European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2012:T011408.20121030 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 30 October 2012 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0114/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 97109943.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | C08F 8/04 C07C 29/20 C08C 19/02 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Umsetzung einer organischen Verbindung in Gegenwart eines geträgerten Rutheniumkatalysators | ||||||||
Name des Anmelders: | BASF SE | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Evonik Oxeno GmbH Evonik Degussa GmbH |
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Kammer: | 3.3.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zulassung von verspätet eingereichten Anträgen: nein (Hauptantrag, Hilfsantrag 1); ja (Hilfsantrag 2) Änderungen - Erweiterung: ja (Hilfsantrag 2) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die am 8. November 2007 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent EP 0 814 098 (Anmeldenummer 97 109 943.7) in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde.
II. Die ursprüngliche Anmeldung enthielt 10 Ansprüche, wobei Ansprüche 1, 3-6 und 10 wie folgt lauteten (Hervorhebung durch die Kammer):
"1. Verfahren zur Umsetzung einer organischen Verbindung in Gegenwart eines Katalysators, der als Aktivmetall Ruthenium alleine oder zusammen mit mindestens einem Metall der I., VII. oder VIII. Nebengruppe des Periodensystems in einer Menge von 0,01 bis 30 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Katalysators, aufgebracht auf einem Träger, umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass 10 bis 50 % des Porenvolumens des Trägers von Makroporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 50 nm bis 10.000 nm und 50 bis 90 % des Porenvolumens des Trägers von Mesoporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 2 bis 50 nm gebildet werden, wobei sich die Summe der Porenvolumina zu 100 % addiert."
"3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Träger eine BET-Oberfläche von 50 bis 500 m**(2)/g aufweist."
"4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Verhältnis zwischen Metalloberfläche und der Trägeroberfläche, gemessen nach BET, im Bereich 0,0005 bis 0,3 liegt."
"5. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das mindestens eine Metall der I., VII. oder VIII. Nebengruppe des Periodensystems Platin, Kupfer, Rhenium, Cobalt, Nickel oder ein Gemisch aus zwei oder mehr davon ist."
"6. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Träger Aktivkohle, Siliciumcarbid, Aluminiumoxid, Siliciumdioxid, Titandioxid, Zirkoniumdioxid, Magnesiumoxid, Zinkoxid oder ein Gemisch aus zwei oder mehr davon ist."
"10. Katalysator, der als Aktivmetall Ruthenium alleine oder zusammen mit mindestens einem Metall der I., VII. oder VIII. Nebengruppe des Periodensystems in einer Menge von 0,01 bis 30 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Katalysators, aufgebracht auf einem Träger, umfasst, oder Katalysators, der als Aktivmetall Palladium alleine oder zusammen mit mindestens einem Metall der I., VII. oder VIII. Nebengruppe des Periodensystems in einer Menge von 0,01 bis 30 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Katalysators, aufgebracht auf einem Träger, umfasst, wobei diese Katalysatoren jeweils dadurch gekennzeichnet sind, dass 10 bis 50 % des Porenvolumens des Trägers von Makroporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 50 nm bis 10.000 nm und 50 bis 90 % des Porenvolumens des Trägers von Mesoporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 2 bis 50 nm gebildet werden, wobei sich die Summe der Porenvolumina zu 100 % addiert."
Die Ansprüche 2 und 7-9 betrafen bevorzugte Ausführungsformen des Verfahrens gemäß Anspruch 1.
III. Das erteilte Patent enthielt 9 Ansprüche wobei Ansprüche 1 und 9 wie folgt lauteten (Hervorhebung durch die Kammer):
"1. Verfahren zur Hydrierung von organischen Verbindungen ausgewählt aus aromatischen Verbindungen und C=O-Gruppen enthaltenden Verbindungen in Gegenwart eines Katalysators, der als Aktivmetall Ruthenium alleine oder zusammen mit mindestens einem Metall der I., VII. oder VIII. Nebengruppe des Periodensystems in einer Menge von 0,01 bis 30 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Katalysators, aufgebracht auf einem Träger, umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass 10 bis 50 % des Porenvolumens des Trägers von Makroporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 50 nm bis 10.000 nm und 50 bis 90 % des Porenvolumens des Trägers von Mesoporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 2 bis 50 nm gebildet werden, wobei sich die Summe der Porenvolumina zu 100 % addiert.".
"9. Katalysator, der als Aktivmetall Ruthenium alleine oder zusammen mit mindestens einem Metall der I., VII. oder VIII. Nebengruppe des Periodensystems in einer Menge von 0,01 bis 30 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Katalysators, aufgebracht auf einem Träger, umfasst, oder Katalysators, der als Aktivmetall Palladium alleine oder zusammen mit mindestens einem Metall der I., VII. oder VIII. Nebengruppe des Periodensystems in einer Menge von 0,01 bis 30 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Katalysators, aufgebracht auf einem Träger, umfasst, wobei in diesen Katalysatoren jeweils 10 bis 50 % des Porenvolumens des Trägers von Makroporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 50 nm bis 10.000 nm und 50 bis 90 % des Porenvolumens des Trägers von Mesoporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 2 bis 50 nm gebildet werden, wobei sich die Summe der Porenvolumina zu 100 % addiert, dadurch gekennzeichnet, dass das Verhältnis der Oberflächen des mindestens einen Aktivmetalls und des Katalysatorträgers weniger als 0,3 beträgt, wobei der untere Grenzwert bei 0,0005 liegt."
Die Ansprüche 2-8 betrafen bevorzugte Ausführungsformen des Verfahrens gemäß Anspruch 1.
IV. Gegen das Patent wurde am 24. Januar 2005 (Einsprechende 01) und am 25. Januar 2005 (Einsprechende 02) Einspruch erhoben. Beide Einsprechenden stützten sich auf die Einwände mangelnder Offenbarung gemäß Art. 100(b) EPÜ, fehlender Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit gemäß Art. 100(a) EPÜ.
In der aufgrund mündlicher Verhandlung verkündeten Entscheidung wurde das Streitpatent gemäß Hilfsantrag 3 vom 10. Oktober 2007 in geändertem Umfang aufrechterhalten. In der Entscheidung befand die Einspruchsabteilung, dass das Streitpatent keine ausreichende Information liefere, wie das in der Entscheidung als M-2 gekennzeichnete Verfahrensmerkmal, dass Poren mit einem Durchmesser von 2-50 nm (Mesoporen) 50-90 % des Porenvolumens bilden, für alle in den Ansprüchen definierten Trägermaterialien z.B. Aktivkohle realisiert werden könnte (siehe Seiten 5-6). Da im Hilfsantrag 3 das Trägermaterial auf Aluminiumoxid beschränkt war, war Art. 83 EPÜ erfüllt. Da auch die Erfordernisse von Art. 84, 123(2), 54 und 56 erfüllt waren, könne das Patent in dieser Fassung aufrechterhalten bleiben.
V. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 18. Januar 2008 Beschwerde ein und entrichtete gleichzeitig die vorgeschriebene Gebühr.
Mit ihrer am 18. März 2008 eingegangenen Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin einen Hauptantrag und Hilfsanträge 1-3 ein. Sowohl der Hauptantrag als auch die Hilfsanträge 1-2 betrafen jeweils ein Verfahren, wobei auch ein Katalysatorträger aus Aktivkohl oder Siliciumcarbid eingesetzt werden konnte.
VI. In einem Bescheid, der der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügt war, hat die Beschwerdekammer im Bezug auf Art. 83 EPÜ unter anderem die Frage aufgeworfen, ob der Fachmann dem Patent entnehmen kann, wie er, außer den in den Beispielen genannten Träger, auch andere von dem beanspruchten Gegenstand umfassten Träger herstellen kann, z.B. Träger auf Basis von Aktivkohle oder Siliciumcarbid.
VII. In Antwort auf diesen Bescheid reichte die Beschwerdeführerin mit Brief vom 14. September 2012, als Ersatz für die vorher geltenden Anträge, einen neuen Hauptantrag und 3 Hilfsanträge ein, wobei Hilfsantrag 3 der gemäß der angefochtenen Entscheidung aufrechterhaltenen Fassung entsprach.
Anspruch 1 des Hauptantrags lautete wie folgt ([deleted: Streichung ]und Hervorhebung durch die Kammer):
"1. Verfahren zur Hydrierung von organischen Verbindungen ausgewählt aus aromatischen Verbindungen in Gegenwart eines Katalysators, der als Aktivmetall Ruthenium alleine oder zusammen mit mindestens einem Metall der I., VII. oder VIII. Nebengruppe des Periodensystems in einer Menge von 0,01 bis 30 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Katalysators, aufgebracht auf einem Träger, umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass 10 bis 50 % des Porenvolumens des Trägers von Makroporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 50 nm bis 10.000 nm und 50 bis 90 % des Porenvolumens des Trägers von Mesoporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 2 bis 50 nm gebildet werden, wobei sich die Summe der Porenvolumina zu 100 % addiert, wobei der Träger [deleted: Aktivkohle, Siliciumcarbid ], Aluminiumoxid, Siliciumdioxid, Titandioxid, Zirkoniumdioxid, Magnesiumoxid, Zinkoxid oder ein Gemisch aus zwei oder mehr davon ist.".
Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 betrafen jeweils eingeschränkte Ausführungsformen des Verfahrens gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags.
Weitere Argumente wurden mit Schreiben vom 23. März 2009 und 25. Oktober 2012 vorgebracht.
VIII. Mit ihren Erwiderungen vom 14. Juli 2008, 18. und 26. August 2008 und 13. September 2012 beantragten die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden 01 und 02) die Zurückweisung der Beschwerde.
IX. Am 30. Oktober 2012 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer in Anwesenheit aller Parteien statt, wobei beide Beschwerdegegnerinnen vom gleichen Vertreter vertreten wurden. Nach einer Diskussion über die im Hauptantrag durchgeführten Änderungen, reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag sowie zwei Hilfsanträge ein, als Ersatz für den bisherigen Hauptantrag und die vorher geltenden Hilfsanträge 1 und 2.
Anspruch 1 des Hauptantrags lautete (Hervorhebung durch die Kammer):
"1. Verfahren zur Hydrierung von organischen Verbindungen ausgewählt aus aromatischen Verbindungen in Gegenwart eines Katalysators, der als Aktivmetall Ruthenium alleine oder zusammen mit mindestens einem Metall der I., VII. oder VIII. Nebengruppe des Periodensystems in einer Menge von 0,01 bis 30 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Katalysators, aufgebracht auf einem Träger, umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass 10 bis 50 % des Porenvolumens des Trägers von Makroporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 50 nm bis 10.000 nm und 50 bis 90 % des Porenvolumens des Trägers von Mesoporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 2 bis 50 nm gebildet werden, wobei sich die Summe der Porenvolumina zu 100 % addiert, wobei der Träger Aktivkohle, Siliciumcarbid, Aluminiumoxid, Siliciumdioxid, Titandioxid, Zirkoniumdioxid, Magnesiumoxid, Zinkoxid oder ein Gemisch aus zwei oder mehr davon ist.".
Anspruch 1 von Hilfsantrag 1 lautete (Hervorhebung durch die Kammer):
"1. Verfahren zur Hydrierung von organischen Verbindungen ausgewählt aus aromatischen Verbindungen in Gegenwart eines Katalysators, der als Aktivmetall Ruthenium alleine in einer Menge von 0,01 bis 30 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Katalysators, aufgebracht auf einem Träger, umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass 10 bis 50 % des Porenvolumens des Trägers von Makroporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 50 nm bis 10.000 nm und 50 bis 90 % des Porenvolumens des Trägers von Mesoporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 2 bis 50 nm gebildet werden, wobei sich die Summe der Porenvolumina zu 100 % addiert, wobei das Verhältnis zwischen Metalloberfläche und der Trägeroberfläche, gemessen nach BET, im Bereich 0,0005 bis 0,3 liegt, wobei der Träger Aktivkohle, Siliciumcarbid, Aluminiumoxid, Siliciumdioxid, Titandioxid, Zirkoniumdioxid, Magnesiumoxid, Zinkoxid oder ein Gemisch aus zwei oder mehr davon ist.".
Anspruch 5 von Hilfsantrag 2 lautete (Verweise in fett und in [deleted: gestrichen ]beziehen sich auf Änderungen bzw. Streichungen im Vergleich zu Anspruch 10 wie ursprünglich eingereicht):
"5. Katalysator, der als Aktivmetall Ruthenium alleine [deleted: oder zusammen mit mindestens einem Metall der I., VII. oder VIII. Nebengruppe des Periodensystems ]in einer Menge von 0,01 bis 5 [deleted: 30 ]Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Katalysators, aufgebracht auf einem Aluminiumoxid-Träger, [deleted: oder Katalysators, der als Aktivmetall Palladium alleine oder zusammen mit mindestens einem Metall der I., VII. oder VIII. Nebengruppe des Periodensystems in einer Menge von 0,01 bis 30 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Katalysators, aufgebracht auf einem Träger, umfasst, ]
mit einer BET-Oberfläche von 200 bis 350 m**(2)/g, umfasst, wobei in diesem Katalysator jeweils 10 bis 50 % des Porenvolumens des Trägers von Makroporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 50 nm bis 10.000 nm und 50 bis 90 % des Porenvolumens des Trägers von Mesoporen mit einem Porendurchmesser im Bereich von 2 bis 50 nm gebildet werden, wobei sich die Summe der Porenvolumina zu 100 % addiert, dadurch gekennzeichnet, dass das Verhältnis der Oberflächen des Aktivmetalls und des Katalysatorträgers weniger als 0,3 beträgt, wobei der untere Grenzwert bei 0,0005 liegt."
X. Die für diese Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:
Zulässigkeit des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1
a) Im Hinblick darauf, dass
- der Hauptantrag und Hilfsantrag 1 so früh wie möglich eingereicht wurden, in Antwort auf die erst während der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwände bzgl. Art. 123(2) EPÜ,
- der Fall durch die vorgenommenen Änderungen nicht komplexer geworden sei,
- Katalysatore gemäß Anspruch 1 mit einem Träger aus Aktivkohle und/oder Siliciumcarbid ausführbar seien, wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen,
- der Gegenstand der geltenden Ansprüche breiter sei als der der von der Einspruchsabteilung genehmigten Fassung,
seien sowohl der Hauptantrag als auch Hilfsantrag 1 in das Verfahren zuzulassen.
Hilfsantrag 2: Änderungen
b) Anspruch 5 entspreche einer der vier Alternativen des im erteilten Anspruch 9 definierten Katalysators. Da der Einspruchsgrund nach Art. 100(c) EPÜ kein Bestandteil des Einspruchsverfahrens gewesen sei, stelle sich die Frage, ob ein Einwand unter Art. 123(2) EPÜ überhaupt zulässig sei.
c) Der Gegenstand von Anspruch 5 ergebe sich hauptsächlich aus dem ursprünglichen Anspruch 10, welche auf eines der vier alternativen Aktivmetalle, nämlich Ruthenium alleine, eingeschränkt wurde, wobei auf die drei weiteren Alternativen (Palladium alleine und sowohl Ruthenium als auch Palladium in Kombination mit mindestens einem weiteren Metall) verzichtet wurde. Die weiteren Änderungen stellten eine Kombination von bevorzugten Ausführungsformen gemäß der ursprünglichen Offenbarung bzgl. des Aktivmetalls, die Menge des Aktivmetalls, des Trägers, der BET-Oberfläche, des Verhältnisses der Oberflächen des Aktivmetalls und des Katalysatorträgers dar. Das Beispiel "Herstellung des Katalysators 1" weise eindeutig auf die spezifische Kombination dieser Merkmale gemäß Anspruch 5 hin.
XI. Die für diese Entscheidung relevante Argumentation der Beschwerdegegnerinnen kann wie folgt zusammengefasst werden:
Zulässigkeit des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1
a) Gemäß der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern seien Änderungen zu einem späten Zeitpunkt des Verfahrens erst zuzulassen, wenn durch diese Änderungen kein weiteres Problem entsteht und die Komplexität des Verfahrens nicht erhöht wird. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Insbesondere sei die Beschwerdegegnerin auf eine Diskussion bzgl. der Ausführbarkeit von Verfahren unter Verwendung von Trägern aus Aktivkohle und/oder Siliciumcarbid während der mündlichen Verhandlung nicht vorbereitet.
b) Die Beschwerdeführerin habe keine Erklärung gegeben, warum diese Anträge nicht früher im Verfahren eingereicht wurden. Der Hauptantrag und Hilfsantrag 1 wurden zu einem Zeitpunkt eingereicht, als die Beschwerdekammer noch keine rechtskräftige Entscheidung bzgl. der davor geltenden Anträge z.B. in Bezug auf Art. 123(2) EPÜ verkündet hatte. Somit erfolgte das Einreichen dieser Anträge aus eigener Initiative der Beschwerdeführerin.
c) Sowohl der Hauptantrag als auch der Hilfsantrag 1 seien daher nicht zulässig.
Hilfsantrag 2: Änderungen
d) Der Gegenstand von Anspruch 5 stelle eine, im Vergleich zum erteilten Anspruch 9, neue Kombination von Merkmalen dar. Daher sei Art. 123(2) EPÜ zu prüfen, unabhängig davon, ob der Grund nach Art. 100(c) EPÜ bereits Teil des Einspruchsverfahrens war.
e) Obwohl die einzelnen Merkmale von Anspruch 5 zwar in der ursprünglichen Anmeldung offenbart wurden, sei ihre spezifische Kombination als solches nicht offenbart. Der Gegenstand von Anspruch 5 stelle eine neue Kombination von Merkmalen dar, welche aus mindestens fünf Listen ausgewählt werden mussten. Diesbezüglich gebe die ursprüngliche Offenbarung keinen Hinweis, dass "Ruthenium alleine" als Aktivmetall eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung darstelle. Das gleiche gelte für die Auswahl von "Aluminiumoxid" als Katalysatorträger und für die Kombination dieses Merkmals mit "Ruthenium alleine" als Aktivmetall. Der Gegenstand von Anspruch 5 sei auch nicht direkt und unmittelbar durch die Beispiele der ursprünglichen Offenbarung gestützt und sei als eine unzulässige Verallgemeinerung, z.B. des Katalysators 1 (Seiten 38-39 der ursprünglichen Offenbarung), zu betrachten.
XII. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des Hauptantrags oder eines der Hilfsanträge 1 oder 2, sämtliche Anträge wie eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2012.
Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende 01 und 02) beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag und Hilfsantrag 1
2. Zulässigkeit
2.1 Der Hauptantrag und Hilfsantrag 1 wurden beide von der Beschwerdeführerin zu einem sehr späten Zeitpunkt des Verfahrens, nämlich erst während der mündlichen Verhandlung, eingereicht.
2.2 Anspruch 1 vom Hauptantrag und von Hilfsantrag 1 betreffen jeweils ein Verfahren, wobei auch ein Katalysatorträger aus Aktivkohle oder Siliciumcarbid eingesetzt werden kann. Aus den Seiten 5 und 6 der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Ausführbarkeit solcher Verfahren bereits während des Einspruchsverfahrens in Frage gestellt wurde (Art. 83 EPÜ), was dazu geführt hat, dass die Beschwerdeführerin während des Einspruchsverfahrens auf diese Ausführungsformen verzichtet hatte. Sie wurden aber mit der Beschwerdebegründung erneut eingereicht.
Die Frage der Ausführbarkeit von Verfahren, in denen Katalysatorträger aus Aktivkohle oder Siliciumcarbid eingesetzt werden, wurde im schriftlichen Teil des Beschwerdeverfahrens von den Parteien erneut ergiebig diskutiert. Im Bescheid der Kammer zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung wurde ferner ausdrücklich angegeben, dass dieser Punkt während der mündlichen Verhandlung zu diskutieren sein würde. In Antwort auf diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin kurz vor der mündlichen Verhandlung (Schreiben vom 14. September 2012) neue Anträge eingereicht, die keine Verfahrensansprüche, in denen ein Träger aus Aktivkohle oder Siliciumcarbid eingesetzt wird, mehr enthielten. Diese Anträge wurden während der mündlichen Verhandlung dann zurückgezogen und durch den Hauptantrag bzw. Hilfsantrag 1 ersetzt, die erneut Verfahren, in denen Katalysatorträger aus Aktivkohle oder Siliciumcarbid eingesetzt werden, umfassten.
Durch die Zulassung des Hauptantrags und/oder des Hilfsantrags 1 in das Verfahren hätte die Frage der Ausführbarkeit des beanspruchten Verfahrens (Art. 83 EPÜ) erörtert werden müssen, was von dem gesamten Ablauf des Verfahrens nicht zu erwarten gewesen war und wodurch die Beschwerdegegnerin nicht die Gelegenheit gehabt hätte, sich ausreichend vorzubereiten.
Wie dem bisherigen Verfahren zu entnehmen ist, würden diese Anträge bereits bestehende Einwände in Zusammenhang mit Art. 83 EPÜ nicht ausräumen und somit nicht eindeutig gewährbar erscheinen lassen, und darüber hinaus die bereits diskutierten Sachverhalte nicht konvergent fortführen, so daß außerdem ihrer Zulassung in das Verfahren die gebotene Verfahrensökonomie entgegenstehen würde.
2.3 Aus diesen Gründen wurden sowohl der Hauptantrag als auch der Hilfsantrag 1 nicht in das Verfahren zugelassen (Art. 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern).
Hilfsantrag 2
3. Zulässigkeit
Die Zulässigkeit von Hilfsantrag 2 wurde nicht bestritten und die Kammer sieht keinen Grund sie in Frage zu stellen, insbesondere weil
- Ansprüche 1-4 den Ansprüchen 1-4 der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung entsprechen; und
- Anspruch 5 eine Einschränkung von Anspruch 8 des vor der mündlichen Verhandlung geltenden Hauptantrags darstellt.
4. Änderungen
4.1 Der Gegenstand von Anspruch 5 stellt eine Einschränkung des Gegenstands von Anspruch 9 des Streitpatents dar, wobei der Katalysatorträger wie auch das Aktivmetall näher spezifiziert wurden, die Menge des Aktivmetalls geändert und das Merkmal der BET-Oberfläche hinzugefügt wurde. Der Gegenstand von Anspruch 5 entspricht daher nicht lediglich einer Auswahl einer der Ausführungsformen des erteilten Anspruchs 9, wie von der Beschwerdeführerin argumentiert, sondern vielmehr einer vom erteilten Anspruch 9 beträchtlich unterschiedlichen Kombination von Merkmalen. Da diese Änderungen nach der Erteilung eingeführt wurden, ist zu überprüfen, ob die Erfordernisse von Art. 123(2) EPÜ erfüllt sind, auch wenn der Grund nach Art. 100(c) EPÜ im Einspruchsverfahren von der Beschwerdegegnerin weder erhoben noch von der Einspruchsabteilung aufgenommen wurde.
4.2 Anspruch 5 betrifft einen Katalysator, wie auch Anspruch 10 der ursprünglichen Anmeldung. Gegenüber dem ursprünglichen Anspruch 10
- wurde das Aktivmetall auf "Ruthenium alleine" eingeschränkt;
- wurde die obere Grenze der Menge des Aktivmetalls von "bis 30 Gew.%" in "bis 5 Gew.%" geändert;
- wurde der Träger auf "Aluminiumoxid" eingeschränkt;
- wurde das Merkmal einer BET-Oberfläche des Trägers von 200 350 m**(2)/g eingefügt;
- wurde das Merkmal, dass das Verhältnis der Oberflächen des Aktivmetalls und des Katalysatorträgers weniger als 0,3 beträgt, wobei der untere Grenzwert bei 0,0005 liegt, eingefügt.
4.2.1 Gemäß Anspruch 10 der ursprünglichen Offenbarung kann das Aktivmetall entweder aus
- Ruthenium alleine;
- Ruthenium zusammen mit mindestens einem Metall der I., VII. oder VIII. Nebengruppe des Periodensystems;
- Palladium alleine;
- Palladium zusammen mit mindestens einem Metall der I., VII. oder VIII. Nebengruppe des Periodensystems,
bestehen.
Der ursprüngliche Anspruch 10 trennt die beiden Ausführungsformen "Ruthenium" und "Palladium" mit "oder". Der ursprüngliche Anspruch 10 stellt daher Ruthenium und Palladium als zwei unabhängige Alternativen für das Aktivmetall dar. Diese Darstellung wird ferner in der gesamten ursprünglichen Beschreibung weiterverfolgt (Seite 13, Zeilen 19-29; Seite 29, Zeilen 1-6, 17-18 und 21-22; Seite 30, Zeilen 1-2, 10-11 und 15-16). Auch in den Beispielen werden Ruthenium und Palladium als Alternativen dargestellt. Im ursprünglichen Anspruch 1, welcher sich nicht auf Palladium bezieht, wird Ruthenium alleine oder zusammen mit mindestens einem Metall der I., VII. oder VIII. Nebengruppe erwähnt.
Durch die konsequente Andeutung in der ursprünglichen Anmeldung von "Ruthenium alleine oder zusammen mit mindestens einem Metall der I., VII. oder VIII. Nebengruppe des Periodensystems ", stellt das "Ruthenium alleine" nur eine von mehreren Möglichkeiten für das Aktivmetall dar (jede Kombination von "Ruthenium" mit einem oder mehreren Metall(en) der jeweiligen I., VII. oder VIII. Nebengruppe des Periodensystems). Diesbezüglich kann die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass der ursprüngliche Anspruch 10 nur vier Alternativen für die Wahl des Aktivmetalls enthält, nicht gefolgt werden.
Aus der ursprünglichen Offenbarung kann ferner nicht abgeleitet werden, dass "Ruthenium alleine" eine bevorzugte Ausführungsform des beanspruchten Katalysators darstellt.
4.2.2 Die Menge des Aktivmetalls gemäß oben Merkmal b) wird auf Seite 30, Zeilen 15-21 der ursprünglichen Anmeldung als meist bevorzugte Ausführungsform von drei Bereichen offenbart.
4.2.3 Laut Seite 32, Zeilen 10-15 der ursprünglichen Anmeldung können erfindungsgemäß alle bekannten Trägermaterialen, die die definierte Porengrößenverteilung aufweisen, eingesetzt werden. Vorzugsweise werden jedoch Träger wie im ursprünglichen Anspruch 6 definiert, wobei Mischungen von verschiedenen Trägern möglich sind (siehe den Wortlaut "oder deren Gemische"), zitiert. Am meisten bevorzugt werden Aluminiumoxid und Zirkoniumdioxid genannt. Änderung c) stellt somit eine Auswahl aus mehreren Alternativen dar.
4.2.4 Gemäß Seite 32, Zeilen 1-3 der ursprünglichen Anmeldung beträgt die Oberfläche des Trägers vorzugsweise 50-500 m**(2)/g, weiter bevorzugt 200-350 m**(2)/g, meist bevorzugt 200-250 m**(2)/g. Daher entspricht Änderung d) dem zweiten von drei ursprünglich offenbarten Bereichen der BET-Oberflächen.
4.2.5 Gemäß Seite 31, Zeilen 1-5 der ursprünglichen Anmeldung beträgt das Verhältnis der Oberflächen des Aktivmetalls und des Katalysatorträgers weniger als ungefähr 0,3, vorzugsweise weniger als ungefähr 0,1 und insbesondere ungefähr 0,05 oder weniger, wobei der untere Grenze bei 0,0005 liegt. Änderung e) entspricht somit dem ersten von drei bevorzugten Bereichen des ursprünglich offenbarten Verhältnisses der Oberflächen des Aktivmetalls und des Katalysatorträgers.
4.2.6 Der Gegenstand von Anspruch 5 ergibt sich daher erst nach mehrfachen Kombinationen von unterschiedlichen Passagen der ursprünglichen Offenbarung, die keinen direkten Bezug auf einander haben. Darüber hinaus ist bei dieser Kombination keine Konsistenz erkennbar, z.B. eine Kombination der am meisten bevorzugten Verbindungen/Bereiche. Insbesondere die Kombination von "Ruthenium alleine" als Aktivmetall und von "Aluminiumoxid" als Träger wird nicht direkt und unmittelbar offenbart. Die jetzt beanspruchte Kombination von Merkmalen kann daher nur als eine Kombination von willkürlich ausgewählten Verbindungen/Bereichen betrachtet werden, die in dieser individualisierten Form in den ursprünglichen Unterlagen nicht offenbart wurde.
4.3 Die ursprüngliche Anmeldung beschreibt auf Seiten 38-39 die "Herstellung des Katalysators 1", welcher aus einem meso/makroporösen Aluminiumoxidträger in Form von 4 mm-Extrudaten, der eine BET-Oberfläche von 238 m**(2)/g und ein Porenvolumen von 0,45 ml/g besitzt, vorbereitet wird, wobei Ruthenium alleine als Aktivmetall eingesetzt wird.
Anspruch 5 des geltenden Hilfsantrags 2 widerspiegelt jedoch nicht alle charakterisierenden Merkmale des Katalysators 1, wie z.B. seine Form als 4 mm-Extrudaten oder seinem Porenvolumen. Darüber hinaus enthält die ursprüngliche Offenbarung keine weiteren Beispiele, woraus sich die Kombination von Merkmalen gemäß Anspruch 5 direkt und unmittelbar herleiten lässt. Somit stellt Anspruch 5 eine unzulässige Verallgemeinerung vom Beispiel "Herstellung des Katalysators 1" dar. Somit kann die Argumentation der Beschwerdeführerin basierend auf der Kombination des Beispiels "Herstellung des Katalysators 1" mit bevorzugten Ausführungsformen gemäß der Beschreibung der ursprünglichen Unterlagen nicht gefolgt werden.
4.4 Aus diesen Gründen erfüllt Hilfsantrag 2 nicht die Erfordernisse von Art. 123(2) EPÜ.
5. Hilfsantrag 3 entspricht der gemäß der angefochtenen Entscheidung aufrechterhaltenen Fassung, was einer Zurückweisung der Beschwerde gleich kommt. Da die Beschwerdegegnerinnen keine Beschwerde eingereicht haben, braucht Hilfsantrag 3 in dieser Entscheidung nicht angesprochen zu werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.