T 0514/08 () of 22.2.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T051408.20100222
Datum der Entscheidung: 22 Februar 2010
Aktenzeichen: T 0514/08
Anmeldenummer: 98104762.4
IPC-Klasse: G01F 23/284
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Elektronisches Gerät für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen
Name des Anmelders: Endress+Hauser (Deutschland) AG+Co. KG, et al
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit: bejaht
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1666/14

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 98 104 762.4 (Veröffentlichungsnummer EP 0 945 714 A1) wurde von der Prüfungsabteilung zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin (Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt.

II. Die Zurückweisung wurde von der Prüfungsabteilung damit begründet, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 in der ursprünglichen Fassung (Hauptantrag) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe und die Gegenstände des Anspruchs 8 des Hauptantrags sowie zweier Hilfsanträge Mängel unter Artikel 123(2) und 84 EPÜ 1973 aufwiesen. Der Entscheidung, die nach einer mündlichen Verhandlung verkündet wurde, gingen zwei Bescheide einschließlich dem Ladungsbescheid und eine Kurzmitteilung der Prüfungsabteilung voraus, in denen auf folgende Druckschriften Bezug genommen wurde:

D1: DE-18 86 574 U

D2: DE-B-1 089 443

D3: WO91/05226

D4: DE-A-37 11 754

D5: GB-A-2 300 265

III. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerdebegründung beantragt, ein Patent auf der Grundlage des der Prüfungsabteilung vorliegenden Hauptantrag zu erteilen, hilfsweise auf der Grundlage der ursprünglichen Ansprüche 1 bis 7.

Die Beschwerdeführerin hat insbesondere argumentiert, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe und der des Anspruchs 8 in den Ursprungsunterlagen offenbart sei.

IV. Mit Schreiben vom 10.02.2010 hat die Beschwerdeführerin auf Anregung des Berichterstatters der Kammer eine geänderte Fassung der Ansprüche 1 bis 8 gemäß einem neuen Hauptantrag eingereicht.

Die Fassungen des Anspruchs 1 und des Anspruchs 8, die dieser Entscheidung zu Grunde liegen, lauten wie folgt:

"1. Elektronisches Gerät für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen mit einem Gehäuse (1)

- mit einem Anschlussraum (3),

-- der gemäß der Schutzklasse Ex-d nach der europäischen Norm EN 50 018 aus dem Jahr 1994 oder Ex-e nach der europäischen Norm EN 50 019 aus dem Jahr 1994 ausgebildet ist,

-- in dem ein Anschlusselement (6) angeordnet ist,

--- an das elektrische Leitungen anschließbar sind, und

-- in dem eine Schaltung (9) zur Begrenzung eines Stromes, einer Spannung und einer Leistung,

-- die dem Gerät im Betrieb über die Leitungen zugeführt werden, angeordnet ist,

-- wobei die Begrenzung gemäß den Anforderungen der Schutzklasse Ex-i nach der europäischen Norm EN 50 020 aus dem Jahr 1994 erfolgt, und

- mit einem Elektronikraum (4),

-- in dem eine gemäß der Schutzklasse Ex-i der europäischen Norm EN 50 020 aus dem Jahr 1994 ausgebildete Elektronik (11) angeordnet ist und

-- der geöffnet werden kann,

- bei welchem Gehäuse (1) der Anschlussraum (3) und der Elektronikraum (4) voneinander getrennt sind und

-- eine druckfeste elektrische Durchführung (10) vorgesehen ist, durch die mindestens eine Ausgangsleitung der Schaltung (9) vom Anschlussraum (3) in den Elektronikraum (4) geführt ist, wo sie im Betrieb an die Elektronik (11) angeschlossen ist."

"8. Gerät nach einem der vorherigen Ansprüche, mit einer Messeinheit (2)."

Entscheidungsgründe

1. Erfinderische Tätigkeit

1.1 In der in dem vorliegenden Anspruch 1 verwendeten Terminologie offenbart die Druckschrift D4 gemäß dem in den Figuren 1 und 2 gezeigten Ausführungsbeispiel- die den Merkmalen hinzugefügten Bezugszeichen beziehen sich auf D4 - ein elektronisches Gerät für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen mit einem Gehäuse (5) mit einem Anschlussraum (Klemmkasten 8), der explosionsgeschützt ausgebildet ist (Sp.4, Z.50-52), in dem ein Anschlusselement angeordnet ist, an das elektrische Leitungen anschließbar sind, und mit einem Elektronikraum (innerhalb des Schutzgehäuses 5), in dem eine entsprechend ausgebildete Elektronik (12) angeordnet ist und der geöffnet werden kann, wobei in dem Gehäuse (5) der Anschlussraum (8) und der Elektronikraum (5) voneinander getrennt sind und eine druckfeste elektrische Durchführung (10) vorgesehen ist, durch die Leitungen (1) vom Anschlussraum (8) in den Elektronikraum geführt sind, wo sie im Betrieb an die Elektronik (12) angeschlossen ist.

1.2 Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 dadurch, dass in dem Anschlussraum eine Schaltung zur Begrenzung eines Stromes, einer Spannung und einer Leistung angeordnet ist, die dem Gerät, d. h. der Elektronik im Elektronikraum, zugeführt werden. Im Unterschied dazu ist in D1 eine Versorgungseinheit, die der genannten Begrenzungsschaltung in dem vorliegenden Anspruch entsprechen würde, in der explosionsgeschützten Kapsel 11 untergebracht. Die eigensichere elektrische Leistung kann von der Versorgungseinheit entweder mit einem Kabel über den Klemmkasten 8 oder direkt mit einem sog. Kabelschwanz zur Auswerteelektronik geführt werden.

1.3 Diese unterscheidenden Merkmale ermöglichen es, die durch die Schutzklassen Ex-e (Explosionsschutz durch erhöhten Abstand unterschiedlicher elektrischer Potentiale) und Ex-d (erhöhte Druckfestigkeit) auf den Anschlussraum zu beschränken, während der Elektronikraum nur für die Schutzklasse Ex-i (Eigensicherheit) ausgelegt zu werden braucht, d. h. dass der Elektronikraum in mechanischer Hinsicht weniger aufwändig ist als der Anschlussraum.

1.4 Die Prüfungsabteilung hat in der angefochtenen Entscheidung die Kapsel 11 in Figur 1 von D4 mit dem in dem vorliegenden Anspruch 1 definierten Anschlussraum identifiziert. Nach Auffassung der Kammer ist dies nicht durch die Definition in dem vorliegenden Anspruch 1 gedeckt, nach der in dem Anschlussraum ein Anschlusselement angeordnet ist, an das elektrische Leitungen anschließbar sind. Dies bezieht sich eindeutig auf das Zuführen der von außen kommenden Leitungen (siehe die Leitungseinführungen 5 in den Figuren 1 und 2 der vorliegenden Anmeldung), die in D4 in dem Klemmkasten 8 angeschlossen werden. Die in D4 beschriebene Versorgungseinheit liefert in nicht eigensicherer Weise den Strom für die dort verwendeten Elektromagnete über den Klemmkasten und stellt auch die eigensichere Leistung für die Auswerteelektronik bereit, wobei die zuletzt genannte Funktion durch die in dem vorliegenden Anspruch 1 definierte Schaltung gewährleistet ist. Aber diese befindet sich in dem Anschlussraum, der dem Klemmkasten entspricht, und nicht in einer gesonderten zusätzlichen Kapsel wie in D4.

1.5 Es gab in D4 auch keine Anregung, eine Aufteilung der Komponenten in der anmeldungsgemäßen Weise vorzunehmen. So geht aus der in den Figuren 3 bis 5 in D4 gezeigten alternativen Anordnung hervor, dass der Klemmkasten 8 das Unterteil des Gehäuses 5 bildet. Nach Sp.4, Z.65 bis Sp.5, Z.5 ist die Versorgungseinheit dort ebenfalls in einer gesonderten explosionsgeschützten Kapsel untergebracht oder das Oberteil 15 ist unter Einschluss der Auswerteelektronik 12 explosionsgeschützt ausgeführt. Dies führt vom Grundprinzip der vorliegenden Erfindung weg, wonach eine Verteilung der elektrischen und elektronischen Komponenten auf einen Anschlussraum und einen Elektronikraum unter dem Gesichtspunkt des minimalen Aufwands für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen erfolgt.

1.6 Die mit der vorliegenden Erfindung gegenüber D4 gelöste Aufgabe betrifft also eine kostengünstigere Herstellung bei hoher Flexibilität. Diese objektive Aufgabe entspricht auch der in der Anmeldung genannten Aufgabe, siehe S.4, Z.22-25.

1.7 Keine der weiteren im Verfahren genannten Druckschriften gibt einen Hinweis auf die Lösung dieser Aufgabe durch die im Anspruch 1 definierte Aufteilung von Komponenten auf den Anschluss- und den Elektronikraum unter dem Gesichtspunkt der Optimierung von Aufwand und erreichtem Schutz beim Einsatz in explosionsgefährdeter Umgebung. Insbesondere offenbart keine der genannten Druckschriften das Unterbringen einer Begrenzungsschaltung in dem Anschlussraum.

1.7.1 Bei dem durch druckfeste Kapselung explosionsgeschütztem Netzgleichrichter von D1 ist der Raum 3 lediglich für Anschlussklemmen vorgesehen, siehe Figuren 2 und 3.

1.7.2 In D2 ist in der Figur ein schlagwetter- und explosionsgeschütztes Schaltgerät gezeigt, bei dem ebenfalls ein als solcher bezeichneter Anschlussraum vorhanden ist (siehe Sp.4, Z.51-61), in dem lediglich ankommende Leitungen an Durchführungsklemmen 6 angeschlossen sind, aber keine weiteren Schaltungen vorhanden sind.

1.7.3 In D3, siehe Figur 1 sowie S.8 und 9, ist ein Füllstandsmessgerät zum Einsatz in explosiblen Medien beschrieben, bei dem in einem "Anschlussraum 45" Leitungen eines ankommenden Kabels an "Anschlussklemmen 43" angeschlossen sind. Der Anschlussraum 45 ist über einen Durchbruch 50 für Leitungen 42 mit einem Raum verbunden, in dem sich eine Leiterplatte 41 befindet und der mit einer Vergussmasse 57 ausgefüllt werden kann. Der Anschlussraum ist nicht vollständig abgetrennt und enthält auch keine weitere Schaltung.

1.7.4 D5, siehe Figur 1, offenbart schematisch den Aufbau eines Flussmessers, bei dem ein in sicherer Umgebung angeordneter Computer mit Druckaufnehmern in einer gefährdeten Umgebung über eine fernbediente Einheit 2 kommunizieret, die sich ebenfalls in der gefährdeten Umgebung befindet. Eine eigensichere "Standard-Zener-Dioden-Sicherheitsbarriere" 12 dient als Spannungsversorgung für die Einheit 2. Es ist nicht ersichtlich, dass sich diese Schaltung in einem Anschlussraum der beanspruchten Art befindet.

1.7.5 Der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 lag daher nicht nahe.

1.8 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973.

2. Ursprüngliche Offenbarung

2.1 In den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen, S.6, Z.30 bis S.7, Z.1 ist angegeben, dass in einem Ausführungsbeispiel das Gerät ein Gehäuse 1 und eine Messeinheit 2 aufweist. Dies kann offensichtlich für alle Ausführungsarten, wie sie in den abhängigen Ansprüchen definiert sind, der Fall sein.

2.2 Die von der Prüfungsabteilung hinsichtlich der Offenbarung des Anspruchs 8 vertretene Auffassung, dass es der Anspruch 1 gestatten würde, die Messeinheit nur elektronisch an den Elektronikraum zu koppeln, was nicht von der Beschreibung gestützt würde, steht nicht im Einklang mit der im Anspruch 1 vorgesehenen Anwendung des Geräts für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen.

2.3 Der Gegenstand des Anspruchs 8 verletzt daher nicht Artikel 123(2) EPÜ 1973.

3. Die Beschreibung erfüllt hinsichtlich der Darstellung der Erfindung nach Aufgabe und Lösung den an sie zu stellenden Forderungen. Dis gilt auch für die abhängigen Ansprüche, die sich auf besondere Ausführungsarten der Erfindung beziehen.

4. Da der Hauptantrag gewährbar ist, bleiben der Hilfsantrag sowie der hilfsweise Antrag auf mündliche Verhandlung unberücksichtigt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, ein Patent in folgender Fassung zu erteilen:

Ansprüche:

1 bis 8, wie eingereicht mit Schreiben vom 10.02.2010;

Beschreibung:

Spalten 1 bis 7, wie veröffentlicht;

Zeichnungen:

2 Blatt (Figuren 1 bis 3), wie veröffentlicht.

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