontinuierlichen Vergiessen von Metallschmelze | ||||||||
Name des Anmelders: | Siemens VAI Metals Technologies GmbH & Co, et al | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Castrip, LLC | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (bejaht) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Das europäische Patent EP-B1-1 478 478 betrifft eine Bandgießvorrichtung und insbesondere den Schutz der Gießwalzen vor der vom gegossenen Band abgegebenen Wärmestrahlung und aufgeheizten Gasen. Gegen das erteilte Patent hatte die Einsprechende (hier die Beschwerdegegnerin) Einspruch eingelegt und diesen darauf gestützt, dass der Gegenstand des Patents nicht erfinderisch sei (Artikel 100 a) EPÜ).
II. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass die Vorrichtung des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, und deshalb das Patent widerrufen. Die Entscheidung ist am 4. April 2008 zur Post gegeben worden.
III. Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin (hier die Beschwerdeführerin) am 18. April 2008 Beschwerde eingelegt, gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet und am 1. August 2008 ihre Beschwerde begründet.
IV. Anträge
Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis der mit der Beschwerdebegründung als "Hilfsantrag" eingereichten Ansprüche 1 bis 28.
Mit Schreiben vom 6. April 2010 teilte die Beschwerdegegnerin mit, dass sie gegen die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis dieser geänderten Ansprüche kein Einwände habe.
V. Ansprüche
Anspruch 1 des geltenden Anspruchsatzes lautet wie folgt:
"1. Vorrichtung zum Vergießen von Metallschmelze, vorzugsweise Stahlschmelze, zu einem gegossenen Band
mit zwei achsparallel angeordneten im Gießbetrieb gegenläufig rotierenden Gießwalzen (2,3), welche die Längsseite eines zwischen ihnen gebildeten Gießspaltes (4) begrenzen und welche in einem die Gießwalzenlager (2a,3a) aufnehmenden Rahmen (25) drehbar abgestützt sind,
mit einem Transportweg (f) zum Abtransport des gegossenen aus dem Gießspalt (4) austretenden Bandes (b),
mit einer unterhalb der beiden Gießwalzen (2,3) und des Gießspaltes (4) angeordneten Gießwalzen-Abschirmung (10), die eine Eintrittsöffnung (17) für das gegossene Band (b) aufweist und
wobei die Gießwalzen-Abschirmung (10) von dem zwischen einer Arbeitsstellung in eine Wartestellung verlagerbaren und die Gießwalzenlager aufnehmenden Rahmen (25) getragen ist
dadurch gekennzeichnet
dass die Gießwalzen-Abschirmung (10) den Abmessungen der Gießwalzen (2,3) angepasst ist und die sich achsparallel zu den Gießwalzen (2,3) erstreckenden Ränder (18,19) der Eintrittsöffnung (17) der Gießwalzen-Abschirmung (10,10a,10b) mit Spalt zu den Gießwalzen (2,3) angeordnet sind und zwischen den Rändern (18,19;18a,19a) der Gießwalzenabschirmung (10,10a,10b,10c,10d) und den Gießwalzen (2,3) eine Dichtung (42) angeordnet ist, und
dass sich die Gießwalzen-Abschirmung (10) spitzdachförmig in einem durch die Gießwalzen (2,3) abgegrenzten, unterhalb des Gießspaltes (4) vorhandenen Raum erstreckt."
Abhängige Ansprüche 2 bis 28 betreffen bevorzugte Ausführungsformen der in Anspruch 1 definierten Vorrichtung.
VI. Stand der Technik
Die Beschwerdegegnerin hat im Einspruchsverfahren bzw. in ihr Erwiderung auf die Beschwerdebegründung u.a. auf die folgenden Druckschriften verwiesen:
D1: EP-A-0 903 190
D7: US-A-4 823 860
D8: US-A-1 690 887
D9: US-A-2 058 448
D11: JP-A-59 118247
D12: WO-A-2/11924.
VII. Vorbringen der Beteiligten
Die Einspruchsabteilung kam zum Ergebnis, dass die Vorrichtung des erteilten Anspruchs 1 hinsichtlich D1 und D12 nicht erfinderisch war.
Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass in Bezug auf den vorliegenden Anspruch 1 weder D1 noch D2 eine Gießwalzenabschirmung mit einer spitzdachförmigen Ausgestaltung offenbarten. Mit dieser Ausgestaltung der Gießwalzenabschirmung werde sowohl eine Abschirmung der beiden Gießwalzen als auch eine Abschirmung der Umgebungskonstruktion verwirklicht und eine Reduktion der thermischen Belastung dieser Bauteile erzielt. Da keine der genannten Druckschriften eine derartige spitzdachförmige Abschirmung der Gießwalzen zeige, sei die Vorrichtung des Anspruchs 1 erfinderisch.
Da der Raum zwischen den Gießwalzen allgemein spitzförmig ist, war es nach Auffassung der Beschwerdegegnerin naheliegend, die Gießwalzen-Abschirmung mit einer solchen Form zu versehen; hierzu verwies sie auf D7, D8, D9 und D11. Die D7, D8 und D11 offenbaren eine spitzförmige Kühlungseinrichtung, die in dem Gießspalt angeordnet sei, und die Vorrichtung nach D9 weise zwischen den Gießwalzen einen spitzförmigen Abkratzer auf.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Artikel 123 EPÜ
Der erteilte Anspruch 1 wurde derart geändert, dass nunmehr definiert ist, dass sich die Gießwalzen-Abschirmung spitzdachförmig in einem durch die Gießwalzen abgegrenzten, unterhalb des Gießspaltes vorhanden Raum erstreckt. Dieses Merkmal war im abhängigen Anspruch 5 der ursprünglich eingereichten Patentanmeldung (WO-A-03/072281) offenbart. Da diese Anmeldung eine Stütze für die Änderungen bietet, liegt kein Verstoß gegen Artikel 123(2) EPÜ vor. Die Änderung beschränkt auch den Gegenstand des Anspruchs 1 und verstößt daher nicht gegen Artikel 123(3) EPÜ.
3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
3.1 Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, die Gießwalzen und die Umgebungskonstruktion gegenüber dem gegossenen Band abzuschirmen (Absätze [0009] und [0011] des Streitpatents).
3.2 Die Einspruchsabteilung war der Meinung, dass die Vorrichtung des erteilten Anspruchs 1 hinsichtlich D1 und D12 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
3.3 D1 betrifft eine Bandgießvorrichtung mit zwei gegenläufig rotierende Gießwalzen. Unter den Gießwalzen ist das Oberteil einer hitzebeständigen Einhausung (103) angeordnet, das zweifellos eine Schutzwirkung insbesondere für die Gießwalzen hat (siehe Figur 1 der D1). D12 offenbart auch eine Bandgießvorrichtung, die unterhalb der Gießwalzen ein trichterförmiges Bauteil aufweist, das die Gießwalzen vom gegossenen Band zumindest teilweise abschirmt (siehe Figur 6 der D12). Da D1 und D12 gattungsgemäße Vorrichtungen offenbaren, sind sie geeignete Ausgangspunkte zur Beurteilung erfinderischer Tätigkeit.
3.4 Das Oberteil der Einhausung (103) der D1 sowie das Bauteil der D12 sind trichterförmig und haben keine Spitzdachform, die sich im Raum zwischen den Gießwalzen unterhalb des Gießspaltes erstreckt, wie im nunmehr eingeschränkten Anspruch 1 definiert ist.
3.5 Ausgehend von entweder D1 oder D12 kann die dem geänderten Anspruch 1 zugrundeliegende Aufgabe weiterhin im oben genannten Schutz des Gießwalzen und der Umgebungskonstruktion gegen die Wärmestrahlung des gegossenen Bandes gesehen werden. Dieser Schutz ist allerdings gegenüber dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 weiter verbessert, da die spitzdachförmige Ausgestaltung der Abschirmung an den ebenfalls spitzdachförmigen Raum zwischen den Gießwalzen angepasst und damit eine weitgehend vollständige Abschirmung der Gießwalzen vom gegossenen Band verwirklicht ist.
3.6 Diese Lösung ist nicht dem zitierten Stand der Technik zu entnehmen. Für diese verbesserte Abschirmung findet sich kein Hinweis im zitierten Stand der Technik. Die Druckschriften D7, D8, D9 und D11 offenbaren zwar spitzdachförmige Bauteile, die sich in den Spalt zwischen den Gießwalzen hineinerstrecken. Diese Bauteile dienen aber nicht der Abschirmung der Gießwalzen, sondern einem anderen Zweck, nämlich entweder zur Kühlung des Bandes (D8, D11) oder der Walzen (D7) oder als Schaber zur Trennung des Bandes von den Walzen (D9). Eine Abschirmung dieser Bauteile zum Schutz der Gießwalzen gegen die Wärmestrahlung des gegossenen Bandes ist nirgends angesprochen, sodass der Fachmann auch keinen entsprechenden Hinweis zur Lösung der genannten Aufgabe erhält.
3.7 Da die Lösung der objektiven Aufgabe dem zitierten Druckschriften nicht zu entnehmen ist, beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 sowie der abhängigen Ansprüche 2 bis 28 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
a) Ansprüche 1 bis 28, eingereicht mit der Beschwerdebegründung als "Hilfsantrag".
b) Beschreibungsseiten 1 bis 8, wie erteilt.
c) Figuren 1 bis 5, wie erteilt.