T 0146/08 () of 24.8.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T014608.20100824
Datum der Entscheidung: 24 August 2010
Aktenzeichen: T 0146/08
Anmeldenummer: 99810972.2
IPC-Klasse: C23C 14/54
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Einrichtung zur Plasma-Oberflächenbehandlung von Substraten
Name des Anmelders: Sulzer Metco AG
Name des Einsprechenden: Siemens Aktiengesellschaft
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 123(3)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 84
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag - nein, Hilfsantrag - ja)
Zulässigkeit der Änderungen (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 006 211 zurückzuweisen, Beschwerde eingelegt.

II. In der vorliegende Entscheidung sind folgende Dokumente aus dem Einspruchsverfahren zitiert:

D1 = EP-A-0 248 117

D2 = DE-C-41 35 326

D4 = Patent Abstract of Japan vol. 011` no. 192 (0-429), 19. Juni 1987 (1987-06-19) &

JP-A-62 012 693 (NISSIN ELECTRIC CO LTD), 21. Januar 1987 (1987-01-21)

D10 = DE-C-42 28 499

D15 = DE-A-44 27 259

E1 = "Plasma-Spray Coating" von Robert B. Heimann, VCH Verlagsgesellschaft, Weinheim, 1996, Seite 17

sowie folgende Dokumente aus dem Beschwerdeverfahren:

D20 = Technik Lexikon, "Plasmatron-Ionenquelle", Ausdruck datiert vom 28. April 2010 http://www.techniklexikon.net/d/plasmatron-ionenquelle/ plasmatron-ionenquelle.htm

D21 = Plasmaspritzen, "Funktionsprinzip des atmosphärischen Plasmaspritzens", Ausdruck datiert vom 28. April 2010 von http://iplt.harendt.de/tsplab/plasmasp.htm

III. Der Einspruch gegen das Streitpatent war unter Artikel 100(a) EPÜ, wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit eingelegt worden.

Die Einspruchsabteilung entschied, dass die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 9 wie erteilt gemäß dem Hauptantrag gegenüber den Gegenständen, bekannt aus den eingereichten Dokumenten des Standes der Technik, neu sind, insbesondere gegenüber D1, D2, D4, D10 und D15, wobei als "Plasmatron" ein Gerät betrachtet wurde, wie es in E1 definiert ist. Außerdem beruhen die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 des Streitpatents in der erteilten Fassung auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber einer Kombination der Lehren von D15 und D4 oder Kombinationen der Lehren von D15 oder D10 mit D1.

IV. Mit Bescheid vom 26. Mai 2010, als Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung vor der Kammer, teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung im Hinblick auf die Ansprüche 1-16 des Hauptantrags (identisch mit dem der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Hauptantrag basierend auf den Ansprüchen 1-16 des Patents wie erteilt) sowie den Ansprüchen 1-16 gemäß dem Hilfsantrag, wie mit dem Schreiben vom 22. Mai 2008 eingereicht, mit.

Dabei wurde unter anderem ausgeführt, dass unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens gemäß den von der Kammer eingeführten Dokumenten D20 bzw. D21 bzw. in Übereinstimmung mit E1 in einem "Plasmatron" mittels eines Lichtbogens zwischen einer Anode und einer Kathode und einem Plasmagas ein Plasmastrahl erzeugt wird, der dann für allfällige Anwendungen des sodann entstehenden thermischen Plasmas zur Verfügung steht. Eine "Plasmaspritzvorrichtung" unterscheide sich somit nach Ansicht der Kammer von einem "Plasmatron" dadurch, dass eine Zusatzeinrichtung zum Einbringen des festen oder flüssigen Beschichtungsmaterials in das thermische Plasma vorhanden ist, wobei dieser Eintrag in das erzeugte Plasma mit oder ohne Trägergas erfolgen könne.

Weiters wurde von der Kammer bei der Frage der erfinderischen Tätigkeit unter anderem ausgeführt, dass natürlich auch das allgemeine Fachwissen des Fachmanns betreffend die Ausgestaltung einer Beschichtungsanlage aufgrund der notwendigen Behandlungszeiten in den unterschiedlichen Verfahrensschritten zu bedenken sei. Dabei seien natürlich auch die Anlagenkosten zu berücksichtigen.

Insbesondere werde in der mündlichen Verhandlung zu diskutieren sein, ob D15 den nächstkommenden Stand der Technik darstelle bzw. ob der Fachmann ausgehend von der Lehre der D15 die D4 zur Lösung der gestellten Aufgabe berücksichtigen würde, bzw. wie der Fachmann ausgehend von der D15 zu einer Vorbehandlung mit einem "Plasmatron" gelangen würde. Die Kammer sei der vorläufigen Meinung, dass die Anwendung der Lehre von D4 auf das Verfahren nach D15, zur Erzielung der genannten Effekte, nicht auf der Hand liege.

V. Am 24. August 2010 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Zunächst wurde die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Verfahrens gemäß Anspruch 1 bzw. der Vorrichtung gemäß Anspruch 9 gemäß Hauptantrag auf der Basis der Dokumente D2, D4, D10 und D15 diskutiert. Anschließend wurde die Frage der erfinderischen Tätigkeit im Verfahren nach Anspruch 1 und in der Einrichtung nach Anspruch 9 gemäß dem Hilfsantrag, der von der Beschwerdeführerin bezüglich der vorgenommenen Änderungen formal nicht beanstandet wurde, im Hinblick auf D2, D10 und D15 weiter diskutiert. Die Beschwerdegegnerin reichte eine an den Hilfsantrag angepasste Beschreibungsseite 4 ein. Die Beschwerdeführerin zog ihren Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr während der mündlichen Verhandlung zurück.

a) Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

b) Die Beschwerdegegnerin beantragte die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag), oder alternativ das Patent geändert aufrechtzuerhalten auf Basis der Ansprüche 1 bis 16 gemäß Hilfsantrag eingereicht mit Schreiben vom 22. Mai 2008 und auf Basis der Seite 4 der Beschreibung eingereicht während der mündlichen Verhandlung, sowie Seiten 2 und 3 der Beschreibung und Figuren 1 bis 5 des Patents wie erteilt.

Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.

VI. Die Ansprüche 1 und 9 des Hauptantrags lauten wie folgt:

"1. Verfahren zur Plasma-Oberflächenbehandlung von Substraten, gekennzeichnet durch folgenden Verfahrensablauf: - ein erstes Substrat (S1) wird in einer Behandlungskammer (1) plasmabeschichtet während gleichzeitig ein nachfolgend zu beschichtendes zweites Substrat (S2) in einer ersten Vorkammer (2) mittels eines ersten Plasmatrons (20) erhitzt und gereinigt wird; - das erste Substrat (S1) wird danach aus der Behandlungskammer (1) entfernt und das zweite Substrat (S2) in die Behandlungskammer (1) überführt und darin plasmabeschichtet; - während des Beschichtens des zweiten Substrats (S2) in der Behandlungskammer (1) wird gleichzeitig ein drittes Substrat (S3) in einer zweiten Vorkammer (3) mittels eines weiteren Plasmatrons erhitzt und gereinigt."

"9. Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorangehenden Ansprüche, mit einer evakuierbaren Behandlungskammer (1) mit einer darin angeordneten Plasmaspritzvorrichtung (10) sowie zwei Vorkammern (2, 3) zum Vorbehandeln eines der Behandlungskammer (10) nachfolgend zuzuführenden Substrats (S1, S2), dadurch gekennzeichnet, dass zwei an die Behandlungskammer (1) angrenzende Vorkammern (2, 3) vorgesehen sind, welche über je eine verschliessbare Öffnung (26, 36) mit der Behandlungskammer (1) verbunden sind, dass in jeder Vorkammer (2, 3) ein Plasmatron (20, 30) zum Vorbehandeln des in der Behandlungskammer (1) nachfolgend zu beschichtenden Substrats (S1, S2) angeordnet ist, und dass jeder Vorkammer (2, 3) eine Haltevorrichtung (23, 33) zum Einspannen eines Substrats (S1, S2) zugeordnet ist."

VII. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 9 gemäß Hilfsantrag lauten (Änderungen gegenüber dem Hauptantrag sind in Fettdruck bzw. Streichungen sind durchgestrichen, von der Kammer hinzugefügt):

"1. Verfahren zur Plasma-Oberflächenbehandlung von Substraten, gekennzeichnet durch folgenden Verfahrensablauf: - ein erstes Substrat (S1) wird in einer Behandlungskammer (1) plasmabeschichtet während gleichzeitig ein nachfolgend zu beschichtendes zweites Substrat (S2) in einer ersten Vorkammer (2) mittels eines ersten Plasmatrons (20) erhitzt und gereinigt wird, wobei das Plasmatron während dem Erhitzen und Reinigen bewegt wird; - das erste Substrat (S1) wird danach aus der Behandlungskammer (1) entfernt und das zweite Substrat (S2) in die Behandlungskammer (1) überführt und darin mittels einer Plasmaspritzvorrichtung (10) plasmabeschichtet; - während des Beschichtens des zweiten Substrats (S2) in der Behandlungskammer (1) wird gleichzeitig ein drittes Substrat (S3) in einer zweiten Vorkammer (3) mittels eines weiteren Plasmatrons erhitzt und gereinigt, wobei das Plasmatron während dem Erhitzen und Reinigen bewegt wird."

"9. Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorangehenden Ansprüche, mit einer evakuierbaren Behandlungskammer (1) mit einer darin angeordneten Plasmaspritzvorrichtung (10) sowie zwei Vorkammern (2, 3) zum Vorbehandeln eines der Behandlungskammer (101) nachfolgend zuzuführenden Substrats (S1, S2), dadurch gekennzeichnet, dass zwei an die Behandlungskammer (1) angrenzende Vorkammern (2, 3) vorgesehen sind, welche über je eine verschliessbare Öffnung (26, 36) mit der Behandlungskammer (1) verbunden sind, dass in jeder Vorkammer (2, 3) ein beweglich angeordnetes Plasmatron (20, 30) zum Vorbehandeln des in der Behandlungskammer (1) nachfolgend zu beschichtenden Substrats (S1, S2) [deleted: angeordnet ]vorgesehen ist, und dass jeder Vorkammer (2, 3) eine Haltevorrichtung (23, 33) zum Einspannen eines Substrats (S1, S2) zugeordnet ist."

Die abhängigen Ansprüche 2-8, wobei in Anspruch 7 die alternative Bewegung des Plasmatrons während des Vorbehandelns gestrichen wurde, sowie 10 bis 16 des Hilfsantrags entsprechen den abhängigen Ansprüchen 2-8 und 10-16 des Hauptantrags.

VIII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Die Definition eines "Plasmatrons" im Bescheid der Kammer werde anerkannt. Bezüglich der mangelnden erfinderischen Tätigkeit würden mehrere Argumentationslinien basierend auf einer Kombination der Lehren der D15 und D4, der D2 und D4 sowie der D10 und D4 verfolgt.

Gemäß dem in der D15 beschriebenen Stand der Technik seien die Verwendung eines Plasmabrenners zur Reinigung und Vorwärmung des Substrats bzw. der Plasmastrahlbeschichtung bekannt (siehe Spalte 1, Zeilen 13 und 34 bis 41), wobei normalerweise mehrere Substrate nacheinander beschichtet würden. Somit werde die von D15 ausgehende Aufgabe darin gesehen, eine Durchsatzsteigerung der zuvor beschriebenen Anlage unter Beibehaltung der Qualität der aufgebrachten Schicht zu erreichen. D4 offenbare die Vorkammern 6L und 6R zur Vorreinigung der Substrate, die mittels der Ventile bzw. Schiebern 19 und 21 von der Hauptkammer 8 getrennt werden könnten, in der die Beschichtung mittels Elektronenstrahls stattfinde (siehe Figur 1 und Zusammenfassung). Diese Vorkammern der D4 dienten nur der Durchsatzsteigerung. Der Fachmann sei ein Physiker oder Ingenieur, der mit Beschichtungstechnik und Vakuumtechnik vertraut sei. Da man beim Verfahren gemäß Streitpatent mehrere Vakuumkammern benötige, würde der Fachmann deshalb auch die Epitaxieanlage gemäß D4 berücksichtigen. Die Effizienzsteigerung durch eine Parallelbehandlung sei bekannt. Da die Qualität der aufgebrachten Schicht beibehalten werden solle, würde der Fachmann auch den Plasmabrenner beibehalten und zur Steigerung des Durchsatzes eine zweite Vorkammer mit einem zweiten Plasmabrenner vorsehen. Damit würde der Fachmann in naheliegender Weise zum Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags gelangen.

Ausgehend von D2, welches Vakuumplasmaspritzen zum Beschichten von vorgewärmten Turbinenschaufeln aber auch deren Reinigung bzw. deren Vorwärmen mittels eines Plasmatrons als Stand der Technik offenbare (siehe Spalte 1, Zeilen 1 bis 14 und Zeilen 32 bis 35), was dem vom Plasmatron auf das Substrat übertragenen Lichtbogen des Streitpatents entspreche (siehe Patent, Spalte 4, Zeilen 1 bis 9), würde der Fachmann zur Lösung der vorgenannten Aufgabe ebenfalls die Lehre der D4 heranziehen und in naheliegender Weise zum Verfahren gemäß Anspruch 1 gelangen.

D10 offenbare die Reinigung, Vorwärmung und Beschichtung von Substraten in einer einzigen Kammer mittels eines Plasmatrons (siehe Spalte 3, Zeile 59 bis Spalte 4, Zeile 13 und Zeilen 33 bis 47), wobei der Fachmann aufgrund der Erwähnung der Beschichtung mit einem Elektronenstrahl (siehe Spalte 1, Zeilen 54 bis 57) auch andere Beschichtungsverfahren in Betracht ziehen würde. Das Vorheizen gemäß D10 mittels Ionenbeschuß dauere ca. 10-20 Minuten (siehe Spalte 4, Zeilen 10 bis 12). Das Elektronenstrahlbeschichten von Turbinenschaufeln sei dem Fachmann ebenfalls bekannt. Der Fachmann würde daher ausgehend von D10 das bewährte Verfahren beibehalten und um den Durchsatz zu erhöhen die Reinigung bzw. Vorerwärmung in Vorkammern analog D4 durchführen.

Für die Vorrichtung gemäß Anspruch 9 des Hauptantrags gelte die analoge Argumentation, wobei der Fachmann die Vorrichtung dahingehend weiterentwickeln wolle, dass der Durchsatz erhöht werden könne. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass das Vorsehen von Vorkammern von D2 und D15 bekannt sei. Bei der Vorrichtung gemäß D15 könne sich bei der Vorreinigung der Substrate mittels Ar-Ionenbeschuß ein Lichtbogen ausbilden, der allerdings mittels einer Schaltvorrichtung abgeschalten werde.

Alternativ könne der Fachmann auch von D4 ausgehen und würde dann ein anderes Beschichtungsverfahren, nämlich mittels Plasmatrons, vorsehen, um die Verfahren gemäß den Lehren der D2, D10 oder D15 mit gleicher Qualität durchführen zu können. Die Masse des Substrats sei zwar bei D4 sicher anders als bei D2, das spiele aber nur eine Rolle bezüglich der Abmessungen der Kammer.

Das Streitpatent lehre, dass die Kosten eine untergeordnete Rolle spielten, wobei eine hohe Qualität der Beschichtung meistens im Widerspruch zu untergeordneten Kosten stehe.

Bezüglich der in den Ansprüchen des Hilfsantrags vorgenommenen Änderungen würden keine Beanstandungen gemacht.

Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheide sich vom Hauptantrag durch das Bewegen des Plasmatrons während des Erhitzens und Reinigens und durch die Plasmaspritzbeschichtung bzw. der unabhängige Anspruch 9 durch das bewegliche Plasmatron zum Vorbehandeln.

D2 und D15 offenbarten im Gegensatz zur D10 eine Plasmaspritzvorrichtung, die eine Relativbewegung zwischen Substrat und Plasmatron zeigten, die entweder durch Bewegen des Plasmatrons und/oder des Substrats erfolgen könne (siehe D2, Spalte 3, Zeilen 3 bis 5 und Figur; siehe D10, Spalte 3, Zeilen 19 bis 23; siehe D15, Spalte 4, Zeilen 13 bis 16 und Figuren 1 und 2). Diese Relativbewegung sei notwendig, wenn die gesamte Oberfläche erreicht werden solle. Die Qualität sei eine Frage der Bewegung der Plasmatrone, sowohl die Reinigung als auch die Beschichtung betreffend. Ein Industrieroboter gemäß D2 oder D15 diene in der Regel zur Bewegung des Plasmabrenners bzw. der Plasmabeschichtungsquelle. Ausgehend von D2, D10 oder D15 als nächstkommendem Stand der Technik sei die zu lösende Aufgabe die Effizienzsteigerung. Da die Verwendung eines Plasmatrons zum Reinigen bzw. Vorwärmen bekannt sei und die Anbringung desselben an einen Industrieroboter eine pure Notwendigkeit darstelle, um die gesamte Oberfläche optimal zu behandeln, mangele es den Gegenständen der Ansprüche 1 und 9 des Hilfsantrags an der notwendigen erfinderischen Tätigkeit.

IX. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Beim Streitpatent gehe es darum, das Verfahren zur Reinigung und Vorwärmung in einer Vorkammer auszuführen, wobei die zweite Vorkammer zur Beschleunigung dient. Die zu lösende Aufgabe sei die Bereitstellung eines Verfahrens bzw. einer Vorrichtung zur Plasma-Oberflächenbehandlung von Substraten mit denen eine maßgebliche Steigerung des Durchsatzes erreicht werden könne, wobei die Qualität der aufgetragenen Schicht qualitativ hohen Anforderungen genügen solle (siehe Patent, Absatz [0003]). Gemäß Streitpatent bestünden die zu behandelnden Substrate aus Metall (siehe Spalte 2, Zeilen 33 bis 35), wodurch der Stand der Technik betreffend die Beschichtung von Si-Wafern ausgeschlossen sei. Die Masse der Bauteile und deren Oberflächentopographie beeinflussten das Verfahren gemäß Anspruch 1 und die Anlage gemäß Anspruch 9 des Hauptantrags. Die Bauteile müssten eine gewisse Masse aufweisen, wobei Turbinenschaufeln nur ein Beispiel dafür darstellten.

Prinzipiell sei der Fachmann - wie von der Beschwerdeführerin argumentiert - ein Physiker oder Ingenieur, aber nicht jeder Fachmann könne auf dem Gebiet der Halbleitertechnologie arbeiten bzw. nicht jeder Fachmann auf dem Gebiet der Beschichtung von Turbinenschaufeln sei auf dem laufenden, was im Gebiet der Halbleitertechnologie gemacht werde.

Das Reinigen und Vorwärmen (= Vorbehandlung) mittels Plasmatrons in einer Kammer sei z.B. von D10 oder D15 bekannt. D15 erwähne aber auch die Nachteile des übertragenen Lichtbogens, die zur Zerstörung des Bauteils führen könnten (siehe Spalte 1, Zeilen 41 bis 48), weshalb der Fachmann von diesem Reinigungsverfahren mit einem Plasmatron Abstand nehmen werde. Deshalb lehre D15 auch, die Reinigung mittels einer Glimmentladung vorzunehmen. Somit mache eine Kombination der Lehren von D15 und D4 keinen Sinn bzw. sei nicht naheliegend. D10 offenbare außerdem kein Plasmaspritzen sondern nur eine Bogenentladung.

D4 betreffe im Übrigen eine Epitaxieanlage mit zwei Vorkammern zum Reinigen der Substrate, wobei die epitaktische Beschichtung von Si-Wafern eine extreme Sauberkeit der Substrate sowie Hochvakuum erfordere, was einen wesentlichen Unterschied zur D15 darstelle. Beim Plasmaspritzen genüge eine normale Reinheit der Substrate, z.B. der Turbinenschaufeln. Außerdem sei das Reinigen in der Hauptkammer gemäß D4 zwingend zu vermeiden, um eine Verunreinigung derselben zu vermeiden.

D2 erwähne zwar das Beschichten und Reinigen in der Hauptkammer, die Lösung gemäß D2 sei aber das Vorsehen einer Vorkammer mit einer zusätzlichen Heizung ohne Plasmatron, sodass D2 daher weder den Gegenstand von Anspruch 1 noch von Anspruch 9 des Hauptantrags nahelegen könne. Die thermische Erwärmung mittels Induktionsheizung sei außerdem günstiger.

Wie bereits dargelegt, seien die Vorkammern für die Epitaxieanlage von D4 wichtig, wobei die thermische Vorwärmung bzw. Reinigung der Wafer 2 mittels einer Vorrichtung 44 stattfinde, die keine Plasmavorrichtung sondern eine thermische Heizung sei (siehe Figur 10). Ein zu behandelnder Wafer sei per se sauberer als eine Turbinenschaufel nach der beschriebenen Reinigung jemals sein werde. Eine Epitaxieanlage sei ca. 10-mal kostengünstiger als eine Plasmatronanlage, da bei der Epitaxieanlage Standardbauteile verwendet werden, sodass eine Kammer mehr oder weniger nur geringe Kostenunterschiede bewirke. Bei der Plasmatronanlage sei hingegen die Hemmschwelle, eine zweite Vorkammer vorzusehen, wesentlich größer, da jede einzelne Kammer einen teuren Roboter zur Bewegung und Behandlung der Bauteile aufweise. Um mit der sehr teuren Plasmatronanlage wirtschaftlich arbeiten zu können, seien spezielle Betriebsbedingungen, wie z.B. ein Dreischichtbetrieb und ein hoher Bauteildurchsatz notwendig. Eine Prozessoptimierung werde dann vorgenommen, wenn die Anlage bereits vorhanden sei.

D2 und D15 lehrten daher andere Lösungen, die von den beanspruchten Gegenständen wegführten.

Die zusätzliche Merkmale von Anspruch 1 bzw. Anspruch 9 des Hilfsantrags basierten auf der einen Alternative von Anspruch 7 wie erteilt, wobei der abhängige Anspruch 7 entsprechend angepasst wurde, sodass die Erfordernisse von Artikel 123(2) und (3) EPÜ erfüllt seien.

Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags definiere nun das Plasmaspritzen bzw. die Bewegung des Plasmatrons. Eine reine Relativbewegung zwischen Plasmatron und Substrat genüge nicht, da es viel ökonomischer sei, das Plasmatron mit kleinen Schwenkbewegungen über die Oberfläche des Substrats zu bewegen. Eine bewegliche Anordnung der Plasmaspritzvorrichtung sei Standard, aber es sei nicht üblich, das Plasmatron in der Vorkammer vorzusehen und es darin zu bewegen. Um alle Oberflächen des Substrats zu erreichen genüge es völlig, das Substrat zu bewegen. Mit der Beweglichkeit des Plasmatrons könne die Gleichmäßigkeit verbessert werden. Dafür gebe es aber keinerlei Hinweise im vorliegenden Stand der Technik. Gemäß D15 werde das Beschichtungsplasmatron bewegt, wobei auch das Substrat beweglich angeordnet sei (siehe Figuren 1 und 2). Die zu lösende Aufgabe sei die Effizienzsteigerung beim Beschichten, wobei die Schicht qualitativ hohen Anforderungen genügen solle (siehe Patent, Spalte 1, Zeilen 29 und 30). Die Patentinhaberin habe festgestellt, dass die Bewegung des Plasmatrons die in D15 beschriebenen Beschädigungen vermeiden könne. Dieser Effekt ergebe sich automatisch aus der Beschreibung. Diese Argumente gelten analog für den Vorrichtungsanspruch 9 des Hilfsantrags. Deshalb beruhten das beanspruchte Verfahren und die beanspruchte Vorrichtung des Hilfsantrags auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

1. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)

1.1 Im Unterschied zu der angefochtenen Entscheidung erachtet die Beschwerdekammer Dokument D10 als nächstkommenden Stand der Technik für den Verfahrensanspruch 1 des Hauptantrags, da Anspruch 1 weder auf ein Beschichtungsverfahren mittels Plasmaspritzens noch auf Turbinenbauteile beschränkt ist, D10 aber das "erfolgversprechendste Sprungbrett" zur Erfindung darstellt (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 6. Auflage, 2010, Abschnitt I.D.3.4).

1.2 Die Dokumente D2 und D15 werden aus den folgenden Gründen als weniger relevant als D10 für Anspruch 1 erachtet:

1.2.1 D2 offenbart ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Beschichten von Turbinenschaufeln, bei dem die Reinigung und Beschichtung der Bauteile mittels des Plasmabrenners 20 (d.h. mit einem Plasmatron) in der Kammer 1 erfolgt, während die Vorerwärmung der Bauteile in einer Vorkammer 7 mittels konventioneller thermischer Heizung durchführt wird (siehe Spalte 2, Zeile 67 bis Spalte 3, Zeile 24 und Figur).

D2 geht dabei von einem Stand der Technik aus, bei dem innerhalb der Beschichtungskammer die Reinigung und Vorwärmung durch den Plasmabrenner erfolgt, mit dem auch die Spritzbeschichtung durchgeführt wird, wobei alternativ die Aufheizung und Reinigung bei negativ gepoltem Bauteil mittels Ionenbeschusses durch das Plasmatron des Plasmabrenners erfolgen kann (siehe Spalte 1, Zeilen 1 bis 14 und 32 bis 35).

1.2.2 Gemäß dem Verfahren und der Vorrichtung nach D15 wird nur die Beschichtung der Bauteile, wie z.B. Triebwerksschaufeln, durch Plasmaspritzen (d.h. mit einem Plasmatron) in der Beschichtungskammer durchgeführt. Die Reinigung und Vorwärmung erfolgt dagegen in einer Vorkammer mittels eines Glimmentladungsplasmas, bei dem die theoretisch mögliche Ausbildung eines Lichtbogens - und somit die Entstehung eines Plasmatrons - durch eine entsprechende Schaltung, welche den Wert des Glimmentladungsstromes mit einem Schwellenwert vergleicht, verhindert wird (siehe Spalte 2, Zeilen 18 bis 24; Spalte 3, Zeilen 42 bis 50 und Anspruch 3).

1.3 D10 offenbart ein Verfahren und eine Einrichtung zur plasmagestützten Beschichtung von Substraten mittels eines Vakuumbogenverdampfers, bei dem die Substrate 4 vor dem Beschichten in der Beschichtungskammer 1 durch eine Niedervoltbogenentladung mittels einer Hohlkathode 7 und der anodischen Elektrode 6 gereinigt und aufgeheizt werden (siehe Anspruch 1; Spalte 2, Zeilen 29 bis 66; Spalte 3, Zeile 51 bis Spalte 4, Zeile 34; und Figur).

Die Substrate 4 sind gemäß der einzigen Figur von D10 auf einem Substratträger 3 mit Planetenbewegung gehaltert (siehe Spalte 3, Zeilen 19 bis 22), wobei übliche Substrate z.B. Schneidwerkzeuge von durchschnittlicher Größe sind, die durch das Plasma der Hohlkathodenbogenentladung leicht auf 300-400ºC aufgeheizt werden können. Bei Substraten mit größerer Masse wird zusätzlich durch Elektronenstoß geheizt, wobei die Substrate unmittelbar mit dem positiven Pol der Stromquelle 9 der Hohlkathode 7 verbunden werden. Nach dem Erreichen der Beschichtungstemperatur der Substrate folgt dann der eigentliche Plasmabeschichtungsprozess (siehe Spalte 4, Zeilen 15 bis 27).

Das Verfahren nach D10 weist somit unbestritten eine Vorreinigung mittels eines Plasmatrons auf, aber nur in einer einzigen Kammer, wo auch die Plasmabeschichtung stattfindet.

1.4 Das Verfahren zur Plasma-Oberflächenbehandlung gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheidet sich somit von dem oben genannten nach D10 dadurch, dass

a) ein erstes Substrat (S1) in einer Behandlungskammer (1) plasmabeschichtet wird während gleichzeitig ein nachfolgend zu beschichtendes zweites Substrat (S2) in einer ersten Vorkammer (2) mittels eines ersten Plasmatrons (20) erhitzt und gereinigt wird;

b) das erste Substrat (S1) danach aus der Behandlungskammer (1) entfernt und das zweite Substrat (S2) in die Behandlungskammer (1) überführt und darin plasmabeschichtet wird;

c) während des Beschichtens des zweiten Substrats (S2) in der Behandlungskammer (1) gleichzeitig ein drittes Substrat (S3) in einer zweiten Vorkammer (3) mittels eines weiteren Plasmatrons erhitzt und gereinigt wird.

1.5 Dieser Verfahrensablauf gemäß den Merkmalen a), b) und c) gewährleistet eine maßgebliche Erhöhung des Durchsatzes durch die Plasmabeschichtungsvorrichtung unter Beibehaltung der ursprünglichen hohen Qualität der Beschichtung, da die Verweilzeit des Substrats in der Beschichtungskammer verkürzt wird, wobei die zum Reinigen und Erhitzen benötigte Zeit ca. dem 0.5 bis 2-fachen der eigentlichen Beschichtungszeit entspricht (siehe Patent, Absätze [0005] und [0006]).

1.6 Aufgabe

Die im Streitpatent - in der Beschreibung der ursprünglich eingereichten Anmeldung ist das Dokument D10 nicht zitiert - genannte Aufgabe, nämlich ein Verfahren bereitzustellen, mittels dem der Durchsatz maßgeblich gesteigert werden kann, wobei die Qualität der aufgetragenen Schicht qualitativ hohen Anforderungen genügen soll (siehe Absatz [0003]), ist daher auch im Hinblick auf die D10 zutreffend.

1.7 Lösung der Aufgabe

Diese Aufgabe wird durch das Verfahren nach Anspruch 1 des Hauptantrags gelöst.

1.8 Naheliegen

Ausgehend vom Verfahren nach D10 wird jedoch diese Lösung dem Fachmann durch die Berücksichtigung der Lehre von D10 und seines allgemeinen Fachwissens nahe gelegt.

1.8.1 Es gehört zum allgemeinen Fachwissen des auf dem Gebiet der Plasmabeschichtung tätigen Fachmannes, dass die Zeitdauer zum Erreichen einer vorzugebenden Substrattemperatur eines Bauteils für eine nachfolgende Plasmabeschichtung maßgeblich von der Masse des Bauteils und dem in der Praxis möglichen maximalen Wärmeeintrag in das Bauteil aufgrund der für den Wärmeeintrag ausgewählten Heizung abhängt.

1.8.2 Das bedeutet für das Beschichtungsverfahren nach D10, dass für größere metallische Bauteile, als die beispielhaft genannten Schneidwerkzeuge, mit einer entsprechend größeren Masse die Reinigungs- und Vorwärmzeit automatisch entsprechend zumindest linear zunimmt, wodurch jedoch der Durchsatz durch die Beschichtungsanlage stark reduziert werden würde.

1.8.3 Die Effizienzsteigerung eines Verfahrens durch eine Parallelbehandlung ist dem Fachmann ebenfalls aus dem allgemeinen Fachwissen bekannt; dies wurde von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten.

1.8.4 Der Fachmann würde daher zur Lösung der obengenanten Aufgabe (siehe Punkt 1.6) ausgehend von der Lehre nach D10 zum Plasmabeschichten von Bauteilen, die Reinigung und Vorwärmung der Bauteile mittels des Plasmatrons aus der eigentlichen Beschichtungskammer in eine eigens für diese Vorbehandlung vorgesehene Vorkammer verlegen und zwei Substrate parallel in beiden Kammern - der Beschichtungskammer und einer Vorkammer - behandeln, da damit die Beschichtungskammer für die eigentliche Plasmabeschichtung wieder vollständig zur Verfügung steht. Allerdings wird der Fachmann dann feststellen, dass bei einer weiter zunehmenden Masse der zu beschichtenden Bauteile die zur Vorbehandlung notwendige Zeit wesentlich länger ist, als die für den Plasmabeschichtungsschritt notwendige Zeit, wodurch die von der Beschichtungskammer zur Verfügung stehende Zeit dann nicht mehr optimal ausgenützt werden kann. Spätestens dann wird der Fachmann eine zweite Vorkammer mit einem weiteren Plasmatron für eine parallel ablaufende zweite Vorbehandlung vorsehen. Denn nur auf diese Weise kann er den Durchsatz der Plasmabeschichtungsanlage nach D10 bei der Behandlung von Bauteilen mit einer wesentlich größeren Masse zunächst wiederherstellen bzw. auf einen optimalen Durchsatzwert bringen.

Damit gelangt der Fachmann jedoch zum Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags, ohne erfinderisch tätig zu werden.

1.8.5 Die Argumente der Beschwerdegegnerin bezüglich einer Plasmaspritzbeschichtung oder dem Beschichten von Turbinenschaufeln sind nicht stichhaltig, da Verfahrensanspruch 1 keine dementsprechenden Begrenzungen aufweist.

1.8.6 Die Argumente der Beschwerdeführerin basierend auf D4 sind nicht stichhaltig, da dieses Dokument eine völlig andere Technologie - nämlich der epitaktischen Beschichtung von Si-Wafern mittels thermisch verdampften Siliziums unter Verwendung einer großflächigen Ionenquelle zum Bestrahlen der aufgebrachten Si-Schicht (siehe englischsprachige Zusammenfassung und Figur 2) - mit anderen Reinheitskriterien betrifft. Auch die Reinigung der Wafer in den Kammern 6L und 6R erfolgt offensichtlich rein thermisch und ohne Plasmaunterstützung (siehe die Zusammenfassung und Figur 10), sodass der Fachmann die Anlage gemäß D4 völlig ändern müsste, um Elemente dieser Vorrichtung mit jenen von D2, D10 oder D15 zu kombinieren, wofür er aber im Übrigen keinerlei Anlass hat.

D4 kann lediglich als Beleg für die unbestrittene Behauptung der Beschwerdeführerin dienen, dass die Parallelbehandlung von Bauteilen zum Stand der Technik gehört.

Das gleiche gilt für das Verfahren nach D2, nach dem eine Vorerwärmung von Bauteilen in einer Vorkammer, parallel zum Plasmaspritzen in einer nachgeschalteten Kammer, vorgenommen wird.

1.8.7 Aus den Ausführungen in den Punkten 1.3 bis 1.8.5 oben ergibt sich, dass das Verfahren nach Anspruch 1 des Hauptantrags die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ 1973 nicht erfüllt. Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.

Hilfsantrag

2. Zulässigkeit der Änderungen des Hilfsantrages (Artikel 84 EPÜ 1973, 123(2) und (3) EPÜ)

2.1 Die geänderten unabhängigen Ansprüche 1 und 9 des Hilfsantrags (siehe Punkt VII oben) basieren auf einer Kombination der Ansprüche 1 bzw. 9 wie erteilt (entsprechend den Ansprüchen 1, 2, 4 und 8 in Kombination mit Seite 5, dritter Absatz sowie den Ansprüchen 12 und 15 in Kombination mit den Figuren 1-3 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung) mit der einen Alternative des Anspruches 7 wie erteilt (der dem Anspruch 10 wie ursprünglich eingereicht entspricht), so dass die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ erfüllt sind.

Da damit auch der Schutzbereich der Ansprüche 1 bzw. 9 des Hilfsantrags gegenüber jenen der erteilten Ansprüche 1 bzw. 9 beschränkt wird, erfüllen die Ansprüche 1 und 9 des Hilfsantrags auch die Erfordernisse von Artikel 123(3) EPÜ.

2.2 Die abhängigen Ansprüche 2-8, von denen Anspruch 7 durch die Streichung des in Anspruch 1 aufgenommenen Merkmals betreffend die Bewegung des Plasmatrons während des Vorbehandelns lediglich an Anspruch 1 angepasst wurde, sowie 10 bis 16 des Hilfsantrags entsprechen den abhängigen Ansprüchen 2-8 und 10-16 des Hauptantrags.

Somit erfüllen auch die Ansprüche 2-8 und 10-16 des Hilfsantrags die Erfordernisse von Artikel 123(2) und (3) EPÜ.

2.3 Die Änderung der während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer von der Beschwerdegegnerin eingereichten Austauschseite 4 der Beschreibung betrifft die Streichung des Ausdruckes "nur eine oder" in Spalte 5, Zeile 1. Durch diese Streichung wurde die Unstimmigkeit zwischen einer alternative Ausführungsform mit nur einer Vorkammer und den geänderten Ansprüchen 1 und 9 des Hilfsantrags beseitigt.

Die Austauschseite 4 der Beschreibung erfüllt daher die Erfordernisse der Artikel 84 EPÜ 1973, 123(2) und (3) EPÜ.

2.4 Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer keinerlei Beanstandungen im Hinblick auf die vorgenannten Änderungen vorgebracht.

3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)

Verfahrensanspruch 1

3.1 Das Verfahren nach Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich vom Verfahren nach Anspruch 1 des Hauptantrags durch die zusätzlichen Merkmale betreffend die Bewegung des Plasmatrons während des Erhitzens und Reinigens der Substrate in den beiden Vorkammern bzw. dass das Plasmabeschichten nun mittels einer Plasmaspritzvorrichtung erfolgt (siehe Punkt VII oben).

3.2 Da D10 weder eine Plasmaspritzbeschichtung noch eine Bewegung des Plasmatrons während der Reinigung und des Erhitzens der Substrate offenbart, sondern lediglich die Beschichtung mittels eines Vakuumbogenverdampfers bzw., über den damaligen Stand der Technik hinausgehend, mittels eines Elektronenstrahlverdampfers beschreibt (siehe Spalte 1, Zeilen 3 bis 5 und Zeilen 42 bis 67; und Ansprüche 1 und 9), stellt diese Entgegenhaltung keinen relevanten Stand der Technik für den Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags dar, insbesondere stellt es nicht mehr den nächstkommenden Stand der Technik für Anspruch 1 dar.

Daher können alle Argumente der Beschwerdeführerin ausgehend von D10 nicht akzeptiert werden, insbesondere da der Fachmann keinerlei Anlass hat, das beschriebene Beschichtungsverfahren zu ändern bzw. eine Bewegung des Plasmatrons vorzusehen (bei D10 werden die Substrate bewegt).

3.3 Die Dokumente D2 und D15 offenbaren beide eine Beschichtung von Turbinenschaufeln durch Plasmaspritzen, wobei bei D2 nur die Vorerwärmung in einer Vorkammer durchgeführt wird, während bei D15 ein Glimmentladungsplasma für die Reinigung und Vorwärmung in einer Vorkammer angewandt wird (siehe die Punkte 1.2.1 und 1.2.2 oben).

Von den beiden Dokumenten D2 und D15, von denen jedes als nächstkommender Stand der Technik für Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags betrachtet werden kann, stellt D15 aufgrund ihrer Anmelde- bzw. Veröffentlichungsdaten das jüngere Dokument dar.

3.3.1 D15 erwähnt bei der Würdigung des Standes der Technik zwar die mögliche Reinigung der Bauteile mittels Plasmatrons, beschreibt aber in diesem Zusammenhang auch die durch den übertragenen Lichtbogen auftretenden Probleme, die zur Zerstörung des Bauteils führen können (siehe Spalte 1, Zeilen 34 bis 48). Genau aus diesem Grund, nämlich um die vorgenannte Problematik zu vermeiden, verwendet D15 kein Plasmatron für die Reinigung und Vorwärmung des Bauteils, sondern schlägt dafür ein Glimmentladungsplasma vor, welches eine sehr effektive, gleichmäßige und schonende Reinigung der Bauteiloberfläche bewirkt, während das Bauteil gleichzeitig erwärmt wird (siehe Spalte 3, Zeilen 51 bis 60). Dabei wird die Ausbildung eines Lichtbogens durch eine in der Vorrichtung vorhandene Schaltung, welche den Glimmentladungsstrom regelt, effektiv vermieden (siehe Spalte 3, Zeilen 42 bis 50; und Anspruch 3).

Gemäß D15 können sowohl das Bauteil als auch die Anode zur Erzeugung der Glimmentladung für die Reinigung bewegt werden (siehe Spalte 4, Zeilen 6 bis 10 und Zeilen 13 bis 16 sowie Zeilen 31 bis 35; Figuren 1 und 2).

3.3.2 D2 erwähnt bei der Würdigung des Standes der Technik ebenfalls das Aufheizen mittels Plasmabrenners oder alternativ mittels Ionenbeschusses bei negativ gepoltem Substrat, sodass Reinigung und Heizung parallel ablaufen (siehe Spalte 1, Zeilen 22 bis 35; d.h. mittels Plasmatrons). Von diesem Stand der Technik ausgehend lehrt D2 - zur Lösung der Aufgabe, ein Verfahren und eine entsprechende Vorrichtung vorzuschlagen, mit denen in einfacher Weise bei Erreichen eines höchsten Qualitätsstandards gearbeitet werden kann (siehe Spalte 1, Zeilen 65 bis 68) - das Vorwärmen des Bauteils (insbesondere von Turbinenschaufeln) in einer Vorkammer mittels eines induktiv- oder widerstandsbeheizten Ofens und die Beschichtung mittels Vakuumplasmaspritzens durchzuführen (siehe Spalte 2, Zeilen 1 bis 24).

Bezüglich einer Reinigung der Bauteile gemäß der vorgenannten Aufgabe und deren Lösung macht D2 keine Aussage.

3.3.3 Somit unterscheidet sich das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags sowohl von jenem nach der Lehre von D15 als auch jenem nach der Lehre von D2 dadurch, dass

a) ein erstes Substrat (S1) in einer Behandlungskammer (1) plasmabeschichtet wird während gleichzeitig ein nachfolgend zu beschichtendes zweites Substrat (S2) in einer ersten Vorkammer (2) mittels eines ersten Plasmatrons (20) erhitzt und gereinigt wird, wobei das Plasmatron während dem Erhitzen und Reinigen bewegt wird;

b) das erste Substrat (S1) danach aus der Behandlungskammer (1) entfernt und das zweite Substrat (S2) in die Behandlungskammer (1) überführt und darin mittels einer Plasmaspritzvorrichtung plasmabeschichtet wird;

c) während des Beschichtens des zweiten Substrats (S2) in der Behandlungskammer (1) gleichzeitig ein drittes Substrat (S3) in einer zweiten Vorkammer (3) mittels eines weiteren Plasmatrons erhitzt und gereinigt wird, wobei das Plasmatron während dem Erhitzen und Reinigen bewegt wird.

Dieser Verfahrensablauf gemäß den Merkmalen a), b) und c) gewährleistet eine maßgebliche Erhöhung des Durchsatzes durch die Plasmaspritzbeschichtungsvorrichtung unter Beibehaltung der ursprünglichen hohen Qualität der Beschichtung (siehe Patent, Absätze [0005] und [0006]).

3.4 Aufgabe

Die im Streitpatent gegenüber dem Stand der Technik genannte Aufgabe (siehe Punkt 1.6 oben), ist daher auch im Hinblick auf die Lehren der D2 und der D15 zutreffend.

3.5 Lösung der Aufgabe

Diese Aufgabe wird durch das Verfahren nach Anspruch 1 des Hilfsantrags gelöst.

3.6 Diese Lösung wird dem Fachmann ausgehend von der Lehre der D2 oder der D15 und unter Berücksichtigung seines allgemeinen Fachwissens aus den folgenden Gründen jedoch nicht nahe gelegt. D4 ist dabei aus den bereits unter Punkt 1.8.6 genannten Gründen nicht zu berücksichtigen.

3.7 Die Kammer kann unter Berücksichtigung der Lehre der D15 der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht folgen, dass der Fachmann - ausgehend von dem in D15 gewürdigten Stand der Technik - ein Plasmatron für die Reinigung und Vorwärmung der Bauteile verwenden würde. D15 weist nämlich den Fachmann an, genau das Gegenteil davon zu tun. Da die Reinigung und Vorwärmung mittels Plasmatrons zur Zerstörung des Bauteils führen kann, lehrt D15 die Verwendung einer Glimmentladung, die offensichtlich eine gleich gute Reinigung der Substrate ergibt (siehe Punkt 3.3.1 oben).

3.7.1 Der Fachmann würde deshalb ausgehend vom in dieser Hinsicht offenbarten Verfahren in D15, sofern die Vorwärm- und Reinigungszeit mit der Glimmentladung für Bauteile größerer Masse zu lange dauern und den Durchsatz durch die Plasmaspritzanlage somit begrenzen würde, zur Lösung der unter Punkt 3.4 genannten Aufgabe eine zweite Vorkammer mit einem Glimmentladungsplasma zur parallelen Behandlung eines weiteren Bauteils vorsehen.

Damit würde der Fachmann aber weder Plasmatrone zur Reinigung und Vorwärmung in den beiden Vorkammern verwenden, noch würde er diese Plasmatrone während der Vorbehandlung gegenüber den Substraten bewegen.

In D15 gibt es keinerlei Hinweis für den Fachmann darauf, dass die mögliche Zerstörung des Bauteils durch eine Bewegung des Plasmatrons vermieden werden könnte.

Außerdem ist es glaubhaft, dass kleine Schwenkbewegungen mit dem Plasmatron ökonomischer sind, als das Substrat relativ zum Plasmatron zu bewegen.

3.7.2 Im Übrigen wird der Fachmann, im Fall dass es z.B. zwei äquivalente Ausführungsformen für eine Vorrichtung gibt, die den gleichen Effekt erzielen, z.B. dem Erzeugen einer Relativbewegung zwischen dem Substrat und der Plasmaquelle zur Reinigung der gesamten Oberfläche des Substrats, - wie es Anspruch 7 des Patents mit einer Alternativdarstellung dieser Bewegung durch einerseits das Substrat andererseits das Plasmatron - aus wirtschaftlichen Gründen die kostengünstigere Variante der beiden Ausführungsformen wählen. Der Fachmann wird deshalb im Allgemeinen keinen Industrieroboter für die Plasma-Reinigung in der Vorkammer vorsehen. Insbesondere gilt dies unter Berücksichtigung der Tatsache, dass mit der Glimmentladung und einem bewegten (sich drehenden) Bauteil gemäß D15 eine sehr effektive und gleichmäßige Reinigung der gesamten Oberfläche des Bauteils erzielt wird (siehe D15, Spalte 3, Zeilen 23 bis 27, Zeilen 34 bis 39 sowie Zeilen 51 bis 58).

3.8 Andererseits würde der Fachmann ausgehend von D2 zur Lösung der unter Punkt 3.4 genannten Aufgabe - in Analogie zu D15 - eine zweite Vorkammer mit einem induktiv- oder widerstandsbeheizten Ofen zur parallelen Vorbehandlung eines weiteren Bauteils vorsehen.

3.8.1 Da die Lehre der D2 keinen Reinigungsschritt umfasst, wäre der Fachmann frei, ein Verfahren dafür auszuwählen und dieses entweder in der Vorkammer oder der Beschichtungskammer durchzuführen. Da für die Plasmaspritzbeschichtung in der Beschichtungskammer bereits ein mittels eines Industrieroboters bewegliches Plasmatron vorhanden ist (siehe Spalte 2, Zeile 67 bis Spalte 3, Zeile 5), ist es eher zu erwarten, dass er dieses bewegliche Plasmatron für eine Reinigung in der Beschichtungskammer einsetzen würde, da er andernfalls die Vorrichtung nach D2 komplett umbauen müsste. Damit würde der Fachmann aber nicht zum Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags gelangen, in dem die Reinigung in der Vorkammer stattfindet.

3.9 Das Verfahren nach Anspruch 1 des Hilfsantrags weist daher die nach Artikel 56 EPÜ notwendige erfinderische Tätigkeit auf.

Vorrichtungsanspruch 9

3.10 Die Einrichtung gemäß Anspruch 9 zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich von den Vorrichtungen gemäß dem nächstkommenden Stand der Technik D2 bzw. D15 durch die zwei Vorkammern mit jeweils einem beweglich angeordneten Plasmatron zum Vorbehandeln der Substrate (siehe Punkte 3.3.1 und 3.3.2 oben), da sowohl D2 (Verschlusselement 70 in der Figur) als auch D15 (Schieber 17 in Figur 2) eine verschließbare Öffnung zwischen der einzigen Vorkammer und der Beschichtungskammer offenbaren.

Dieser Unterschied gewährleistet eine maßgebliche Erhöhung des Durchsatzes durch die Einrichtung beim Plasmaspritzbeschichten unter Beibehaltung der ursprünglichen hohen Qualität der aufgebrachten Beschichtung (siehe Patent, Absätze [0005] und [0006]).

3.11 Aufgabe

Die im Streitpatent genannte Aufgabe (siehe Punkt 1.6 oben), ist daher auch für die Einrichtung nach Anspruch 9 bezüglich der D2 und der D15 zutreffend.

3.12 Lösung der Aufgabe

Diese Aufgabe wird durch die Einrichtung gemäß Anspruch 9 des Hilfsantrags gelöst.

3.13 Diese Lösung wird dem Fachmann ausgehend von der Lehre der D2 oder der D15 und unter Berücksichtigung seines allgemeinen Fachwissens aus den in den oberen Punkten 3.2 bis 3.3.2 sowie 3.6 bis 3.8.1 dargelegten Gründen jedoch nicht nahe gelegt. Beide Parteien haben für den Gegenstand von Anspruch 9 des Hilfsantrags in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer auch keine gesonderten Argumente vorgebracht.

3.14 Der unabhängige Vorrichtungsanspruch 9 des Hilfsantrags weist daher ebenfalls die notwendige erfinderische Tätigkeit auf (Artikel 56 EPÜ 1973).

3.15 Die abhängigen Ansprüche 2-8 und 10-16 des Hilfsantrags, die bevorzugte Ausführungsformen des Verfahrens von Anspruch 1 bzw. der Einrichtung gemäß Anspruch 9 definieren, weisen daher ebenfalls eine erfinderische Tätigkeit auf.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Maßgabe, das Patent aufrechtzuerhalten mit den folgenden Unterlagen:

- Ansprüche 1 bis 16 gemäß Hilfsantrag eingereicht mit Schreiben vom 22. Mai 2008

- Beschreibung Seite 4 eingereicht während der mündlichen Verhandlung

- Beschreibung Seiten 2 und 3 sowie

Figuren 1 bis 5 des Patents wie erteilt.

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