T 0423/08 (Herstellung von Propylenoxid/BASF) of 13.9.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T042308.20110913
Datum der Entscheidung: 13 September 2011
Aktenzeichen: T 0423/08
Anmeldenummer: 02767229.4
IPC-Klasse: C07D 301/12
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung von Propylenoxid
Name des Anmelders: BASF SE
Name des Einsprechenden: Evonik Degussa GmbH
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(c)
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention R 139
Schlagwörter: Offensichtliche Berichtigung (ja)
Neuheit (ja) - Merkmal nicht unmittelbar und eindeutig offenbart
Haupt- und Hilfsanträge 1 bis 3: erfinderische Tätigkeit (nein)
Hilfsantrag 4: erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 1 412 339 widerrufen wurde, Beschwerde eingelegt.

II. Mit dem Einspruch war das Streitpatent in seinem gesamten Umfang aufgrund unzulässiger Erweiterung (Artikel 100 (c) EPÜ) sowie mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 (a) EPÜ) angegriffen worden.

III. Unter anderem wurden folgende Dokumente herangezogen:

(1) WO 01/57009

(2) EP-A-0 719 768

(6) M Fehlings et al., Chemische Technik, 1998, 50(5), 241-245

IV. Das Streitpatent enthält einen unabhängigen Anspruch 1 und fünf abhängige Ansprüche. Ansprüche 1 und 3 lauten wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung von Propylenoxid, welches wenigstens die folgenden Schritte aufweist:

(a) Propen, gegebenenfalls enthaltend bis zu 10 Gew.-% von Propen verschiedene Kohlenwasserstoffe, wird mit einem Hydroperoxid in einem Lösungsmittel in Anwesenheit eines Zeolith-Katalysators unter Erhalt eines Gemisches (G0) umgesetzt, wobei Gemisch (G0) Propylenoxid, Lösungsmittel, nicht-umgesetztes Propen, nicht-umgesetztes Hydroperoxid und Sauerstoff aufweist,

(b) das Propylenoxid wird aus Gemisch (G0) derart abgetrennt, dass ein Gemisch (G1) erhalten wird, welches nicht-umgesetztes Propen und Sauerstoff aufweist;

(c) das Gemisch (G1) wird unter Erhalt der Gemische (G2) und (G3) mit einem fluiden Medium, welches wenigstens Lösungsmittel aufweist, in Kontakt gebracht,

wobei das Gemisch (G3) einen Teil des nicht-umgesetzten Propens und Sauerstoff, das Gemisch (G2) Lösungsmittel und Rest-Propen aufweist und

wobei das abgetrennte nicht-umgesetzte Propen und Sauerstoff aufweisende Gemisch (G3) ein Verhältnis von Sauerstoff zu Propen aufweist, durch welches das Gemisch (G3) nicht zündfähig ist und

wobei das Gemisch (G2) wenigstens einer Umsetzung von Propen mit Hydroperoxid zugeführt wird.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Gemisch (G2) ferner Hydroperoxid enthält, und dass in weiteren, dem Schritt (c) folgenden Schritten (d) und (e) das Gemisch (G2) einer Umsetzung von Propen mit Hydroperoxid wie folgt zugeführt wird:

(d) das Gemisch (G2) wird unter Erhalt eines Gemisches (G4) mit weiterem Propen versetzt, wobei das Propen unter weitgehender Umsetzung des im Gemisch (G2) noch vorhandenen nicht-umgesetzten Hydroperoxids zu Propylenoxid umgesetzt und

(e) das Gemisch (G4) räumlich in die Abtrennung gemäß Schritt (b) zurückgeführt wird."

V. Die Grundlage der angefochtenen Entscheidung bildeten die erteilte Fassung als Hauptantrag und zwei während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichte Hilfsanträge.

In Bezug auf Artikel 100(c) EPÜ kam die Einspruchsabteilung zum Schluss, dass die Änderung im Anspruch 3 des Hauptantrags die Berichtigung eines offensichtlichen Fehlers darstellte.

Die Einspruchsabteilung gelangte zudem zur Auffassung, dass der beanspruchte Gegenstand gemäß Hauptantrag gegenüber den Dokumenten (1) und (2) neu sei.

Bei der Analyse der erfinderischen Tätigkeit ging die Einspruchsabteilung vom Dokument (2) als nächstliegendem Stand der Technik aus und definierte die zu lösende Aufgabe darin, ein Verfahren bereitzustellen, das ausgehend von Olefin, Lösemittel, Zeolith-Katalysatoren und Wasserstoffperoxid ein Epoxid liefere. Die Einspruchsabteilung sah diese Aufgabe als erfolgreich gelöst an. Allerdings sei die im Streitpatent beanspruchte Lösung naheliegend, da zu erwarten sei, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen, nämlich der Erhalt des Gemisches (G1) ausgehend von einem Gemisch (G0) und die unvollständige Absorption des Propens gemäß Schritt (c), die Bildung von Epoxiden nicht beeinträchtigen würden.

Bezüglich der Hilfsanträge 1 und 2 war die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass die Erfordernisse der Regel 57a EPÜ 1973 (die Regel 80 EPÜ 2000 entspricht) und des Artikels 84 EPÜ nicht erfüllt seien.

VI. Die Beschwerdeführerin legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein und reichte mit der Beschwerdebegründung fünf Hilfsanträge ein.

Im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 wurde gegenüber dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag (vgl. obigen Punkt IV) der Schritt (c) wie folgt eingeschränkt:

"(c) das Gemisch (G1) wird unter Erhalt der Gemische (G2) und (G3) in wenigstens einer Absorptionskolonne mit einem fluiden Medium, welches wenigstens Lösungsmittel aufweist, in Kontakt gebracht, wobei das Gemisch (G3) einen Teil des nicht-umgesetzten Propens und Sauerstoff, das Gemisch (G2) Lösungsmittel und Rest-Propen aufweist, wobei nur ein Teil des in (G1) enthaltenen, nicht-umgesetzten Propens durch das fluide Medium innerhalb der wenigstens einen Absorptionskolonne absorbiert wird, so dass das nach dem Waschvorgang verbleibende gasförmige Gemisch (G3) weiterhin Propen aufweist, wobei die aus dem Gemisch (G1) entfernte Menge an nicht- umgesetzten Propen dadurch begrenzt ist, dass das verbleibende Gemisch (G3) nicht zündfähig werden darf, und

wobei das abgetrennte nicht-umgesetzte Propen und Sauerstoff aufweisende Gemisch (G3) ein Verhältnis von Sauerstoff und Propen aufweist, durch welches das Gemisch (G3) nicht zündfähig ist und

wobei das Gemisch (G2) wenigstens einer Umsetzung von Propen mit Hydroperoxid zugeführt wird."

Gemäß Hilfsantrag 2 wurde gegenüber Hilfsantrag 1 der Anspruch 1 weiter eingeschränkt, indem das in Schritt (c) eingesetzte Gemisch (G1) als gasförmig definiert wurde.

Im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 wurde gegenüber dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 zusätzlich im Schritt (b) das Merkmal "aus Gemisch (G0)" durch "aus dem aus Schritt (a) hervorgegangenen Gemisch (G0)" ersetzt.

Hilfsantrag 4 unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, dass die Merkmale des Anspruchs 3 in den Anspruch 1 aufgenommen wurde. Zudem wurden die Ansprüche 3 und 4 gemäß Hauptantrag gestrichen, und die darauf folgenden Ansprüche umnummeriert.

Hilfsantrag 5 wurde im Vergleich zu Hilfsantrag 4 dahingehend eingeschränkt, dass in Anspruch 1 diejenigen Merkmale aufgenommen wurden, die auch in den Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 aufgenommen wurden.

VII. Mit Schreiben vom 8. September 2008 brachte die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) Gegenargumente vor.

VIII. Am 13. September 2011 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

IX. Die Argumente der Beschwerdeführerin, soweit sie für die vorliegende Entscheidung relevant sind, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Bezüglich des auf Artikel 100(c) EPÜ gestützten Einwands führte die Beschwerdeführerin an, dass der Ersatz von dem Ausdruck "gemäß vor Schritt (b)" im Anspruch 3 wie ursprünglich eingereicht durch den Ausdruck "gemäß Schritt (b)" im Anspruch 3 wie erteilt zulässig sei, da beide Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Berichtigung des Anspruchs nach Regel 139 EPÜ erfüllt seien, nämlich, es sei sofort erkennbar, dass ein Fehler vorliege und dass nichts anderes habe beabsichtigt sein können als das, was als Berichtigung vorgeschlagen worden sei.

Bei der Erörterung der Frage der Neuheit der im Streitpatent beanspruchten Gegenstände führte die Beschwerdeführerin aus, dass die Dokumente (1) und (2) Verfahren offenbarten, in denen schon während der Epoxidation ein Propen, Propylenoxid und Lösungsmittel enthaltendes Gemisch sowie ein Propylenoxid, Propen und Sauerstoff enthaltender Abgasstrom entstünden. Dagegen sei gemäß Anspruch 1 des Streitpatents ein Verfahren beschrieben, in dem in einem ersten Schritt (a) ein Gemisch erhalten werde, das neben Propen, Propylenoxid und Lösungsmittel zusätzlich auch Sauerstoff und Hydroperoxid aufweise, gefolgt von einem weiteren Schritt (b), in dem Propylenoxid abgetrennt werde.

Zudem hob die Beschwerdeführerin hervor, dass ein wesentlicher Unterschied gegenüber den Dokumenten (1) und (2) in dem Merkmal gemäß Schritt (c) "wobei das abgetrennte nicht-umgesetzte Propen und Sauerstoff aufweisende Gemisch (G3) ein Verhältnis von Sauerstoff zu Propen aufweist, durch welches das Gemisch (G3) nicht zündfähig ist" zu sehen sei. Dieses Merkmal schließe zwar die Zugabe von weiteren Inertgasen nicht aus, allerdings müsse die Nichtzündfähigkeit durch das Verhältnis von Propen und Sauerstoff im binären Ursprungsgemisch gewährleistet sein, das heißt unabhängig davon, ob weitere Komponente zugemischt worden seien oder nicht. Es sei dem Fachmann bekannt, beispielsweise aus den Explosionsdiagrammen auf Seite 244 der Entgegenhaltung (6), welche Werte dabei einzustellen seien.

Bei ihrer Analyse der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag argumentierte die Beschwerdeführerin, dass ausgehend von dem Dokument (2) als nächstliegendem Stand der Technik die Aufgabe darin bestünde, ein Verfahren zur Epoxidation von Propen bereitzustellen, bei dem der Einsatz eines Inertgases nicht erforderlich sei. Diese Aufgabe werde durch eine unvollständige Absorption des Propens in Schritt (c) des Verfahrens gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags gelöst. Dadurch könne der apparative Aufwand deutlich verringert werden. Eine solche Maßnahme sei in keiner der Entgegen haltungen nahegelegt. Insbesondere offenbare Dokument (6) lediglich die Explosionsgrenzen von mehreren Gasmischungen, unter anderem eines Systems aus Propen, Sauerstoff und Methan. Es werde aber nicht nahegelegt bei dem Verfahren gemäß Dokument (2) auf eine Zufuhr von Methan zu verzichten. Außerdem hätte sich der Fachmann im Hinblick auf das Dokument (6) andere Möglichkeiten zur Lösung der Aufgabe ausdenken können, wie zum Beispiel den Austausch von Methan gegen andere Inertgase wie Stickstoff oder Propan. Entscheidend sei, ob ein Fachmann die erforderlichen Anpassungen in naheliegender Weise gemacht hätte, und nicht, ob er sie hätte machen können.

In dem jeweiligen Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 seien vor allem zusätzliche Verfahrensmerkmale in Schritt (c) eingeführt worden, um klar zu stellen, dass ein kausaler Zusammenhang bestehe, zwischen der Menge an Propen, die aus dem Gemisch (G1) entfernt werden dürfe, und der Vermeidung der Zündfähigkeit des Gemischs (G3). Dadurch seien Ausführungsformen ausgeschlossen, bei denen in den Gemischen (G1) und (G3) nur geringe Mengen an Propen im Vergleich zu anderen, eventuell vorhandenen Inertgasen enthalten seien. Im Stand der Technik finde sich kein Hinweis auf ein gezieltes Auswaschen von einem bestimmten Anteil an Propen. Das zusätzliche Merkmal "dem aus Schritt (a) hervorgegangenen" wurde zudem in den Schritt (b) gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 eingefügt, um klarzustellen, dass es sich bei den Schritten (a) und (b) um zwei getrennte Schritte des Verfahrens handele. Folglich sei auch für die Hilfsanträge 1 bis 3 eine erfinderische Tätigkeit anzuerkennen.

Bezüglich des Hilfsantrags 4 definierte die Beschwerdeführerin die Aufgabe darin, ein Verfahren zur Epoxidation von Propen mit Hydroperoxid bereitzustellen, bei dem trotz unvollständigem Umsatz von Hydroperoxid eine möglichst hohe Ausbeute erzielt werde. Dieses sei keine künstliche Aufgabe: eine unvollständige Reaktionsführung sei durchaus sinnvoll, um zu vermeiden, dass vermehrt Zersetzungs- und unerwünschte Nebenprodukte entstünden. Diese Aufgabe werde durch eine effiziente und einfache Rückführung und Wiederverwertung von nicht-umgesetztem Propen und nicht-umgesetztem Hydroperoxid gemäß den Schritten (d) und (e) gelöst. Die nun beanspruchte Kaskade von Verfahrensmaßnahmen sei durch das Dokument (2) nicht nahegelegt, da darin keinerlei Angaben zur Abtrennung und Wiederverwertung von nicht-umgesetztem Hydroperoxid enthalten seien.

X. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Die Beschwerdegegnerin bestritt nicht, dass bei der im Anspruch 3 in der ursprünglich eingereichten Fassung befindlichen Formulierung "das Gemisch (G4) räumlich in die Abtrennung gemäß vor Schritt (b) zurückgeführt wird" offensichtlich eines der Worte "gemäß" oder "vor" überzählig sei. Allerdings sei es nicht sofort erkennbar welche Berichtigung vorzunehmen sei, da beide Lesarten vom Fachmann technisch sinnvoll verstanden werden könnten. In Verbindung mit dem Adjektiv "räumlich" sei die Streichung von "gemäß" sogar die aus sich plausiblere Möglichkeit, da Schritt (b) gemäß Anspruch 1 selbst keinerlei räumliche Angaben enthalte und nur der Ausdruck "vor Schritt (b)" eine räumliche Angabe mache. Durch die offene Formulierung von Anspruch 1 sei ein zusätzlicher vorgeschalteter Trennungsschritt auch nicht ausgeschlossen. Die Beschreibung beziehe sich sogar auf eine spezifische Ausführungsform mit zwei nacheinander geschalteten Destillationskolonnen (2) und (5) (siehe auch Figur 1). Daher sei die Festlegung auf die Alternative "gemäß" im erteilten Anspruch 3 unter Artikel 100(c) EPÜ zu beanstanden.

Ferner trug die Beschwerdegegnerin vor, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Streitpatent nicht neu gegenüber den Dokumenten (1) und (2) sei. Der Wortlaut dieses Anspruchs erfordere nicht, dass die Schritte (a) und (b) räumlich oder zeitlich voneinander getrennt erfolgen müssen. Daher seien die in den Dokumenten (1) und (2) offenbarten kontinuierlichen Epoxidierungs verfahren, wobei ein Propylenoxid enthaltendes Reaktionsgemisch sowie ein Propen und Sauerstoff enthaltender Strom die Epoxidationszone verließen, mit umfasst.

Auch könne Schritt (c) nicht als neuheitsbegründend angesehen werden. Durch die offene Formulierung des Anspruchs könne das Gemisch (G3) neben Sauerstoff und Propen auch noch weitere Inertgase wie Propan oder Ethan enthalten. Es bestünde sogar die Möglichkeit, dass der Anteil an weiteren Inertgasen viel höher als der Anteil an Propen sei, und dass das Gemisch dann in jedem Fall, d.h. unabhängig von dem Verhältnis von Sauerstoff zu Propen, nicht zündfähig sei. Die funktionelle Definition des Verhältnisses von Sauerstoff zu Propen in Anspruch 1 des Streitpatents habe damit keine auf den Gegenstand des Anspruchs beschränkende Wirkung, die über das Merkmal hinausgehe, dass das Gemisch (G3) nicht zündfähig sei. Dies gehe auch aus der Beschreibung des Streitpatents Absatz [0019] hervor. Die Eigenschaft der Nichtzündfähigkeit sei bei den entsprechenden Strömen gemäß den Dokumenten (1) und (2) erfüllt. Auch seien zumindest noch geringe Reste an Propen zwangsläufig enthalten, da die Absorption von Propen in einem Lösungsmittel als Gleichgewichtsprozess nie vollständig sein könne. In Dokument (1) sei auch diesbezüglich eine explizite Offenbarung enthalten (Seite 6, Zeilen 4 bis 7).

Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass das Verfahren des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag, insofern es gegenüber der Druckschrift (2) neu sein sollte, darüber hinaus nicht erfinderisch sei. Die zu lösende Aufgabe könne als die Bereit stellung eines weiteren Verfahrens zur Epoxidation von Propen unter Vermeidung von explosiven Mischungen formuliert werden. Die beanspruchte Lösung sei unter anderem durch das Dokument (6) nahegelegt, da daraus zu entnehmen sei, dass Propen und Methan in Bezug auf die Zündfähigkeit bei Mischungen mit Sauerstoff gleich wirken (siehe Seite 244, Bild 6). Ein Austausch von dem im Dokument (2) verwendetem Inertgas Methan gegen Propen wäre daher naheliegend. Aus den gleichen Gründen seien die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 auch nicht erfinderisch.

Im Hinblick auf Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 wiederholte die Beschwerdegegnerin ihren Einwand unter Artikel 100(c) EPÜ in Verbindung mit Artikel 123(2) EPÜ, stellte aber fest, dass der Schluss der Kammer in dieser Frage zum Anspruch 3 des Hauptantrags auch hier zutreffe.

Die Beschwerdegegnerin erhob keine Einwände unter Regel 80 EPÜ oder unter den Artikeln 123(3), 84 und 54 EPÜ gegen den Gegenstand des Hilfsantrags 4, stellte jedoch die erfinderische Tätigkeit in Frage. Die von der Beschwerdeführerin definierte Aufgabe sei dem Streitpatent nicht zu entnehmen. Zudem sei es für den Fachmann selbstverständlich, dass eventuell vorhandenes nicht-umgesetztes Hydroperoxid weiter mit Propen reagiert werde. So werde beispielsweise in dem Dokument (2) ein Propen enthaltendes Gemisch über Leitung 7 in eine Umsetzung mit Hydroperoxid in die Zone C zurückgeführt. Dem Gegenstand des Anspruchs 1 mangele es somit an erfinderischer Tätigkeit.

XI. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents im erteilten Umfang, oder hilfsweise die Aufrechterhaltung in geänderter Form auf der Grundlage eines der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 5.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

XII. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag

2.1 Einwand gestützt auf Artikel 100(c) EPÜ

Anspruch 3 in der ursprünglich eingereichten Fassung betrifft ein Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei Schritt (e) wie folgt lautet (Hervorhebung hinzugefügt):

"(e) das Gemisch (G4) räumlich in die Abtrennung gemäß vor Schritt (b) zurückgeführt wird"

Im Anspruch 3 des Streitpatents wurde diese Formulierung wie folgt geändert (vgl. obigen Punkt IV; Hervorhebung hinzugefügt):

"(e) das Gemisch (G4) räumlich in die Abtrennung gemäß Schritt (b) zurückgeführt wird".

Im vorliegenden Fall muss geklärt werden, ob es sich bei dieser Änderung um eine zulässige Berichtigung im Sinne der Regel 139 EPÜ handelt.

Die Parteien waren sich darüber einig, dass in der ursprünglichen Formulierung offensichtlich ein Fehler vorliegt und dass eines der Worte "gemäß" oder "vor" überzählig ist. Damit sind rein sprachlich zwei Berichtigungen denkbar, nämlich, die oben aufgeführte Variante (i) (Streichung von "vor") und folgende Variante (ii) (Streichung von "gemäß"):

"(e) das Gemisch (G4) räumlich in die Abtrennung vor Schritt (b) zurückgeführt wird"

Nach Verständnis der Kammer kann sich der bestimmte Artikel "die" im Schritt (e) des ursprünglichen Anspruchs 3 in Zusammenhang mit dem Rückbezug auf Anspruch 1 nur auf eine bestimmte, in Anspruch 1 genannte Abtrennung beziehen. Da jedoch im Anspruch 1 keine Abtrennung vor Schritt (b) definiert wird, scheidet die obengenannte Alternative (ii) aus. Mit anderen Worten, auch wenn die Alternative (ii) für sich alleine betrachtet sinnvoll erscheint, ist sie mit dem Wortlaut des Anspruchs 1 nicht vereinbar.

Die Argumentation der Beschwerdegegnerin, wonach nur der Ausdruck "vor Schritt (b)" eine räumliche Angabe macht, überzeugt nicht. Auch bei der Formulierung "in die Abtrennung gemäß Schritt (b) zurückgeführt" wird durch die Verwendung der Präposition "in" eine räumliche Angabe bezüglich der Rückführung des Gemisches (G4) gemacht.

Die Alternative (i) ist auch im Einklang mit den entsprechenden Offenbarungen auf Seite 14, Zeilen 10 bis 13 der ursprünglich eingereichten Beschreibung (vgl. auch Figur 1). Die einschlägige Passage lautet wie folgt (Hervorhebung hinzugefügt):

"Im Rahmen der Erfindung wird Gemisch (G4) jedoch bevorzugt vollständig in Kolonne (5) überführt und dort mit der Kopffraktion aus Kolonne (2) vereint.

Mit dem Gemisch in Kolonne (5) wird wie oben beschrieben verfahren."

Wie einer früheren Passage der ursprünglichen Beschreibung zu entnehmen ist, wird in der Kolonne (5) über die Sumpffraktion Propylenoxid abgezogen, und über die Kopffraktion ein Gemisch (G1) abgeführt, das im wesentlichen nicht-umgesetztes Propen und Sauerstoff aufweist (Seite 11, Zeile 26 bis Seite 12, Zeile 6). Das heißt es wird im Einklang mit der Alternative (i) in der Kolonne (5) eine Abtrennung gemäß Schritt (b) durchgeführt.

Im vorliegenden Fall ist daher die Bedingung einer zulässige Korrektur im Sinne von Regel 139 EPÜ, dass sofort erkennbar ist, dass nichts anderes beabsichtigt sein konnte als das, was als Berichtigung vorgeschlagen wurde, erfüllt. Die Streichung von "vor" entsprechend der obigen Alternative (i) unterliegt damit keiner Beanstandung im Hinblick auf Artikel 100(c) EPÜ.

2.2 Neuheit (Artikel 52(1) und 54 EPÜ)

2.2.1 Die Beschwerdegegnerin hat ihre Neuheitseinwände auf die Dokumente (1) und (2) gestützt. Es ist unstrittig, dass das Dokument (1) gemäß Artikel 54(3) EPÜ und Artikel 54(4) EPÜ 1973 nur für die Beurteilung der Neuheit heranzuziehen ist.

2.2.2 Die Diskussion der Neuheit in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer konzentrierte sich auf die Frage, ob das Merkmal in Schritt (c) "wobei das abgetrennte nicht-umgesetzte Propen und Sauerstoff aufweisende Gemisch (G3) ein Verhältnis von Sauerstoff zu Propen aufweist, durch welches das Gemisch (G3) nicht zündfähig ist" (Hervorhebung hinzugefügt) als neuheitsbegründend gegenüber den Dokumenten (1) und (2) gesehen werden kann.

Diese funktionelle Definition bringt zum Ausdruck, dass das Verhältnis von Sauerstoff zu Propen ursächlich für die Nichtzündfähigkeit des Gemischs (G3) sein muss. Wie aus dem Dokument (6) zu entnehmen ist, ist es dem Fachmann bei binären Mischungen bestehend aus Sauerstoff und Propen bekannt, welche Grenzwerte dabei nicht überschritten werden dürfen (siehe Abbildungen auf Seite 244). In dem anspruchsgemäßen Bereich wird so die Nichtzündfähigkeit unabhängig von der Anwesenheit weiterer Komponenten gewährleistet. Dagegen werden durch die strittige Definition alle Mischungen mit höheren Werten für das Verhältnis von Sauerstoff zu Propen ausgeschlossen, auch wenn die Mischung durch eine hohe Konzentration weiterer Komponenten doch nicht zündfähig ist. Nach Überzeugung der Kammer ist die strittige Definition in diesem Sinne als ein technisch sinnvolles, einschränkendes Merkmal auszulegen, und nicht lediglich mit einer Nichtzündfähigkeit des Gemischs (G3) als ganzes gleich zu setzen, wie von der Beschwerdegegnerin argumentiert wurde. Der von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte Widerspruch zwischen Anspruch und Beschreibung (vgl. Absatz [0019]) ist als Klarheitseinwand zu werten, der keinen Einspruchsgrund darstellt.

2.2.3 In einer bevorzugten Ausführungsform von Dokument (1) wird bei der Absorptionsstufe ein Abgasstrom (16) ausgeschleust, der neben einem Inertgas noch Sauerstoff, sowie geringe Mengen an Propen und Lösungsmittel enthält; die Menge an eingeleitetem Inertgas wird so gewählt, dass der Abgasstrom (16) nicht mehr zündfähig ist (siehe Seite 6, Zeilen 4 bis 7 und Anspruch 1). Wie das Gemisch (G3) weist demnach der Abgasstrom (16) Propen und Sauerstoff auf. Allerdings wird im Dokument (1) kein Verhältnis für diese zwei Komponenten angegeben.

In der Absorptionsstufe gemäß Dokument (2) wird Propen effektiv absorbiert. Um die Entstehung eines entflammbaren Sauerstoffgemischs zu vermeiden, wird Methan eingeleitet, und ein Gemisch aus Methan und Sauerstoff fließt zurück zur Oxidationszone (vgl. Spalte 2, Zeilen 54 bis 56; Spalte 4, Zeilen 42 bis 46 sowie Spalte 3, Zeilen 11 bis 13 und 29 bis 32). Eine mögliche Anwesenheit von Propen in diesem Gemisch wird in Dokument (2) nirgendwo erwähnt.

Daher kommt die Kammer zu dem Schluss, dass sich das im Streitpatent beanspruchte Verhältnis von Sauerstoff zu Propen nicht unmittelbar und eindeutig aus den Dokumenten (1) und (2) ableiten lässt.

2.2.4 Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu. Gleiches gilt für den Gegenstand der abhängigen Ansprüche 2 bis 6.

2.3 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 52(1) und 56 EPÜ)

2.3.1 Die Kammer betrachtet im Einklang mit der Einspruchsabteilung, der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin das Dokument (2) als nächstliegenden Stand der Technik.

Dieses Dokument offenbart ein Verfahren zur Epoxidation eines Olefins mit Wasserstoffperoxid (siehe Anspruch 1).

In der Einleitung von Dokument (2) wird ausgeführt, dass es während der Epoxidation zu einer gewissen Wasserstoffperoxidzersetzung kommt, die mit der Bildung von Sauerstoff abläuft. Es wird ferner offenbart, dass dieser Sauerstoff mit Propen aus der Epoxidationszone gespült werden kann, um die Bildung gefährlicher Mischungen zu verhindern. Allerdings sei es wichtig, um erhebliche wirtschaftliche Einbussen zu vermeiden, dass das Spülgasgemisch aus der Epoxidationszone sicher und effektiv behandelt wird, um die verschiedenen Komponenten zurückzugewinnen (Spalte 1, Zeilen 23 bis 33).

Eine bevorzugte Ausführungsform wird in den Spalten 2 bis 4 sowie in der Begleitzeichnung von Dokument (2) beschrieben. So wird in der Zone C Propen in Gegenwart eines Silicalit-Katalysators mit Wasserstoffperoxid in Anwesenheit von Wasser und Isopropanol umgesetzt, um nach bekannten Reaktionsabläufen Propylenoxid herzustellen (Spalte 2, Zeilen 27 bis 35; Spalte 3, Zeile 46 bis Spalte 4, Zeile 2). Die Reaktionsmischung enthält außerdem Sauerstoff, der in Zone C durch Zersetzung von Wasserstoffperoxid entsteht (Spalte 4, Zeilen 28, 29). Somit enthält die Reaktionsmischung nach Dokument (2) alle Komponente des im Schritt (a) von Anspruch 1 des Streitpatents definierten Gemischs (G0).

Die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass die Reaktionsmischung in Dokument (2) nicht zwingend nicht-umgesetztes Wasserstoffperoxid enthält, kann von der Kammer nicht geteilt werden, da davon ausgegangen werden muss, dass im Verlauf des im Dokument (2) offenbarten kontinuierlichen Verfahrens das über die Leitung 5 fließende Wasserstoffperoxid (Spalte 2, Zeilen 22, 23; Spalte 3, Zeilen 46 bis 50) nicht unmittelbar vollständig umgesetzt wird.

Aus der Zone C wird über die Leitung 8 ein Spülstrom, der Sauerstoff und Propen enthält, und über die Leitung 10 ein Propylenoxid enthaltendes flüssiges Reaktionsgemisch abgezogen (Spalte 2, Zeilen 36 bis 40; Spalte 4, Zeilen 3, 4 und 26 bis 32). Diese Abtrennung entspricht Schritt (b) von Anspruch 1 des Streitpatents.

Es wird in diesem Zusammenhang angemerkt, dass sich die Kammer nicht der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auslegung des Anspruchs 1 gemäß Streitpatent anschließen kann, wonach die Schritte (a) und (b) zeitlich voneinander getrennt erfolgen müssen. Aus dem Wortlaut dieses Anspruchs ergibt sich lediglich, dass das Verfahren diese Schritte aufweist, was in dem kontinuierlichen Verfahren nach Dokument (2) ebenfalls der Fall ist.

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass die Schritte (a) und (b) nach Anspruch 1 des Streitpatents in dem Dokument (2) bereits offenbart sind.

Was den Absorptionsschritt angeht (vgl. Schritt (c) nach Anspruch 1 des Streitpatents), wird im Verfahren nach Dokument (2) der Propen/Sauerstoff-Spülstrom über die Leitung 8 zu der Absorptionszone 9 geleitet. Hier absorbiert ein Gemisch aus flüssigem Isopropanol und Wasser das Propen aus dem Spülstrom. Der dabei entstehende flüssige Strom wird über die Leitung 7 zur Epoxidationszone C geführt, wo das Propen einer weiteren Epoxidation unterzogen wird (Spalte 2, Zeile 45 bis Spalte 3, Zeile 1; Spalte 4, Zeilen 26 bis 41).

Ein Verdünner aus einem Inertgas, vorzugsweise Methan, wird über die Leitung 17 in ausreichender Menge in die Zone 9 geleitet, um die Entstehung entflammbarer Sauerstoffgemische zu verhindern. Ein Strom aus Methan und Sauerstoff wir über die Leitung 3 abgezogen (Spalte 3, Zeilen 5 bis 13; Spalte 4, Zeilen 42 bis 46; siehe auch Ansprüche 1 bis 3 und Spalte 1, Zeilen 43 bis 47).

2.3.2 Ausgehend von diesem Stand der Technik soll laut Vortrag der Beschwerdeführerin dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde liegen, ein Verfahren zur Epoxidation von Propen bereitzustellen, bei dem der Einsatz eines Inertgases nicht erforderlich sei.

Mit dieser Formulierung der Aufgabe wird allerdings in unzulässiger Weise ein Teil der erfindungsgemäßen Lösung bereits in die Aufgabenstellung miteinbezogen. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist die Aufgabe aber so zu formulieren, dass sie keine Lösungsansätze enthält. In diesem Zusammenhang ist auch festzustellen, dass es für die Formulierung der Aufgabe als überflüssig erachtet wird, die Vermeidung von explosiven Mischungen einzubeziehen, wie von der Beschwerdegegnerin vorgeschlagen wurde, da dieses Ziel besonders bei einem großtechnischen Verfahren als Selbstverständlichkeit gelten muss.

Aus diesem Grunde wird die Aufgabe darin gesehen, ein weiteres Verfahren zur Epoxidation von Propen bereitzustellen.

2.3.3 Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags vor, welches durch die unvollständige Absorption des Propens gemäß Schritt (c), um die Bildung zündfähiger Sauerstoffmischungen zu verhindern, gekennzeichnet ist.

Durch die im Streitpatent enthaltenen Varianten 1 und 2 (siehe Absätze [0046] bis [0077]) ist es nach Auffassung der Kammer glaubhaft, dass diese Aufgabe durch das beanspruchte Verfahren tatsächlich gelöst wird.

2.3.4 Es bleibt nun zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, die genannte Aufgabe durch die Bereitstellung des anspruchsgemäßen Verfahrens zu lösen.

Wie aus den Ausführungen in dem obigen Punkt 2.3.1 bereits hervorgeht, entnimmt der Fachmann schon aus dem einleitenden Teil des Dokuments (2) die Lehre, dass Propen verwendet werden kann, um die Bildung gefährlicher sauerstoffhaltiger Mischungen zu verhindern. Die Spülung der Epoxidationszone mit Propen erfordert jedoch eine effektive Zurückgewinnung der Komponenten, um erhebliche wirtschaftliche Einbussen zu vermeiden. Dementsprechend wird bei dem Verfahren gemäß Dokument (2) das nicht-umgesetzte Propen vollständig absorbiert und zurückgeführt. Um das absorbierte Propen zu ersetzen, wird ein Inertgasverdünner wie Methan zugesetzt. So wird die Bildung von sauerstoffhaltigen Gasgemischen im entflammbaren Bereich verhindert.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass im Dokument (2) zwei Varianten explizit angesprochen werden, nämlich, die Verwerfung des Propens mit dem Propen/Sauerstoff-Spülstrom und dessen vollständige Absorption und Wiederverwertung.

Aus dem Dokument (6) ist dem Fachmann bekannt, bei welchen Verhältnissen von Sauerstoff zu Propen gearbeitet werden muss, um außerhalb des Explosionsbereichs zu bleiben, sowohl bei binären Sauerstoff/Propen-Mischungen als auch bei ternären Mischungen mit weiteren Alkanen wie beispielsweise Methan und Propan (siehe Seite 244, Bilder 6 und 7).

Als Kompromisslösung zwischen den zwei in Dokument (2) aufgezeigten Varianten bietet sich damit für den Fachmann eine Teilabsorption des Propens unmittelbar an, da er mit den Kenntnissen aus dem Dokument (6) ohne weiteres sicherstellen kann, dass für das verbleibende sauerstoffhaltige Gemisch die Zündgrenze nicht überschritten wird.

Folglich führt die Lehre des Dokuments (2), in Kombination mit der Lehre des Dokuments (6), den Fachmann zwanglos zum streitgegenständlichen Verfahren, ohne dass er erfinderische Anstrengungen unternehmen müsste.

2.3.5 Aus den folgenden Gründen kann das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit die Kammer nicht überzeugen.

So kann das Argument der Beschwerdeführerin basierend auf dem sogenannten "Could-would-approach" nicht greifen. Die Beantwortung der Frage, was der Fachmann getan hätte, hängt davon ab, welches Ergebnis er erreichen wollte. Wenn dieses Ergebnis nur in der Bereitstellung eines weiteren Verfahrens besteht, kann eine rein willkürliche Auswahl aus mehreren nahegelegten Lösungen nicht erfinderisch sein.

Die Kammer kann auch nicht erkennen, dass das beanspruchte Verfahren gegenüber dem Verfahren gemäß Dokument (2) zwangsläufig eine Vereinfachung der Apparatur mit sich bringt. So ist es davon auszugehen, dass bei dem Verfahren gemäß Streitpatent ein Mechanismus eingebaut werden muss, mit dem das gewünschte Verhältnis von Sauerstoff zu Propen im austretenden Gasstrom reguliert und kontrolliert werden kann. Zudem wird die Zugabe von weiteren Inertgasen, wie im Dokument (2) offenbart wird, vom Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Streitpatent nicht ausgeschlossen.

2.3.6 Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3. Hilfsanträge 1 bis 3

3.1 Regel 80 EPÜ und Artikel 123(2) und 84 EPÜ

Im Nachstehenden wird dargelegt, dass die Gegenstände der Ansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 keine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ aufweisen. Angesichts dieses Ausgangs des Beschwerdeverfahrens kann dahingestellt bleiben, ob die Ansprüche gemäß diesen Anträgen den Erfordernissen der Regel 80 EPÜ und der Artikel 123(2) und 84 EPÜ genügen.

3.2 Neuheit (Artikel 52(1) und 54 EPÜ)

Vorstehende Ausführungen unter Punkt 2.2 gelten gleichermaßen für die enger gefassten Hilfsanträge 1 bis 3. Folglich stehen die Dokumente (1) und (2) dem Gegenstand dieser Anträge nicht neuheitsschädlich entgegen.

3.3 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 52(1) und 56 EPÜ)

Die Beschwerdeführerin konnte nicht überzeugend erklären, wodurch sich die Analyse der erfinderischen Tätigkeit durch die gegenüber dem Hauptantrag eingeführten Merkmalen ändern würde. So trug sie vor, dass es sich bei den Änderungen im Wortlaut in Schritt (c) der jeweiligen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 im wesentlichen um eine Klarstellung handle. Sie bestritt auch nicht, dass eine Absorptionskolonne eine übliche Vorrichtung zur Abtrennung von gasförmigen Komponenten darstellt.

Bezüglich des zusätzlich in den Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 eingefügten Merkmals "dem aus Schritt (a) hervorgegangenen" kann die Kammer auch nicht erkennen, dass dieses einen parallelen Verlauf der Schritte (a) und (b) ausschließen würde, da auch in diesem Fall ein Gemisch, das aus Schritt (a) hervorgeht, gemäß Schritt (b) abgetrennt wird.

Demgemäß gelten die Ausführungen zum Hauptantrag unter Punkt 2.3 mutatis mutandis auch für die Hilfsanträge 1 bis 3.

Die Hilfsanträge 1 bis 3 sind folglich mangels erfinderischer Tätigkeit ebenfalls nicht gewährbar.

4. Hilfsantrag 4

4.1 Änderungen (Artikel 123 EPÜ in Verbindung mit Artikel 100(c) EPÜ)

Die geänderten Ansprüche erfüllen die Vorschriften des Artikels 123(2),(3) EPÜ:

Gegenüber dem erteilten Anspruch 1 ist der nun vorliegende Anspruch 1 durch Aufnahme weiterer Merkmale eingeschränkt worden.

Zudem stützt sich Anspruch 1 auf die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 3 und 7. Aus den gleichen Gründen, wie sie für Anspruch 3 des Hauptantrags dargelegt wurden (siehe obigen Punkt 2.1), ist Schritt (e) gemäß Anspruch 1 nicht als in unzulässiger Weise geändert anzusehen.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2, 5 und 6.

4.2 Neuheit (Artikel 52(1) und 54 EPÜ)

Die Neuheit des Gegenstands von Hilfsantrag 4 wurde von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten. Da auch die Kammer diesbezüglich keinen Einwand erkennen kann, erübrigen sich weitere Ausführungen hierzu.

4.3 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 52(1) und 56 EPÜ)

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 wird gegenüber dem Anspruch 1 des Hauptantrags durch zwei weitere Schritte (d) und (e) gekennzeichnet.

Wie beim Hauptantrag wird das Dokument (2) als nächstliegenden Stand der Technik angesehen.

Gemäß den Ausführungen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer liegt diesem Antrag die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Epoxidation von Propen mit Hydroperoxid bereitzustellen, bei dem trotz unvollständigem Umsatz von Hydroperoxid eine möglichst hohe Ausbeute erzielt werde.

In Bezug auf den Einwand der Beschwerdegegnerin, dass diese Aufgabe dem Streitpatent nicht zu entnehmen sei, ist anzumerken, dass Regel 42(1)(c) EPÜ nicht verlangt, dass eine technische Aufgabe in der Beschreibung ausdrücklich genannt werden muss, sondern nur dass sie verstanden werden kann. Im vorliegenden Fall lässt sich die von der Beschwerdeführerin definierte Aufgabe aus der als Variante 1 bezeichnete Verfahrensführung (siehe auch schematische Darstellung in Figur 1), herleiten, da darin die Rückführung und Wiederverwertung von nicht-umgesetztem Propen und nicht-umgesetztem Hydroperoxid beschrieben wird. Beide Maßnahmen dienen offensichtlich der Ausbeutemaximierung.

Zur Lösung der obengenannten Aufgabe schlägt der Hilfsantrag 4 das Verfahren gemäß Anspruch 1 vor, welches durch die Schritte (d) und (e) gekennzeichnet ist, in denen das noch vorhandene nicht-umgesetzte Hydroperoxid zu Propylenoxid umgesetzt wird und das entstandene Gemisch in die Abtrennung gemäß Schritt (b) zurückgeführt wird.

Angesichts der im Streitpatent aufgeführten Variante 1 (siehe Absätze [0046] bis [0066]) hat die Kammer keine Veranlassung zu zweifeln, dass die genannte Aufgabe durch das nun beanspruchte Verfahren tatsächlich gelöst wird.

Es bleibt nun zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, die genannte Aufgabe durch die Bereitstellung der anspruchsgemäßen Verfahren zu lösen.

Entgegen der Angaben der Beschwerdegegnerin ist bei dem Verfahren gemäß Dokument (2) nicht-umgesetztes Hydroperoxid nur in der Epoxidationszone C enthalten und nicht in den Strömen die daraus abgezogen werden. Das Dokument (2) lässt daher jeglichen Hinweis darauf, wie bei unvollständigem Umsatz von Hydroperoxid das nicht-umgesetztes Hydroperoxid in den abgetrennten Strömen wiederverwertet werden soll, vermissen. Folglich enthält das Dokument (2) auch keine Anregung eine Verfahrensführung zu wählen, wobei nicht-umgesetztes Hydroperoxid und nicht-umgesetztes Propen in dem Gemisch (G2) vereinigt und zu Propylenoxid umgesetzt werden, mit anschließender Rückführung in die Abtrennung gemäß Schritt (b). Das Dokument (2) allein vermag somit die anspruchsgemäße Lösung nicht nahezulegen.

Es wurden keine weiteren Druckschriften von der Beschwerdegegnerin angezogen, um die erfinderische Tätigkeit in Frage zu stellen.

Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 dem Fachmann durch den Stand der Technik nicht nahegelegt wird und damit auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 betreffen weitere Ausgestaltungen des Herstellungsverfahrens gemäß Anspruch 1 und werden von dessen Patentfähigkeit getragen.

5. Da der Hilfsantrag 4 die Erfordernisse des EPÜ erfüllt, kann diesem Antrag stattgegeben werden. Eine Entscheidung über den nachrangigen Hilfsantrag 5 erübrigt sich somit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit folgenden Ansprüchen und einer noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten:

Ansprüche Nr. 1 bis 4 des mit der Beschwerdebegründung vom 27. April 2008 eingereichten Hilfsantrags 4.

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