European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2010:T076608.20100323 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 23 März 2010 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0766/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00971306.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65D 56/14 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Kunststofffolie | ||||||||
Name des Anmelders: | Huhtamaki Ronsberg Zweigniederlassung der Huhtamaki Deutschland GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Alcan Technology & Management AG | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag, Hilfsanträge 1 und 2): nein Änderungen (Hilfsantrag 3): unzulässig |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das Patent Nr. 1 233 913 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, Beschwerde eingelegt.
II. Mit dem Einspruch war das Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ durch das Patent in geändertem Umfang gemäß Hilfsantrag 5 erfüllt seien.
Im Einspruchsverfahren wurde inter alia auf folgende Entgegenhaltungen Bezug genommen:
D2 = CH-A-686 178, D3 = DE-U-1 951 470 und
D4 = EP-A-0 990 596.
Zusammen mit der Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin folgende Entgegenhaltung ein:
D11: Broschüre "DE LA PHOTOGRAVURE À L'IMPRESSION HÉLIO", Prohélio, 1997
III. Am 23. März 2010 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 233 913.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, bzw. die Aufrechterhaltung des Patents nach einem der Hilfsanträge 1 oder 2, eingereicht mit Schreiben vom 27. Oktober 2008, bzw. nach dem 3. Hilfsantrag, eingereicht mit Schreiben vom 23. Februar 2010.
IV. Der Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag bzw. gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber dem Anspruch 1 in der erteilten Fassung sind in Fettschrift aufgeführt):
Hauptantrag
"Kunststofffolie (1, 41), insbesondere zum Verpacken von vorzugsweise würfelförmigen Produkten, wie z.B. Suppenwürfeln, wobei die Kunststofffolie(1, 41) aus einer Polyolefinfolie, vorzugsweise PE oder PP, besteht und auf ihrer Außenseite mit einer fassonartig angeordneten Siegelschicht (2, 42) versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Kunststofffolie (1, 41) einseitig mit einer Siegelschicht (2, 42) versehen ist, wobei als Siegelschicht ein Heißsiegellack (2, 42) in einer Stärke von 1 bis 15 g/m**(2) vorgesehen ist, und wobei ein Farbauftrag (3, 43) vorgesehen ist und wobei der Farbauftrag (3, 43) mit einem Abdecklack (4, 44) versehen ist".
Hilfsantrag 1
"Kunststofffolie (1, 41), insbesondere zum Verpacken von vorzugsweise würfelförmigen Produkten, wie z.B. Suppenwürfeln, wobei die Kunststofffolie(1, 41) aus einer Polyolefinfolie, vorzugsweise PE oder PP, besteht und auf ihrer Außenseite mit einer fassonartig angeordneten Siegelschicht (2, 42) versehen ist,
wobei die Kunststofffolie (1, 41) einseitig mit einer Siegelschicht (2, 42) versehen ist, wobei als Siegelschicht ein Heißsiegellack (2, 42) in einer Stärke von 1 bis 15 g/m**(2) vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass ein Farbauftrag (3, 43) vorgesehen ist und wobei der Farbauftrag (3, 43) mit einem Abdecklack (4, 44) versehen ist, wobei der Abdecklack (4, 44) im Druckverfahren aufgebracht ist".
Hilfsantrag 2
"Kunststofffolie (1, 41), insbesondere zum Verpacken von vorzugsweise würfelförmigen Produkten, wie z.B. Suppenwürfeln, wobei die Kunststofffolie(1, 41) aus einer Polyolefinfolie, vorzugsweise PE oder PP, besteht und auf ihrer Außenseite mit einer fassonartig angeordneten Siegelschicht (2, 42) versehen ist, wobei die Kunststofffolie (1, 41) einseitig mit einer Siegelschicht (2, 42) versehen ist, wobei als Siegelschicht ein Heißsiegellack (2, 42) in einer Stärke von 1 bis 15 g/m**(2) vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass ein Farbauftrag (3, 43) vorgesehen ist und wobei der Farbauftrag (3, 43) mit einem Abdecklack (4, 44) versehen ist, wobei der Abdecklack (4, 44) im Druckverfahren in einer Stärke von 0,1 bis 10.0 g/m**(2)aufgebracht ist".
Hilfsantrag 3
"Kunststofffolie (41), insbesondere zum Verpacken von vorzugsweise würfelförmigen Produkten, wie z.B. Suppenwürfeln, wobei die Kunststofffolie (41) aus einer Polyolefinfolie, vorzugsweise PE oder PP, besteht und auf ihrer Außenseite mit einer fassonartig angeordneten Siegelschicht (42) versehen ist,
wobei die Kunststofffolie (41) einseitig mit einer Siegelschicht (42) versehen ist, wobei als Siegelschicht ein Heißsiegellack (42) in einer Stärke von 1 bis 15 g/m**(2) vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass auf der mit der Siegelschicht (42) versehenen Seite der Kunststofffolie (41) unter der Siegelschicht (42) ein Farbauftrag (43) vorgesehen ist und wobei der Farbauftrag (43) mit einem Abdecklack (44) versehen ist, wobei der Abdecklack (44) im Druckverfahren in einer Stärke von 0,1 bis 10.0 g/m**(2)aufgebracht ist".
V. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
Zulassung ins Verfahren der D11
Als Reaktion auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung und aufgrund der nicht ohne weiteres zu erwartenden Beurteilung des Überlackierens eines Farbauftrags seitens der Einspruchsabteilung als eine nicht nahe liegende Maßnahme sei die D11 erst mit der Beschwerdebegründung eingereicht worden.
Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1 gemäß Hauptantrag
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von der aus der D4 bekannten Kunststofffolie dadurch, dass ein Farbauftrag vorgesehen sei, welcher mit einem Abdecklack versehen sei.
Im dritten Absatz der Seite 17 der D11 seien die Verbesserungen, welche ein Abdecklack mit sich bringe, aufgezählt. Es werde dadurch unter anderem erreicht, dass die Oberfläche gleitend oder nicht gleitend ("glissant ou non glissant") bzw. glänzend oder matt ("brillance ou matité") ausgebildet sei.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ergebe sich daher in nicht erfinderischer Weise aus der Kombination der Lehren von D4 und D11.
Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1
D11 offenbare auf Seite 17 ein "vernis de surimpression" und somit auch das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1, wonach der Abdecklack im Druckverfahren aufgebracht sei.
Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2
Das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1, wonach die aufgebrachte Abdecklackstärke in dem Bereich von 0,1 bis 10,0 g/m**(2) sei, sei ein für den Fachmann gängiger Bereich, wie es die große Überschneidung dieses Bereiches durch den in der D2 angegebenen Bereich von 1 bis 75 g/m², siehe Spalte 2, Zeile 65, zeige.
Unzulässige Erweiterung - Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3
Das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1, wonach der Farbauftrag auf der mit der Siegelschicht versehenen Seite der Kunststofffolie unter der Siegelschicht vorgesehen sei, sei in der ursprünglich eingereichten Anmeldung (siehe WO-A-01/25109) nicht offenbart.
VI. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
Zulassung ins Verfahren der D11
Ein mit einem Abdecklack versehener Farbauftrag sei Gegenstand des ursprünglich eingereichten Anspruchs 12, sowie Gegenstand des erteilten Anspruchs 7 gewesen. Somit stelle das vorliegende Beanspruchen eines Abdecklackes keine Überraschung für die Beschwerdeführerin dar. Die D11 beschäftige sich allgemein mit Tiefdruckverfahren ohne erkennbaren Bezug zu Kunststofffolien und insbesondere zu Kunststofffolien mit fassonartig aufgetragenem Siegellack. Der D11 sei daher nicht prima facie hochrelevant und dürfe daher nicht ins Verfahren eingeführt werden.
Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1 gemäß Hauptantrag
Die D4 offenbare in ihrem Anspruch 1 sowie im Zusammenhang mit dessen Erläuterung in den Absätzen [0005] ff. eine Polyolefinfolie, welche auf ihrer Außenseite einen fassonartig aufgetragenen bei niedriger Temperatur aktivierbaren Siegellack trage. Die Offenbarung eines Auftrags von Siegellack auf der Außenseite sei keine Offenbarung eines Auftrags nur auf der Außenseite.
Die D4 offenbare auch keinen auf der Folienaußenseite aufgetragenen Heißsiegellack im Sinne des Streitpatents: Die D4 selbst grenze sich mit der in Absatz [0007] gegebenen Definition eines bei niedriger Temperatur aktivierbaren Siegellacks sowohl von bei Umgebungstemperatur funktionierenden "Cold-Seals", als auch insbesondere von herkömmlichen Heißsiegellacken ab.
Die D11 beziehe sich allgemein auf Tiefdruckverfahren im Zusammenhang mit Verpackungen. Kunststofffolien und ihre Verarbeitung seien in der gesamten Dl1 überhaupt nicht erwähnt. Darüber hinaus erwähne die D11 zweifellos einen Farbaufdruck auf ein Trägermaterial. Auch erwähne sie die Verwendung eines Überdrucklacks, etwa zur Erhöhung der thermischen Beständigkeit der Verpackung. Diese Offenbarungen auf Seite 17 der D11 sei es jedoch nicht zwingend zu entnehmen, dass der Überdrucklack gerade auf den Farbaufdruck aufzubringen sei.
Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1
Das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1, wonach der Abdecklack im Druckverfahren aufgebracht sei, sei aus der D11 nicht bekannt. Es gebe mehrere Verfahren zum Auftragen eines Abdecklackes.
Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2
D11 enthalte keine Angaben über die Stärke des aufzutragenden Abdecklackes.
Unzulässige Erweiterung - Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3
Auf Seite 5, zweiter Absatz der ursprünglichen Anmeldung (WO-A-01/25109) werde die Anwendung einer "druckempfindlichen Klebsubstanz 42" für die Ausführungsform gemäß Figur 4 angegeben. Der letzte Satz des fünften Absatzes der Seite 5 der ursprünglichen Anmeldung lautet: "Bei entsprechender Beschichtung ist auch ein Ansiegeln möglich". Durch die o.g. Absätze der ursprünglichen Anmeldung werde für den Fachmann das im Anspruch 1 zusätzlich aufgenommene Merkmal direkt und unzweideutig offenbart, wonach der Farbauftrag auf der mit der Siegelschicht versehenen Seite der Kunststofffolie unter der Siegelschicht vorgesehen sei.
Entscheidungsgründe
1. Zulassung ins Verfahren der D11
In ihrem Ladungsbescheid hat die Einspruchsabteilung ihre vorläufige Meinung geäußert, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents wohl keine erfinderische Tätigkeit gegenüber D4 und D3 bzw. D1 und D3 aufweise.
Mit Schreiben vom 28. Dezember 2007 hat die Patentinhaberin daraufhin 5 Hilfsanträge gestellt, die sodann in der mündlichen Verhandlung vom 29. Januar 2008 diskutiert wurden. In ihrem Begleitschreiben wurde kein Bezug auf das Dokument D2 genommen.
Aus dem Protokoll ist ersichtlich, dass erst dort die Eignung der D2 als Nachweis des allgemeinen Fachwissens, bzw. als auf der Hand liegende anwendbare Lehre diskutiert worden ist.
Daraufhin befand die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung, dass die im Einspruchsverfahren vorgelegte Entgegenhaltung D2 weder vom Fachmann herangezogen werde, noch als einzig vorhandenes Dokument belegen könne, dass das Vorsehen eines Farbauftrags mit einem Überlack zum Standardwissen des Fachmannes gehöre. In der Folge reichte die Beschwerdeführerin zusammen mit der Beschwerdebegründung die Entgegenhaltung D11 ein.
Es ist unstreitig, dass zur Optimierung einer Vielzahl von Eigenschaften von bedruckten Verpackungsfolien die Anwendung eines Überdrucklackes und das Vorsehen eines Farbauftrags mit einem Überlack in der D11 empfohlen und somit offenbart ist, siehe Seite 17, dritter Absatz.
Die Kammer betrachtet die D11 als prima facie hochrelevant, da dieser auf ihren Seiten 16 und 17 das von der Einspruchsabteilung als "nicht-naheliegende Maßnahme" klassifizierte Merkmal enthält. Sie wertet die Einreichung der D11 in einem frühen Stand des Beschwerdeverfahrens, da diese zusammen mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurde, als berechtigte Reaktion der Beschwerdeführerin auf die Diskussion in der mündlichen Verhandlung und die danach erfolgte Entscheidung der Einspruchsabteilung.
Aus diesen Gründen lässt die Kammer die D11 ins Verfahren zu.
Die von der Beschwerdegegnerin vorgebrachte Argumentation, wonach durch das Beanspruchen eines Farbauftrags mit einem Überlack in dem ursprünglich eingereichten Anspruch 12 bzw. in dem erteilten Anspruchs 7 die Aufrechterhaltung des Patents mit Anspruch 1 mit diesem Merkmal keine Überraschung für die Beschwerdeführerin darstellen sollte und somit ihr nicht erlaube eine weitere Entgegenhaltung vorzulegen, kann die Kammer aus folgenden Gründen nicht nachvollziehen:
Die Beschwerdeführerin hat mit ihrem Einspruch auch den Anspruch 7 explizit, und wohl mit D2, bzw. mit üblichem Fachwissen, angegriffen. Wie oben dargelegt, ist die Stellungnahme der Einspruchsabteilung zu D2 erst in der mündlichen Verhandlung, bzw. mit der angefochtenen Entscheidung der Beschwerdeführerin bekannt geworden. Es blieb ihr, um ihre Chancen zur Durchsetzung ihres Antrages zu wahren, nichts anderes übrig, als während des dem Einspruchsverfahren nachgeschalteten Beschwerdeverfahrens weitere Argumente zu liefern und ggf. eine zusätzliche Entgegenhaltung, die D11, einzureichen, welche das von der Einspruchsabteilung als "nicht-naheliegende Maßnahme" klassifizierte Merkmal enthält bzw. das Argument der Einspruchsabteilung zum "üblichen Fachwissen" widerlegt. Die Kammer sieht daher keinen Hinderungsgrund für die Zulassung der D11 ins Beschwerdeverfahren.
2. Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1 gemäß Hauptantrag
2.1 Es ist unstreitig, dass eine Kunststofffolie gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 aus der D4 bekannt ist.
Im Absatz [0005] der D4 ist eine Polyolefin-Folie offenbart, welche auf ihre Außenseite eine thermisch aufgebrachte Siegelschicht ("produit de thermoscellage") aufweist. Letztere ist durch eine Erhitzung in dem Bereich von 60ºC bis zu 110ºC aufgebracht, siehe hierzu Absatz [0007]. Eine solche Siegelschicht kann daher als ein Heißsiegellack bezeichnet werden, da zu einem in der Streitpatentschrift keine Temperaturangaben für die Charakterisierung einer Siegelschicht als "Heißsiegellack" vorhanden sind und zum anderen die im Absatz [0007] der D4 angegebene obere Temperaturgrenze innerhalb des normalen Siegelwerkzeugstemperaturbereichs liegt, siehe hierzu D2, Spalte 4, Zeilen 20 bis 25.
2.2 Eine solche Siegelschicht wird gemäß dem in Figur 1 dargestellten Ausführungsbeispiel der D4 in einer Stärke von 3 g/m² aufgetragen, siehe Spalte 5, Zeilen 16 bis 20. Eine solche Stärke liegt innerhalb des im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 beanspruchten Bereichs von 1 bis 15 g/m².
2.3 Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass ein erster Unterschied zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 und der Folie gemäß D4 darin liege, dass letztere auch auf der Innenseite einen Heißsiegellack aufweisen könne (siehe Absatz [0013]), dagegen die Erfindung nur auf der Außenseite eine solche Schicht habe.
Die Kammer kann in diesem Merkmal keinen Unterschied sehen, denn die zusätzliche Schicht wird nur als bevorzugtes Merkmal dargestellt. Weiter wird dazu angegeben, dass dies dazu dient, das Schließen der letzten Falte zu verbessern. Angenommen, dieses Merkmal ist als weiterer Unterschied zu werten, bedeutet dies nach Meinung der Kammer nur, dass wenn dieses Schließen weniger wichtig ist, der Fachmann auf diese zusätzliche Schicht einfach verzichten wird. Dieses Merkmal kann daher nicht zur erfinderischen Tätigkeit beitragen. Im Übrigen wurden über das Vorhandensein eines erfinderischen Beitrags anhand des Auftragens der Siegelschicht ausschließlich auf der Außenseite der Kunststofffolie auch seitens der Beschwerdegegnerin keine weiteren Argumente vorgebracht.
2.4 Ein weiterer Unterschied könnte darin bestehen, einen Farbauftrag vorzusehen. Die Kammer erachtet jedoch die angefochtene Entscheidung in dieser Hinsicht zutreffend, dass die D3 es dem Fachmann nahelegt, die Außenseite der Verpackungskunststofffolie farbig zu bedrucken (Punkt 5.1 , letzter Absatz der angefochtenen Entscheidung).
Auch über das Vorhandensein eines erfinderischen Beitrags wegen des Versehens der Kunststofffolie mit einem Farbauftrag wurden seitens der Beschwerdegegnerin keine Argumente vorgebracht.
2.5 Es steht daher - wie in der angefochtenen Entscheidung - zur Entscheidung an, ob das Versehen des Farbauftrages mit einem Abdecklack dem Fachmann die Ausübung einer erfinderischen Tätigkeit abverlangt.
Es ist unbestritten, dass auf den Seiten 16 und 17 der D11 viele unterschiedliche Punkte, auf die bei der Auswahl von Farben zum Bedrucken von Verpackungsfolien geachtet werden muss, aufgelistet sind. Es ist weiterhin auf der unteren Hälfte der Seite 17 angegeben, dass zur Verbesserung bestimmter Eigenschaften der bedruckten Folienoberfläche, wie z.B. dass die Oberfläche gut gleitend oder nicht gleitend ("glissant ou non glissant") bleibt bzw. gegen Abrieb beständig ist ("résistant au frottement"), bzw. glänzend oder matt ("brillance ou matité") aussieht, ein Überdrucklack auf die bedruckte Folie appliziert wird. Daher wird dem Fachmann die Lehre vermittelt, entsprechend den Vorgaben bezüglich dieser Eigenschaften die Außenseite von bedruckten Verpackungsfolien mit einem solchen Überdrucklack zu versehen.
Nach der Überzeugung der Kammer verlangt daher die Anwendung dieser Lehre auf eine aus der D4 bekannte Kunststofffolie dem Fachmann die Ausübung einer erfinderischen Tätigkeit nicht ab.
2.6 Die Beschwerdegegnerin hat argumentiert, dass der D11 jeglicher Bezug aufs Bedrücken von Kunststofffolien fehle, die D11 die Verwendung von Druckfarben, aber nicht die Verwendung eines Farbauftrags schildere, und der Offenbarung auf Seite 17 der D11 nicht zwingend zu entnehmen sei, dass der Überdrucklack gerade auf den Farbaufdruck aufzubringen sei.
Die Kammer kann die o.g. Argumentation der Beschwerdegegnerin aus folgenden Gründen nicht folgen:
Die D11 bezieht sich auf das Bedrucken von Verpackungsfolien, siehe Seite 3, erster Absatz ("L'emballage change..."); Seite 7, zweite Zeile ("Fourniture de films"). Es ist für den Fachmann klar, dass die für das Bedrucken von jeglicher Art von Verpackungsfolien allgemein geltende Regeln auch für das Bedrucken von Kunststofffolien und insbesondere von Kunststofffolien mit fassonartig aufgetragenem Siegellack anzuwenden sind.
Auf Seite 7, Zeilen 10 bis 12 der D11 sind auf der Folie mehrfarbig aufgebrachte Texte und somit Farbaufträge offenbart.
Im unteren Abschnitt der Seite 17 der D11 wird dem Fachmann die Applizierung eines Überdrucklackes ("vernis de surimpression") zur Verbesserung bestimmter Eigenschaften, wie z.B. der Gleitfähigkeit, der Abriebfestigkeit oder des Glanzes einer Verpackungsfolie, welche aufgedruckte Texte aufweist, siehe hierzu den letzten Absatz der Seite 16, empfohlen. Dabei sind manche dieser Texte mehrfarbig aufgeführt, siehe Seite 7, Zeilen 10 bis 12. Die Auftragung des Überdrucklackes nur auf den Teil einer Verpackungsfolie, welcher keinen Text bzw. keinen Farbaufdruck aufweist, ergibt für den Fachmann keinen Sinn, denn es geht gerade um den Farbauftrag, für den diese Eigenschaften gelten. Somit findet, nach der Überzeugung der Kammer, die auf Seite 17 der D11 erwähnte Applizierung des Überdrucklacks gerade auf die auf der Verpackungsfolie aufgebrachten Textstellen und somit auf den auf der Verpackungsfolie aufgebrachten Farbaufdruck statt.
Dass ein Farbaufdruck nach D11 als spezifische Ausführung des beanspruchten Farbauftrags letzteres Merkmal vorwegnimmt, mag keine Überraschung sein.
Aus den o.g. Gründen erfüllt daher der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ nicht.
3. Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1
Das zusätzliche Merkmal dieses Anspruchs 1, wonach der Abdecklack im Druckverfahren aufgebracht sei, sei auch aus der D11 bekannt, welche ein "vernis de surimpression" betreffe, siehe der unteren Abschnitt der Seite 17.
Daher erfüllt der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 auch nicht die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.
4. Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2
Das zusätzliche Merkmal dieses Anspruchs 1, wonach die aufgebrachte Abdecklackstärke in dem Bereich von 0,1 bis 10,0 g/m**(2) liegt, ist ein für den Fachmann gängiger Bereich, wie es die große Überschneidung dieses Bereichs mit dem in der D2 angegebenen Bereich von 1 bis 75 g/m², siehe Spalte 2, Zeile 65, zeigt.
Daher kann der beanspruchte Bereich der Abdecklackstärke das Vorhandensein einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 erfüllt somit auch nicht die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.
5. Unzulässige Erweiterung - Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 enthält das zusätzliche Merkmal, wonach der Farbauftrag auf der mit der Siegelschicht versehenen Seite der Kunststofffolie, unter der Siegelschicht vorgesehen ist.
Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass der letzte Satz des fünften Absatzes der Seite 5 der ursprünglichen Anmeldung (WO-A-01/25109) dem Fachmann die eindeutige Lehre vermittele, die Klebesubstanz 42 durch eine Heißsiegelschicht zu ersetzen, und dass somit eine ursprüngliche Offenbarung für das zusätzlich aufgenommene Merkmal vorlege.
Die Kammer kann diese Argumentation der Beschwerdegegnerin aus folgenden Gründen nicht nachvollziehen:
Die in den Figuren 1 bis 3 der ursprünglichen Anmeldung dargestellte Kunststofffolie besteht aus einer OPE-Folie 1, welche auf der einen Seite eine metallisierte Schicht 5 und einen Heißsiegellack 2 und auf der anderen Seite einen Farbdruck 3 und einen Überdrucklack 4 aufweist, siehe Seite 4, fünfter bis siebter Absatz der WO-A-01/25109. Im letzten Absatz der Seite 4 ist angegeben, dass für besonders empfindliche Füllgüter möglich ist, "die einzelnen eingefalteten End-Abschnitte miteinander zu versiegeln". Dies bedeutet, dass der sich auf der Innenseite der Folie und somit sich gegenüber der den Farbauftrag aufweisenden Außenseite der Folie befindende Heißsiegellack zur Versiegelung benutzt wird.
Die in den Figuren 4 bis 6 dargestellte Kunststofffolie besteht aus einer OPE-Folie 41, welche auf der einen Seite eine metallisierte Schicht 45 und auf der anderen einen Farbdruck 43, einen Überdrucklack 44 und eine druckempfindliche Klebesubstanz 42 aufweist, siehe Seite 5, zweiter bis vierter Absatz der WO-A-01/25109. Am Ende des fünften Absatzes der Seite 5 ist sodann angegeben: "Zusätzlich werden die Zwickelenden noch mit Hilfe der Klebeschicht an der Außenseite der Verpackung angeklebt. Bei entsprechender Beschichtung ist auch ein Ansiegeln möglich".
Beim Fehlen jeglichen Hinweises in der ursprünglichen Anmeldung über die Bedeutung des Begriffes "bei entsprechender Beschichtung" findet der Fachmann in Bezug auf das Ansiegeln der Zwickelenden die Information auf Seite 4, letzter Absatz der ursprünglichen Anmeldung, die dies anhand des auf der Innenseite der Folie befindenden Heißsiegellacks geschehen soll. Eine Lehre, die auf der Außenseite der Folie sich befindende druckempfindliche Klebesubstanz durch einen Heißsiegellack zu ersetzen, wie es die Beschwerdegegnerin argumentiert hat, ist somit in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht zu finden.
Somit erfüllt der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ nicht.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.