T 0457/08 () of 5.4.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T045708.20110405
Datum der Entscheidung: 05 April 2011
Aktenzeichen: T 0457/08
Anmeldenummer: 97121557.9
IPC-Klasse: H01L 41/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zum Laden und Entladen eines piezoelektrischen Elements
Name des Anmelders: ROBERT BOSCH GMBH
Name des Einsprechenden: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein) - Haupt- und Hilfsantrag
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0960/08

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent Nr. 0 871 230 in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten.

Einzige Beschwerdeführerin ist die Einsprechende.

II. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

III. Die Beschwerdegegnerin, Patentinhaberin, beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 4 des Hauptantrags eingereicht mit Schreiben vom 3. März 2011, oder hilfsweise auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 4 des Hilfsantrags eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer.

IV. Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin lautet:

"Verfahren zum Laden und Entladen einer Vielzahl von piezoelektrischen Elementen (1; 111, 121, ... 1n1),

wobei die Vielzahl von piezoelektrischen Elementen (1; 111, 121, ... 1n1) in parallel geschalteten Zweigen vorgesehenen [sic] sind,

wobei jeder der Zweige aus einer Reihenschaltung aus einem piezoelektrischen Element (111, 121, ... 1n1) und einer Parallelschaltung aus einem Auswahlschalter (112, 122, ... 1n2) und einer Diode (113, 123, ... 1n3) besteht, wobei die Spule (2) und die Parallelschaltung der Zweige in Reihe geschaltet sind,

wobei sowohl das Laden als auch das Entladen über eine Spule (2) erfolgt, der Ladestrom und der Entladestrom über die Spule (2) geleitet wird,

das Laden der piezoelektrischen Elemente (1; 111, 121, ... 1n1) durch wiederholtes Schließen und Öffnen eines Ladeschalters (3) während eines Ladevorgangs erfolgt

so dass jeweils all diejenigen piezoelektrischen Elemente (111, 121, ... 1n1) geladen werden, deren Auswahlschalter (112, 122, ... 1n2) während des wiederholten Schließens und Öffnens des Ladeschalters (3) geschlossen ist,

wobei das Schließen des Ladeschalters (3) eine Speicherung von Energie in der Spule (2) bewirkt, und das Öffnen des Ladeschalters (3) die Abgabe der in der Spule (2) gespeicherten Energie an die piezoelektrischen Elemente (1; 111, 121, ... 1n1) bewirkt,

und/oder das Entladen der piezoelektrischen Elemente (1; 111, 121, ... 1n1) durch wiederholtes Schließen und Öffnen eines Entladeschalters (5) während eines Entladevorgangs erfolgt,

wobei das Schließen des Entladeschalters (5) einen Transfer von in den piezoelektrischen Elementen (1; 111, 121, ... 1n1) gespeicherter Energie zur Spule (2) bewirkt, und das Öffnen des Entladeschalters (5) die Abgabe der in der Spule (2) gespeicherten Energie bewirkt."

V. Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin lautet (Änderungen gegenüber dem Anspruch 1 des Hauptantrags hervorgehoben durch die Kammer):

"Verfahren zum Laden und Entladen einer Vielzahl von piezoelektrischen Elementen (1; 111, 121, ... 1n1),

wobei die Vielzahl von piezoelektrischen Elementen (1; 111, 121, ... 1n1) in parallel geschalteten Zweigen vorgesehenen [sic] sind,

wobei jeder der Zweige aus einer Reihenschaltung aus einem piezoelektrischen Element (111, 121, ... 1n1) und einer Parallelschaltung aus einem Auswahlschalter (112, 122, ... 1n2) und einer Diode (113, 123, ... 1n3) besteht, wobei eine Spule (2) und die Parallelschaltung der Zweige in Reihe geschaltet sind,

wobei sowohl das Laden als auch das Entladen über die Spule (2) erfolgt, der Ladestrom und der Entladestrom über die Spule (2) geleitet wird,

das Laden der piezoelektrischen Elemente (1; 111, 121, ... 1n1) durch wiederholtes Schließen und Öffnen eines Ladeschalters (3) während eines Ladevorgangs erfolgt,

wobei einer der Anschlüsse der Parallelschaltung einer Diode (10) und der Vielzahl von Zweigen (11, 12, ... 1n) mit einem ersten Pol einer Spannungsquelle verbunden ist, wohingegen der andere Anschluss der Parallelschaltung über die Spule (2) und eine Parallelschaltung aus dem Ladeschalter (3) und einer Diode 4 mit einem zweiten Pol der Spannungsquelle verbunden ist,

so dass jeweils all diejenigen piezoelektrischen Elemente (111, 121, ... 1n1) geladen werden, deren Auswahlschalter (112, 122, ... 1n2) während des wiederholten Schließens und Öffnens des Ladeschalters (3) geschlossen ist, wobei das Schließen des Ladeschalters (3) eine Speicherung von Energie in der Spule (2) bewirkt, und das Öffnen des Ladeschalters (3) die Abgabe der in der Spule (2) gespeicherten Energie an die piezoelektrischen Elemente (1; 111, 121, ... 1n1) bewirkt, und/oder das Entladen der piezoelektrischen Elemente (1; 111, 121, ... 1n1) durch wiederholtes Schließen und Öffnen eines Entladeschalters (5) während eines Entladevorgangs erfolgt,

wobei einer der Anschlüsse der Parallelschaltung zwischen Diode (10) und der Vielzahl von Piezozweigen (11, 12, ... 1n) mit dem ersten Pol der Spannungsquelle verbunden ist, wohingegen der andere Anschluss der Parallelschaltung über die Spule (2) und eine Parallelschaltung aus dem Entladeschalter (5) und einer Diode 6 mit dem ersten Pol der Spannungsquelle verbunden ist,

wobei das Schließen des Entladeschalters (5) einen Transfer von in den piezoelektrischen Elementen (1; 111, 121, ... 1n1) gespeicherter Energie zur Spule (2) bewirkt, und das Öffnen des Entladeschalters (5) die Abgabe der in der Spule (2) gespeicherten Energie bewirkt."

Anspruch 4 beider Anträge ist auf eine entsprechende Vorrichtung zum Laden und Entladen einer Vielzahl von piezoelektrischen Elementen gerichtet.

VI. Es wird auf die folgenden Dokumente Bezug genommen:

D5: US 5 130 598 A

D8: Schmeißer F: "Piezoelektrische Aktuatoren — Kräftig und schnell", Elektronik, Ausgabe 8, 19.04.1984, Seiten 92—96.

VII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Aus Dokument D5 sei ein Verfahren zum Laden und Entladen eines oder mehrerer piezoelektrischer Elemente bekannt. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von D5 nur dadurch, dass angegeben sei, wie eine Vielzahl von piezoelektrischen Elementen angesteuert werde. Die beanspruchte Lösung sei allerdings u.a. durch Dokument D8 nahegelegt, in dem eine Ansteuerung von mehreren piezoelektrischen Elementen gezeigt sei.

Der erst in der mündlichen Verhandlung eingereichte Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin sei verspätet und somit nicht ins Verfahren zuzulassen. Zudem seien die Ergänzungen aus D5 bekannt, sodass auch der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß diesem Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

VIII. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen wie folgt argumentiert:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei neu und erfinderisch. In Dokument D5 werde beim Öffnen des Ladeschalters die in der Spule gespeicherte Energie nicht an das piezoelektrische Element abgegeben. Insbesondere zeige D5 keine mit der im Streitpatent vorhandenen Diode 6 vergleichbare Diode. Zudem zeige D5 nicht die beanspruchte Ansteuerung einer Vielzahl von piezoelektrischen Elementen. Das Dokument D8 zeige ein anderes Lade- und Entladeverfahren über eine Drossel mit einer primären und einer sekundären Wicklung, anstatt einer Spule, wie im Streitpatent. Zudem werden in D8 während des Lade- bzw. Entladevorgangs die Lade- bzw. Entladeschalter auch nicht wiederholt geöffnet und geschlossen. Der Fachmann würde somit D8 gar nicht in Betracht ziehen. Doch selbst wenn er dies täte, wäre es für ihn nicht klar, welche Teile aus D8 er übernehmen sollte.

Der Hilfsantrag stelle insbesondere das Vorhandensein der Dioden (4, 6), parallel zu den Lade- und Entladeschaltern, weiter klar.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag der Beschwerdegegnerin

2.1 Neuheit

2.1.1 Dokument D5

Dokument D5 zeigt ein Verfahren zum Laden und Entladen eines piezoelektrischen Elements, wie es etwa in Kraftstoff-Einspritzdüsen von Verbrennungsmotoren eingesetzt wird. Insbesondere zeigt D5 ein Verfahren zum Laden und Entladen eines piezoelektrischen Elements (205) (Einspritzdüse), wobei sowohl das Laden als auch das Entladen über eine Spule (250) erfolgen. Hierbei werden der Ladestrom und der Entladestrom über die Spule geleitet. Die Spule (250) und das piezoelektrische Element (205) sind in Reihe geschaltet.

Weiter erfolgt gemäß D5 das Laden des piezoelektrischen Elements durch wiederholtes Schließen und Öffnen eines Ladeschalters (225) und das Entladen des piezoelektrischen Elements durch ein wiederholtes Schließen und Öffnen eines Entladeschalters (230). Die Ansteuerung des Ladeschalters (225) und des Entladeschalters (230) erfolgt durch einen Lade- bzw. Entladeschaltkreis, der ein pulsmoduliertes Ladekontrollsignal bzw. Entladekontrollsignal erzeugt (Spalte 4, Zeilen 21 bis 44; Spalte 7, Zeile 40 bis Spalte 8, Zeile 14; Spalte 8, Zeile 44 bis Spalte 9, Zeile 14; Figuren 2 und 4).

Insbesondere beginnt beim Schließen des Ladeschalters (225) Strom durch die Spule (250) zu fließen, wobei der Strom exponentiell ansteigt und das piezoelektrische Element lädt. Der Ladestrom steigt weiterhin an, bis er einen vorgewählten Wert erreicht, woraufhin der Ladeschalter (225) geöffnet wird und das piezoelektrische Element von der Energiequelle (210) getrennt wird. Der Ladestrom fällt dann exponentiell ab. Sobald die Größe des Ladestroms unter ein Niveau fällt, das geringer ist als der vorgewählte Wert, wird der Ladeschalter erneut geschlossen, um elektrische Energie an das piezoelektrische Element zu liefern. Das Laden des piezoelektrischen Elements erfolgt durch wiederholtes Schließen und Öffnen des Ladeschalters (Spalte 7, Zeile 40 bis Spalte 8, Zeile 14; Figuren 3A, 3B).

Die Entlademittel verhalten sich in einer ähnlichen Weise wie die Lademittel. Der Entladeschalter verbindet das piezoelektrische Element elektrisch mit Masse. Dabei beginnt, analog wie beim Ladevorgang, beim Schließen des Entladeschalters (230) Strom durch die Spule (250) zu fließen, wobei der Strom exponentiell ansteigt und das piezoelektrische Element entlädt. Der Entladestrom steigt weiterhin an, bis der Strom einen vorgewählten Wert erreicht, woraufhin der Entladeschalter (230) geöffnet wird und das piezoelektrische Element von Masse getrennt wird. Der Entladestrom nimmt dann auf ein Niveau ab, das geringer ist als der vorgewählte Wert. Daraufhin wird der Entladeschalter wiederum geschlossen. Das Entladen des piezoelektrischen Elements erfolgt durch wiederholtes Schließen und Öffnen des Entladeschalters (Spalte 8, Zeile 50 bis Spalte 14; Figuren 3A, 3B).

Der Ladeschalter (225) ist ein herkömmlicher n-Kanal MOSFET-Transistor (Spalte 4, Zeilen 11 bis 20). Inhärent bei dieser MOSFET-Konstruktion ist eine "parasitäre" Diode, wobei die Anode mit dem Source-Anschluß und die Kathode mit dem Drain-Anschluß verbunden sind (Spalte 5, Zeilen 26 bis 29).

Wenn sich das piezoelektrische Element entlädt, ist, wie vorstehend dargelegt, der Ladeschalter (225) geöffnet und der Entladeschalter (230) ist abwechselnd geöffnet und geschlossen. Wegen der Energieübertragung von dem piezoelektrischen Element auf die Spule, wenn der Entladeschalter geschlossen ist, wird eine große Menge magnetischer Energie in der Spule gespeichert. Da eine Diode in der Konstruktion des ersten Halbleiter-Ladeschalters (225) inhärent ist, ist die Diode leitend vorgespannt, wenn beide Halbleiterschalter (225, 230) geöffnet sind. Dabei wird die elektrische Energie von dem magnetischen Feld, die in der Spule (250) gespeichert ist, freigegeben, und zwar durch die Diode zu der Energiequelle (210), wo diese Energie wiedergewonnen wird. Dies gestattet wesentliche Energieeinsparungen (Spalte 9, Zeilen 22 bis 39).

Umgekehrt ist, wenn das piezoelektrische Element sich lädt, wie vorstehend dargelegt, der Entladeschalter (230) geöffnet und der Ladeschalter (225) ist abwechselnd geöffnet und geschlossen. Wenn der Ladeschalter geschlossen ist, wird eine große Menge magnetischer Energie in der Spule gespeichert. Da der Entladeschalter ein herkömmlicher n-Kanal MOSFET-Transistor ähnlicher Bauart wie der vorstehend erwähnte Ladeschalter (225) ist, ist auch hier eine Diode in der Konstruktion des Halbleiterschalters inhärent (Spalte 5, Zeilen 11 bis 20). Wenn beide Halbleiterschalter (225, 230) geöffnet sind, wird die elektrische Energie von dem magnetischen Feld, die in der Spule (250) gespeichert ist, freigegeben, und zwar durch diese Diode zu dem piezoelektrischen Element.

Die vorstehende, inhärent in dem Entladeschalter vorhandene Diode ist zwar in D5 nicht explizit erwähnt, es muss aber davon ausgegangen werden, dass eine solche Diode vorhanden ist, da laut D5, wie vorstehend dargelegt, der Strom, nachdem der Ladeschalter (225) geöffnet wird, exponentiell abfällt. Es ist damit ein geschlossener Stromkreis vorhanden.

Im Übrigen ist, wie auch von der Beschwerdeführerin vorgebracht, eine solche Freilaufdiode unabdingbar. Nach dem Öffnen des Ladeschalters sorgt die Selbstinduktion der Spule dafür, dass der Strom zunächst in der ursprünglichen Richtung weiter fließt. Ohne Freilaufdiode würde das zu einer Spannungsspitze, die den Ladeschalter zerstören würde, führen.

Gemäß D5 bietet das Verfahren eine genaue Steuerung eines oder mehrerer piezoelektrischer Aktuatoren (Spalte 2, Zeilen 23 bis 28; Spalte 3, Zeilen 16 bis 19).

Allerdings sind keine Einzelheiten ausgeführt, wie konkret mehrere piezoelektrische Aktuatoren angesteuert werden sollen.

2.1.2 Damit zeigt D5, in der Terminologie des Anspruchs 1, ein Verfahren zum Laden und Entladen von piezoelektrischen Elementen,

wobei sowohl das Laden als auch das Entladen über eine Spule erfolgt, der Ladestrom und der Entladestrom über die Spule geleitet wird,

das Laden der piezoelektrischen Elemente durch wiederholtes Schließen und Öffnen eines Ladeschalters während eines Ladevorgangs erfolgt,

wobei das Schließen des Ladeschalters eine Speicherung von Energie in der Spule bewirkt, und das Öffnen des Ladeschalters die Abgabe der in der Spule gespeicherten Energie an die piezoelektrischen Elemente bewirkt,

und das Entladen der piezoelektrischen Elemente durch wiederholtes Schließen und Öffnen eines Entladeschalters während eines Entladevorgangs erfolgt, und

wobei das Schließen des Entladeschalters einen Transfer von in den piezoelektrischen Elementen gespeicherter Energie zur Spule bewirkt, und das Öffnen des Entladeschalters die Abgabe der in der Spule gespeicherten Energie bewirkt.

2.1.3 Nicht gezeigt in D5 ist, dass

- eine Vielzahl von piezoelektrischen Elementen in parallel geschalteten Zweigen vorgesehen sind,

- jeder der Zweige aus einer Reihenschaltung aus einem piezoelektrischen Element und einer Parallelschaltung aus einem Auswahlschalter und einer Diode besteht,

- die Spule und die Parallelschaltung der Zweige in Reihe geschaltet sind,

- all diejenigen piezoelektrischen Elemente geladen werden, deren Auswahlschalter während des wiederholten Schließens und Öffnens des Ladeschalters geschlossen ist.

2.1.4 Damit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber dem Dokument D5 (Artikel 54 (1) und (2) EPÜ 1973).

2.2 Erfinderische Tätigkeit

2.2.1 Ausgehend von Dokument D5 ist die zu lösende, objektive Aufgabe darin zu sehen, ein Verfahren bereitzustellen, mittels dessen eine Steuerung mehrerer piezoelektrischer Elemente möglich ist, wobei der Bauraum möglichst gering gehalten werden kann.

2.2.2 Dokument D8 zeigt ein Verfahren zum Laden und Entladen einer Vielzahl von piezoelektrischen Elementen, wie sie in Kraftstoff-Einspritzventilen für Verbrennungsmotoren eingesetzt werden. Ähnlich wie im Streitpatent, wird das Laden und Entladen der piezoelektrischen Elemente über eine einzige Induktanz (Drossel) durchgeführt, wobei zudem die für die Aufladung der piezoelektrischen Elemente gebrauchte Energie beim Entladen wieder in die Drossel übergeht, und anschließend die in der Drossel gespeicherte Energie in die Betriebsspannungsquelle zurückgegeben wird (Seiten 93 und 94; Bild 3).

Laut D8, "sollen mehrere Aktuatoren nacheinander betätigt werden, so läßt sich der Aufwand für die Ansteuerschaltung — bezogen auf den einzelnen Aktuator — wesentlich vermindern, wenn die Aktuatoren von einer Speicherdrossel über eine Umschaltvorrichtung nacheinander angesteuert werden" (Seite 96, rechte Spalte, zweiter Absatz).

2.2.3 Das Argument der Beschwerdegegnerin, der Fachmann würde das Dokument D8 aufgrund der Tatsache, dass es kein wiederholtes Schließen und Öffnen des Lade- bzw. Entladeschalters und auch keine Spule, sondern eine Drossel mit zwei Wicklungen, zeige, gar nicht in Betracht ziehen, ist nicht überzeugend.

Dokument D8 befasst sich, für den Fachmann unmittelbar erkennbar, mit der vorstehenden objektiven Aufgabe, mehrere piezoelektrische Elemente ohne großen Zusatzaufwand anzusteuern. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich das Laden bzw. Entladen an sich in D8 geringfügig anders vollzieht, da die Ansteuerung mehrerer piezoelektrischer Elemente aus D8, wie sofort ersichtlich, auch auf D5 anwendbar ist.

Gemäß D8 sind die Vielzahl von piezoelektrischen Elementen (1, 2, 3, 4) in parallel geschalteten Zweigen vorgesehen (Bild 4). Vor jedem piezoelektrischen Element (Aktuator) ist je ein Thyristor (BT 155/800R) als Auswahlschalter geschaltet, von denen nacheinander jeweils einer kurz vor Abschalten des Ladestroms durch die Drossel zündet und den Weg für den Strom zum jeweils ausgewählten piezoelektrischen Element freigibt (Seite 96, rechte Spalte, 3. Absatz; Bild 4). Zudem ist zu jedem Auswahlschalter eine Diode (BYV96E) parallel geschaltet (Bild 4).

Somit besteht jeder der Zweige aus einer Reihenschaltung aus einem piezoelektrischen Element und einer Parallelschaltung aus einem Auswahlschalter und einer Diode, wie es Anspruch 1 verlangt.

Zudem würden, bei der Anwendung der in D8 vorgeschlagenen Lösung zur Ansteuerung mehrerer piezoelektrischen Elemente auf das Verfahren gemäß D5, die Spule und die Parallelschaltung der Zweige in Reihe geschaltet sein und all diejenigen piezoelektrischen Elemente geladen werden, deren Auswahlschalter während des wiederholten Schließens und Öffnens des Ladeschalters geschlossen ist, wie im vorliegenden Anspruch 1 definiert.

2.2.4 Aus diesen Gründen ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik und beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973).

Der Hauptantrag der Beschwerdegegnerin ist somit nicht gewährbar.

3. Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin

3.1 Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin enthält im Wesentlichen die folgenden Ergänzungen:

"wobei einer der Anschlüsse der Parallelschaltung einer Diode (10) und der Vielzahl von Zweigen (11, 12, ... 1n) mit einem ersten Pol einer Spannungsquelle verbunden ist, wohingegen der andere Anschluss der Parallelschaltung über die Spule (2) und eine Parallelschaltung aus dem Ladeschalter (3) und einer Diode 4 mit einem zweiten Pol der Spannungsquelle verbunden ist," und

"wobei einer der Anschlüsse der Parallelschaltung zwischen Diode (10) und der Vielzahl von Piezozweigen (11, 12, ... 1n) mit dem ersten Pol der Spannungsquelle verbunden ist, wohingegen der andere Anschluss der Parallelschaltung über die Spule (2) und eine Parallelschaltung aus dem Entladeschalter (5) und einer Diode 6 mit dem ersten Pol der Spannungsquelle verbunden ist".

3.2 Die vorliegenden Ansprüche 1 bis 4 gemäß dem Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin wurden erst in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht.

Die Änderungen umfassen im Wesentlichen eine Konkretisierung bezüglich des Vorhandenseins der parallel zu den Lade- und Entladeschaltern geschalteten Dioden (4, 6) sowie eine Ergänzung bezüglich einer Parallelschaltung einer weiteren Diode (10) und der Vielzahl von Zweigen.

Die erste der vorstehenden Änderungen konkretisiert nur das, was bei der Diskussion des Hauptantrags auch von der Beschwerdeführerin bereits weitgehend mitberücksichtigt wurde und warf somit keine Fragen auf, deren Behandlung der Kammer und der Beschwerdeführerin ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten gewesen wäre. Die zweite Änderung betrifft eine Ergänzung, die im Wesentlichen bereits mit einem etwa einen Monat vor der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichten Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin eingebracht wurde. Somit wurden auch damit keine Fragen aufgeworfen, deren Behandlung ohne Verlegung der Verhandlung nicht zuzumuten gewesen wäre.

Der Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin wurde somit ins Verfahren zugelassen (Artikel 13(3) VOBK).

3.3 Erfinderische Tätigkeit

Wie vorstehend dargelegt weist D5 bereits jeweils eine zu dem Lade- bzw. Entladeschalter (225, 230) parallel geschaltete (inhärente) Diode auf. Diese Dioden entsprechen die Dioden 4 und 6 im Anspruch 1 des Hilfsantrags.

Was die beanspruchte weitere Diode 10 anbelangt, so dient diese laut Patentbeschreibung dazu, das Auftreten negativer Spannungen an den piezoelektrischen Elementen zu verhindern, da diese dadurch unter Umständen zerstört werden könnten (Patentschrift, Absatz [0066]).

Allerdings wird genau zu diesem Zweck auch in D5 eine Diode (475) einerseits über die Spule an dem ersten Pol der Spannungsquelle und andererseits an dem zweiten Pol der Spannungsquelle (Masse) angeschlossen (Spalte 7, Zeilen 28 bis 32; Figur 4).

Damit sind die vorstehenden Ergänzungen bereits aus dem Dokument D5 bekannt.

Aus diesen Gründen ergibt sich auch der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik und beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973).

Der Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin ist somit auch nicht gewährbar.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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