T 2016/07 () of 3.2.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T201607.20100203
Datum der Entscheidung: 03 Februar 2010
Aktenzeichen: T 2016/07
Anmeldenummer: 01936214.4
IPC-Klasse: B65D 1/34
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Stapelbarer Behälter
Name des Anmelders: Vogel & Noot Meissner Metallverpackungen GmbH
Name des Einsprechenden: IMPRESS Group B.V.
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Auslegung des Anspruchs 1 (Pkt. 5.4.3)
Wirkung der Unterscheidungsmerkmale nicht plausibel und nicht nachgewiesen (Pkte. 5.4.1., 5.4.2.)
Erfinderische Tätigkeit - nein (sämtliche Anträge), Geschmacksmuster als nächstkommender Stand der Technik vermag Hinweis auf Gestaltung des äusseren Erscheinungsbildes und dessen Abwandlung zu geben (Pkt. 6.5)
Antrag auf Vorlage an die Große Beschwerdekammer - zurückgewiesen
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einsprechende (nunmehr Beschwerdeführerin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 292 499 zurückzuweisen, Beschwerde eingelegt.

II. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 3. Februar 2010 statt.

III. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Basis eines der während der mündlichen Verhandlung als neuer Hauptantrag oder als neue Hilfsanträge I, II und III eingereichten Anspruchsätze oder, weiter hilfsweise, die Befassung der Großen Beschwerdekammer mit der während der mündlichen Verhandlung als Hilfsantrag IV eingereichten Frage.

IV. Ansprüche 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen I - III

a) Anspruch 1 gemäß Hauptantrag

"Stapelbarer Blechbehälter (2),

- mit einer sich von seinem Boden (4) aus geneigt nach außen erstreckenden Seitenwand (10),

- mit einer in der Seitenwand (10) gebildeten Schulter (16) zur Auflage aufeinandergestapelter Behälter und

- mit in der Seitenwand (10) parallel zueinander quer zur Umfangsrichtung im gleichen Abstand zueinander und an beiden Seiten der Schulter (16) verlaufenden Riffeln (24, 26), wobei die Riffeln (24) auf einer Seite der Schulter in Bezug zu den Riffeln (26) auf der anderen Seite der Schulter in Umfangsrichtung versetzt angeordnet sind,

dadurch gekennzeichnet, daß die Schulter (16) schräg verläuft und daß sich die Riffeln (24) auf einer Seite der Schulter (16) mit ihren Enden im Bereich der Schulter (16) zwischen die Enden der Riffeln (26) auf der anderen Seite der Schulter (16) erstrecken".

b) Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I

"Stapelbarer Blechbehälter (2),

- mit einer sich von seinem Boden (4) aus geneigt nach außen erstreckenden Seitenwand (10),

- mit einer in der Seitenwand (10) gebildeten Schulter (16) zur Auflage aufeinandergestapelter Behälter und

- mit in der Seitenwand (10) parallel zueinander quer zur Umfangsrichtung im gleichen Abstand zueinander und an beiden Seiten der Schulter (16) verlaufenden Riffeln (24, 26), wobei die Riffeln (24) auf einer Seite der Schulter in Bezug zu den Riffeln (26) auf der anderen Seite der Schulter in Umfangsrichtung versetzt angeordnet sind,

dadurch gekennzeichnet,

daß wenigstens zwei in Richtung der Riffeln (22, 24, 26) zueinander beabstandete Schultern (14, 16) vorgesehen sind, daß die Schulter (14 bzw. 16) jeweils schräg verläuft und daß jeweils sich die Riffeln (24 bzw. 22) auf einer Seite der Schulter (14 bzw. 16) mit ihren Enden im Bereich der Schulter (14 bzw. 16) zwischen die Enden der Riffeln (26 bzw. 24) auf der anderen Seite der Schulter (14 bzw. 16) erstrecken".

c) Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II

"Stapelbarer Blechbehälter (2),

- mit einer sich von seinem Boden (4) aus geneigt nach außen erstreckenden Seitenwand (10),

- mit einer in der Seitenwand (10) gebildeten Schulter (16) zur Auflage aufeinandergestapelter Behälter und

- mit in der Seitenwand (10) parallel zueinander quer zur Umfangsrichtung im gleichen Abstand zueinander und an beiden Seiten der Schulter (16) verlaufenden Riffeln (24, 26), wobei die Riffeln (24) auf einer Seite der Schulter in Bezug zu den Riffeln (26) auf der anderen Seite der Schulter in Umfangsrichtung versetzt angeordnet sind,

dadurch gekennzeichnet,

daß die Schulter (16) schräg verläuft und daß sich die Riffeln (24) auf einer Seite der Schulter (16) mit ihren Enden im Bereich der Schulter (16) zwischen die Enden der Riffeln (26) auf der anderen Seite der Schulter (16) erstrecken und

daß quer zur Seitenwand (10) die Tiefe der Riffeln (24, 26) so groß ist wie die Ausdehnung der Schulter (16)".

d) Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag III

"Stapelbarer Blechbehälter (2),

- mit einer sich von seinem Boden (4) aus geneigt nach außen erstreckenden Seitenwand (10),

- mit einer in der Seitenwand (10) gebildeten Schulter (16) zur Auflage aufeinandergestapelter Behälter und

- mit in der Seitenwand (10) parallel zueinander quer zur Umfangsrichtung im gleichen Abstand zueinander und an beiden Seiten der Schulter (16) verlaufenden Riffeln (24, 26), wobei die Riffeln (24) auf einer Seite der Schulter in Bezug zu den Riffeln (26) auf der anderen Seite der Schulter in Umfangsrichtung versetzt angeordnet sind,

dadurch gekennzeichnet,

daß wenigstens zwei in Richtung der Riffeln (22, 24, 26) zueinander beabstandete Schultern (14, 16) vorgesehen sind,

daß die Schulter (14 bzw. 16) jeweils schräg verläuft und daß jeweils sich die Riffeln (24 bzw. 22) auf einer Seite der Schulter (14 bzw. 16) mit ihren Enden im Bereich der Schulter (14 bzw. 16) zwischen die Enden der Riffeln (26 bzw. 24) auf der anderen Seite der Schulter (14 bzw. 16) erstrecken und

daß quer zur Seitenwand (10) die Tiefe der Riffeln (22, 24, 26) so groß ist wie die Ausdehnung der Schulter (14 bzw. 16)".

V. Mit dem am Ende der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag IV "wird beantragt, die Große Beschwerdekammer mit dem Fall hinsichtlich der Frage zu befassen, ob die erfinderische Tätigkeit verneint werden darf, wenn hierzu mehr als zwei Druckschriften kombiniert werden und ein Merkmal des Patentanspruchs überhaupt nicht aus dem Stand der Technik bekannt ist".

VI. Es wird im folgenden auf den der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegenden Stand der Technik gemäß

O1 DE 498 09 141, Veröffentlichung

Geschmacksmusterblatt Heft 11 vom 10. Juni 1999

O1' DE 498 09 141, Geschmacksmusteranmeldung

O2 DE-U-295 15 590

O3 WO-A- 97/11887

O5 DE-A-196 5841

O6 US-A-3 097 780

O7 US-A-3 938 727

sowie auf die im Beschwerdeverfahren eingereichten, und im folgenden jeweils als Gutachten bezeichneten, Unterlagen

O13 Kurzzusammenfassung einer vergleichenden Berechnung zweier Varianten einer Blechkonstruktion, datiert auf den 29. September 2009

O14 FAM Gutachten "Einfluss der Riffelanordnung auf die Struktursteifigkeit eines stapelbaren Behälters" der Universität Paderborn, Fachgruppe

Angewandte Mechanik, Prof. Dr.-Ing. H.A. Richard, Januar 2010

015 Kurzzusammenfassung einer vergleichenden Berechnung zweier Varianten einer Blechkonstruktion, datiert auf den 25. November 2009 und eingereicht in der mündlichen Verhandlung als Anlage A als Ergänzung zu O13

O16 Berechnungen des Widerstandsmoments der Produktausführung Impress und Vogel & Noot, eingereicht in der mündlichen Verhandlung als Anlage B

Bezug genommen.

VII. Nach der angefochtenen Entscheidung ist die Erfindung nach dem Anspruch 1 in der erteilten Fassung ausreichend deutlich und vollständig offenbart und neu. Hinsichtlich der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit wird von der Entgegenhaltung O1 als nächstkommendem Stand der Technik ausgegangen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich nach der angefochtenen Entscheidung von dem in der Entgegenhaltung O1 offenbarten Behälter durch die Merkmale, dass die Riffeln auf einer Seite der Schulter in Bezug zu den Riffeln auf der anderen Seite der Schulter in Umfangsrichtung versetzt angeordnet sind und sich mit ihren Enden im Bereich der Schulter zwischen die Enden der Riffeln auf der anderen Seite der Schulter erstrecken.

Die durch diese Unterscheidungsmerkmale erreichte Wirkung bestehe darin, dass die Steifigkeit der Seitenwand in Riffelrichtung über die Schulter hinaus dadurch gewährleistet wird, dass sich die Riffeln im Bereich der Schulter überdecken, indem sie mit ihren Enden ineinandergreifen, wozu sie in Umfangsrichtung der Schulter versetzt zueinander angeordnet sind. Bezüglich der Steifigkeit seien somit die Riffeln auf der einen Seite der Schulter mit den Riffeln auf der anderen Seite verbunden, so dass sich die Steifigkeit über die Schulter hinweg erstrecke.

Die Lösung der sich daraus ergebenden Aufgabe der Verbesserung der Steifigkeit der Seitenwände wurde als für den Fachmann unter Berücksichtigung der Entgegen hal tungen O3 nicht naheliegend erachtet.

VIII. Das für die vorliegende Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdeführerin im schriftlichen Verfahren und der mündlichen Verhandlung lässt sich wie folgt zusammenfassen:

a) Der geänderte Anspruch 1 gemäß Hauptantrag sei nicht in das Verfahren zuzulassen, weil die Anspruchsänderung auf einer unzulässigen Erweiterung beruhe. Eine Änderung bezüglich des stapelbaren Behälters, auf den der Anspruch 1 gerichtet sei, durch Ersetzen des Ausdrucks "Behälter" durch den Ausdruck "Blechbehälter" führe nämlich zu einer in dieser Form nicht offenbarten Verallgemeinerung. Da wesentliche Merkmale, die im Zusammenhang mit einem Blechbehälter im Streitpatent offenbart seien, nicht mit in den geänderten Anspruch 1 aufgenommen worden seien, beruhe die Anspruchsänderung auf einem unzulässigen Hinzufügen eines Merkmals zu dem Anspruch 1, das aus seinem Kontext isoliert worden sei. Entsprechendes gelte betreffend die in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen I, II und III.

b) Das Gutachten O14 sei als verspätet eingereicht und als sich inhaltlich nicht mit dem seitens der Beschwerdeführerin früher eingereichten Gutachten O13 auseinandersetzend nicht zu berücksichtigen.

c) Es sei nicht plausibel, dass der Behälter nach dem Anspruch 1 mit, gegenüber demjenigen nach O1, verkürzter Länge der Riffeln die in dem Streitpatent in Verbindung mit der Aufgabe genannten Wirkungen aufweise, nach denen die Steifigkeit der Seitenwand sowohl in Richtung der Riffeln als auch in Umfangsrichtung verbessert werde. Diese Plausibilitätsbetrach tung beruhe auf einer Berücksichtigung der Tatsache, dass die Riffeln aufgrund ihrer Form zur Versteifung der Seitenwand beitragen, in dem im Bereich der Riffeln das Widerstands moment, gegenüber denjenigen ebenen Bereichen der Seitenwand in denen keine Riffeln ausgebildet seien, erhöht werde. Daraus ergebe sich zwingend, dass die steifigkeitserhöhende Wirkung der Riffeln auch nur in den Bereichen der Seitenwand auftrete, in denen Riffel ausgebildet seien. Da nach O1 für einen vergleichbaren Behälter längere Riffeln ausgebildet seien, als dies nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag der Fall sei, könne, bei ansonsten im Hinblick auf die Steifigkeit des Behälters gleichen Gegebenheiten, die bei der Schulter versetzte, jeweils verkürzte Ausbildung der Riffeln nicht zu einer Verbesserung der Steifigkeit führen. Dieses Ergebnis einer Plausibilitätsbetrachtung werde im übrigen durch die Gutachten O14 und O15 bestätigt und durch das von der Beschwerdegegnerin eingereichte Gutachten O13 nicht widerlegt.

d) Im Zusammenhang mit der sich nach dem Streitpatent ergebenden Steifigkeitserhöhung aufgrund der beanspruchten versetzten Anordnung der Riffeln sei im übrigen auch zu berücksichtigen, dass im Anspruch 1 diesbezüglich lediglich definiert sei, dass die Riffeln auf der einen Seite der Schulter in Bezug zu den Riffeln auf der anderen Seite der Schulter versetzt angeordnet sind. Es werde in diesem Zusammenhang bspw. jedoch nicht definiert, wie groß der Abstand zwischen den zueinander versetzt angeordneten Riffeln ist, was einen wesentlichen Einfluss auf die Steifigkeit habe. Entsprechendes gelte hinsichtlich der Länge der Riffeln. Im Anspruch 1 werde jeweils hinsichtlich der Lage eines Endes der Riffeln definiert, dass die Riffeln auf einer Seite der Schulter mit ihren Enden im Bereich der Schulter zwischen die Enden der Riffeln auf der anderen Seite der Schulter erstrecken. Betreffend die konkrete Lage des jeweils anderen Endes der Riffeln und damit auch die Länge der Riffeln enthalte der Anspruch 1 keine Definition.

e) Da die Steifigkeit des Behälters durch die Riffelanordnung nicht erhöht werde und eine andere Wirkung für die den Behälter nach dem Anspruch 1 von demjenigen nach O1 unterscheidenden Merkmale weder ersichtlich noch nachgewiesen worden sei, sei im Hinblick auf die Anwendung des Aufgabe-Lösung-Ansatzes bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit, unter Berücksichtigung des Behälters gemäß O1 als nächstkommenden Stand der Technik, von einer lediglich auf das Auffinden einer alternativen Gestaltung des Behälters gerichteten Aufgabe auszugehen.

f) Es könne nicht als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend angesehen werden, dass, ausgehend von dem Behälter nach O1 anspruchsgemäß lediglich dessen Form bzw. Gestalt durch Veränderung der Länge der Riffeln verändert werde. Entsprechendes gelte im Hinblick auf die im Anspruch 1 definierte Zuordnung der Riffeln derart, dass die Riffeln auf einer Seite der Schulter mit ihren Enden im Bereich der Schulter zwischen die Enden der Riffeln auf der anderen Seite der Schulter erstrecken.

g) Die gegenüber der Riffelanordnung nach O1 nach dem Anspruch 1 geänderte Riffelanordnung ergebe sich in naheliegender Weise unter alleiniger Berücksichtigung der Form des Blechbehälters nach O1 wenn, unter grundsätzlicher Beibehaltung der Riffelanordnung nach O1, in Umfangsrichtung des Behälters aufeinanderfolgende Riffel entsprechend gekürzt würden. Eine derartige Kürzung der bekannten Riffeln könne, da ihr keine anzustrebende technische Wirkung zugeordnet werden könne, in beliebiger Weise vorgenommen werden. Die im Anspruch 1 definierte Ausbildung und Anordnung der sich abwechselnden Riffel sei folglich als im Rahmen fachmännischen Könnens hinsichtlich der Formgestaltung liegend zu erachten. Darüber hinaus könne der Fachmann dem weiteren Stand der Technik nach O5, O6 oder O7 Hinweise betreffend die Formgestaltung der Riffeln eines Behälters der in Rede stehenden Art entnehmen.

h) Die Ansprüche 1 gemäß Hilfsanträgen I, II und III unterschieden sich vom Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch das Hinzufügen von Merkmalen, die als solche bekannt oder als sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebend zu erachten seien. Das Hinzufügen dieser Merkmale könne somit nicht zu auf erfinderischer Tätigkeit beruhenden stapelbaren Blechbehältern gemäß der Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen führen.

IX. Das für die vorliegende Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdegegnerin im schriftlichen Verfahren und der mündlichen Verhandlung lässt sich wie folgt zusammenfassen:

a) Die Änderung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruhe nicht auf einer unzulässigen Erweiterung. Die Änderung, durch die der Ausdruck "Behälter" durch den Ausdruck "Blechbehälter" ersetzt werde, führe zu einer Beschränkung des beanspruchten Behälters, die sich unmittelbar und eindeutig aus dem Gesamtzusammenhang der Offenbarung des Streitpatents ergebe, ohne dass eine Verknüpfung mit etwaigen anderen Merkmalen notwendig sei. In entsprechender Weise gelte dies auch betreffend die Änderungen bezüglich der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen I, II und III.

b) Das Gutachten O14 sei zu berücksichtigen, da es sich inhaltlich mit dem seitens der Beschwerdeführerin eingereichten Gutachten O13 auseinandersetze und als Nachweis betreffend die in der Aufgabe des Streitpatents genannte Wirkung der Erhöhung der Steifigkeit der Seitenwand des Behälters anzusehen sei.

c) Mit dem Behälter nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag werde die im Streitpatent genannte Aufgabe gelöst, nach der ein Behälter zu schaffen sei, bei dem die Steifigkeit der Seitenwand sowohl in Richtung der Riffeln als auch in Umfangsrichtung erhöht sei. Dass sich eine verbesserte Steifigkeit in Richtung der Riffeln ergebe, sei eindeutig durch O13 nachgewiesen. Diesem Gutachten sei nämlich zu entnehmen, dass die Steifigkeit eines Behälters mit den Merkmalen des Anspruchs 1 höher sei als diejenige, die sich für einen, entsprechend O1 ausgebildeten, Behälter ergebe. Es handele sich bei dieser Erhöhung der Steifigkeit um eine, wie die Plausibilitätsbetrachtungen der Beschwerdeführerin belegten, nicht vorhersehbare Wirkung. Ausgehend von O1 als nächstkommenden Stand der Technik habe der Fachmann keine Veranlassung gehabt zur Erhöhung der Steifigkeit die Riffeln, abweichend von der Ausbildung und Anordnung der Riffeln nach dieser Entgegenhaltung, in der im Anspruch 1 definierten Weise auszubilden und anzuordnen. Hierfür gebe auch der weitere Stand der Technik nach O2 bzw. O3 keine Veranlassung.

d) Werde, im Gegensatz zu der nachgewiesenen Wirkung, davon ausgegangen, dass der Behälter nach dem Anspruch 1 als eine Alternative zu demjenigen nach O1 anzusehen ist, dann könne gleichfalls der O1 als nächstkommenden Stand der Technik für sich, oder in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen bzw. weiterem Stand der Technik nach O2 oder O3, betrachtet, kein Hinweis auf die spezielle Ausgestaltung und Anordnung der Riffeln nach dem Anspruch 1 entnommen werden. Einen solchen bedürfe es jedoch auch in einem derartigen Fall, um das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit zu verneinen.

e) Dies gelte entsprechend betreffend die Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen. Weiter sei diesbezüglich zu berücksichtigen, dass diese Ansprüche weitere Merkmale enthielten, die gleichfalls der Verbesserung der Steifigkeit der Seitenwand dienten und für die der Stand der Technik gleichfalls keine Anregung böte.

X. Die Kammer hat in ihrer, auf den 7. August 2009 datierten, Anlage zum Ladungsbescheid ausführlich zu den zu erörternden Einspruchsgründen, betreffend die Ausführbarkeit, die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit, Stellung genommen. Bezüglich der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit wurde im Hinblick auf die in dem Streitpatent angesprochene, die Steifigkeit der Seitenwand erhöhende, Wirkung darauf hingewiesen, dass dann, "wenn aus Plausibilitätsgründen von einer verbesserten Steifigkeit in Riffelrichtung gegenüber sich über die Seitenwand entlang einer Längsrichtung erstreckenden Riffeln nicht ausgegangen werden kann, sich diesbezüglich eine Beweislastumkehr ergeben könnte. Sollte dies der Fall sein, hätte die Beschwerdegegnerin den Nachweis betreffend eine diesbezügliche Wirkung zu erbringen."

XI. Am 3. Februar 2010 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, in der, neben Fragen betreffend die Zulässigkeit des Gutachtens O14, des geänderten Hauptantrags und der geänderten Hilfsanträge I, II und III, im wesentlichen Neuheit und erfinderische Tätigkeit erörtert wurden.

Entscheidungsgründe

1. Anspruchsänderungen

Nach Auffassung der Kammer führen weder die Änderung der Bezeichnung "Behälter" durch die Bezeichnung "Blechbehälter", die die einzige Änderung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist und auch in sämtlichen Ansprüchen 1 gemäß den Hilfsanträgen I, II und III erfolgt ist, noch die in den Ansprüchen 1 gemäß den Hilfsanträgen vorgenommenen weiteren Änderungen zu einer unzulässigen Erweiterung.

Nach der Beschwerdeführerin seien diese Hilfsanträge als verspätet nicht zu berücksichtigen. Die vorgenommenen Anspruchsänderungen führten weiterhin zu Unklarheiten und unzulässigen Erweiterungen.

Die Kammer übt ihr Ermessen nach Artikel 13(1) VOBK dahingehend aus, diese Hilfsanträge, als Antwort auf die Erörterung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag in der mündlichen Verhandlung, in das Verfahren zuzulassen. Die Kammer hat dabei in Betracht gezogen, dass die Änderungen im Rahmen der Erörterung des Hauptantrags angesprochene Merkmale betreffen und weder für die Beschwerdeführerin noch die Kammer überraschende Sachverhalte betreffen.

Da, wie aus dem folgenden ersichtlich, die Blechbehälter nach den Ansprüchen 1 dieser Anträge nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen, kann dahingestellt bleiben, inwieweit die diesen Ansprüchen zugrundeliegenden Änderungen als die Erfordernisse der Artikel 84 und 123(2) EPÜ erfüllend erachtet werden können.

2. Berücksichtigung der Gutachten O14, O15 und O16

Nach Auffassung der Kammer ist das Gutachten O14, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, in das Verfahren zuzulassen. Die Kammer geht bei ihrer diesbezüglichen Ermessensausübung davon aus, dass dieses Gutachten als unmittelbare Erwiderung auf das seitens der Beschwerdeführerin eingereichte Gutachten O13 anzusehen und aus diesem Grunde zuzulassen ist. Die Kammer vermag dabei, im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin, auch nicht zu erkennen, dass sich das Gutachten O14 nicht inhaltlich mit dem Gutachten O13 auseinandersetzt. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass ein inhaltliches Auseinandersetzen mit dem Gutachten O13 nach Auffassung der Kammer nicht bedeuten kann, dass lediglich den Modellvorstellungen des Gutachtens O13, vorliegend betreffend die Modellierung eines Seitenwandabschnittes des Behälters nach dem Anspruch 1, zu folgen ist. Es gilt insbesonders dann, wenn, wie vorliegend, die Modellvorstellungen eines Gutachtens, nämlich des Gutachtens O13, als die Realität nicht ausreichend wiedergebend erachtet werden.

Die Gutachten O15 und O16 sind in der mündlichen Verhandlung, in unmittelbarem Bezug zu Ausführungen betreffend das Gutachten O14 eingereicht worden. Ein Einwand gegen die Berücksichtigung dieser Gutachten wurde nicht erhoben.

Die Kammer ist der Auffassung, dass diese Gutachten im Hinblick auf das erst kurz vor der mündlichen Verhandlung eingereichte Gutachten O14 zu berücksichtigen sind. Sie hat dabei auch berücksichtigt, dass das Gutachten O15 eine Ergänzung des bereits früher eingereichten Gutachtens O13 ist und das Gutachten O16 auf der Anwendung elementarer Formeln der Festigkeitslehre beruht.

3. Neuheit

Seitens der Beschwerdeführerin wurde, vor der Änderung der Ansprüche (vgl. obigen Abschnitt 1.), mangelnde Neuheit im Hinblick auf den stapelbaren Behälter nach dem Anspruch 1 in der erteilten Fassung geltend gemacht.

Betreffend die geänderten Ansprüche 1 sämtlicher Anträge wurde der Einspruchsgrund mangelnder Neuheit nicht aufrechterhalten.

Die Kammer vermag keinen Grund für mangelnde Neuheit zu erkennen. Da, wie im Folgenden dargelegt, das Patent mangels erfinderischer Tätigkeit zu widerrufen ist, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf die Frage der Neuheit.

4. Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag

Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag (vgl. obigen Abschnitt IV. a)) betrifft einen

a) Stapelbaren Blechbehälter mit einer

b) sich von seinem Boden (4) aus geneigt nach außen erstreckenden Seitenwand,

c) mit einer in der Seitenwand gebildeten Schulter zur Auflage aufeinandergestapelter Behälter und

d) mit in der Seitenwand parallel zueinander quer zur Umfangsrichtung im gleichen Abstand zueinander und an beiden Seiten der Schulter verlaufenden Riffeln,

e) wobei die Riffeln auf einer Seite der Schulter in Bezug zu den Riffeln auf der anderen Seite der Schulter in Umfangsrichtung versetzt angeordnet sind,

dadurch gekennzeichnet, daß

f) die Schulter schräg verläuft und daß

g) sich die Riffeln auf einer Seite der Schulter mit ihren Enden im Bereich der Schulter zwischen die Enden der Riffeln auf der anderen Seite der Schulter erstrecken.

Wie aus dem folgenden ersichtlich sind für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit die die Anordnung und Ausbildung der Riffeln in der Seitenwand und in Bezug auf die darin ausgebildete Schulter definierenden Merkmale d), e) und g) von besonderer Bedeutung. Entsprechendes gilt betreffend die in Verbindung mit der Ausbildung und Anordnung der Riffeln geltend gemachte, steifigkeitserhöhende Wirkung.

5. Anordnung und Ausbildung der Riffel - steifigkeitserhöhende Wirkung

5.1 Angaben des Streitpatents

5.1.1 In der Beschreibung des Streitpatents ist zunächst in Bezug auf die Riffeln nach der Entgegenhaltung O2 ausgeführt, dass sich die Riffeln vom Boden aus bis zu der Schulter erstrecken und den Zweck haben, die Seitenwand in Riffelrichtung zu versteifen. Als nachteilig ist angegeben, dass, da sich die Riffeln nicht über die Schulter hinaus zum Rand des Behälters erstrecken, im Bereich zwischen der Schulter und dem Rand des Behälters eine solche Versteifung fehle (Spalte 1, Zeilen 5 - 12).

5.1.2 Nach der im Streitpatent genannten Aufgabe ist ein Behälter der im Oberbegriff des Anspruchs 1 genannten Art zu schaffen, bei dem die Steifigkeit der Seitenwand sowohl in Richtung der Riffeln als auch in Umfangsrichtung verbessert ist (Spalte 1, Zeilen 24 - 28).

5.1.3 Hinsichtlich der Lösung dieser Aufgabe wird im Streitpatent auf die im Kennzeichen des Anspruchs 1 angegebene Lehre verwiesen (Spalte 1, Zeilen 29 - 31).

Weiter wird ausgeführt, dass der Grundgedanke dieser Lehre darin besteht, die Riffeln zu beiden Seiten der Schulter anzuordnen und die Steifigkeit der Seitenwand in Riffelrichtung über die Schulter hinaus derart zu gewährleisten, dass sich die Riffeln im Bereich der Schulter überdecken, indem sie mit ihren Enden ineinandergreifen, wozu sie in Umfangsrichtung der Schulter versetzt zueinander angeordnet sind. Bezüglich der Steifigkeit sind danach die Riffeln auf der einen Seite der Schulter mit den Riffeln auf der anderen Seite verbunden, so dass sich die Steifigkeit über die Schulter hinweg erstreckt. Die Steifigkeit der Schulter in Umfangsrichtung ist dabei nicht beeinträchtigt (Spalte 1, Zeilen 32 - 42).

Bezüglich des anhand der Figuren 1 - 4 beschriebenen Ausführungsbeispiels ist entsprechend ausgeführt, dass sich die Riffeln bis in die Schulter erstrecken, und dass auf diese Weise sich die Enden der Riffeln übergreifen, mit der Folge, dass sich die durch die Riffeln gebildete Steifigkeit im Bereich der Schulter fortsetzt, also eine über die Schulter sich hinweg erstreckende Steifigkeit gegeben ist (Spalte 2, Zeile 40 - Spalte 3, Zeile 10). Die Steifigkeit der umlaufenden Schultern, wie auch die Stapelbarkeit der Behälter, werde dadurch nicht beeinträchtigt (Spalte 3, Zeilen 10, 11).

5.2 Berücksichtigung der steifigkeitserhöhenden Wirkung der Riffel in der angefochtenen Entscheidung

Nach der angefochtenen Entscheidung (Gründe, Nr. 5.2) seien die Riffeln auf der einen Seite der Schulter mit den Riffeln auf der anderen Seite verbunden, so dass sich die Steifigkeit über die Schulter hinweg erstrecke. Betreffend die Ausbildung der Riffeln nach dem Stand der Technik geht die angefochtene Entscheidung davon aus, dass es betreffend die Ausbildung und Anordnung der Riffeln nach den Merkmalen e) und g) im Stand der Technik keine Anregung gebe, und dass nirgends ein Hinweis darauf gegeben werde, dass die Steifigkeit im Bereich der Schulter hierdurch verbessert werden konnte (Gründe, 5.4).

5.3 Auffassung der Parteien betreffend die steifigkeitserhöhende Wirkung der Riffel

5.3.1 Die Parteien sind unterschiedlicher Auffassung darüber, inwieweit die im Streitpatent genannte und der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nach der angefochtenen Entscheidung zu Grunde gelegte steifigkeitserhöhende Wirkung der Riffeln tatsächlich eintritt.

5.3.2 Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei nicht plausibel, dass sich eine derartige steifigkeitserhöhende Wirkung der Riffeln im Hinblick auf die sich über den Bereich der Schulter und beidseits darüber hinaus erstreckenden Riffeln nach den Entgegenhaltungen O1 bzw. O1' ergebe. Dies folge allein aus den, auf grundlegenden Zusammenhängen der Festigkeitslehre basierenden, Überlegungen nach denen gegenüber die Schulter hinweggehenden Riffeln nach O1 bzw. O1' (im folgenden aufgrund des im wesentlichen gleichen Inhalts beider Entgegenhaltungen: O1/O1') zu einem die Steifigkeit erhöhenden Widerstandsmoment über den gesamten Verlauf dieser Riffeln führe, wie dies auch durch das Gutachten O16 belegt werde. Im Gegensatz dazu gebe es, aufgrund der versetzten Anordnung von jeweils im Bereich der Schulter endenden Riffeln, bei der Ausbildung und Anordnung der Riffeln nach den Merkmalen e) und g) sich jeweils an diese Enden der Riffel anschließende Bereiche in denen der jeweilige Riffel nicht fortgesetzt wird. In diesem eben verbleibenden Teil der Seitenwand hätte folglich das Widerstandsmoment, bedingt durch den ebenen geradlinienförmigen Querschnitt in diesem Bereich, einen wesentlich geringeren Wert. Im übrigen werde es nach dem Anspruch 1 völlig offen gelassen, ob die Riffeln sich in Umfangsrichtung gesehen im Schulterbereich eng aneinander anschließen, oder, dass sie durch irgendwelche kurze oder längere Schulterstrecken voneinander getrennt sind. Im letzteren Fall sei überhaupt keine Steifigkeitserhöhung zu erwarten.

Diese Plausibilitätsbetrachtung werde weiterhin durch die Gutachten O13 und O15 bestätigt und stehe nicht im Widerspruch zu dem seitens der Beschwerdegegnerin eingereichten Gutachten O14.

5.3.3 Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin ergebe sich durch die Ausbildung und Anordnung der Riffeln entsprechend den Merkmalen e) und g) die im Streitpatent beschriebene Wirkung als eine überraschende Wirkung, die, wie das Gutachten O14 belege, auf die versetzte Anordnung der Riffeln gemäß dem Merkmal e) beruhe und darauf zurückzuführen sei, dass sich entsprechend dem Merkmal g) die Riffeln auf einer Seite der Schulter mit ihren Enden im Bereich der Schulter zwischen die Enden auf der anderen Seite der Schulter erstrecken.

Da diese Wirkung im Streitpatent ausreichend beschrieben und bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit in der angefochtenen Entscheidung vom Vorliegen dieser Wirkung ausgegangen worden sei, obliege es der Beschwerdeführerin nachzuweisen, dass diese Wirkung nicht eintrete.

5.4 Plausibilität betr. die steifigkeitserhöhende Wirkung der Riffel nach den Merkmalen e) und g) - Beweislast

5.4.1 Die Kammer hat in der auf den 7. August 2009 datierten Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung auf die Bedeutung hingewiesen, die der auf die Unterscheidungsmerkmale zurückgehenden Wirkung bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zukommt (Abschnitt 8.4.2).

Die Kammer hat weiter darauf hingewiesen, dass dann, wenn aus Plausibilitätsgründen von einer verbesserten Steifigkeit in Riffelrichtung gegenüber sich über die Schulter entlang ihrer Längsrichtung erstreckenden Riffeln, bspw. gemäß O1, nicht ausgegangen werden kann, sich diesbezüglich eine Beweislastumkehr ergeben könnte. Die Kammer hat diesbezüglich weiter angemerkt dass, sollte dies der Fall sein, die Beschwerdegegnerin den Nachweis betreffend eine diesbezügliche Wirkung zu erbringen habe (Abschnitt 8.4.2 - vgl. den die Seiten 14 und 15 überbrückenden Absatz).

5.4.2 Die Kammer erachtet die Auffassung der Beschwerdeführerin als zutreffend, nach der es als nicht plausibel anzusehen sei, dass die Ausbildung der Riffeln entsprechend den Merkmalen e) und g) des Anspruchs 1, in Verbindung mit den übrigen Merkmalen dieses Anspruchs, gegenüber der Ausbildung der Riffeln nach O1/O1´ zu einer höheren Steifigkeit in Richtung der Riffeln führt (vgl. obigen Abschnitt 5.3.2).

5.4.3 Die Kammer hat dabei die folgenden Umstände berücksichtigt.

Durch die Merkmale d), e) und g) des Anspruchs 1 wird hinsichtlich der Ausbildung und Anordnung der Riffeln definiert, dass der erfindungsgemäße, stapelbare Blechbehälter mit in der Seitenwand parallel zueinander quer zur Umfangsrichtung im gleichen Abstand zueinander und an beiden Seiten der Schulter verlaufenden Riffeln versehen ist (Merkmal d)).

Hinsichtlich der Ausbildung der Riffeln ist definiert, dass die Riffeln auf einer Seite der Schulter in Bezug zu den Riffeln auf der anderen Seite der Schulter in Umfangsrichtung versetzt angeordnet sind (Merkmal d)) und weiter, dass sich die Riffeln auf einer Seite der Schulter mit ihren Enden im Bereich der Schulter zwischen die Enden der Riffeln auf der anderen Seite der Schulter erstrecken (Merkmal g)).

Diese Riffel sind jeweils oberhalb und unterhalb der Schulter ausgebildet und werden im Folgenden als obere bzw. untere Riffeln bezeichnet. Sowohl die oberen als auch die unteren Riffel enden dabei mit einem Ende im Bereich der Schulter (Merkmal g)).

Hinsichtlich der Anordnung der Riffeln ist weiter definiert, dass die oberen und die unteren Riffeln in Umfangsrichtung versetzt angeordnet sind (Merkmal e)), und dass sich die oberen Riffeln mit ihren Enden im Bereich der Schulter zwischen die Enden der unteren Riffeln erstrecken (Merkmal g)).

Diese Definition der Ausbildung und Anordnung der Riffeln lässt nach der Überzeugung der Kammer offen, wie weit sich die oberen bzw. unteren Riffeln jeweils von ihrem schulterseitigen Ende erstrecken. Mit anderen Worten lässt der Anspruch 1 offen, welche Länge jeweils die oberen und unteren Riffel aufweisen.

Weiter lässt nach Auffassung der Kammer die Definition des Anspruchs 1 offen, wie die jeweiligen schulterseitigen Enden der Riffel ausgebildet sind.

Im Hinblick auf die Anordnung bzw. die gegenseitige Zuordnung der oberen und unteren Riffel ist weiterhin nicht definiert, mit welchem Abstand die oberen und unteren Riffel in Umfangsrichtung versetzt angeordnet sind.

Schließlich ist im Anspruch 1 auch nicht definiert, welche Querschnittsform und welche Tiefe die oberen und unteren Riffel aufweisen.

In diesem Zusammenhang ist, nach Auffassung der Kammer, gleichfalls zu berücksichtigen, dass die im o.g. Anspruch 1 nicht definierten strukturellen Kenngrößen der oberen und unteren Riffel, nämlich die Länge der oberen bzw. unteren Riffel, deren Querschnittsform und Tiefe, sowie deren gegenseitiger Abstand und die Ausbildung von deren schulterseitigen Enden, auch in der Beschreibung des Streitpatents unerwähnt bleiben.

Damit ist, im Gegensatz zu der von der Beschwerdegegnerin vertretenen Auffassung, eine Auslegung des Anspruchs 1 betreffend die nicht definierten strukturellen Kenngrößen unter Berücksichtigung von in der Beschreibung enthaltenen diesbezüglichen Angaben nicht möglich. Im Gegensatz zu der Argumentation der Beschwerdegegnerin ist auch eine Auslegung des Anspruchs 1, ausgehend von der in der Beschreibung genannten steifigkeitssteigernden Wirkung der Riffeln nicht möglich, weil die diesbezüglichen Angaben der Beschreibung (vgl. obigen Abschnitt 5.1.1 - 5.1.3) aufgrund ihrer ausschließlichen Bezugnahme auf eine versetzte Anordnung bei der sich die Riffeln im Bereich der Schulter überdecken (Spalte 1, Zeilen 32 - 42) keinen, über die Merkmale d), e) und f), g) hinausgehenden, Bezug zu den strukturellen Merkmalen betreffend die Ausbildung und Anordnung der Riffeln, die ursächlich für eine Steifigkeitserhöhung sind, zulassen.

Die Kammer berücksichtigt in diesem Zusammenhang auch, dass in der Beschreibung ausgeführt ist, dass bezüglich der Steifigkeit die Riffeln auf der einen Seite der Schulter mit den Riffeln auf der anderen Seite der Schulter verbunden sind, so dass sich die Steifigkeit über die Schulter hinweg erstreckt (Spalte 1, Zeilen 32 - 45). Sie vermag aber in dieser pauschalen Bezugnahme auf eine Verbindung zwischen den oberen und unteren Riffeln betreffend die Definition der Ausbildung und Anordnung der Riffeln keine über diejenige nach dem Anspruch 1 hinausgehenden Definition zu erkennen.

Aufgrund der o.g. strukturellen Kenngrößen für die oberen und unteren Riffel, die im Anspruch 1 nicht definiert sind, ist dieser Anspruch als, betreffend die Ausbildung und Anordnung der Riffeln, sehr breit anzusehen.

Aufgrund der Breite des Anspruchs 1 betreffend die Ausbildung und Anordnung der oberen und unteren Riffel umfasst dieser Anspruch nach Auffassung der Kammer auch solche Anordnungen von Riffeln, bei denen zwischen einander benachbarten, versetzt angeordneten oberen und unteren Riffeln in Umfangsrichtung ein größerer, entsprechend dem Merkmal d) gleich ausgebildeter, Abstand besteht.

Insbesonders für derartige Anordnungen der Riffel ist nicht plausibel, dass, wie seitens der Beschwerdegegnerin argumentiert, gerade die versetzte Anordnung der oberen und unteren Riffel in überraschender Weise zu einer Erhöhung der Steifigkeit in Riffelrichtung führen soll. Dies gilt umso mehr, als, wie ausgeführt, die Ausbildung der schulterseitigen Enden der oberen und unteren Riffel nicht weiter definiert ist.

Betreffend das Streitpatent trifft zwar zu, dass dort eine steifigkeitserhöhende Wirkung der Ausbildung und Anordnung der Riffeln, wie in den obigen Abschnitten 5.1.1 - 5.1.3 ausgeführt, genannt wird. Neben den diesbezüglichen allgemeinen Angaben enthält das Streitpatent aber, wie obenstehend ausgeführt, keine konkreten über die diesbezügliche Definition des Anspruchs 1 hinausgehenden Angaben; dies gilt auch im Hinblick auf das in Verbindung mit den Figuren 1 - 4 beschriebene Ausführungsbeispiel.

Aufgrund der genannten Umstände erachtet die Kammer die Ausführungen der Beschwerdeführerin als zutreffend, nach denen es nicht plausibel ist, dass die im Anspruch 1 definierte Ausbildung und Anordnung der Riffeln eine steifigkeitserhöhende Wirkung hat.

Folglich obliegt es der Beschwerdegegnerin, eine derartige Wirkung für den beanspruchten stapelbaren Blechbehälter nachzuweisen.

5.4.4 Nachweis der steifigkeitserhöhenden Wirkung der Riffeln

In Erwiderung auf die im Anhang zum Ladungsbescheid geäußerten Bedenken der Kammer betreffend den Nachweis betreffend die steifigkeitserhöhende Wirkung der im Anspruch 1 definierten Ausbildung und Anordnung der Riffeln wurde seitens der Beschwerdegegnerin das Gutachten O14 eingereicht.

Nach den Ausführungen der Beschwerdegegnerin belege dieses Gutachten eindeutig, dass die Riffeln nach dem Anspruch 1, wie in der Beschreibung des Streitpatents ausgeführt, eine steifigkeitserhöhende Wirkung haben.

Die Beschwerdegegnerin nahm dabei Bezug auf die in den Bildern 1a) und 1b) dargestellten Blechbehälter. Das Bild 1a) wurde, wie in O14, Seite 4, ausgeführt, als einen erfindungsgemäßen Blechbehälter darstellend bezeichnet, während das Bild 1b) einen, bspw. aus O1/O1' bekannten, herkömmlichen Behälter betreffe, dessen Riffeln mit konstanter Tiefe kontinuierlich über die Schultern verliefen. Hinsichtlich der behaupteten steifigkeitserhöhenden Wirkung verwies die Beschwerdegegnerin auf die Bilder 4, 5 und 6, die jeweils als Variante 1 eine Verteilung der Gesamtverschiebungen für den erfindungsgemäßen Blechbehälter und unterschiedliche Lastfälle zeigten. In entsprechender Weise zeigten die jeweiligen Varianten 2 eine Verteilung der Gesamtverschiebungen für einen Blechbehälter mit nicht versetzten Riffeln.

Ein Vergleich der Verschiebungen für den erfindungsgemäßen Blechbehälter und denjenigen mit nicht versetzten Riffeln zeige, dass die Verschiebung für den erfindungsgemäßen Blechbehälter geringer sei. Damit ergebe sich ein Nachweis für die steifigkeitserhöhende Wirkung der Ausbildung und Anordnung der Riffel nach dem Anspruch 1 gegenüber einer herkömmlichen Ausbildung und Anordnung von Riffeln mit nicht zueinander versetzt angeordneten oberen und unteren Riffeln, sondern mit sich im Wesentlichen über die gesamte Länge der Seitenwand durchgehend erstreckenden, die Schulter durchsetzenden Riffeln.

Die Kammer erachtet hinsichtlich des Gutachtens O14 die Auffassung der Beschwerdeführerin als zutreffend, nach der das Gutachten im Hinblick auf die Form und die Abmessungen des Blechbehälters, und dabei insbesonders betreffend die Ausbildung und Anordnung der Riffeln, keinerlei Angaben enthält. Damit ist weder eine experimentelle noch eine rechnerische Überprüfung der Ergebnisse dieses Gutachtens möglich.

Weiterhin erachtet die Kammer die Auffassung der Beschwerdeführerin als zutreffend, nach der der als erfindungsgemäß erachtete Blechbehälter nach dem Bild 1a) eine Ausbildung und Anordnung der Riffel aufweist, gemäß der die oberen und unteren Riffel jeweils eng benachbart angeordnet sind, was sowohl im Hinblick auf die oberen und unteren Riffel bezüglich der oberen Schulter wie auch bezüglich der unteren Schulter gilt. Damit betrifft dieser Blechbehälter eine spezielle Ausführungsform, so dass in Verbindung mit dieser Ausführungsform etwaig festgestellte Wirkungen nicht aussagekräftig sind im Hinblick auf andere, gleichfalls unter den Anspruch 1 fallende, Ausführungsformen, bei denen beispielsweise der Abstand zwischen zueinander versetzten oberen und unteren Riffeln wesentlich größer sein kann.

Schließlich sind die festgestellten Unterschiede hinsichtlich der Verteilung der Gesamtverschiebung betreffend den Lastfall I (Druckbelastung gemäß Bild 2a, Seite 5) mit einer maximalen Gesamtverschiebung von 1,02 mm für den erfindungsgemäßen Blechbehälter und 1,05 mm für den herkömmlichen Blechbehälter (vgl. Seite 8) und die Verschiebungen aufgrund einer nach innen wirkenden Querkraft (Lastfall III gemäß Bild 2 c), Seite 5) von 21,56 mm bzw. 20,47 mm (vgl. Seite 9) nicht der Art, dass, unter Berücksichtigung eines Vergleichs der jeweiligen Werte und auch von Rechenungenauigkeiten, vom Nachweis einer wesentlichen Steifigkeitserhöhung für den Blechbehälter nach dem Anspruch 1 ausgegangen werden kann.

Im übrigen sind die Belastungen nicht hoch genug gewählt, um eine steifigkeitserhöhende Wirkung der Riffel zu zeigen. Die Ausbildung und Anordnung der Riffeln in der ansonsten, mit Ausnahme der schräg verlaufenden Schulter, ebenen Seitenwand führt nämlich dazu, dass an den Stellen, an denen die Riffel ausgebildet sind, das Widerstandsmoment aufgrund der Veränderung des Querschnitts infolge der Ausbildung der Riffel vergrößert wird. Damit wird im wesentlichen die Steifigkeit gegenüber einer, bei höheren, dem Lastfall I, entsprechenden, Belastungen auftretenden, Neigung zum Knicken erhöht, wie dies bspw. durch O15 belegt wird.

Das Knicken ist die Folge der Tatsache, dass die Riffel im Schulterbereich derart versetzt angeordnet sind, dass in diesem Bereich ein in Umfangsrichtung gesehen geradlinig verlaufender Querschnitt entsteht.

Der dortigen, mit "Ergebnisse Streifenmodell" bezeichneten, Tabelle (Seite 4) sei bspw. zu entnehmen, dass der Beulfaktor als Ergebnis einer Beulrechnung zeige, dass der Wert von 10.7 für ein Modell mit versetzten Riffeln wesentlich geringer sei als derjenige von 27.4 für ein entsprechendes Modell mit durchgehenden Riffeln.

Die Kammer ist hinsichtlich des Nachweises der steifigkeitserhöhenden Wirkung der Ausbildung und Anordnung der Riffel nach dem Anspruch 1 der Auffassung, dass aufgrund der betreffend das Gutachten O14 genannten Umstände durch das Gutachten - im Hinblick auf die Plausibilitätsbetrachtung der Beschwerdeführerin (vgl. die obigen Abschnitte 5.4.1, 5.4.2) - nicht nachgewiesen wird, dass die Ausbildung und Anordnung der Riffel nach dem Anspruch 1 gegenüber der Ausbildung und Anordnung der Riffel nach der Entgegenhaltung O1/O1' mit jeweils benachbart angeordneten, sich im wesentlichen über die gesamte Länge der Seitenwand erstreckenden, die Schulter durchsetzenden Riffeln nicht nachgewiesen worden ist.

Dies gilt nach der Überzeugung der Kammer auch hinsichtlich der Blechbehälter nach den Ansprüchen 1 gemäß den Hilfsanträgen.

6. Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1 gemäß Hauptantrag

6.1 Nächstkommender Stand der Technik

Hinsichtlich der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit wird, übereinstimmend mit der angefochtenen Entscheidung und den Auffassungen beider Parteien, von dem Blechbehälter nach der Entgegenhaltung O1/O1' als nächstkommenden Stand der Technik ausgegangen.

Der Blechbehälter nach O1/O1' ist entsprechend den Merkmalen a) - d) des Anspruchs 1 (vgl. Abschnitt 4.) ausgebildet (vgl. die Bezeichnung als "Metalldose" und die jeweiligen Darstellungen der Metalldose nach O1/O1').

Die entsprechend dem Merkmal d) an beiden Seiten der Schulter verlaufenden Riffel sind nach O1/O1' jeweils gleich ausgebildet und verlaufen jeweils durchgängig vom Bereich des oberen Randes der Seitenwand über den Bereich der Schulter hinweg bis zum Boden des Blechbehälters. Sämtliche der bekannten Riffel sind folglich gleich ausgebildet, so dass es anders als bei den Riffeln nach dem Anspruch 1 keine oberen und unteren Riffel gibt.

6.2 Unterscheidungsmerkmale

Es ist unbestritten, dass die Merkmale e) und g) als den Blechbehälter nach dem Anspruch 1 von demjenigen nach O1/O1' unterscheidend anzusehen sind.

6.3 Wirkung der Unterscheidungsmerkmale

Wie ausgeführt ist betreffend den Blechbehälter nach dem Anspruch 1 nicht nachgewiesen worden, dass sich durch die Unterscheidungsmerkmale e) und g), in Verbindung mit den übrigen Merkmalen des Anspruchs 1, eine steifigkeitserhöhende Wirkung ergibt (vgl. obigen Abschnitt 5.4.2).

Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 5. Auflage 2006, I.D.4.2) kann daher diese Wirkung bei der Bestimmung der objektiv zu lösenden Aufgabe nicht in Betracht gezogen werden.

Eine weitere, insbesonders technische, Wirkung konnte auf entsprechende Rückfrage der Kammer im Verlaufe der mündlichen Verhandlung auch nicht aufgezeigt werden.

6.4 Aufgabe

Hinsichtlich der Formulierung der Aufgabe ausgehend von dem Blechbehälter nach O1/O1' hält die Kammer die Auffassung der Beschwerdeführerin daher für zutreffend, gemäß der, mangels einer auf die Unterscheidungsmerkmale zurückgehenden, nachgewiesenen Wirkung die gegenüber O1/O1' zu lösende Aufgabe lediglich darin gesehen werden kann, eine Alternative zu der bekannten Ausbildung der Riffel des Blechbehälters nach O1/O1' zu schaffen.

6.5 Naheliegen

Die Kammer erachtet betreffend die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit die Auffassung der Beschwerdeführerin als zutreffend, nach der es als naheliegend anzusehen ist, den Blechbehälter nach O1/O1' so auszubilden, dass dessen Riffel entsprechend den Merkmalen e) und g) verlaufen.

Nach Auffassung der Kammer wird der Fachmann beispielsweise dann, wenn aus ästhetischen oder anderweitigen Gründen ausgehend von dem bekannten Blechbehälter nach O1/O1' das durch die Ausbildung der Riffel geprägte bzw. zumindest stark beeinflusste äußere Erscheinungsbild abgewandelt werden soll, in naheliegender Weise die Länge der einander in Umfangsrichtung benachbart zugeordneten Riffel, als eine das Erscheinungsbild der Riffel und damit des gesamten Blechbehälters markante Größe, verändern.

Dafür gibt es eine Vielzahl naheliegender Möglichkeiten. Eine dieser Möglichkeiten besteht darin, dass entsprechend den Merkmalen e) und g) obere und untere Riffel gebildet werden, die sich jeweils im, bezüglich der Schulter, oberen bzw. unteren Bereich der Seitenwand befinden und sich bis in den Bereich der Schulter erstrecken. Diese Ausbildung und Anordnung der Riffel ist ausgehend von der Ausbildung der Riffel nach O1/O1' als naheliegend zu erachten, weil sie lediglich auf einer Kürzung der bekannten Riffeln beruht. Die bekannten, gleich ausgebildeten, Riffeln, die sich im wesentlichen über die gesamte Länge der Seitenwand erstrecken sind nämlich lediglich so zu kürzen, dass sich einander benachbarte Riffel mit ihren, einander zugewandten, Enden, entsprechend dem Merkmal g) in den Bereich der Schulter erstrecken.

Die Beschwerdegegnerin hat im Hinblick auf eine, der obigen Begründung entsprechende, Argumentation in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass selbst dann, wenn der Blechbehälter nach dem Anspruch 1 lediglich als eine, hinsichtlich des äußeren Erscheinungsbildes, Alternative des Blechbehälters nach O1/O1' angesehen werde, das mit dem Anspruch 1 verwirklichte äußere Erscheinungsbild weder durch dasjenige des Blechbehälters nach O1/O1', noch durch irgendeine der anderen Entgegenhaltungen nahegelegt werde, weil diese hierfür keinerlei Anhaltspunkt böten.

Nach Auffassung der Kammer trifft dieses Argument zum einen nicht zu, weil O1/O1' ein Geschmacksmuster für einen Blechbehälter betrifft und in Zusammenhang mit diesem, für den Fachmann unmittelbar ersichtlich, das äußere Erscheinungsbild des Blechbehälters im Vordergrund steht. Dem Fachmann wird durch das Geschmacksmuster O1/O1' geradezu bewusst gemacht, dass die Ausbildung und Anordnung der Riffel auch als Element zur ästhetischen Gestaltung eingesetzt werden kann.

Zum anderen trifft nach Auffassung der Kammer dieses Argument auch aus folgenden Gründen nicht zu.

Wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt, zeigt z.B. O5, die auf dem gleichen technischen Gebiet stapelbarer Behälter liegt wie das Streitpatent (dieses Dokument ist auch als relevanter Stand der Technik im Streitpatent erwähnt), eine solche weitere, naheliegende Ausgestaltung der Riffel. Dabei werden diese, im Schulterbereich, versetzt zu einander angeordnet, so wie es das Merkmal e) erfordert. Eine Abwandlung dieser Gestaltung nach dem Merkmal g)(die oberen und unteren Riffel überlappen sich im Schulterbereich) wird durch die Kammer als eine weitere alternative, aufgrund des Fachwissens bezüglich der Herstellung solcher Riffel in Blechbehältern keine erfinderische Tätigkeit erfordernde, ästhetische Ausgestaltung der Riffel angesehen.

7. Erfinderische Tätigkeit - Ansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen I - III

7.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I (vgl. obigen Abschnitt IV b)) weist gegenüber dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag das zusätzliche Merkmal auf, nach dem

h) wenigstens zwei in Richtung der Riffeln zueinander beabstandete Schultern vorgesehen sind.

Die Ausbildung zweier Schultern ist in der Beschreibung des Streitpatents, betreffend das in den Figuren 1 - 4 dargestellte Ausführungsbeispiel angesprochen (Spalte 2, Zeilen 29 - 36). Dort ist zwar, worauf sich die Beschwerdegegnerin bezog, angegeben, dass aufeinandergestapelte, ungefüllte, Behälter aufeinander ruhen ohne zu Klemmen. Als Ursache hierfür wird jedoch die geneigte Seitenwand genannt; die Ausbildung zweier Schultern wird in diesem Zusammenhang nicht angesprochen.

Nach der Beschwerdegegnerin hat eine Ausbildung zweier Schultern, und damit zweier Auflagebereiche für das Stapeln, die vorteilhafte Wirkung, dass die Stapelbarkeit selbst dann noch gegeben ist, wenn eine der Schultern aufgrund eines Fertigungsfehlers oder unsachgemäßer Behandlung nicht vollständig ausgebildet ist.

Die Beschwerdeführerin ist dieser Auffassung mit dem Argument entgegengetreten, dass die Ausbildung zweier Schultern nur dann zu zwei Auflagebereichen beim Stapeln führe, wenn beide Schultern jeweils in genauem Abstand zueinander in der Seitenwand ausgebildet sind. Abweichungen bezüglich dieses Abstands hätten unmittelbar zur Folge, dass lediglich eine der beiden Schultern als Auflagefläche zum Stapeln zum Einsatz käme.

Die Beschwerdeführerin verwies weiter darauf, dass die Ausbildung zweier Schultern in Blechbehältern der in Rede stehenden Art allgemein bekannt sei, wie sich dies aus O2 (vgl. Anspruch 1 und Figuren 5, 8, 9) oder O3 (vgl. Anspruch 1, Figuren 1 und 4) ergebe.

Nach Auffassung der Kammer ist es ausgehend von dem Blechbehälter nach O1/O1' als nächstkommenden Stand der Technik unter weiterer Berücksichtigung der bspw. aus O2 oder O3 bekannten Ausbildung einer zweiten Schulter naheliegend, bspw. um die äußere Erscheinungsform des Blechbehälters nach O1/O1' weiter zu abzuwandeln (vgl. obigen Abschnitt 6.5) und eine weitere, entsprechend der dort bereits vorhandenen Schulter auszubildende, Schulter vorzusehen.

Dies gilt nach Auffassung der Kammer auch dann, wenn entsprechend der Argumentation der Beschwerdegegnerin davon ausgegangen wird, dass sich durch die Ausbildung einer zweiten Schulter die Wirkung ergibt, dass eine zweite Auflagefläche zum Stapeln gebildet wird.

Da jedoch bezüglich einer derartigen Wirkung der Anspruch 1 keine weiteren strukturellen Merkmale enthält, ist nämlich auch im Hinblick auf die zwei Schultern aufweisenden Blechbehälter nach D2 oder D3 davon auszugehen, dass diese Wirkung gleichfalls eintritt.

Der Vollständigkeit wegen sei angemerkt, dass entsprechendes auch dann gilt, wenn die zweite Schulter zum Zwecke der Erhöhung der Steifigkeit der Seitenwand des Blechbehälters ausgebildet und angeordnet wird, weil sich eine derartige Wirkung entsprechend bei dem Blechbehälter nach D2 oder D3 ergibt.

Der Blechbehälter nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I kann folglich nicht als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend erachtet werden.

7.2 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II (vgl. obigen Abschnitt IV c)) weist gegenüber dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag das zusätzliche Merkmal auf, nach dem

i) quer zur Seitenwand die Tiefe der Riffeln so groß ist wie die Ausdehnung der Schulter.

Betreffend die Wirkung dieses Merkmals verwies die Beschwerdegegnerin auf die Beschreibung des Streitpatents (Spalte 2, Zeilen 1 - 6), nach der durch eine Ausbildung der Riffel entsprechend dem Merkmal i) die durch die Riffeln erzielte Steifigkeit besonders groß sei.

Die Beschwerdeführerin vertrat bezüglich der Ausbildung der Riffel entsprechend dem Merkmal i) die Auffassung, dass es üblich sei die Tiefe der Riffel entsprechend der Ausdehnung der Schulter vorzugeben, wie dies bspw. für den Blechbehälter nach O1' der Musterdarstellung C.1 entnommen werden könne.

Unabhängig davon, ob diese Auffassung der Beschwerde führe rin, ausgehend von dem Offenbarungsgehalt der O1', als zutreffend angesehen werden kann, ist die Kammer der Auffassung, dass das Merkmal i), in Kombination mit den übrigen Merkmalen des Anspruchs 1, nicht zu einem auf erfinderischer Tätigkeit beruhenden Gegenstand führt.

Hinsichtlich der seitens der Beschwerdeführerin herangezogenen, im Streitpatent angesprochenen Wirkung, ist nämlich anzumerken, dass als bekannt vorausgesetzt werden kann, dass die Tiefe, wie auch die - im Anspruch 1 nicht weiter definierte - Querschnittsform der Riffel maßgebliche Kenngrößen für die Steifigkeit der Riffel sind (vgl. obigen Abschnitt 5.4.2 und das Gutachten O16 - vgl. bspw. den Vergleich betreffend Widerstandsmomente gemäß Abschnitt 3.). Dem im Merkmal i) definierten Verhältnis zwischen der Tiefe der Riffel und der Ausdehnung der Schulter kann hingegen eine die Steifigkeit der Riffel erhöhende Wirkung nicht unmittelbar zugeordnet werden, da durch dieses Merkmal die Tiefe der Riffel nur indirekt, über die Ausdehnung der Schulter, definiert wird und letztere im betreffenden Anspruch 1, wie auch dem Streitpatent im übrigen, nicht weiter definiert ist.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II kann folglich nicht als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend angesehen werden.

7.3 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag III

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag III (vgl. obigen Abschnitt IV. d)) weist gegenüber dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag die zusätzlichen Merkmale h) und i) auf.

Da eine synergistische Wirkung der Merkmale h) und i) in Kombination mit den übrigen Merkmalen a) bis g) dieses Anspruchs 1 weder behauptet noch nachgewiesen worden ist, und eine derartige Wirkung auch anderweitig nicht ersichtlich ist, mangelt es dem Blechbehälter nach diesem Anspruch an erfinderischer Tätigkeit aus den im Hinblick auf die Ansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen I und II obenstehend genannten Gründen.

8. Zusammenfassend ist folglich festzustellen, dass keiner der stapelbaren Blechbehälter nach den Ansprüchen 1 sämtlicher Anträge auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.

9. Antrag auf Vorlage einer Rechtsfrage an die Große Beschwerdekammer

9.1 Der Hilfsantrag IV der Beschwerdegegnerin ist darauf gerichtet, die Große Beschwerdekammer mit der Frage zu befassen, "ob die erfinderische Tätigkeit verneint werden darf, wenn hierzu mehr als zwei Druckschriften kombiniert werden und ein Merkmal des Patentanspruchs überhaupt nicht aus dem Stand der Technik bekannt ist".

9.2 Nach Artikel 112(1)a) EPÜ befasst die Beschwerdekammer, bei der ein Verfahren anhängig ist, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung oder wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten, die Große Beschwerdekammer, wenn sie hierzu eine Entscheidung für erforderlich hält.

9.3 Im vorliegenden Fall betrifft die, nach dem Antrag der Beschwerdegegnerin, vorzulegende Frage die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit und dabei den Sachverhalt, der bei dieser Prüfung berücksichtigt werden kann. Die Frage betrifft somit ausschließlich den bei der Prüfung darauf, ob der Gegenstand eines Anspruchs das Erfordernis des Artikels 56 EPÜ erfüllt, zu berücksichtigenden Sachverhalt.

9.4 Die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit erfolgt nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern üblicherweise nach der Methodik des Aufgabe-Lösung-Ansatzes.

Dabei ist zunächst der dem beanspruchten Gegenstand am nächsten kommende Stand der Technik zu ermitteln. Ausgehend von der Wirkung der den Anspruchsgegenstand von dem nächstkommenden Stand der Technik unterscheidenden Merkmale (Unterscheidungsmerkmale) ist festzustellen ob eine und ggf. welche technische Aufgabe durch den Anspruchsgegenstand gelöst wird.

Betreffend die Beurteilung des Naheliegens der beanspruchten Lösung ist neben dem nächstkommenden Stand der Technik ggfs. weiterer Stand der Technik einschließlich des allgemeinen Fachwissens zu berücksichtigen.

Dabei ist in jedem Einzelfall zu prüfen, inwieweit es eine Anregung dafür gibt, weiteren Stand der Technik in Verbindung mit dem nächstkommenden Stand der Technik zu berücksichtigen. Mit dieser Vorgehensweise wird sichergestellt, dass bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit keine rückschauende Betrachtung in dem Sinne erfolgt, dass weiterer Stand der Technik unter Kenntnis des beanspruchten Gegenstandes herangezogen und mit dem nächstkommenden Stand der Technik kombiniert wird.

Die Anzahl der bei der Anwendung des Aufgabe-Lösung-Ansatzes zu berücksichtigenden Druckschriften unterliegt nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern keiner zahlenmäßigen Beschränkung und hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalles ab. Dabei ist, neben der Komplexität des beanspruchten Gegenstandes, bspw. zu berücksichtigen, ob durch diesen eine oder mehrere Aufgaben gelöst werden und ob diese Aufgaben voneinander unabhängig sind. Entsprechendes gilt hinsichtlich der jeweilige Aufgaben lösenden Merkmale des beanspruchten Gegenstandes. Entsprechendes gilt auch hinsichtlich des Standes der Technik, der zum Nachweis des Vorhandenseins alternativer Lösungen herangezogen wird.

9.5 Die seitens der Beschwerdegegnerin gestellte Frage betrifft folglich einen, von den Umständen des vorliegenden Einzelfalles, nämlich der Merkmalskombination des zu beurteilenden Anspruchs 1 und dem zu berücksichtigenden Stand der Technik abhängigen, und damit einen ausschließlich den diesem Verfahren zu Grunde liegenden Sachverhalt betreffenden, Aspekt.

Die vorzulegende Frage kann folglich allein unter Berücksichtigung des diesem Verfahren zugrundeliegenden Sachverhalts beantwortet werden. Sie betrifft folglich, im Gegensatz den im Art. 112(1) EPÜ genannten Voraussetzungen für eine Vorlage, weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung noch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

9.6 Die gilt auch unter Berücksichtigung des in der vorzulegenden Frage angesprochenen Aspekts, nach dem ein Merkmal des betreffenden Anspruchs überhaupt nicht aus dem Stand der Technik bekannt ist.

Die eingangs genannte Anwendung des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes bedingt, dass auch für ein derartiges Merkmal - als Merkmal des betreffenden Anspruchs - festzustellen ist, ob es die behauptete technische Wirkung hat. Davon ausgehend ist, unter Berücksichtigung der, einem derartigen Unterscheidungsmerkmal zuzuordnenden, Aufgabe zu prüfen, inwieweit es, in Kombination mit den übrigen Merkmalen des zu prüfenden Anspruchs, als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend erachtet werden kann.

Ein derartiges Merkmal hat also bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit keine Sonderstellung. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Beurteilung des in Rede stehenden Antrags auf Vorlage.

Ergänzend sei angemerkt, dass es nicht unüblich ist, dass beanspruchte Gegenstände als naheliegend zu erachten sind, obwohl nicht sämtliche Merkmale aus dem zu berücksichtigenden, mehrere Entgegenhaltungen umfassenden, Stand der Technik bekannt sind. Der zu berücksichtigende Fachmann verfügt z.B. auch über fachübliches Wissen und Können.

Aus diesem Grund ist der Antrag auf Vorlage an die Große Beschwerdekammer zurückzuweisen.

9.7 Der Vollständigkeit wegen sei angemerkt, dass der Antrag auf Befassung der Großen Beschwerdekammer auch aus einem weiteren Grund zurückzuweisen ist.

Wie aus dem obenstehenden ersichtlich, basiert die Beurteilung der mangelnden erfinderischen Tätigkeit der Ansprüche 1 sämtlicher Anträge auf der Berücksichtigung des nächstkommenden Standes der Technik gemäß O1/O1', des allgemeinen Fachwissens, sowie etwaig zur jeweiligen Aufgabe auf nur einer weiteren Entgegenhaltung (O2, O3 oder O5). Eine Entscheidung über die seitens der Beschwerdegegnerin gestellte Frage, die die Berücksichtigung von mehr als zwei Entgegenhaltungen betrifft, ist folglich für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungserheblich, so dass es auch in dieser Hinsicht an der Voraussetzung für eine Befassung der Großen Beschwerdekammer gemäß Artikel 112(1) a) EPÜ mangelt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Der Antrag auf Vorlage an die Große Beschwerdekammer wird zurückgewiesen

3. Das Patent wird widerrufen.

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