European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2010:T074708.20100414 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 14 April 2010 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0747/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01107531.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B23B 31/12 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Bohrfutter | ||||||||
Name des Anmelders: | Röhm GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (Hauptantrag) - nein Klarheit (Hilfsantrag) - nein |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die am 26. März 2001 unter Inanspruchnahme einer europäischen Priorität vom 3. Juli 2000 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 01107531.4 wurde das europäische Patent Nr. 1 170 079 mit 24 Ansprüchen erteilt.
II. Gegen das erteilte Patent wurde, gestützt auf die Einspruchsgründe der Artikels 100 a) EPÜ, Einspruch eingelegt und der Widerruf des Patents beantragt.
Mit ihrer am 6. März 2008 zur Post gegebenen Entscheidung hielt die Einspruchsabteilung das europäische Patent in eingeschränktem Umfang mit 23 Ansprüchen nach dem ersten Hilfsantrag aufrecht. Sie kam zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 neu sei und auf erfinderischer Tätigkeit beruhte.
III. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 10. April 2008 Beschwerde ein und bezahlte am gleichen Tag die Beschwerdegebühr.
Mit ihrer am 30. Juni 2008 beim Europäischen Patentamt eingegangenen Beschwerdebegründung verfolgte sie ihren Antrag auf Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt sowie auf der Basis eines Hilfsantrags mit 24 Ansprüchen weiter.
IV. Mit ihrer Erwiderung vom 2. Januar 2009 brachte die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) vor, die angefochtene Entscheidung sei zu bestätigen, da dem Anspruch 1 nach Hauptantrag die Neuheit fehle und Anspruch 24 eine Ausführungsform beanspruche, die mit dem geänderten Anspruch 1 nach Hilfsantrag nicht vereinbar sei.
Mit ihrem Schreiben vom 22. Oktober 2009 nahm die Beschwerdegegnerin ihren Einspruch zurück.
V. Die Beschwerdekammer teilte in ihrem Bescheid als Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung ihre vorläufige Einschätzung der Sachlage mit, wonach die Beurteilung mangelnder Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 nach Hauptantrag durch die Einspruchsabteilung nicht zu beanstanden sei. Der Anspruch 24 des Hilfsantrags sei anscheinend zurecht nicht zugelassen worden, denn eine Abschlussscheibe dürfte nach allgemeinem Sprachgebrauch einteilig sein und nicht aus zwei Teilen bestehen.
VI. Mit ihrem Schreiben vom 17. Februar 2010, eingegangen beim Europäischen Patentamt am 10. März 2010, hielt die Beschwerdeführerin ihre Anträge aufrecht. Mit ihrem Fax-Schreiben vom 6. April 2010 nahm sie den hilfsweise gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung zurück und teilte mit, zu der zum 14. April 2010 anberaumten Verhandlung nicht zu erscheinen.
VII. Am 14. April 2010 fand eine mündliche Verhandlung statt, bei der die Beschwerdeführerin wie angekündigt nicht anwesend war.
Die Beschwerdeführerin hat schriftlich die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des europäischen Patents wie erteilt oder auf der Grundlage des Hilfsantrags vom 30. Juni 2008 beantragt.
Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
"Bohrfutter mit einem an eine Bohrspindel anschließbaren Futterkörper (1), mit zwischen sich eine Aufnahme für das Bohrwerkzeug bildenden Spannbacken (5), die geneigt zur Futterachse (3) verlaufende Führungsaufnahmen zum Öffnen und Schließen des Bohrfutters durch einen am Futterkörper (1) drehbar und axial unverschiebbar geführten Gewindering (8) verstellbar sind, und mit einer er Verstellung der Spannbacken (5) durch Verdrehung des Gewinderings (8) dienenden Spannhülse (9), dadurch gekennzeichnet, daß die Spannhülse (9) im Bereich axial hinter dem Gewindering (8), also auf der der Bohrspindel zugewandten Seite, an einer mit dem Futterkörper (1) verbundenen, eine Federwirkung vermittelnden Abschlußscheibe (85) gesichert ist."
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag umfasst den Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag, an den angefügt ist:
"... wobei die Abschlußscheibe (85) als Abschluss der Spannhülse (9) angeordnet ist."
Der jeweilige abhängige Anspruch 24 gemäß Haupt- und Hilfsantrag lautet:
"Bohrfutter nach einem der Ansprüche 1 bis 23, dadurch gekennzeichnet, daß die Abschlußscheibe (85) zweiteilig mit einem dem Futterkörper (1) zugeordneten Ring gebildet ist, der einen an der Spannhülse (9) verankerten Sicherungsring 106 abstützt."
Für die Entscheidung wurde folgende Entgegenhaltung in Betracht gezogen:
D1: US-A-4 930 793
VIII. Die Beschwerdeführerin hat schriftlich vorgebracht, der nächstkommende Stand der Technik nach D1 offenbare keine Abschlußscheibe im Sinne des Anspruchs 1 nach Hauptantrag, denn das Federelement 21 bilde nicht den Abschluss zur der Bohrspindel zugewandten Seite. Als Abschlußscheibe sei dort das Element 23 zu betrachten.
Die Ausgestaltung nach Anspruch 24 gemäß Hilfsantrag ordne sich auch dem Schutz des Anspruchs 1 unter, denn die Figur 25 zeige eine Spannhülse mit axial sich verengendem Querschnitt, wodurch die Abschlußscheibe nach beiden Richtungen axial gesichert sei.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1 Neuheit (Artikel 54 EPÜ 1973)
Die Kammer sieht keinen Fehler in der Beurteilung der Einspruchsabteilung. So hat sie zutreffend erläutert, dass der Wortlaut des Anspruchs 1 weder definiert, auf welche Weise die Spannhülse axial gesichert ist noch wo die Abschlussscheibe genau angeordnet ist. Die aus D1 bekannte Federscheibe 21 bildet jedenfalls einen Abschluss der Spannhülse zur Bohrspindel hin, unabhängig davon, dass dahinter noch eine weitere Scheibe 23 vorhanden ist, so dass der Wortlaut des Anspruchs 1 erfüllt ist. Die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Auslegung ist nicht auf den Wortlaut, sondern auf die Ausführungsbeispiele gestützt und deckt sich deshalb nicht mit dem, was der Fachmann dem Anspruch entnimmt.
Auf den Hauptantrag wurde von der Einspruchsabteilung folglich das Patent zurecht nicht aufrecht erhalten. Da schon Anspruch 1 keinen patentfähigen Gegenstand enthält, braucht an dieser Stelle nicht auf den Anspruch 24 eingegangen werden.
3. Hilfsantrag
3.1 Änderungen
Der Anspruch 1 umfasst den Wortlaut des erteilten Anspruchs 1, an den das Merkmal angefügt wurde, dass die Abschlußscheibe (85) als Abschluss der Spannhülse (9) angeordnet ist. Die Offenbarung dieses Merkmals ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Beschreibung, insbesondere Absatz [0005] in Verbindung mit der Zeichnung. Da damit eine Einschränkung des Schutzbereichs verbunden ist, erfüllt der Anspruch die Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ.
3.2 Neuheit, erfinderische Tätigkeit (Artikel 54 (2), 56 EPÜ 1973)
3.2.1 Mangelnde Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 stand im Beschwerdeverfahren seitens der vormaligen Einsprechenden nicht in Frage. Die Kammer sieht keinen Anlass, der zutreffenden Begründung der Einspruchsabteilung etwas hinzuzufügen.
3.2.2 Auch im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit schließt sich die Kammer vollinhaltlich den Ausführungen der Einspruchsabteilung an.
3.3 Anspruch 24 - Klarheit (Artikel 84 EPÜ 1973)
3.3.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass nach der weiten Auslegung des Begriffes Abschlußscheibe bei der Neuheitsbetrachtung des Hauptantrags derselbe Maßstab auch beim Anspruch 24 anzulegen sei, der sich auf das Ausführungsbeispiel nach den Figuren 25 und 26 bezieht. Die Kammer teilt diesen Ansatz, kommt allerdings aus tatsächlichen Gründen zu einem unterschiedlichen Ergebnis.
3.3.2 Gemäß dem kennzeichnenden Merkmal des Anspruchs 1 muss die Abschlußscheibe, an der die Spannhülse axial gesichert ist, eine Federwirkung vermitteln. Zunächst ist im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin an der Innenseite der Spannhülse im Bereich des Sicherungsringes keine konische Verjüngung erkennbar, so dass sich die Scheibe 85 nur von der Spannhülse weg in Richtung auf die Bohrspindel axial am Sicherungsring 106 abstützt. Zudem ist bei dieser Ausführungsform im Gegensatz zu allen anderen Figuren eine Federwirkung der Abschlußscheibe 85 weder erkennbar noch beschrieben und auch technisch nicht erforderlich, da lediglich der Sicherungsring bei der Montage elastisch verformt werden muss, um in die Nut 87 eingelegt werden zu können. Bei allen anderen unter den Anspruch 1 fallenden Ausführungsformen dient die eine Federwirkung vermittelnde Abschlußscheibe der axialen Sicherung der Spannhülse. Somit weicht der Anspruch 24 in diesem Merkmal vom Anspruch 1 ab.
3.3.3 Hinzu kommt, dass eine Scheibe zwar zweiteilig ausgebildet sein kann, wenn die beiden Teile miteinander verbunden sind. Ein solche Verbindung ist jedoch in der beanspruchten Ausgestaltung ersichtlich nicht vorhanden, es handelt sich schlichtweg um zwei Teile, die so nicht unter den Anspruch 1 subsumierbar sind. Der Gegenstand des Anspruchs 24 steht folglich im Widerspruch zu dem des Anspruchs 1, was zu einem Klarheitsmangel im Sinne von Artikel 84 EPÜ 1973 führt.
3.3.4 Da ein Antrag nur im Ganzen beschieden werden kann und der unzulässige Anspruch 24 Teil des Hilfsantrags ist, kann auf diesen Antrag das Patent nicht aufrecht erhalten werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.