European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2010:T189407.20100504 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 04 Mai 2010 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1894/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 99101170.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | E04B 1/80 D04H 1/70 |
||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Herstellung einer Dämmstoffplatte aus Mineralfasern und Dämmstoffplatte | ||||||||
Name des Anmelders: | Deutsche Rockwool Mineralwoll GmbH & Co. OHG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Saint Gobain Isover G+H AG Paroc Oy Ab |
||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Neuheit, erfinderische Tätigkeit - bejaht | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Einsprechende OII hat am 19. November 2007 gegen die Zwischenentscheidung vom 19. September 2007, mit der die Einspruchsabteilung das Europäische Patent Nr. 0939173 (auf der Basis der Patentanmeldung EP 99101170.1) in geändertem Umfang aufrechterhalten hat, Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet.
Die Beschwerdebegründung hat die Einsprechende OII (im Folgenden: die Beschwerdeführerin) am 18. Januar 2008 nachgereicht.
II. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 4. Mai 2010 statt, an welcher lediglich die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) teilnahm.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende OII) hat mit Schreiben vom 4. Februar 2010 ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen und der Kammer mitgeteilt, dass sie in der Anhörung nicht vertreten sein werde.
Die Einsprechende OI, dritte beteiligte Partei, hat im Beschwerdeverfahren keine Stellungnahme abgegeben und ist zur mündlichen Verhandlung auch nicht erschienen.
Am Schluss der Verhandlung hat die Kammer ihre Entscheidung verkündet.
III. Anträge
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende OII) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Europäischen Patents Nr. 0939173.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf folgender Grundlage:
- Ansprüche 1 bis 21; während der mündlichen Verhandlung am 4. Mai 2010 eingereicht;
- Beschreibung: Seiten 2 bis 6; während der mündlichen Verhandlung am 4. Mai 2010 eingereicht;
- Figuren 1 bis 3, wie erteilt.
IV. Wortlaut der unabhängigen Ansprüche 1 und 14 sowie des abhängigen Anspruchs 18:
1. "Verfahren zur Herstellung einer große Oberflächen (4) aufweisenden Dämmstoffplatte (1) aus Mineralfasern, bei der die Mineralfasern einen Verlauf rechtwinklig zu den großen Oberflächen (4) haben, bei dem eine vorzugsweise horizontal ausgerichtete Primarvlieslage mit parallel zu den großen Oberflächen ausgerichteten Mineralfasern mäanderförmig derart angeordnet wird, dass die Mineralfasern in parallel zueinander angeordneten Vlieslagenabschnitten angeordnet sind, deren große Oberflächen aneinanderliegend angeordnet und miteinander verbunden werden, wobei die Vlieslagenabschnitte über Endbereiche miteinander verbunden sind, in denen die Mineralfasern nicht rechtwinklig zu den großen Oberflächen (4) ausgerichtet sind, wobei die Mineralfasern in den Endbereichen der Vlieslagenabschnitte, insbesondere nach dem Durchlaufen eines Härteofens zur Bildung eines Faservlieses mit rechtwinklig zu den großen Oberflächen verlaufenden Mineralfasern entfernt werden und wobei das derart ausgebildete Faservlies durch vertikale und/oder horizontale Schnitte in Dämmstoffplatten (1) für Wärmedämmverbundsysteme (8) aufgeschnitten wird."
14. "Dämmstoffplatte für Wärmedämmverbundsysteme (8) mit einem rechtwinklig zu den großen Oberflächen (4) ausgerichteten Faserverlauf, die nach einem Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 13 hergestellt ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Längsachse der Dämmstoffplatte (1) mit der ursprünglichen Produktionsrichtung der Primarvlieslage übereinstimmt, so dass die Längsrichtung der einzelnen Vlieslagenabschnitte im wesentlichen rechtwinklig zur Längsrichtung der eine Schubfestigkeit größer gleich 20 kN/m2 in einer ersten Richtung, vorzugsweise in der Längsrichtung, und eine Schubfestigkeit größer gleich 60 kN/m2 in einer zur ersten Richtung rechtwinklig verlaufenden zweiten Richtung, vorzugsweise quer zur Produktionsrichtung aufweisenden Dämmstoffplatte (1) angeordnet ist."
18. "Dämmstoffplatte nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass auf zumindest einer großen Oberfläche (4) eine Beschichtung (5,6) aufgebracht ist, die vorzugsweise aus Wasserglas-Kunststoff-Füllstoff-Gemischen, Klebemörteln, Kunststoff-Dispersionen oder Kieselsol-Füllstoff-Mischungen besteht."
V. Von den Parteien herangezogenen Dokumente:
El: WO-A- 94/016163
E9: WO-A- 94/016162
E12: US-A- 4 128 678
E18: DE-C- 4 319340
E19: US-A- 4 917 750
E25: Dokument in Finnischer Sprache: "YMPÄRISTÖMINISTERIÖN TYYPPIHYVÄKSYNTÄPÄÄTÖS" mit einem englischsprachigen Dokument D12a: "Type approval decision by the Ministry of the Environment (Finland), issued 01.10.1996";
Mit der Beschwerdebegründung erstmals vorgelegt:
E26: "Research Report No. RAT9588", Technical Research Centre of Finland, 29.12.1989
VI. Die Beschwerdeführerin stützt sich im wesentlichen auf folgende Gründe und Argumente:
Das Verfahren gemäß Anspruch 1:
- umfasse vom Wortlaut her auch Dämmplattenstrukturen, in welchen die rechtwinklig zu den großen Oberflächen ausgerichteten Mineralfasern nicht bis zu den Oberflächen ragen, und sei daher aus E9 oder E19 bekannt und somit nicht neu, bzw.
- beruhe auf keiner erfinderischen Tätigkeit, da das Verfahren in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik herleitbar sei, entweder ausgehend von E9 bzw. E19 zusammen mit den allgemeinen Fachkenntnissen oder in Zusammenschau mit einer der E12 oder E18 zum Weglassen der abgetrennten Oberschichten, oder alternativ durch die Zusammenschau der E18 (durch Aufrauen der Oberfläche erzeugte senkrechte Fasern) mit einer der E1 oder E12 zum alternativen Herstellen der senkrecht ausgerichteten Fasern.
Das Produkt nach Anspruch 14 werde durch die Zusammenschau der E1 oder E18 mit der E25 oder E26 nahegelegt.
VII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) können wie folgt zusammengefasst werden.
Anders als bei E9 oder E19 würden gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 die Außenschichten des Vliesmaterials, welche hauptsächlich horizontal ausgerichtete Abschnitte der Mineralfasern beinhalten, vollkommen abgetrennt und weggelassen, also nicht auf den Kernteil des Vliesmaterials im einem weiteren Verfahrensabschnitt wieder aufgebracht.
Ein Weglassen der abgetrennten Oberflächenschichten würde einen klaren Schritt gegen den Erfindungsgedanke von E9 oder E19 darstellen und werde an sich in keinem der zitierten Dokumente angeregt.
Die in der Argumentation der Beschwerdeführerin relevanten E25 und E26 gehörten nicht zum Stand der Technik nach Artikel 54(2) EPÜ und seien daher zur Frage der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands der Anspruchs 14 nicht zu berücksichtigen. Diesbezüglich sei bestritten, dass die die D12a eine Übersetzung der finnischen E25 darstellen könne, und dass der spät vorgebrachte firmeninterne Testbericht E26 öffentlich zugänglich gewesen sei.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
Gegenüber der erteilten Fassung wurde in den unabhängigen Ansprüchen 1 und 14 durch das Streichen des Begriffs "im wesentlichen" die Einschränkung eingeführt, dass jetzt sämtliche Mineralfasern der Dämmstoffplatte einen rechtwinklig zur großen Oberfläche ausgerichteten Faserverlauf aufweisen müssen.
Gegenüber den Ansprüchen 1 bis 21 des im Einspruchsverfahren geltenden Hilfsantrags II, welcher von der Einspruchsabteilung in ihrer Zwischenentscheidung als gewährbar erachtet wird, wurde in dem während der mündlichen Verhandlung eingereichten Anspruchssatz lediglich der abhängige, inhaltlich dem erteilten Anspruch 19 entsprechende Anspruch 18 geändert. Aus Klarheitsgründen wurde lediglich der Begriff "oder dergleichen" hinsichtlich der Beschichtung gestrichen. Damit wurde die eingangs im erteilten Anspruch 19 enthaltene Variante einer sandwichförmig hergestellten Dämmplatte ausgeschlossen, nämlich eine Dämmplatte bestehend aus einer Primärvlieslage und einer aufgetragenen Beschichtungsschicht, welche durch das Abtrennen einer Vliesschicht vom Vlieslagenmaterial gebildet wurde und hauptsächlich zur Oberfläche der Vlieslage parallel verlaufenden Mineralfasern aufweist.
Aufgrund der im unabhängigen Anspruch 14 vorgenommenen Einschränkung auf Dämmplatten mit ausschließlich rechtwinklig zur Oberfläche gerichteten Mineralfasern war notwendigerweise im abhängigen Anspruch 18 die Definition einer Beschichtung der Primärvlieslage entsprechend anzupassen bzw. klarzustellen (Artikel 84 EPÜ).
Die restlichen Änderungen der Unterlagen des Patents betreffen lediglich die Anpassung an die geänderten Ansprüche.
Es wurden auch von Seite der Einsprechenden OI und OII (Beschwerdeführerin) keine Mängel hinsichtlich Artikel 123(2),(3) EPÜ geltend gemacht.
3. Verfahren nach Anspruch 1
3.1 Ausgangspunkt: E9 oder E19
3.1.1 Neuheit
Das in E9 offenbarte Verfahren zum Herstellen einer Dämmstoffplatte aus Mineralfasern weist folgende Schritte auf:
- eine horizontal ausgerichtete Primärvlieslage mit parallel zu den großen Oberflächen ausgerichteten Mineralfasern wird mäanderförmig geformt, so dass die Mineralfasern in parallel zueinander und rechtwinklig zu den großen Oberflächen ausgerichteten Vlieslagenabschnitten angeordnet sind, welche durch Endbereiche miteinander verbunden sind, in denen die Mineralfasern nicht rechtwinklig zu den großen Oberflächen ausgerichtet sind, und welche durch das Aushärten ("curing") des Materials miteinander verbunden werden (siehe Anspruch 1 sowie Figuren 1, 7 und 9 der D9;),
- dann werden die Mineralfasern in beiden Endbereichen der Vlieslagenabschnitte entfernt (siehe Figur 8), dabei verbleibt eine "zentrale" Faservlieslage, in welcher die Mineralfasern stets rechtwinklig zu den großen Oberflächen verlaufen.
Es gehört zum Erfindungsgedanke der E9, dass dann anschließend die abgetrennten Schichten, welche die nicht rechtwinklig zu den großen Oberflächen ausgerichteten Mineralfaser enthalten, komprimiert und beidseitig auf die zentrale Faservlieslage zurückgeführt und damit verbunden werden; es entsteht dadurch eine dreilagige Sandwich-Struktur des Dämmplattenmaterials.
Das erfindungsgemäße Verfahren unterscheidet sich von dem Stand der Technik gemäß E9 dadurch, dass die Dämmplatte nur rechtwinklig zu den großen Oberflächen verlaufende und daher bis zur Oberfläche ragende Mineralfasern aufweist, in anderen Worten, dass die zwei abgetrennten Schichten auf die zentrale Faservlieslage nicht zurückgeführt, sondern einfach weggelassen werden. Die Dämmstoffplatten werden aus dieser "zentralen" Faservlieslage ausgeschnitten und weisen somit ausschließlich rechtwinklig zu den großen Oberflächen ausgerichtete Mineralfasern auf.
Der gleiche Unterschied gilt übrigens auch beim Vergleich mit dem aus E19 bekannten Verfahren (siehe Figur 10 und Spalte 12, Zeilen 1 bis 22). Gemäß E19 wird eine Oberflächenschicht allerdings nur auf einer einzigen Seite des Faservliesmaterials abgetrennt, komprimiert und zurück auf die Primärvlieslage aufgetragen. Verglichen mit dem aus E9 bekannten Verfahren erweist sich demnach der Stand der Technik nach E19 von geringerer Relevanz.
Das Verfahren ist daher gegenüber E9 und auch E19 neu und erfüllt die Erfordernisse des Artikels 54(1) EPÜ.
3.1.2 Erfinderische Tätigkeit
Ausgehend vom Stand der Technik nach E9 (bzw. E19) hätte der Fachmann keinen Grund haben können, von der Herstellung einer Sandwich-Struktur für die Dämmplatte überhaupt abzuweichen. Im Gegensatz dazu wird nämlich das Wiederhinzufügen der abgetrennten Schicht nach Behandlung (Komprimieren) in E9 sogar als einen wesentlichen Teil des Erfindungsgegenstands dargestellt, siehe insbesondere Anspruch 1.
Auch die von der Beschwerdeführerin herangezogenen Druckschriften E12 und E18 können den Fachmann nicht dazu führen, auf das Wiederauftragen der eingangs getrennten Faservliesschichten gemäß E9 ganz zu verzichten und die Wärmedämmplatten nun ausschließlich aus dem zentralen Faservliesmaterial mit senkrecht zur Oberfläche ausgerichteten Mineralfasern zu schneiden.
Die E12 lehrt das Herstellen von zwei Wärmedämmstoffbahnen, die durch ein mittiges Durchtrennen eines Faservliesmaterials hergestellt werden, so dass in jedem Bahnabschnitt die Ausrichtung der Mineralfasern die gewünschte, und in E12 als wesentlich dargestellte U-Form bekommt (siehe Zusammenfassung und Figuren 1 und 3).
Dieses Verfahren könnte in keiner Weise den Fachmann bewegen, die abgetrennten Schichten in E9 definitiv wegzulassen, zumal die daraus resultierende Orientierung der Mineralfasern dann gerade und rechtwinklig zur großen Oberfläche ausfallen und somit von der angestrebten U-Form abweichen würde.
Der Grundgedanke der E18 besteht darin, druckausgleichende Körper in Vertiefungen an bestimmten Stellen einer Mineralwollebahn einzubringen, um die spätere Befestigung von daraus geformten Dämmplatten durch Andübeln zu verbessern. Eine Lehre zum Weglassen der abgetrennten Schichten in E9, so dass der Fachmann zum beanspruchten Verfahren gelangen würde, ist hier auch nicht ansatzweise zu erkennen.
Ferner führt die in E18 (Spalte 5, Zeile 49 bis Spalte 6, Zeile 6) angesprochene Reibbehandlung bzw. das Aufrauen der Bahnoberfläche lediglich dazu, dass sich die Mineralfasern im Oberflächenbereich aufrichten. Die so erzielte "aufgeraute" Oberfläche kann allerdings mit der Struktur einer abgetrennten und komprimierten obersten Schicht nicht verglichen werden, zumal die von den durch Aufrauen aufgerichteten Fasern bestehende äußere Schicht gemäß E18 ganz offensichtlich nicht die mechanischen Eigenschaften des erfindungsgemäßen Faservlieses haben kann. In diesem Kontext bietet ein Abtrennen/Komprimieren/Zurückführen der äußeren Schicht keine äquivalente Alternative zum alleinigen Aufrauen der Oberfläche einer Faservliesbahn.
3.2 Ausgangspunkt: E18
Wie bereits oben geschildert offenbart das in E18 bekannte Verfahren das Einbringen von Verstärkungselementen in das Dämmmaterial.
Es betrifft weder ein Abtrennen der äußeren Faservliesschichten noch kann dadurch eine Dämmstoffplatte mit senkrecht zur großen Oberfläche ausgerichteten Mineralfasern (im Sinne der Erfindung, also keine aufgeraute Oberfläche) hergestellt werden.
Die E18 kann somit nicht den nächstliegenden Stand der Technik darstellen.
Der Fachmann hätte, unter der abstrakten Annahme, dass er von der E18 ausgehen würde, keinen nachvollziehbaren Grund haben können, die E1 oder E12 heranzuziehen und mit dem Verfahren gemäß E18 in irgendeiner Weise auch noch zu kombinieren, um dann zum beanspruchten Verfahren zu gelangen.
Das Argument, dass der Fachmann die in E18 aufgeraute Oberfläche durch das Weglassen der abgetrennte Schichten gemäß E9 erreicht hätte, beruht auf einer reinen ex-post Betrachtung, denn die unterschiedlichen Herstellungsverfahren sind allein deshalb schon nicht äquivalent, weil sie unstrittiger Weise Oberflächenstrukturen mit ganz unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften bilden.
3.3 Das beanspruchte Verfahren ergibt sich nicht in naheliegender Weise aus dem zitieren Stand der Technik und beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
4. Dämmplatte nach Anspruch 14
4.1 Stand der Technik (Artikel 54(2) EPÜ)
Es wurde von der Beschwerdeführerin nicht ausreichend nachgewiesen, dass das in finnischer Sprache erstellte Prüfungszeugnis E25 dem Stand der Technik gemäß Artikel 54(2) EPÜ angehört, bzw. dass die E12a die englische Übersetzung der E25 darstellt. Zudem wird in E25 lediglich auf einen Wert für die Schubfestigkeit einer Dämmstoffplatte verwiesen; es fehlt jedoch eine Angabe, ob darüber hinaus, bzw. mit welchem technischen Hintergrund, mindestens zwei unterschiedliche Werte für zwei rechtwinklige Richtungen in einer Dämmplatte festgelegt werden können. Somit kann das Heranziehen der E25 ganz offensichtlich nicht zu den kennzeichnenden Merkmalen der beanspruchten Dämmplatte führen.
Die E26 betrifft einen firmeninternen Testbericht und ist per Definition als solcher in der Regel nicht öffentlich zugänglich. Es wurde von der Beschwerdeführerin auch kein Nachweis erbracht, der die öffentliche Zugänglichkeit der E26 belegen hätte können. Von der Beschwerdeführerin wurde zudem nicht nachgewiesen, ob der Bericht E26 mit Nummer RTE30105/98 und der in der Beschwerdebegründung angesprochene Bericht Nummer RAT9588 die gleiche Dämmplatte betreffen, bzw. wieso dann die Berichtnummer nicht identisch sind.
Außerdem belegt ein firmeninterner Testbericht nur die Kenntnisse der Belegschaft eines Unternehmens, aber keineswegs automatisch auch das allgemeine Fachwissen des Fachmannes in einem bestimmten technischen Gebiet.
Letztlich ist auch noch zu berücksichtigen, dass die E26 zu einem sehr späten Stadium in das Beschwerdeverfahren vorgebracht wurde.
Die E25 und die spät vorgebrachte E26 stellen daher keinen Stand der Technik gemäß Artikel 54(2) EPÜ dar und werden daher nicht berücksichtigt.
4.2 Keine naheliegende Lösung
Das kennzeichnende Merkmal, dass:
"die Längsrichtung der einzelnen Vlieslagenabschnitte im wesentlichen rechtwinklig zur Längsrichtung der eine Schubfestigkeit größer gleich 20 kN/m2 in einer ersten Richtung und eine Schubfestigkeit größer gleich 60 kN/m2 in einer zur ersten Richtung rechtwinklig verlaufenden zweiten Richtung aufweisenden Dämmstoffplatte angeordnet ist,"
ist an sich aus keinem im Verfahren genannten Dokument bekannt und gehört auch nicht zu den allgemeinen Fachkenntnissen.
Somit fehlt der Nachweis, auf welcher Basis der Fachmann die Anregung bekommen hätte, die Dämmstoffplatte nach den Vorschriften des Anspruchs 14 zu gestalten.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen, mit der Anordnung, das Europäische Patent Nr. 0939173 auf der Basis:
a) der Ansprüche 1 bis 21, wie in der mündlichen Verhandlung eingereicht;
b) der Beschreibung, Seiten 2 bis 6, wie in der mündlichen Verhandlung eingereicht;
c) der Figuren 1 bis 3, wie erteilt;
aufrechtzuerhalten.