T 0131/08 () of 8.10.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T013108.20091008
Datum der Entscheidung: 08 October 2009
Aktenzeichen: T 0131/08
Anmeldenummer: 02701299.6
IPC-Klasse: A01J 5/007
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Automatische Melkvorrichtung mit steuerbarer Stimulationsvorrichtung und System zur Stimulation
Name des Anmelders: Maier, Jakob, Jun.
Name des Einsprechenden: WestfaliaSurge GmbH
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 108
European Patent Convention R 101(1)
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention 1973 Art 122
Schlagwörter: Anspruch 1 wie erteilt - Neuheit (nein)
Zu spät eingereichte Beschwerdebegründung der Einsprechenden
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Patentinhaberin hat am 23. Januar 2008 gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vom 14. November 2007 mit der diese befand, dass unter Berücksichtigung der vorgenommenen Änderungen das europäische Patent den Erfordernissen des EPÜ genüge, Beschwerde eingelegt, gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet und am 25. März 2008 die Beschwerde schriftlich begründet.

Die Einsprechende hat am 11. Januar 2008 ebenfalls Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerde ist jedoch währen der in dem Artikel 108 EPÜ, Satz 3 vorgesehenen Frist nicht schriftlich begründet worden.

II. Der Einspruch wurde auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ 1973 (Neuheit und erfinderische Tätigkeit) gestützt.

In ihrer Entscheidung ist die Einspruchsabteilung zum Schluss gekommen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt in Anbetracht von D5: EP-A-0 951 820 nicht neu sei.

III. Am 8. Oktober 2009 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in unveränderter Form aufrechtzuerhalten.

Anspruch 1 wie erteilt lautet wie folgt:

"1. Automatische Melkvorrichtung mit mehreren Melkbechern, einer eine zum Abmelken erforderlichen Unterdruck erzeugenden Vakuumvorrichtung, einer Pulsatoreinrichtung und einer Stimulationsvorrichtung, dadurch gekennzeichnet, dass die Stimulationsvorrichtung eine Schwingungserzeugungseinrichtung umfasst, die mit einem oder mehreren Melkbechern mechanisch koppelbar ist während des Melkvorgangs und die so ausgebildet ist, dass sie unabhängig von der Pulsatoreinrichtung steuerbar ist."

Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Aus D5 sei eine Anlage bekannt, mit einer Melkvorrichtung mit vier Melkbechern und einer getrennten Stimulationsvorrichtung mit einem Melkbecher. Jedoch sei die Bewegungserzeugungseinrichtung der Stimulationsvorrichtung nicht mit den Melkbechern der Melkvorrichtung während des Melkvorgangs koppelbar. Ferner erzeuge die Stimulationsvorrichtung gemäß D5 keine Schwingungen, sondern lediglich periodische Bewegungen.

IV. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat dem widersprochen und im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

D5 offenbare eine Melkvorrichtung mit vier Melkbechern und einer Stimulationsvorrichtung, die zum Melken geeignet und während des Melkvorgangs mit einem Melkbecher koppelbar sei. Mehr verlange Anspruch 1 nicht. In D5 werde eine periodische Bewegung erzeugt. Dies entspreche der Definition einer Schwingung.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerden:

Die Beschwerde der Patentinhaberin ist form- und fristgerecht eingereicht worden und somit zulässig.

Die Beschwerde der Einsprechenden ist nicht innerhalb der Frist von vier Monaten ab Zustellung der beschwerdefähigen Entscheidung (Artikel 108 EPÜ Satz 3) begründet worden. Mit Mitteilung vom 25. April 2008 wurde ihr dies mitgeteilt. Sie hat innerhalb von zwei Monaten nach Zugang dieses Schreibens weder eine Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist gemäß Artikel 122 EPÜ 1973 beantragt, noch sich zur Frage der Fristversäumnis geäußert. Die Beschwerde der Einsprechenden ist daher gemäß Regel 101(1) EPÜ als unzulässig zu verwerfen.

2. Neuheit:

2.1 D5 offenbart eine automatische Melkvorrichtung (Absatz [0001]; Spalte 3, Zeilen 34 bis 40; Figur 1), die mit vier Melkbechern ausgerüstet ist, sowie eine einen zum Abmelken erforderlichen Unterdruck erzeugende Vakuumvorrichtung, eine Pulsatoreinrichtung und eine Stimulationsvorrichtung (Spalte 9, Zeilen 23 bis 34; Figur 6) mit einem über einen Elektromotor angetriebenen Excenter, der eine mit einem Melkbecher mechanisch gekoppelte Parallelogramm-Aufhängung periodisch auf und ab bewegt, wenn der Melkbecher an der Zitze angebracht ist. Diese Stimulationsvorrichtung ist somit unabhängig von der Pulsatoreinrichtung steuerbar. Ferner ist der Melkbecher dieser Stimulationsvorrichtung dazu geeignet, ein normales Melken durchzuführen (Spalte 8, Zeilen 36 bis 38).

2.2 Die Beschwerdeführerin hat bestritten, dass die Stimulationsvorrichtung aus D5 Schwingungen erzeuge und dass diese Stimulationsvorrichtung geeignet sei, mit den Melkbechern der Melkvorrichtung während des Melkvorgangs gekoppelt zu werden.

Gemäß der durch die Beschwerdeführerin eingereichten Definition aus dem Lueger Lexikon der Technik ist unter "Schwingung" eine Zustandsänderung in einem physikalischen System zu verstehen, in deren Verlauf bestimmte Merkmale wiederkehren, wie z.B. der Wechsel der Bewegungsrichtung.

Da die in D5 erzielte Stimulation aus einer wiederkehrenden Auf- und Abbewegung besteht (Spalte 9, Zeilen 31 bis 33), entspricht sie dieser Definition einer Schwingung.

Die Beschwerdeführerin hat dazu vorgetragen, dass eine Schwingung darüber hinaus eine Zustandsänderung impliziere, bei der ein System auf Grund einer Störung aus dem Gleichgewicht gebracht und durch eine rücktreibende Kraft wieder in Richtung des Ausgangszustandes gezwungen werde.

In D5 bilden die angetriebene Parallelogramm-Aufhängung, der Melkbecher, die Zitze und das Euter ein System, welches sich vor Inbetriebnahme des Elektromotors in einem stabilen Gleichgewichtszustand befindet. In diesem System bilden Zitze und Euter ein elastisches Element, das durch Inbetriebnahme des Elektromotors aus einem Gleichgewichtszustand gebracht wird und aufgrund seiner eigenen Elastizität eine rücktreibende Kraft entwickelt, die durch den Elektromotor weiter unterstützt wird, und die dahin strebt das System wieder in den Gleichgewichtszustand zurückbringen. Somit erfüllt dieses System auch die von der Beschwerdeführerin genannten zusätzlichen Bedingungen, um die dadurch erzielte Zustandsänderung als Schwingung bezeichnen zu können.

Folglich ist die Stimulationsvorrichtung, die diese Schwingung produziert, auch eine Schwingungserzeugungseinrichtung.

2.3 Die Beschwerdeführerin hat ferner die Ansicht vertreten, dass falls die Stimulationsvorrichtung gemäß D5 für das Melken eingesetzt werde, die Melkvorrichtung nur einen und nicht mehrere Melkbecher aufweisen würde und dass, falls zum Melken die mit vier Melbechern ausgestattete Vorrichtung verwendet werde, die Stimulationsvorrichtung nicht während des Melkvorgangs mit wenigstens einem Melkbecher koppelbar sei.

Anspruch 1 verlangt das Vorhandensein einer Melkvorrichtung mit mehreren Melkbechern und einer Stimulationsvorrichtung. Dies ist in D5 durch zwei verschiedene Vorrichtungen, einer Melkvorrichtung mit vier Melkbechern und einer Stimulationsvorrichtung mit einem Melkbecher gegeben. Des Weiteren verlangt Anspruch 1, dass die Stimulationsvorrichtung während des Melkvorgangs mit wenigstens einem Melkbecher koppelbar ist. Da in D5 die Stimulationsvorrichtung mit einem Melkbecher gekoppelt ist, mit welchem auch gemolken werden kann, ist auch diese Bedingung erfüllt.

Anspruch 1 verlangt jedoch nicht, wie von der Beschwerdeführerin unterstellt, dass die Stimulationsvorrichtung während des Melkvorgangs mit wenigstens einem der vier Melkbecher der Melkvorrichtung koppelbar sei, sondern nur, dass sie mit wenigstens einem Melkbecher koppelbar sei, der während des Melkvorgangs verwendet wird.

Die Beschwerdeführerin hat auch vorgetragen, dass ein Fachmann aus wirtschaftlichen Gründen nicht in Betracht ziehen würde, mit dem Melkbecher der Stimulationsvorrichtung zu melken, und schon gar nicht, wenn ihm eine Melkvorrichtung zu Verfügung stehe, die vier Zitzen gleichzeitig abmelken könne.

Ob diese Vorgehensweise wirtschaftlich ist und dem Fachmann sinnvoll scheint oder nicht, spielt in diesem Fall keine Rolle. Maßgeblich ist nur, dass D5 (Spalte 8, Zeilen 36 bis 38) darauf verweist, dass trotz Vorhandenseins einer Melkvorrichtung, die über vier Melkbecher verfügt, ein normaler Melkvorgang auch mit der Stimulationsvorrichtung durchgeführt werden kann.

2.4 Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt im Vergleich zu D5 nicht neu. Dem Antrag der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin), das Patent in unverändertem Umfang aufrechtzuerhalten, kann somit nicht stattgegeben werden. Da die Patentinhaberin alleinige Beschwerdeführerin ist, kann weder die Kammer noch die Einsprechende, deren Beschwerde als unzulässig verworfen worden ist, die im geänderten Umfang aufrechterhaltene Fassung des Patents gemäß der angefochtenen Zwischenentscheidung der ersten Instanz in Frage stellen (Verbot der reformatio in peius).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde der Einsprechenden wird als unzulässig verworfen.

2. Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.

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