European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2009:T012908.20090604 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 04 Juni 2009 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0129/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00974375.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | F01L 1/34 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Brennkraftmaschine mit hydraulischem Nockenwellenversteller zur Nockenwellenverstellung | ||||||||
Name des Anmelders: | Volkswagen Aktiengesellschaft, et al | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft | ||||||||
Kammer: | 3.2.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (verneint) - Hauptantrag Unzulässige Erweiterung - Hilfsanträge II bis VI Erfinderische Tätigkeit (verneint) - Hilfsanträge VIa und VIIa |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die vorliegenden Beschwerden der Patentinhaberinnen und der Einsprechenden richten sich gegen die am 21. November 2007 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 1 216 345 in geänderter Fassung auf Grundlage des Hilfsantrages VIII unter Abweisung aller vorangehenden Anträge (Hauptantrag und Hilfsanträge II, IIIa, VII, VII korrigiert) aufrechterhalten wurde.
II. Anspruch 1 in der erteilten Form gemäß dem Hauptantrag lautet wie folgt:
"1. Brennkraftmaschine mit einem Zylinderkopf und wenigstens einer an diesem gelagerten Nockenwelle (74), welche angetrieben von einer Kurbelwelle entsprechende Gaswechselventile am Zylinderkopf betätigt, wobei an der Nockenwelle (74) ein Nockenwellenversteller (76) vorgesehen ist, der zum Verändern von Steuerzeiten der Gaswechselventile mittels Hydraulikdruck die Nockenwelle (74) relativ zur Kurbelwelle verdreht, wobei eine Zuführungsvorrichtung für Hydraulikdruck an den Nockenwellenversteller (76) vorgesehen und als vom Zylinderkopf separates Bauteil (10) ausgebildet ist und für jede Nockenwelle (74) einen Ring (12, 13) aufweist, wobei jeder Ring (12, 13) zwei Nuten (38, 42 bzw. 62, 60) aufweist, die über jeweilige Hydraulikdruckkanäle (28, 30, 32, 34, 36 bzw. 40 bzw. 44, 46, 48, 50 bzw. 54, 56, 58) in der Zuführungsvorrichtung (10) mit einem Hydraulikdruckventil (62, 64) verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass jeder Ring (12, 13) einen Abschnitt der Nockenwelle (74) umgreift und der jeweils umgriffene Abschnitt der Nockenwelle (74) zwei Ringnuten (82, 84) aufweist, welche jeweils mit einer Nut (38, 42 bzw. 62, 60) des entsprechenden Ringes (12, 13) fluchten, wobei jedes Nut/Ringnutpaar (38/82, 42/84) eines Ringes (12, 13) über jeweilige Hydraulikdruckkanäle (86, 90) in der Nockenwelle (74) mit einer Hydraulikdruckkammer (88, 92) des an dieser Nockenwelle (74) angeordneten Nockenwellenverstellers (76) verbunden ist."
III. Die Zurückweisung des Hauptantrags und der Hilfsanträge wurde von der Einspruchsabteilung damit begründet, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag II wegen mangelnder Neuheit gegenüber
E3 : EP-A-831 207
nicht patentfähig sei, dass der geänderte Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen IIIa und VII gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoße und dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag VII (korrigiert) durch die Kombination der Entgegenhaltungen E3 und
E2 : DE-A-195 02 496
nahegelegt werde.
Zu dem im Hilfsantrag VIII beanspruchten Gegenstand führte die Einspruchsabteilung insbesondere aus, dass es im Stand der Technik kein Vorbild gäbe, "mehr als einen Nockenwellenversteller an verschiedenen Nockenwellen mit einer einzigen einstückigen Zufuhr-Einrichtung zu versehen, die einstückig mit zwei Ringen die zugehörigen Nockenwellen umfassen". Somit beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag VIII, der definiere, "dass die Zufuhr-Einrichtung einstückig zwei je eine Nockenwelle umfassende Ringe enthält", auf erfinderischer Tätigkeit.
IV. Die Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen und Einsprechende) haben gegen diese Entscheidung am 21. bzw. 30. Januar 2008 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründungen sind am 23. bzw. 20. März 2008 eingegangenen.
Mit ihrer Beschwerdebegründung haben die Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen) neue Hilfsanträge II bis V vorgelegt und beantragt, das Patent wie erteilt oder in der Fassung gemäß diesen Hilfsanträgen oder in der Fassung gemäß der Entscheidung der Einspruchsabteilung (Hilfsantrag VI) aufrechtzuerhalten.
V. In ihrer Erwiderung vom 31. Juli 2008 auf die Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin (Einsprechende) haben die Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen) einen weiteren Hilfsantrag VII überreicht. Ferner haben sie Einwände gegen die Zulässigkeit der Beschwerde der Einsprechenden erhoben: In der Beschwerdebegründung greife die Einsprechende den von der Einspruchsabteilung zurückgewiesenen Hilfsantrag VII (korrigiert) an; für die Einsprechende sei jedoch keine Beschwer in Bezug auf Hilfsantrag VII (korrigiert) gegeben.
VI. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung teilte die Beschwerdekammer den Parteien als Ergebnis ihrer vorläufigen Prüfung u. a. mit, dass die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Einsprechende) zulässig sei. In der Beschwerdebegründung der Einsprechenden werde nicht nur der Hilfsantrag VII (korrigiert), sondern auch der Hilfsantrag VIII angegriffen. Da die Zulässigkeit sich auf die Beschwerde insgesamt beziehe und das EPÜ keine Teilzulässigkeit kenne, sei es für die Zulässigkeit der Beschwerde der Einsprechenden irrelevant, dass die Beschwerdebegründung auch Ausführungen in Bezug auf Hilfsantrag VII (korrigiert) enthalte.
Darüber hinaus wies die Kammer darauf hin, dass die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag zumindest gegenüber E2 in Frage stehe und dass die von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) erhobenen Einwände unter Artikel 123(2) EPÜ in Bezug auf die im Beschwerdeverfahren eingereichten Hilfsanträge II bis V sowie VII zutreffend erschienen.
VII. Am 4. Juni 2009 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
Die Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf Grundlage des Hauptantrags oder einer der Hilfsanträge II - IV, jeweils eingereicht mit der Beschwerdebegründung, oder auf Grundlage eines der Hilfsanträge V (korrigiert), VI, VIa, VIIa, jeweils eingereicht in der mündlichen Verhandlung.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
VIII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II (Hilfsantrag I entfällt) umfasst zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag die Merkmale, dass die Zuführungsvorrichtung für jede Nockenwelle einen Ring "und eine Aufnahme(14)" aufweist und nachdem "die Aufnahme (14) über einen dritten Hydraulikdruckkanal (28), einen vierten Hydraulikdruckkanal (30), einen fünften Hydraulikdruckkanal (32), einen sechsten Hydraulikdruckkanal (34) und einen siebten Hydraulikdruckkanal (36) mit der ersten Nut (38) im Ring (12) verbunden ist".
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag III umfasst zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag II das Merkmal, dass die Aufnahme (14) "für ein Hydraulikdruckventil" ist und der siebte Hydraulikdruckkanal mit der ersten Nut im "ersten" Ring (12) verbunden ist.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV umfasst zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag folgendes Merkmal:
"das Bauteil (10) ein System aus Hydraulikdruckkanälen aufweist, die nach der Herstellung des Bauteils (10) durch Einbringen entsprechender Sack- und Durchgangsbohrungen in dem Bauteil (10) ausgebildet werden".
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag V (korrigiert) umfasst zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag IV folgende Merkmale:
Das Bauteil (10) ist "einstückig", das System weist auch "einen Hydraulikdruckanschluss" auf, die Herstellung des Bauteils (10) ist "mittels Giessen" und die "notgedrungenen Öffnungen zur Umgebung" der Sack- und Durchgangsbohrungen, werden "sofern diese Öffnungen für den Betrieb des Bauteils (10) nicht erforderlich sind, mit eingepressten Kugeln oder Bolzen druckdicht verschlossen".
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VI lautet wie folgt:
"1. Brennkraftmaschine mit einem Zylinderkopf und zwei an diesem gelagerten Nockenwellen (74), welche angetrieben von einer Kurbelwelle entsprechende Gaswechselventile am Zylinderkopf betätigen, wobei an den Nockenwellen (74) jeweils ein Nockenwellenversteller (76) vorgesehen ist, der zum Verändern von Steuerzeiten der Gaswechselventile mittels Hydraulikdruck die Nockenwellen (74) relativ zur Kurbelwelle verdreht, wobei eine Zuführungsvorrichtung für Hydraulikdruck an den Nockenwellenverstellern (76) vorgesehen und als vom Zylinderkopf separates Bauteil (10) ausgebildet ist und für jede Nockenwelle (74) einen Ring (12, 13) aufweist, wobei jeder Ring (12, 13) zwei Nuten (38, 42 bzw. 62, 60) aufweist, die über jeweilige Hydraulikdruckkanäle (28, 30, 32, 34, 36 bzw. 40 bzw. 44, 46, 48, 50 bzw. 54, 56, 58) in der Zuführungsvorrichtung (10) mit einem Hydraulikdruckventil (62, 64) verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass das separate Bauteil (10) einstückig folgendes aufweist, zwei Ringe (12, 13), die jeweils eine Nockenwelle umgreifen, wenigstens einen Hydraulikdruckanschluss (20, 22), wenigstens einen Hydrauliktankanschluss (72), zwei Aufnahmen (14, 15) für zwei Hydraulikdruckventile (62, 64), sowie entsprechende Hydraulikdruckkanäle (24 bzw. 26 bzw. 28, 30, 32, 34, 36 bzw. 40 bzw. 44, 46, 48, 50 bzw. 54, 56, 58), welche derart ausgebildet sind, dass sie jeweils einen Hydraulikdruckanschluss (20, 22) mit der Aufnahme (14, 15) für ein Hydraulikdruckventil (62, 64), jedes Hydraulikdruckventil (62, 64) mit einem Nut/Ringnutpaar (38/82, 42/84) eines Ringes (12, 13) und jede Aufnahme (14, 15) für ein Hydraulikdruckventil (62, 64) mit einem Hydraulikdruckanschluss (72) verbinden, und jeder Ring (12, 13) einen Abschnitt der jeweiligen Nockenwelle (74) umgreift und der jeweils umgriffene Abschnitt der Nockenwelle (74) zwei Ringnuten (82, 84) aufweist, welche jeweils mit einer Nut (38, 42 bzw. 62, 60) des entsprechenden Ringes (12, 13) fluchten, wobei jedes Nut/Ringnutpaar (38/82, 42/84) eines Ringes (12, 13) über jeweilige Hydraulikdruckkanäle (86, 90) in der Nockenwelle (74) mit einer Hydraulikdruckkammer (88, 92) des an dieser Nockenwelle (74) angeordneten Nockenwellenverstellers (76) verbunden ist."
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VIa unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VI dadurch, dass die Angabe "dadurch gekennzeichnet" durch "wobei" ersetzt ist, und dass die Angabe "wenigstens einen Hydraulikdruckanschluss (20, 22), wenigstens einen Hydrauliktankanschluss (72)" durch "zwei Hydraulikdruckanschlüsse (20, 22), zwei Hydrauliktankanschlüsse (72)" ersetzt ist.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VIIa umfasst zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag VIa folgende Merkmale:
"das Bauteil (10) ein System aus Hydraulikdruckkanälen aufweist, die nach der Herstellung des Bauteils (10) mittels Giessen durch Einbringen entsprechender Sack- und Durchgangsbohrungen in dem Bauteil (10) ausgebildet werden, deren notgedrungenen Öffnungen zur Umgebung, sofern diese Öffnungen für den Betrieb des Bauteils (10) nicht erforderlich sind, mit eingepressten Kugeln oder Bolzen druckdicht verschlossen werden".
IX. Die von der Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen) zur Stützung ihrer Anträge vorgebrachten Argumente, insofern sie für die vorliegende Entscheidung relevant sind, können wie folgt zusammengefasst werden:
Der Anspruch 1 des Hauptantrags definiere, dass jeder Ring der Zuführungsvorrichtung einen zwei Ringnuten aufweisenden Abschnitt der Nockenwelle umgreife und stelle somit klar, dass die Ringnuten in der Nockenwelle selbst vorhanden seien. Im Gegensatz hierzu seien bei der aus E2 bekannten Zuführungsvorrichtung die entsprechende Ringnuten in einem Zwischenteil angeordnet. Dieses Zwischenteil sei keinesfalls als Teil der Nockenwelle anzusehen, sondern als separates Bauteil. Es sei für den Fachmann klar, dass unter dem Begriff "Nockenwelle" die "nackte" Nockenwelle, d.h. ohne Anbauteile, zu verstehen sei. In der Tat werde die Nockenwelle von Nockenwellenherstellern an Motorenhersteller im nackten Zustand geliefert. Daraus folge auch, dass die Merkmale des Anspruchs 1 betreffend das Zusammenwirken zwischen Nuten jedes Ringes und Ringnuten der Nockenwelle aus E2 nicht bekannt seien.
Die zusätzlichen Merkmale des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen II und III seien durch die Offenbarung der ursprünglichen Anmeldung gestützt, die im Abs. [0017] des Streitpatents wiedergegeben werde. Diese Offenbarung vermittle dem Fachmann eine eigenständige technische Lehre. Es sei nicht notwendig, weitere Merkmale des Ausführungsbeispiels, auf welche diese Offenbarung sich allgemein beziehe, in den Anspruch 1 aufzunehmen, um die Voraussetzungen des Artikels 123(2) EPÜ zu erfüllen.
Die zusätzlichen Merkmale des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen IV und V seien durch die Offenbarung der ursprünglichen Anmeldung gestützt, die im Abs. [0015] des Streitpatents wiedergegeben werde. Diese sich auf das Ausführungsbeispiel beziehende Offenbarung vermittle dem Fachmann eine eigenständige technische Lehre. Darüber hinaus seien die zusätzlichen Merkmale des Anspruchs 1 durch die allgemeine Offenbarung des Anspruchs 11 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung gestützt.
Gemäß dem Wortlaut des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag VI weise das separate Bauteil zwei Ringe, wenigstens einen Hydraulikdruckanschluss und wenigstens einen Hydrauliktankanschluss auf. In dem Ausführungsbeispiel sei zwar ein Bauteil mit zwei Ringen offenbart, welches zwei Hydraulikdruckanschlüsse und zwei Hydrauliktankanschlüsse aufweise. Es sei jedoch für den Fachmann klar, dass die Anzahl von Hydraulikdruckanschlüssen und Hydrauliktankanschlüssen für die Erfindung unerheblich sei. Die Funktion der Zuführungsvorrichtung für Hydraulikdruck könne nämlich auch mit einer anderer Anzahl von Hydraulikdruckanschlüssen und Hydrauliktankanschlüssen gewährleistet werden. Daher erfülle der Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag VI die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ.
E2 offenbare, dass es denkbar sei, zwei Nockenwellen mit jeweils einem Nockenwellenversteller mit Zuführungsvorrichtung zu versehen. Der Fachmann würde daher zwei separate Zuführungsvorrichtungen für jeweils einen Nockenwellenversteller vorsehen. Darüber hinaus offenbare E2 keine einstückige, sondern eine aus zusammengepressten und durch eine Bördelkante verbundenen Blechen bestehende Zuführungsvorrichtung. Somit gebe E2 keinesfalls eine Anregung, eine einstückige Zuführungsvorrichtung für beide Nockenwellen vorzusehen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag VIa beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Gemäss Anspruch 1 nach Hilfsantrag VIIa sei die Zuführungsvorrichtung durch Einbringen von Sack- und Durchgangsbohrungen in einem gegossenen Bauteil hergestellt, die dann mit eingepressten Kugeln oder Bolzen druckdicht verschlossen werden. Dadurch werde ein präzises Fertigungsverfahren geschaffen, welche die Dichtung der Zuführungsvorrichtung gewährleiste. Die einzelnen Schritte des Fertigungsverfahrens seien zwar separat betrachtet bekannt; die Kombination dieser Schritte werde jedoch vom Stand der Technik nicht nahegelegt.
X. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin (Einsprechende), insofern sie für die vorliegende Entscheidung relevant sind, können wie folgt zusammengefasst werden:
Das mit Ringnuten versehene Zwischenteil der Zuführungsvorrichtung gemäß E2 sei drehfest mit der Nockenwelle verbunden und bilde mit ihr hinsichtlich Struktur und Funktion ein einziges Bauteil. Zwar bestehe die Nockenwelle im ausgebautem Zustand aus mehreren Teilen; in eingebautem Zustand oder beim Auseinanderbauen des Motors würde der Fachmann jedoch das genannte einzige Bauteil als Nockenwelle bezeichnen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag sei somit aus E2 bekannt.
Die zusätzlich in Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen II und III eingeführten Merkmale seien aus dem Kontext des einzigen Ausführungsbeispiels gerissen in den Anspruch 1 aufgenommen worden. Somit liege eine unzulässige Erweiterung gemäß Artikel 123(2) EPÜ vor.
Auch die Änderung des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen IV und V verstoße gegen Artikel 123 (2) EPÜ, da die zusätzlich hinzugefügten Merkmale aus dem Zusammenhang der Offenbarung des einzigen Ausführungsbeispiels isoliert worden seien, ohne die anderen Merkmale des Ausführungsbeispiels zu berücksichtigen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag VI sei auf eine Brennkraftmaschine mit einem separaten Bauteil eingeschränkt worden, welches zwei Ringe für je eine Nockenwelle, wenigstens einen Hydraulikdruckanschluss und wenigstens einen Hydrauliktankanschluss aufweise. In den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen sei jedoch nur ein bestimmtes Bauteil mit zwei Ringen offenbart, nämlich ein solches, welches zwei Hydraulikdruckanschlüsse und zwei Hydrauliktankanschlüsse aufweise. Daher sei für die allgemeine Angabe des Anspruchs 1 "wenigstens einen Hydraulikdruckanschluss und wenigstens einen Hydrauliktankanschluss" in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen keine Stütze gegeben.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag VIa werde von Dokument E2 zusammen mit dem allgemeinen Fachwissen nahegelegt. E2 offenbare eindeutig und unmittelbar eine einstückige Zuführungsvorrichtung. Ferner offenbare E2 eine Ausführungsform, bei der sowohl die Einlasswelle als auch die Auslasswelle mit je einem Nockenwellenversteller versehen seien. Hierbei sei es für den Fachmann naheliegend, eine einzige, einstückige Zuführungsvorrichtung statt zwei identischen Zuführungsvorrichtungen vorzusehen. In der Tat würde der Fachmann sofort einsehen, dass dadurch eine kompakte und einfache Konstruktion erreicht werden würde, welche zusätzlich die Anzahl von Trennfugen und Dichtflächen auf ein Minimum reduzieren würde.
Die gegenüber Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VIa in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VIIa zusätzlich hinzugefügten Merkmale seien nicht geeignet, die Einwände bezüglich des Mangels an erfinderischer Tätigkeit zu beseitigen. Die Herstellung einer Zuführungsvorrichtung für Hydraulikdruck durch Einbringen von Sack- und Durchgangsbohrungen in einem gegossenen Bauteil, die dann mit eingepressten Kugeln oder Bolzen druckdicht verschlossen werden, stelle nämlich eine allgemein übliche Maßnahme dar.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde der Einsprechenden
1.1 Die Beschwerden sind zulässig
1.2 In der mündlichen Verhandlung haben die Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen) ihre im schriftlichen Verfahren vorgebrachten Einwände zur Zulässigkeit der Beschwerde der Einsprechenden explizit zurückgenommen. Im Hinblick auf die Ausführungen der Kammer in der der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung (siehe Punkt VI dieser Entscheidung) sieht die Kammer keinen Grund, diese Frage erneut aufzugreifen.
2. Hauptantrag
2.1 Es ist unstrittig, dass E2 eine Brennkraftmaschine gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 offenbart, nämlich (vgl. Fig. 1) eine Brennkraftmaschine mit einem Zylinderkopf (1) und wenigstens (Anspruch 1, 3. Zeile) einer an diesem gelagerten Nockenwelle (2), welche angetrieben von einer Kurbelwelle entsprechende Gaswechselventile am Zylinderkopf betätigt (Spalte 3, Zeilen 18, 19), wobei an der Nockenwelle (1) ein Nockenwellenversteller (3) vorgesehen ist, der zum Verändern von Steuerzeiten der Gaswechselventile mittels Hydraulikdruck die Nockenwelle (2) relativ zur Kurbelwelle verdreht, wobei eine Zuführungsvorrichtung (Anschlusskonsole 14) für Hydraulikdruck an den Nockenwellenversteller vorgesehen und als vom Zylinderkopf separates Bauteil ausgebildet ist (vgl. Fig. 2) und für jede Nockenwelle (2) einen Ring (23) aufweist, wobei jeder Ring zwei Nuten (24, 25) aufweist, die über jeweilige Hydraulikdruckkanäle in der Zuführungsvorrichtung mit einem Hydraulikdruckventil (16) verbunden sind.
2.2 Was das erste Merkmal des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 betrifft, nachdem jeder Ring einen Abschnitt der Nockenwelle umgreift, offenbart E2 unbestritten (siehe Fig. 1), dass jeder Ring (23) einen Abschnitt (34) eines Ringteils (27) umgreift, welches drehfest mit der Nockenwelle verbunden ist (siehe Spalte 4, Zeilen 18, 19).
Die Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen) bestreiten, dass dieses Ringteil als der Nockenwelle zugehörig anzusehen ist. Den Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen) ist zwar zuzustimmen, dass im ausgebauten Zustand der Brennkraftmaschine gemäß E2 der Fachmann zwischen "nackter" Nockenwelle (2, d.h. die Welle mit den Nocken ohne die im Fig. 1 ersichtlichen Anbauteile) und Ringteil (27) unterscheiden würde, weil dann diese Teile getrennt vorliegen. Ein solche Differenzierung würde jedoch der Fachmann beim Betrachten der Brennkraftmaschine im zusammengebauten Zustand nicht unbedingt vornehmen, weil hier das Ringteil (27) drehfest (siehe Spalte 4, Zeilen 18, 19) und axial unverschieblich (zumindest wegen der Schraube 26) auf der "nackten" Nockenwelle (2) gelagert ist, so dass Ringteil (27) und "nackte" Nockenwelle (2) eine einzige Baueinheit bilden. Diese aus "nackter" Nockenwelle und Ringteil bestehende Baueinheit kann daher als "Nockenwelle" bezeichnet werden. Anders ausgedruckt, eine klare Trennlinie zwischen miteinander fest verbundenen Teilen, die einerseits der Nockenwelle zugehörig sind und andererseits der Nockenwelle nicht zugehörig sind, ist nicht gegeben, weil eine solche Trennlinie von den Umständen abhängig ist, unter denen die Nockenwelle betrachtet wird (ausgebauten Zustand, im Motor eingebaut, beim Ausbauen...).
Somit offenbart E2, dass jeder Ring (23) einen Abschnitt der Nockenwelle (d.h. den Abschnitt 34 des der Nockenwelle zugehörigen Ringteils 27) umgreift.
2.3 Ferner offenbart E2 (siehe Fig. 1), dass der jeweils umgriffene Abschnitt der Nockenwelle (der Abschnitt 34 des Ringteils 27) zwei Ringnuten (29, 31) aufweist, welche jeweils mit einer Nut (24, 25) des entsprechenden Ringes fluchten (siehe Spalte 4, Zeilen 22 bis 32), und dass jedes Nut/Ringnutpaar eines Ringes über jeweilige Hydraulikdruckkanäle (28,32) in der Nockenwelle (2) mit einer Hydraulikdruckkammer (12, 13) des an dieser Nockenwelle (2) angeordneten Nockenwellenverstellers (3) verbunden ist.
2.4 Aus alledem folgt, dass die in Anspruch 1 angegebene Merkmalskombination gegenüber E2 nicht als neu betrachtet werden kann. Die Brennkraftmaschine gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags erfüllt daher nicht die Vorraussetzungen der Artikel 52 (1) und 54 EPÜ.
3. Hilfsanträge II und III
3.1 Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen II und III umfasst das zusätzliche Merkmal, dass "die Aufnahme (14) über einen dritten Hydraulikdruckkanal (28), einen vierten Hydraulikdruckkanal (30), einen fünften Hydraulikdruckkanal (32), einen sechsten Hydraulikdruckkanal (34) und einen siebten Hydraulikdruckkanal (36) mit der ersten Nut (38) im Ring (12) verbunden ist".
3.2 Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob durch eine Änderung ein Gegenstand hinzugefügt wird, der über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht (Artikel 123(2) EPÜ), ist, ob dieser neue Gegenstand in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen, also in der Beschreibung, den Patentansprüchen und ggf. den Zeichnungen, offenbart ist. Die ursprüngliche Anmeldung ist dabei nicht als "Reservoir von Merkmalen" (Baukasten) anzusehen, mit denen beliebige Gegenstände konstruiert werden können; vielmehr ist sie ein "Reservoir von Gegenständen", die, sofern in ihrer Gesamtheit offenbart, auch in ihrer Gesamtheit beansprucht werden können (siehe z.B. T 1535/07, Punkt 1.4).
3.3 Das obengenannte, in den Anspruch 1 hinzugefügte Merkmal ist in der dritten Absatz der Seite 6 der ursprünglich eingereichten Unterlagen, welcher dem Absatz [0017] des Streitpatents wortwörtlich entspricht, im Rahmen der Beschreibung des einzigen Ausführungsbeispiels offenbart. Wie von der Kammer während der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, geht aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung hervor, dass der dritte bis siebte Hydraulikdruckkanal in diesem einzigen offenbarten Ausführungsbeispiel jeweils in einer bestimmten Weise angeordnet ist. Der Beschreibung ist ferner zu entnehmen, dass die besondere Anordnung der Hydraulikdruckkanäle zur Lösung des Problems beiträgt, eine in der Herstellung einfache Hydraulikmittelzuführung zu schaffen (vgl. insbesondere Abs. [0008] des Streitpatents). Anspruch 1 lässt allerdings völlig offen, wie die Anordnung dieser Hydraulikdruckkanäle gestaltet ist. Es gibt jedoch weder eine Offenbarung, dass bei einer gleichen Anzahl von Hydraulikdruckkanälen die Anordnung anders sein kann als die gezeigte, noch eine Offenbarung, dass das obengenannte Problem auch mit einer anderen Anordnung gelöst werden könnte.
Das Weglassen der spezifischen Anordnung des dritten bis siebten Hydraulikdruckkanals stellt somit eine unzulässige Erweiterung im Sinne von Artikel 123(2) EPÜ dar. Schon aus diesem Grund können die Hilfsanträge II und III nicht gewährt werden.
4. Hilfsantrag IV
4.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV umfasst zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag das Merkmal, dass "das Bauteil (10) ein System aus Hydraulikdruckkanäle aufweist, die nach der Herstellung des Bauteils (10) durch Einbringen entsprechender Sack- und Durchgangsbohrungen in dem Bauteil (10) ausgebildet werden". Auch dieses Merkmal ist in den ursprünglich eingereichten Unterlagen im Rahmen der Beschreibung des einzigen Ausführungsbeispiels offenbart (siehe der letzter Absatz der Seite 5, welcher dem Absatz [0015] des Streitpatents wortwörtlich entspricht).
4.2 Dieses Merkmal ist in dem Ausführungsbeispiel und auch im Anspruch 11 der ursprünglich eingereichten Unterlagen allerdings nur im Zusammenhang mit anderen Merkmalen offenbart, die in Anspruch 1 nicht aufgenommen worden sind. Nach ständiger Rechtsprechung ist es normalerweise nicht zulässig, isolierte Merkmale aus einer Reihe von ursprünglich in Kombination offenbarten Merkmale herauszugreifen. Eine derartige Änderung sei nur dann zu rechtfertigen, wenn keinerlei erkennbare funktionelle oder strukturelle Verbindung zwischen diesen Merkmalen vorliege (vgl. auch z.B. T 1034/06, Punkt 3.3). Diese Voraussetzungen sind aber im vorliegenden Fall nicht gegeben. Das Merkmal des Anspruchs 1 betreffend das Einbringen von Sack- und Durchgangsbohrungen ist in Kombination mit zumindest dem Merkmal offenbart, dass nach außen offene Enden von jeweiligen Hydraulikdruckkanälen bildende Sack- bzw. Durchgangsbohrungen verschlossen werden. Eine funktionelle und strukturelle Verbindung zwischen diesen Merkmalen besteht eindeutig: werden die Sack- bzw. Durchgangsbohrungen nicht verschlossen, dann weist jeder Hydraulikkanal zumindest ein nach außen offenes Ende auf. Dadurch wird kein System von Hydraulikdruckkanälen geschaffen.
4.3 Daher geht die Änderung des Anspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus und verstößt damit gegen Artikel 123 (2) EPÜ. Somit ist der Hilfsantrag IV nicht gewährbar.
5. Hilfsantrag V (korrigiert)
5.1 Nach Artikel 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt.
5.2 Im vorliegenden Fall wurde der Hilfsantrag V (korrigiert) in einem sehr späten Verfahrensstadium eingereicht, nämlich im Verlauf der mündlichen Verhandlung. In einem so späten Stadium des Verfahrens kann aus Gründen der Verfahrensökonomie ein Antrag u.a. nur dann zugelassen werden, wenn er einen erfolgversprechender Versuch zur Ausräumung des erhobenen Einwands darstellt. Dies ist hier nicht gegeben.
5.3 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag V (korrigiert) definiert zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag IV, dass das Bauteil einstückig mittels Giessen hergestellt wird, dass das System "einen Hydraulikdruckanschluss" aufweist und dass die notgedrungenen Öffnungen der Sack- und Durchgangsbohrungen zur Umgebung, sofern diese Öffnungen für den betrieb des Bauteils nicht erforderlich sind, mit eingepressten Kugeln oder Bolzen druckdicht verschlossen werden. Durch diese Änderung werden zwar weitere Merkmale der in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbarte Kombination aufgenommen. Nach wie vor werden jedoch nicht alle Merkmale der Kombination aufgenommen, die miteinander in funktioneller oder struktureller Verbindung stehen. Insbesondere ist es im Anspruch 11 der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen offenbart - worauf die Kammer während der mündlichen Verhandlung hingewiesen hatte - dass das mittels Giessen hergestellte und daher einstückige Bauteil (10) außer mit den Ringen auch mit der bzw. den Aufnahme(n) für das bzw. die Hydraulikdruckventil(e) hergestellt wird. Darüber hinaus geht aus der Beschreibung des Ausführungsbeispiels (siehe insbesondere Abs. [0016] des Streitpatents) eindeutig hervor, dass diese Aufnahmen in dem einstückigen Bauteil (10) selbst vorgesehen sind. Dieses Merkmal steht in funktioneller und struktureller Verbindung mit dem Merkmal des Anspruchs 1 betreffend die Ausbildung der Hydraulikdruckkanäle als Sack- und Durchgangsbohrungen, weil die Aufnahme des jeweiligen Hydraulikdruckventils mit dem System aus Hydraulikdruckkanälen verbunden ist (sie dazu auch Abs. [0017] und [0018] des Streitpatents). Der Anspruch 1 lässt allerdings offen, wie die Aufnahme bzw. die Aufnahmen für das bzw. die Hydraulikdruckventil(e) in dem Bauteil (10) ausgebildet sind (diese könnten beispielsweise durch am Bauteil 10 zusätzlich angebrachten Teile ausgebildet sein).
5.4 Aus diesen Gründen ist die Kammer zum Schluss gekommen, dass der Hilfsantrag V (korrigiert) nicht alle unter Artikel 123(2) EPÜ erhobenen Einwände ausräumen konnte. Daher wurde dieser Hilfsantrag in Ausübung des Ermessens der Kammer nach Artikel 13(1) der VOBK nicht zugelassen.
6. Hilfsantrag VI
6.1 Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag VI entspricht im wesentlichen dem Anspruch 1 in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Form, der auf eine ein separates Bauteil mit zwei Ringen für jeweils eine Nockenwelle aufweisende Brennkraftmaschine eingeschränkt worden war. Anspruch 1 wurde in Reaktion auf in der mündlichen Verhandlung von der Kammer erhobene Einwände unter Art. 84 und 123(2) EPÜ geändert. Insbesondere wurde klargestellt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nunmehr auf eine Brennkraftmaschine mit zwei (statt "wenigstens eine") Nockenwellen eingeschränkt ist.
6.2 Die Ansprüche der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung sind allgemein gefasst. Sie beziehen sich auf eine Brennkraftmaschine, welche wenigstens eine Nockenwelle und eine als separates Bauteil ausgebildete Zuführungsvorrichtung aufweist. Das separate Bauteil weist einen Ring für jede Nockenwelle (siehe Anspruch 1) auf, wenigstens einen Hydraulikanschluss und wenigstens einen Hydrauliktankanschluss (siehe Anspruch 2). Spezifisch ein Bauteil mit zwei Ringen ist unstrittig nur im Rahmen der Beschreibung des einzigen Ausführungsbeispiels offenbart (vgl. z.B. Fig. 2).
6.3 Nach diesem Ausführungsbeispiel weist das separate Bauteil zwei Hydraulikdruckanschlüsse (20, 22) auf, wobei ein Hydraulikdruckanschluss einem zum ersten Ring (12) führenden Hydraulikdruckkreis zugeordnet ist und der andere Hydraulikdruckanschluss einem zum zweiten Ring (13) führenden Hydraulikdruckkreis zugeordnet ist (siehe Abs. [0021] bis [0023] und Fig. 14 des Streitpatents). Die in den Ringen 12 und 13 drehenden Nockenwellen können somit unabhängig voneinander verschwenkt werden. Wie die zwei Ringe mit einem einzigen Hydraulikdruckanschluss unabhängig voneinander mit Druckmittel beaufschlagt werden können ist in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht offenbart.
Da die Angabe des Anspruchs 1 "wenigstens einen Hydraulikdruckanschluss" die Möglichkeit umfasst, dass nur ein Hydraulikdruckanschluss vorhanden ist, geht der Gegenstand des Anspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus und verstößt damit gegen Artikel 123 (2) EPÜ. Somit ist der Hilfsantrag VI nicht gewährbar.
7. Hilfsantrag VIa
7.1 Änderungen
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag VIa entspricht dem auf zwei Hydraulikdruckanschlüsse und zwei Hydrauliktankanschlüsse eingeschränkten Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag VI (durch die Streichung der Worte "dadurch gekennzeichnet" wird die Zweiteilung des Anspruchs aufgegeben; am Schutzumfang des Anspruchs ändert dies jedoch nichts). Somit entfällt der obengenannte Einwand unter Artikel 123(2) EPÜ. Die Kammer sieht keinen Grund, die im Anspruch 1 vorgenommenen Änderungen zu beanstanden. Im Übrigen wurden gegen die Formulierung des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag VIa seitens der Beschwerdeführerin (Einsprechende) auch keine Einwände erhoben.
7.2 Erfinderische Tätigkeit
7.2.1 E2 stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar. Zusätzlich zu den bereits in Punkt 2, oben behandelten Merkmalen offenbart dieses Dokument zusätzlich, dass die Brennkraftmaschine zwei am Zylinderkopf gelagerte Nockenwellen (2, 46) aufweist (vgl. Fig. 3a, 3b), wobei an den Nockenwellen jeweils ein Nockenwellenversteller (3) vorgesehen ist (siehe Spalte 5, Zeilen 1-3).
Gemäß der Lehre der E2 ist der Nockenwellenversteller (3) mit einer Anschlusskonsole (14) verbunden, welche der Zuführungsvorrichtung des Anspruchs 1 entspricht. Diese Anschlusskonsole weist einen Ring (23), der die Nockenwelle umgreift, einen Hydraulikdruckanschluss (19), einen Hydrauliktankanschluss (vgl. Spalte 4, Zeilen 66-68), und eine Aufnahme (45) für ein Hydraulikdruckventil (16) auf (siehe Spalte 3, Zeilen 44-46).
Ferner geht insbesondere aus der Darstellung der Fig. 2 der E2 hervor, die eine kompakte, einteilige Baueinheit zeigt (siehe dazu auch Spalte 3, Zeile 65 - Spalte 4, Zeile 2), dass die Anschlusskonsole (14) einstückig hergestellt ist. Da die Anschlusskonsole Hydraulikdruckkanäle, die in den Ring (23) münden, enthält, ist es für den Fachmann klar, dass eine mehrteilige Ausbildung der Anschlusskonsole ausgeschlossen ist, insbesondere eine solche Ausbildung, die von den Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen) während der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde, bei der die Anschlusskonsole aus zusammengepressten und durch eine Bördelkante verbundenen Blechen besteht. Die Herstellung sowie die Abdichtung der Hydraulikdruckkanäle könnte dann nämlich nicht bzw. nur sehr schwer erreicht werden.
Wie oben gesagt, offenbart E2 (siehe Spalte 5, Zeilen 1-3) zwar eine Ausführungsform, bei der beide Nockenwellen mit einer "Vorrichtung (3) mit Anschlusskonsole (14)" versehen sind; wie im diesem Fall die Anschlusskonsolen angeordnet sind, lässt E2 jedoch offen.
Folglich unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der aus E2 bekannten Brennkraftmaschine dadurch, dass eine Zuführungsvorrichtung für Hydraulikdruck als separates, einstückiges Bauteil vorhanden ist, welche folgendes aufweist: zwei Ringe, die jeweils eine Nockenwelle umgreifen, zwei Hydraulikdruckanschlüsse, zwei Hydrauliktankanschlüsse, zwei Aufnahmen für zwei Hydraulikdruckventile, sowie die entsprechende Hydraulikdruckkanäle,
wobei jeder Ring einen Abschnitt der jeweiligen Nockenwelle umgreift.
7.2.2 Die Aufnahme dieser unterscheidenden Merkmale in die aus E2 bekannte Ausführungsform einer Brennkraftmaschine führt dazu, dass eine einzige Anschlusskonsole (14; diese entspricht der Zuführungsvorrichtung gemäß dem Wortlaut des Anspruchs 1) für beide Nockenwellenversteller (3) vorhanden ist. Die Auffassung der Einspruchsabteilung (siehe die Ausführungen in Bezug auf Hilfsantrag VIII in der angefochtenen Entscheidung, insbesondere Seite 7, letzter Absatz), dass durch die unterscheidenden Merkmale eine kompakte Bauweise der Brennkraftmaschine erreicht wird, ist daher zutreffend.
Somit kann die gegenüber E2 zu lösende Aufgabe darin gesehen werden, eine kompakte Bauweise der Brennkraftmaschine zu erreichen.
7.2.3 Da E2 offen lässt, wie die Anschlusskonsolen angeordnet sind, wenn beide Nockenwellen mit einem Nockenwellenversteller (3) "mit Anschlusskonsole (14)" (siehe Spalte 5, Zeilen 2, 3) versehen sind, muss sich der Fachmann mit der Wahl einer geeigneten Anordnung der Anschlusskonsolen auseinandersetzen. Die Kammer stimmt der Einspruchsabteilung zu, dass eine offensichtliche Lösung darin besteht, zwei separate Anschlusskonsolen vorzusehen (siehe Seite 7 der angefochtenen Entscheidung, letzter Absatz). Es ist ferner richtig, dass es im Stand der Technik "ein Vorbild wie man hier etwas kompakter gestalten könnte" nicht gibt (siehe Seite 7 der angefochtenen Entscheidung, letzter Satz). Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass es für den Fachmann naheliegend ist, die zwei Anschlusskonsolen in einer einzigen Baueinheit zusammenzufassen:
Da es sich bei den in Fig. 3b der E2 gezeigten Nockenwellen um die Ein- und Auslasswelle handelt (siehe Spalte 5, Zeilen 1, 2), müssen beide Nockenwellenversteller an der gleichen Seite des Zylinderkopfs (1) angeordnet werden, nämlich dort, wo die Nockenwellen angetrieben werden. Die zugeordneten Anschlusskonsolen müssen daher nebeneinander angeordnet werden. Darüber hinaus müssen sie an der Stirnwand (15) des Zylinderkopfs (1) befestigt werden (siehe Spalte 3, Zeilen 49, 50). Es liegt für den Fachmann auf der Hand, dass eine kompakte Bauweise erreicht werden kann, indem die im Ausbau identischen und nebeneinander angeordneten Anschlusskonsolen zu einer einzigen Baueinheit zusammengefasst werden.
Durch die Aufnahme dieser naheliegenden Maßnahme würde der Fachmann direkt zu einer Brennkraftmaschine gemäß dem Anspruch 1 gelangen, weil die einzige Anschlusskonsole dann zwangsläufig mit zwei Ringen, zwei Hydraulikdruckanschlüssen, zwei Hydrauliktankanschlüssen und zwei Aufnahmen für zwei Hydraulikdruckventile ausgestattet ist.
7.2.4 Aus diesen Gründen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
7.2.5 Selbst wenn, entsprechend der Argumentation der Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen), der E2 nicht eindeutig und unmittelbar zu entnehmen wäre, dass die Anschlusskonsole einstückig hergestellt ist, käme man zu keinem anderen Ergebnis. Dieses dann als weiteres Unterscheidungsmerkmal anzusehende Merkmal kann nämlich deshalb nicht zur erfinderischen Tätigkeit der beanspruchten Brennkraftmaschine beitragen, weil es dem Fachmann allgemein bekannt ist, dass Zuführungsvorrichtungen für Hydraulikdruck einstückig hergestellt werden können, was auch von den Bescherdeführerinnen (Patentinhaberinnen) nicht bestritten wurde. Die einstückige Ausbildung der Anschlusskonsole (14) ist somit als fachübliche Maßnahme anzusehen.
8. Hilfsantrag VIIa
8.1 Änderungen
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VIIa umfasst zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag VIa folgende Merkmale:
"das Bauteil (10) ein System aus Hydraulikdruckkanäle aufweist, die nach der Herstellung des Bauteils (10) mittels Giessen durch Einbringen entsprechender Sack- und Durchgangsbohrungen in dem Bauteil (10) ausgebildet werden, deren notgedrungenen Öffnungen zur Umgebung, sofern diese Öffnungen für den Betrieb des Bauteils (10) nicht erforderlich sind, mit eingepressten Kugeln oder Bolzen druckdicht verschlossen werden", welche in dem die Seiten 5 und 6 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung überbrückenden Absatz angegeben sind. Formelle Einwände mit Bezug auf die Änderungen wurden nicht erhoben.
8.2 Erfinderische Tätigkeit
Auch diese zusätzlichen Merkmale können nichts zur erfinderischen Tätigkeit beitragen. Die Herstellung der in der E2 offenbarten einstückige Anschlusskonsole mittels Giessen stellt für den Fachmann eine fachübliche Maßnahme dar. Darüber hinaus ist es dem Fachmann allgemein bekannt, dass benötigte Kanäle in einem gegossenen Werkstück entweder durch entsprechende Gestaltung der Gießform oder durch Bohren von Sack- und Durchgangsbohrungen aus dem Vollen ausgebildet werden, wobei dann nicht erforderliche Öffnungen zur Umgebung der Sack- und Durchgangsbohrungen mit z.B. eingepressten Bolzen druckdicht verschlossen werden.
Selbstverständlich ist die letztere Lösung vorteilhaft, wenn das System aus Kanälen komplex ist - und dies ist der Fall bei der aus E2 bekannt Anschlusskonsole (14), bei der mehrere, in verschiedene Richtungen verlaufende Kanäle vorhanden sind (vgl. Fig. 2). Es liegt daher für den Fachmann auf der Hand, nach der Herstellung der Anschlusskonsole (14) mittels Giessen die Hydraulikkanäle durch Einbringen entsprechender Sack- und Durchgangsbohrungen auszubilden und deren notgedrungene Öffnungen zur Umgebung, sofern sie nicht für den Betrieb der Anschlusskonsole erforderlich sind, mit eingepressten Bolzen druckdicht zu verschließen. Somit würde der Fachmann in naheliegender Weise zu einer Brennkraftmaschine gemäß dem Anspruch 1 gelangen.
Daher kommt die Kammer zu dem Schluss, dass auch der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem letzten Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) beruht.
9. Da keine Fassung vorliegt, die als Grundlage für die Aufrechterhaltung des Patents dienen könnte, war das Patent zu widerrufen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.