European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2011:T038008.20110124 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 24 Januar 2011 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0380/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 98120104.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | C23C 4/12 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zum thermischen Beschichten von Substratwerkstoffen | ||||||||
Name des Anmelders: | Linde AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | L'AIR LIQUIDE, S.A. A DIRECTOIRE ET CONSEIL DE SURVEILLANCE POUR L'ETUDE ET L'EXPLOITATION DES PROCEDES GEORGES CLAUDE | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (alle Anträge - nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung das europäische Patent Nr. 0 911 425 zu widerrufen, Beschwerde eingelegt.
II. In der vorliegenden Entscheidung sind folgende Dokumente aus dem Einspruchsverfahren zitiert:
E1 = WO-A-95 07768
E2 = DE-A-26 46 554
E4 = EP-A-0 484 533
E8 = Matheson Tri Gas, McGraw-Hill 2001 Chapter 108 Nitrogen, Seite 596
E9 = Kirk-Othmer Encyclopedia of Chemical Technology, 1992, Seite 155
E10 = Nouveau traité de chimie minérale, Band X, Masson et Cie, Paris, 1956, Seite 69
E11 = Encyclopædia Britannica, Band 16, Seite 538
E14 = US-A-4 815 414
sowie folgende Dokumente aus dem Beschwerdeverfahren:
F1 = Helmut Schmidt Universität Hamburg "The Cold Spray Process and its Optimization", 2006
F2 = Helmut Schmidt Universität Hamburg "Window of Deposition", 2008.
III. Der Einspruch gegen das Streitpatent war unter Artikel 100 a) EPÜ, wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit eingelegt worden.
Die Einspruchsabteilung entschied, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrages gegenüber der Lehre von E1 als nicht erfinderisch betrachtet wird, während die Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags, beide Anträge wie in der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2007 eingereicht, die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ nicht erfüllen.
IV. Mit Bescheid vom 8. Oktober 2010, als Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung vor der Kammer, teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung im Hinblick auf die Ansprüche 1-5 des mit der Beschwerdeschrift vom 14. Februar 2008 eingereichten einzigen Antrags mit.
Dabei führte die Kammer unter anderem im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit aus, dass sich das Verfahren nach Anspruch 1 vom Kaltgasspritzverfahren nach dem nächstkommenden Stand der Technik E1 dadurch unterscheide, dass Stickstoff das Trägergas sei, da der Fachmann unter Berücksichtigung seines allgemeinen Fachwissens im Bereich des Endwertes von 327ºC - der mit jenem von 300-800ºC Anspruch 1 im Bereich von 300-327ºC überlappe - des Temperaturbereiches von 27-327ºC gemäß E1 arbeiten würde, weil sich damit auf einfache Weise höhere Geschwindigkeiten des zweiphasigen Stromes erreichen lassen.
Wenn nun das Kaltspritzverfahren, gemäß E1, mit Luft (welche 78.10 Vol.% Stickstoff und 20.93 Vol.% Sauerstoff nebst anderen Bestandteilen enthält) und einer Gastemperatur im Bereich von 300-327ºC angewandt werde, dann sollte, wenn z.B. Cu-Pulver verspritzt wird, die damit erhaltene Cu-Beschichtung einen höheren - unerwünschten - Oxidgehalt als die Cu-Beschichtung gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 des einzigen Antrags aufweisen.
Andererseits, wenn gemäß E1 ein Inertgas, wie z.B. Ar oder He, bei derselben Temperatur zum Spritzen von Cu-Pulver eingesetzt wird, dann sollte die damit erhaltene Cu-Schicht einen vergleichbaren - geringen - Oxidgehalt wie jene Schicht aufweisen, die gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 erzielt werde. Diese Schicht sollte dann, sofern vergleichbare Geschwindigkeiten angewandt werden, auch eine vergleichbare Haftfestigkeit, Festigkeit, Härte, Porosität etc. aufweisen.
Unter Berücksichtigung dieser Annahmen könne die objektive technische Aufgabe ausgehend von E1 und der Verwendung von Inertgasen als Trägergas - wie von der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung erachtet (siehe Punkt 2.3 der Gründe) - tatsächlich darin gesehen werden, ein weiteres Kaltspritzverfahren zur Verfügung zu stellen.
Andererseits könne die objektive Aufgabe ausgehend von E1 und der Verwendung von Luft als Trägergas darin gesehen werden, den Oxidgehalt der zu erzeugenden Schicht zu senken und dadurch deren Qualität zu verbessern.
Es werde daher zu diskutieren sein, ob der Fachmann im Hinblick auf diese Aufgaben aufgrund seines allgemeinen Fachwissens zur Lösung gemäß Anspruch 1 kommen würde.
Es werde auch zu diskutieren sein, ob F1 und F2 geeignet seien, die behaupteten Verbesserungen der Haftfestigkeit bzw. Festigkeit der aufgespritzten Schichten aufgrund der Verwendung von Stickstoff als Trägergas zu belegen.
V. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 reichte die Beschwerdeführerin einen geänderten Hauptantrag sowie die zusätzlichen Hilfsanträge 1-3 zusammen mit Argumenten betreffend die Gewährbarkeit der vorgenommenen Änderungen sowie die erfinderische Tätigkeit der damit beanspruchten Verfahren ein.
VI. Am 24. Januar 2011 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Zunächst wurde die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Verfahrens gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags auf der Basis der Dokumente E1, E2, E4, E8-E11 und E14 diskutiert. Anschließend wurde die Zulässigkeit der Änderungen in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 sowie die Frage der erfinderischen Tätigkeit dieses Verfahrens im Hinblick auf E1 sowie das allgemeine Fachwissen diskutiert. Im Anschluss an die Diskussion des Hilfsantrags 1 zog die Beschwerdeführerin den Hilfsantrag 2 zurück. Schließlich wurde die erfinderische Tätigkeit des Verfahrens nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 im Lichte von E1 und dem allgemeinen Fachwissen diskutiert.
a) Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Basis eines der Anspruchssätze, eingereicht als Hauptantrag und als Hilfsanträge 1 und 3 mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2010.
b) Die Beschwerdegegnerin beantragte die Beschwerde zurückzuweisen.
Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.
VII. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"1. Verfahren zum Beschichten von Substratwerkstoffen durch thermisches Spritzen, wobei ein pulverförmiger Zusatzwerkstoff mittels eines Gases auf die zu beschichtende Oberfläche des Substratwerkstoffes geleitet wird, ohne dass die Pulverpartikel des Zusatzwerkstoffes im Gasstrahl geschmolzen werden, dadurch gekennzeichnet, dass das Gas Stickstoff ist und dass die Temperatur des Gasstrahles im Bereich zwischen 300 und 800ºC liegt."
VIII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 lautet wie folgt:
"1. Verfahren zum Beschichten von Substratwerkstoffen durch thermisches Spritzen, wobei ein pulverförmiger Zusatzwerkstoff mittels eines Gases auf die zu beschichtende Oberfläche des Substratwerkstoffes geleitet wird, ohne dass die Pulverpartikel des Zusatzwerkstoffes im Gasstrahl geschmolzen werden, dadurch gekennzeichnet, dass das Gas Stickstoff ist und daß die Temperatur des Gasstrahles im Bereich zwischen 500 und 800ºC liegt."
IX. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 lautet wie folgt:
"1. Verfahren zum Beschichten von Substratwerkstoffen durch thermisches Spritzen, wobei ein pulverförmiger Zusatzwerkstoff mittels eines Gases auf die zu beschichtende Oberfläche des Substratwerkstoffes geleitet wird, ohne dass die Pulverpartikel des Zusatzwerkstoffes im Gasstrahl geschmolzen werden, dadurch gekennzeichnet, dass das Gas Stickstoff ist, daß die Temperatur des Gasstrahles im Bereich zwischen 500 und 800ºC liegt und daß der Gasstrahl einen Druck von 21 bis 50 bar aufweist."
X. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Die Einspruchsabteilung habe Stickstoff als Inertgas betrachtet, was nicht korrekt sei (siehe Entscheidung, Seite 7, Zeile 3), da dieser reagieren könne. Gemäß E2 werde Stickstoff beim Pulverschweißen, d.h. einem völlig anderen Verfahren, verwendet. Gemäß den Dokumenten E8 bis E11 ist Stickstoff ein nur relativ inertes Gas, das bei höheren Temperaturen mit bestimmten anderen Elementen zu reagieren beginnt. Der Fachmann werde daher von diesem Stand der Technik gelehrt, dass Stickstoff zwischen 300-800ºC kein Inertgas sei, weshalb der Fachmann Stickstoff nicht als inertes Trägergas für das Kaltspritzverfahren gemäß E1 auswählen würde.
Gemäß E14 (siehe Spalte 2, Zeile 6 und Zeilen 25 bis 28) kann ein inertes Gas wie Stickstoff zum Auftrag eines polymeren Pulvermaterials wie Teflon-P verwendet werden, wobei allerdings die Temperatur nicht zu hoch sein darf, da sonst das Polymerpulver schon vor dem Auftrag in der Spritzvorrichtung verkleben würde. Wenn der Fachmann daher Stickstoff verwenden würde, so würde er deshalb erkennen, dass diese Lehre auf Zimmertemperatur beschränkt ist.
Die im Bescheid der Kammer im Hinblick auf E1 genannten Aufgaben sind nicht die objektiven Aufgaben, da sie schon Lösungsansätze bezüglich der Verwendung eines anderen Gases enthielten. Eine Oxidation von Cu-Pulver beim Aufspritzen mit Luft ist E1 nicht entnehmbar bzw. E1 beschäftige sich nicht mit der Oxidation von Pulvern. Es stimmt, dass der Stickstoff gemäß Streitpatent (siehe Absatz [0013]) verwendet wird, um Sauerstoff auszuschließen.
Die Offenbarung des Streitpatents und insbesondere der Absatz [0018] gehört nicht zum Stand der Technik und kann daher bei der Aufgabenstellung nicht berücksichtigt werden.
Der Temperaturbereich von 500-800ºC gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 stellt einen hohen Temperaturbereich dar, in dem Stickstoff nicht inert ist. E1 offenbart in seiner Lehre nur einen Temperaturbereich von 300-600 K (d.h. 27-327ºC), dessen Maximalwert nicht überschritten werden soll (siehe Seite 5, Zeile 20). Die in E1 genannte höhere Temperatur bezieht sich nur auf den Stand der Technik (siehe Seite 1, Zeilen 12 bis 14), nicht aber auf das beanspruchte Kaltspritzverfahren. Da der Fachmann weiß, dass Stickstoff nur bei Raumtemperatur inert ist und sonst mit anderen Elementen bzw. Materialien reagiert, würde er daher ein Edelgas als Trägergas verwenden.
Der Effekt dieses Temperaturbereiches ist die Herstellung besserer Schichten, wobei ein billigeres Gas als Helium verwendet werden kann (siehe Streitpatent, Absatz [0019]). Als Aufgabe kann die Bereitstellung eines weiteren Kaltgasspritzverfahrens oder die Erzielung verbesserter Schichten angesehen werden. Es wird anerkannt, dass Absatz [0019] für den neuen Temperaturbereich gemäß Hilfsantrag 1 nicht passt. Andererseits müssen die Vorteile eines Verfahrens nicht unbedingt im Streitpatent offenbart sein.
Es wird nicht bestritten, dass eine Temperaturerhöhung des Gases zu einer größeren Gasgeschwindigkeit und damit zu verbesserten Schichten führt und dies zum allgemeinen Fachwissen zählt. Der Kern der Lehre des Streitpatents ist die Erkenntnis, dass mit dem beanspruchten Verfahren auch bei 100-200 K oberhalb des Schmelzpunktes des zu verspritzenden Pulvers gearbeitet werden kann, da es aufgrund der kurzen Verweilzeiten zu keinem Aufschmelzen der Pulverteilchen kommt (siehe Streitpatent, Absatz [0015]).
Bezüglich Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 wird ausgeführt, dass ein Druck von 21-50 bar zwar bekannt ist, aber nicht in Kombination mit dem Temperaturbereich von 500-800ºC. In E1 gibt es keinerlei Anregung den Druck und/oder die Temperatur zu erhöhen. Deshalb ist das Verfahren von Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 als erfinderisch zu betrachten.
XI. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Das Verfahren des Streitpatents ist nicht auf bestimmte Materialien beschränkt, so dass eine Oxidation des Pulvers nicht erfolgen muss, daher nicht notwendigerweise zu vermeiden ist. Bei Kunststoffen tritt z.B. keine Oxidation beim Verspritzen auf. Somit sind bestimmte Argumente, die nur spezielle Ausführungsformen des Verfahrens nach Anspruch 1 des Hauptantrags betreffen, für andere Materialien unzutreffend. Im Übrigen ist die Oxidation von Materialien aufgrund der kurzen Verweilzeit des Pulvers im Gasstrom bei niedrigen Temperaturen von ca. 300ºC sowieso minimiert. Das Gleiche gilt für eine Nitridierung bei Verwendung von Stickstoff als Trägergas.
Gemäß E1 wird Luft oder Inertgas beim Kaltgasspritzen eingesetzt. Stickstoff ist gemäß der Beschwerdeführerin bei allen Temperaturen kein Inertgas, aber es verhält sich ähnlich einem Inertgas. E1 offenbart lediglich einen bevorzugten Temperaturbereich von 27-327ºC (300-600 K), die Temperatur des verwendeten Gases soll aber generell unterhalb des Schmelzpunktes des verspritzten Materials sein (siehe Seite 2, Zeilen 1 bis 3, Zeilen 13 bis 15 und Zeilen 23 bis 25; Seite 3, Zeilen 1 und 2; Anspruch 1). Eine Beschränkung auf 327ºC (600 K) liegt daher bei der Lehre von E1 nicht vor. Die zu beantwortende Frage ist, welche Gase können gemäß E1 als Inertgase betrachtet werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass Stickstoff erst bei sehr hohen Temperaturen Reaktionen mit bestimmten Elementen eingeht.
Die gemäß E1 verwendete Luft enthält bekanntermaßen ca. 78% Stickstoff und ca. 20% Sauerstoff. Wenn der Fachmann mit Cu-Pulver und Luft als Trägergas Versuche gemäß E1 macht, dann würde er aufgrund seines Fachwissens erkennen, dass die Oxidation des Kupfers vom Sauerstoff der Luft verursacht ist. Um eine Oxidation des Cu-Pulvers zu vermeiden, würde der Fachmann den Sauerstoff aus der Luft entfernen und würde somit bei reinem Stickstoff als Trägergas landen. Dem Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags mangelt es daher an der notwendigen erfinderischen Tätigkeit.
E14 betrifft das Aufspritzen von Kunststoffen (siehe Spalte 2, Zeilen 6 bis 8) und offenbart Luft sowie Inertgas, wobei Stickstoff und Argon als Beispiele genannt sind (siehe Spalte 2, Zeilen 25 bis 28). Der Fachmann wird daher von E14 gelehrt, Stickstoff anstelle von Luft einzusetzen. Wenn das Kunststoffpulver aufgrund einer höheren Temperatur agglomerieren sollte, wie behauptet wird, dann trifft das nicht nur auf das Verfahren gemäß E14 sondern auch auf jenes des Streitpatents zu.
Die Lehre von E1 ist nicht auf Temperaturen von 300-600 K (27-327ºC) beschränkt und der Fachmann kann auch oberhalb von 327ºC aber immerhin unterhalb des Schmelzpunktes eines gewünschten Materials arbeiten. Das Streitpatent offenbart nirgends einen Effekt bezüglich des neuen Temperaturbereiches von 500-800ºC gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1. Im Patent werden nirgends Ergebnisse betreffend "bessere Schichten" beschrieben - wobei außerdem unklar ist, in welcher Hinsicht diese Schichten besser sein sollen - und es gibt keinerlei Ausführungsbeispiele oder Vergleichsbeispiele. Für das derzeitige Verfahren nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 ist es unerheblich, ob ein Material verspritzt wird, dessen Schmelzpunkt unter der Gastemperatur von 500-800ºC liegt, da im Anspruch keinerlei Material definiert wird.
Das Verfahren nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 weist ebenfalls keine erfinderische Tätigkeit auf, da es im normalen Arbeitsbereich des Fachmannes liegt, den notwendigen bzw. optimalen Druck des Kaltgasspritzverfahrens nach E1 zu ermitteln, z.B. durch Versuche. Der Stand der Technik E1 ist diesbezüglich nicht einschränkend. Außerdem ist kein besonderer Effekt dieses Druckbereiches in Kombination mit dem beanspruchten Temperaturbereich nachgewiesen, da es keine Beispiele im Streitpatent gibt.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)
Da die Kammer zum Schluss kam, dass keines der Verfahren der Ansprüche 1 der vorliegenden drei Anträge eine erfinderische Tätigkeit aufweist, ist die Frage, ob die darin gemachten Änderungen die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ erfüllen, für die vorliegende Entscheidung unerheblich. Deshalb verzichtet die Kammer auf entsprechende Ausführungen.
2. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Hauptantrag
2.1 Dokument E1 wird unbestritten als nächstkommender Stand der Technik für den Verfahrensanspruch 1 des Hauptantrags angesehen, da es ein Kaltgasspritzverfahren mit Luft oder Inertgas oder deren Mischungen als Trägergas offenbart.
2.1.1 Das Verfahren nach Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von jenem Kaltgasspritzverfahren nach E1 - das Luft oder Inertgase oder deren Gasmischungen als Trägergase der Pulverpartikel mit einem bevorzugten Temperaturbereich des Gases von 300-600 K (ca. 27-327ºC) mit einer Geschwindigkeit des zweiphasigen Stromes zwischen Mach 1 und Mach 2 offenbart (siehe E1, Ansprüche 1-4; Seite 1, Zeile 31 bis Seite 2, Zeile 25) - dadurch, dass Stickstoff das Trägergas ist.
Der beanspruchte Temperaturbereich des Trägergases zwischen 300-800ºC ist schon von den 327ºC des Endes des bevorzugten Bereiches in E1 vorweggenommen, bzw. der Fachmann würde sicherlich überlegen, am Ende des in E1 vorgeschlagenen Bereichs zu arbeiten. Durch eine höhere Temperatur lässt sich nämlich gemäß dem allgemeinen Fachwissen (siehe z.B. E4, Seite 8, Zeilen 37 bis 40) auf einfache Weise eine höhere Geschwindigkeit des zweiphasigen Stroms und damit der Pulverteilchen erreichen, wodurch dichtere Schichten des aufgespritzten Pulvers erhalten werden.
Der bevorzugte Temperaturbereich von 27-327ºC gemäß E1 überlappt somit mit jenem von 300-800ºC gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags im Bereich 300-327ºC, in der der Fachmann die Lehre der E1 ohnehin ausführen wird.
2.1.2 Wenn nun das Kaltspritzverfahren vom Fachmann gemäß E1 mit Luft (welche um die 78 Vol.% Stickstoff und 20 Vol.% Sauerstoff nebst anderen Bestandteilen enthält) und einer Gastemperatur im Bereich von 300-327ºC angewandt wird, dann wird, z.B. wenn das übliche Kupfer(Cu-)pulver verspritzt wird, die damit erhaltene Kupferbeschichtung einen gewissen Oxidgehalt aufweisen. Dies deshalb, da Kupfer eine hohe Affinität zu Sauerstoff aufweist - wie dem Fachmann aus seinem allgemeinen Fachwissen bekannt ist - werden nämlich die Kupferpulverteilchen mit dem im Trägergas Luft enthaltenen Sauerstoff bei einer Temperatur im Bereich von 300-327ºC zumindest an der Oberfläche leicht oxidiert werden. Kupfer reagiert nämlich schon bei Raumtemperatur mit dem Luftsauerstoff.
2.1.3 Die Verwendung von reinem (sauerstofffreiem) Stickstoff als Trägergas im Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags gewährleistet einen extrem geringen Oxidgehalt in der hergestellten Beschichtung (siehe Streitpatent, Spalte 3, Zeilen 2 bis 13 und Zeilen 55 und 56).
2.2 Aufgabe
Unter Berücksichtigung der in Punkt 2.1.3 genannten technischen Wirkung des Stickstoffs und in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 6. Auflage, 2010, Abschnitt I.D.8) wird die objektiv zu lösende Aufgabe ausgehend vom Kaltgasspritzverfahren der E1 und der Verwendung von Luft als Trägergas darin gesehen, den Oxidgehalt der zu erzeugenden Schicht zu senken und dadurch deren Qualität zu verbessern (siehe Streitpatent, Absatz [0012]).
Es ist auf den ersten Blick ersichtlich, dass diese Aufgabe keine Teile der Lösung enthält, entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin.
Die von der Beschwerdeführerin ausgehend von der E1, welche auch die Verwendung von (sauerstofffreiem) Inertgas als Trägergas offenbart (siehe Punkt 2.1.1 oben), weiter allgemein definierte "objektive technische Aufgabe" - dass die Qualität der Beschichtung technisch verbessert werden soll - kann von der Kammer aus den nachfolgenden Gründen nicht akzeptiert werden.
2.2.1 In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdegegnerin zutreffend festgestellt, dass eine verbesserte Beschichtung nicht nachgewiesen wurde, wobei die Beschwerdeführerin dieser Feststellung nicht widersprochen hat und auch nicht mehr bezüglich F1 und F2 argumentierte.
Im Streitpatent gibt es nämlich weder ein einziges Ausführungsbeispiel noch ein analoges Vergleichsbeispiel bezüglich der (auch im Streitpatent diskutierten) E1 oder E4, das eine verbesserte Qualität der Beschichtung gegenüber einer mit Inertgas als Trägergas erzeugten Beschichtung zeigen würde.
Die Beschwerdeführerin hat auch nachträglich keinerlei Vergleichsversuchergebnisse eingereicht, weder im Hinblick auf das Kaltgasspritzverfahren nach dem nächstkommenden Stand der Technik E1 noch gegenüber dem im Streitpatent zitierten Kaltgasspritzverfahren nach E4 (siehe Absätze [0005] und [0006]), wobei die E4 bereits in der Beschreibung der ursprünglichen Anmeldung zitiert worden war (siehe Seite 1, Zeile 28 bis Seite 2, Zeile 17).
Insbesondere gibt es keine Vergleichsversuche, welche in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern überzeugend einen Effekt zeigen würden, der auf das behauptete Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik zurückgeführt werden kann (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 6. Auflage, 2010, Abschnitt I.D.9.9). Die beiden nachveröffentlichten Dokumente F1 und F2 offenbaren zwar Werte für Haftfestigkeiten bzw. Festigkeiten von mit Stickstoff als Trägergas aufgespritzten Kupferschichten, beinhalten aber keine Vergleichswerte für analog hergestellte Kupferschichten, die mit Inertgas oder Luft als Trägergas bei vergleichbaren Bedingungen aufgespritzt wurden.
2.2.2 Die Beschwerdeführerin, die die Beweislast für diese Behauptung trägt, hat diesen Beweis somit nicht erbracht (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 6. Auflage, 2010, Abschnitt VI.H.5.1).
2.2.3 Auch wenn der Fachmann gemäß E1 ein Inertgas, wie z.B. Ar oder He, bei derselben Temperatur zum Spritzen von z.B. Cu-Pulver einsetzt, wird die damit erhaltene Kupferschicht - da das Inertgas genauso wie der Stickstoff sauerstofffrei ist - einen vergleichbar minimalen Oxidgehalt wie jene Kupferschicht aufweisen, die gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 des Hauptantrags erzielt wird (siehe Streitpatent, Spalte 3, Zeilen 55 und 56). Diese mit Inertgas produzierte Kupferschicht wird, sofern vergleichbare Gasgeschwindigkeiten angewandt werden, eine vergleichbare Haftfestigkeit, Festigkeit, Härte, Porosität etc. wie jene mit Stickstoff produzierte Schicht aufweisen. Es ist auch nicht plausibel, dass die mit Stickstoff erzeugte Kupferschicht davon stark abweichende Eigenschaften aufweisen sollte.
2.3 Lösung der Aufgabe
Die unter Punkt 2.2 definierte Aufgabe wird durch das Verfahren nach Anspruch 1 des Hauptantrags gelöst.
2.4 Naheliegen
Ausgehend vom Verfahren nach E1 wird jedoch diese Lösung dem Fachmann durch die Berücksichtigung der Lehre von E1 und seines allgemeinen Fachwissens nahe gelegt.
2.4.1 Es gehört zum chemischen Grundwissen des auf dem Gebiet der Spritzbeschichtung tätigen Fachmannes, dass der in der Luft neben dem Stickstoff enthaltene zweite Hauptbestandteil, d.h. der Sauerstoff, in Abhängigkeit von der angewandten Temperatur eine zumindest teilweise oberflächliche Oxidation von einer Vielzahl von Pulvermaterialien, wie z.B. Metalle wie Kupfer, während des Beschichtungsvorganges bewirken kann, so dass die mit Luft als Trägergas resultierende Schicht einen gewissen Oxidgehalt aufweisen wird.
Da der Fachmann somit die Ursache der, in vielen Fällen unerwünschten, Oxidverunreinigung in der Schicht bei der Verwendung von Luft als Trägergas kennt, ist es für ihn sehr leicht, diese Ursache der Oxidbildung durch den Ausschluss des Sauerstoffes zu beseitigen. Der Fachmann wird daher anstelle der Luft technisch reinen - und damit sauerstofffreien - Stickstoff als Trägergas, insbesondere beim Beschichten mit Kupferpulver, einsetzen. Das Kaltspritzverfahren wird damit zwar - im Vergleich zur Verwendung von Luft als Trägergas - teurer werden, aber im Vergleich zu Edelgasen wie Argon oder insbesondere Helium (das ca. 10-fach teurer ist) immer noch wesentlich billiger sein.
Damit gelangt der Fachmann jedoch zum Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags, ohne erfinderisch tätig zu werden.
2.4.2 Die Argumente der Beschwerdeführerin - dass Stickstoff kein Inertgas ist - sind insbesondere im Hinblick auf das Kaltgasspritzen von z.B. Pulver von Cu oder Ni nicht stichhaltig, da Verfahrensanspruch 1 keinerlei entsprechende Begrenzungen aufweist und diese beispielhaft genannten Metalle nicht ausschließt, die aber mit Stickstoff unter den genannten Temperaturen im Bereich von 300-327ºC im Prinzip nicht reagieren.
2.4.3 Aus den Ausführungen in den Punkten 2.1 bis 2.4.2 oben ergibt sich, dass das Verfahren nach Anspruch 1 des Hauptantrags die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ nicht erfüllt. Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.
Hilfsantrag 1
2.5 Das Verfahren nach Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich vom Verfahren nach Anspruch 1 des Hauptantrags durch den auf zwischen 500 und 800ºC eingeschränkten Temperaturbereich (siehe Punkt VIII oben).
2.5.1 Somit unterscheidet sich das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 von jenem nach der Lehre von E1 dadurch, dass
a) Stickstoff als Trägergas eingesetzt wird; und
b) die Temperatur des Gasstrahls im Bereich zwischen 500 und 800ºC liegt.
Das Merkmal a) bedingt, dass die hergestellten Schichten einen extrem geringen Oxidgehalt aufweisen (siehe Streitpatent, Spalte 3, Zeilen 55 und 56), während das Merkmal b) gewährleistet, dass durch das heißere Gas die Schallgeschwindigkeit höher ist und dadurch auch die Partikelgeschwindigkeit vergleichsweise größer wird (siehe Patent, Spalte 3, Zeilen 27 bis 32). Durch das Merkmal b) werden somit dichtere Schichten erzeugt. Die beiden Merkmale a) und b) lösen somit unterschiedliche Probleme, die unabhängig voneinander für die erfinderische Tätigkeit diskutiert werden können.
2.6 Aufgabe
Die im oberen Punkt 2.1 gegenüber dem nächstkommenden Stand der Technik E1 genannte Aufgabe ist daher auch im Hinblick auf Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 als Teilaufgabe zutreffend, wobei der Fachmann als zusätzliche Teilaufgabe dichtere Schichten erzeugen möchte.
2.7 Lösung der Aufgabe
Diese Aufgabe wird durch das Verfahren nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 gelöst.
2.8 Diese Lösung wird dem Fachmann ausgehend von der Lehre der E1 und unter Berücksichtigung seines allgemeinen Fachwissens aus den folgenden Gründen jedoch nahe gelegt.
Wie von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung zugestanden wurde, gehört es zum allgemeinen Fachwissen, dass eine Temperaturerhöhung des Trägergases zu einer Erhöhung der Pulverteilchengeschwindigkeit führt und damit in einer dichteren Beschichtung resultiert.
2.8.1 Die Kammer kann unter Berücksichtigung der Lehre bzw. der Offenbarung der E1 der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht folgen, da der Fachmann - ausgehend von dem in E1 genannten bevorzugten Temperaturbereichs von 27-327ºC - sehr wohl bei Temperaturen oberhalb von 327ºC arbeiten würde. E1 weist nämlich ganz allgemein den Fachmann an, dass die Temperatur des verwendeten Gases unterhalb des Schmelzpunktes des verspritzten Materials sein soll (siehe Seite 2, Zeilen 1 bis 3, Zeilen 13 bis 15 und Zeilen 23 bis 25; Seite 3, Zeilen 1 und 2; Anspruch 1). Es gibt zwar die von der Beschwerdeführerin zitierte einzelne Passage (siehe Seite 5, Zeile 20) in E1, wonach die Gastemperatur 600 K (327ºC) nicht überschreiten soll, doch steht diese Stelle im Widerspruch zu den drei anderen vorgenannten Stellen in der Beschreibung sowie in Anspruch 1.
Im Übrigen wäre es für den Fachmann auch nicht plausibel, warum das Kaltspritzverfahren nach E1 auf eine Maximaltemperatur von 327ºC beschränkt sein sollte, da beim Kaltspritzverfahren gemäß E4, bei dem ebenfalls bevorzugt Luft oder Helium oder deren Mischungen zum Verspritzen von Metallen und Keramikmaterialien eingesetzt werden, eine Gastemperatur von ca. 30ºC bis ca. 400ºC als bevorzugt offenbart wird (siehe Ansprüche 1 und 4-7; sowie Seite 5, Zeilen 49 und 50; Seite 6, Zeilen 4 bis 7; und Seite 7, Zeilen 55 bis 57).
2.8.2 Der Fachmann würde deshalb ausgehend vom Verfahren gemäß E1 und der Verwendung von Luft als Trägergas für das Aufspritzen einer dichteren, möglichst oxidfreien Kupferbeschichtung zunächst den Sauerstoff der Luft durch die Verwendung von reinem Stickstoff ausschließen (siehe Punkt 2.4.1 oben) und gleichzeitig unter Anwendung seines allgemeinen Fachwissens die Temperatur des Trägergases erhöhen, um eine dichtere Kupferschicht zu erzielen. Da Kupfer, wie dem Fachmann bekannt, einen Schmelzpunkt von 1083ºC hat, wird der Fachmann in Übereinstimmung mit der Lehre von E1 die Temperatur des Trägergases, ausgehend vom offenbarten bevorzugten Endwert von 327ºC, bis in den Bereich von z.B. 500-700ºC erhöhen, ohne dabei über den Schmelzpunkt des Kupfers hinauszugehen.
Damit würde der Fachmann aber zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 gelangen, ohne erfinderisch tätig zu werden.
2.8.3 Das Argument der Beschwerdeführerin, dass Stickstoff bei den genannten höheren Temperaturen schon mit einigen Elementen wie z.B. Cr, Si, Ti, Al, B, Ca, Sr, Be, Mg und Li Nitride bilden kann (siehe z.B. E9, Seite 155, letzter Absatz) und daher nicht mehr als inert betrachtet werden kann, ist für das Aufspritzen von üblichem Kupferpulver, das im Prinzip mit Stickstoff nicht reagiert, ohne Relevanz und braucht daher keine Berücksichtigung.
Auch das Argument der Beschwerdeführerin betreffend die Möglichkeit des Verspritzens von Materialien bei einer Trägergastemperatur von bis zu 100-200 K oberhalb des Schmelzpunktes dieser Materialien ist für das Aufspritzen von Kupferpulver irrelevant.
2.8.4 Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung auch keinen besonderen Effekt geltend gemacht, der in diesem Temperaturbereich auftreten sollte, wobei das Streitpatent diesbezüglich ohnehin keinerlei Informationen gibt.
2.9 Das Verfahren nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 weist daher die nach Artikel 56 EPÜ notwendige erfinderische Tätigkeit ebenfalls nicht auf.
Hilfsantrag 3
2.10 Das Verfahren nach Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich vom Verfahren nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 durch den auf 21 bis 50 bar eingeschränkten Druckbereich des Gasstrahls (siehe Punkt IX oben).
2.10.1 Somit unterscheidet sich das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 von jenem nach der Lehre von E1 dadurch, dass
a) Stickstoff als Trägergas eingesetzt wird;
b) die Temperatur des Gasstrahls im Bereich zwischen 500 und 800ºC liegt; und
c) der Gasstrahl einen Druck von 21 bis 50 bar aufweist.
Das Merkmal a) bedingt, dass die hergestellten Schichten einen extrem geringen Oxidgehalt aufweisen (siehe Streitpatent, Spalte 3, Zeilen 55 und 56). Das Merkmal b) gewährleistet, dass durch das heißere Gas die Schallgeschwindigkeit höher ist und dadurch auch die Partikelgeschwindigkeit vergleichsweise größer wird (siehe Streitpatent, Spalte 3, Zeilen 27 bis 32), und das Merkmal c) bedingt ebenfalls eine Erhöhung der kinetischen Energie der Pulverteilchen (siehe Streitpatent, Spalte 3, Zeilen 23 bis 31). Somit sorgt die Kombination der beiden Merkmale b) und c) dafür, dass möglichst dichte Schichten erhalten werden. Das Merkmal a) und die Merkmale b) und c) lösen somit unterschiedliche Teilaufgaben, die unabhängig voneinander für erfinderische Tätigkeit diskutiert werden können.
2.11 Aufgabe
Die im oberen Punkt 2.1 gegenüber dem nächstkommenden Stand der Technik E1 genannte Aufgabe ist daher auch im Hinblick auf Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 als Teilaufgabe zutreffend, wobei der Fachmann zusätzlich möglichst dichte Schichten erzeugen möchte.
2.12 Lösung der Aufgabe
Diese Aufgabe wird durch das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 gelöst.
2.13 Diese Lösung wird dem Fachmann ausgehend von der Lehre der E1 unter Berücksichtigung seines allgemeinen Fachwissens aus den in den oberen Punkten 2.1 bis 2.4.2 sowie 2.9 bis 2.9.4 dargelegten Gründen jedoch nahe gelegt.
2.13.1 Wie von der Beschwerdegegnerin zutreffend dargelegt, liegt die Ermittlung eines optimalen Gasdruckes zur Herstellung möglichst dichter Schichten im normalen Arbeitsbereich des Fachmannes, der diesen optimalen Druckbereich mittels Routineversuchen bestimmen wird.
Außerdem ist dem Fachmann auch von E4 ein bevorzugter Druckbereich von ca. 5 bis ca. 20 atm für das Kaltgasspritzen bekannt (siehe z.B. Anspruch 3). Der Fachmann weiß aus seinem allgemeinen Fachwissen, dass mit steigendem Gasdruck die Gasgeschwindigkeit ansteigt bzw. die kinetische Energie der im Gas transportierten Pulverteilchen vergrößert wird (siehe Streitpatent, Absatz [0020]), wodurch die Dichte der aufgebrachten Beschichtung erhöht werden kann.
Daher wird der Fachmann beim Aufspritzen einer Kupferbeschichtung mit Stickstoff nach der Lehre des Kaltgasspritzverfahren nach E1 - sofern der von E4 bevorzugte Gasdruck von ca. 5-20 atm (entsprechend ca. 5-20 bar) in Kombination mit einer erhöhten Gastemperatur von z.B. 500-700ºC nicht zu einer Pulvergeschwindigkeit ausreicht, die eine optimal dichte Kupferschicht erzeugt - auch den Gasdruck des Stickstoffs über den bevorzugten Maximalwert von ca. 20 bar anheben, da die Lehre von E1 auch diesbezüglich keine Beschränkung aufweist.
Damit würde der Fachmann aber zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 gelangen, ohne erfinderisch tätig zu werden.
2.14 Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 weist daher ebenfalls keine erfinderische Tätigkeit auf (Artikel 56 EPÜ).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.