T 1823/07 () of 9.3.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T182307.20100309
Datum der Entscheidung: 09 März 2010
Aktenzeichen: T 1823/07
Anmeldenummer: 01123199.0
IPC-Klasse: F21V 8/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Anordnung von lichtabstrahlenden plattenförmigen Elementen
Name des Anmelders: Koninklijke Philips Electronics N.V.
Name des Einsprechenden: Insta Elektro GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit und erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0978/11

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 31. August 2007, den Einspruch gegen das Europäische Patent No. 1 176 362 gemäß Artikel 102(2) EPÜ 1973 zurückzuweisen.

II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hatte am 18. Oktober 2007 Beschwerde eingelegt und am gleichen Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung war am 4. Dezember 2007 eingegangen.

III. Mit Ladung vom 5. November 2009 zur mündlichen Verhandlung teilte die Beschwerdekammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung in einem Bescheid gemäß Artikel 15(1) VOBK mit. Die mündliche Verhandlung fand am 9. März 2010 unter Anwesenheit aller am Beschwerdeverfahren beteiligten Parteien statt.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

V. Der unabhängige Anspruch 1 (wie erteilt) hat folgenden Wortlaut:

"1. Anordnung von lichtabstrahlenden plattenförmigen Elementen (110) bei der wenigstens einem plattenförmigen Element wenigstens ein Leuchtmittel (150) zugeordnet ist, welches von der Stirnseite her Licht in das plattenförmige Element hinein abstrahlt und dieses Licht als Streulicht über die Fläche der Platte im rechten Winkel zur Einstrahlrichtung abgegeben wird, wobei diese Anordnung wenigstens zwei vorzugsweise mehrere rasterartig in Längs- und Querreihen angeordnete plattenförmige Elemente der genannten Art umfasst, wobei die plattenförmigen Elemente in ein- oder mehrteiligen Profilrahmen (140) gehaltert sind,

dadurch gekennzeichnet, dass als Leuchtmittel wenigstens eine in die Stirnseite des plattenförmigen Elements einstrahlende Anzahl LED´s oder faseroptische Bauelemente vorgesehen sind, wobei die Anordnung selbst eine Raumdecke beziehungsweise Gebäudedecke bildet und wenigstens teilweise im Bereich derjenigen plattenförmigen Elemente (110), bei denen das diesen zugeordnete Leuchtmittel ausgeschaltet ist, für von oberhalb der Anordnung eintretendes natürliches Licht und/oder Kunstlicht durchlässig ist."

VI. Für die vorliegende Entscheidung wurden insbesondere folgende Beweismittel berücksichtigt:

E1 = DE 197 55 658 A

E2 = DE 195 29 737 C

E3 = DE 196 44 875 A

E7 = DE 38 25 436 C

E8 = DE 89 09 067 U.

VII. Die Parteien haben im wesentlichen folgende Argumente

vorgetragen:

VII.1 Neuheit

Die Beschwerdeführerin führte aus, dass im Patent Leuchtstofflampen, LED's, oder andere Leuchtmittel in ihrer Anwendung gleichgestellt seien, so wie aus Absatz [0002],[0014] und [0016] entnehmbar. Genau wie im Patent seien aber auch in E1 zur Kanteneinspeisung des Lichtleiters der Deckenleuchte Lampen, Lichtquellen, oder etwa Leuchtstoffröhren allgemein beschrieben. Somit sei auch in E1 an die Verwendung anderer Leuchtmittel wie LED's gedacht. Da in Spalte 3 der E1 "andere Gebrauchsanordnungen" der Deckenleuchte beschrieben seien, die zudem modulartig erweitert werden können, könne auch in E1 eine Raumdecke in Form einer abgehängten Decke, durchlässig für von oberhalb eintretendes Licht wie etwa in den Figuren 5 und 6 gezeigt, verwirklicht werden. Anspruch 1 sei daher nicht neu gegenüber E1.

Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass das Patent im Gegensatz zur E1 auf die Anwendung von LED's bzw. faseroptische Leuchtmittel eingeschränkt sei. Darüber hinaus bilde die in E1 beschriebene Deckenpendelleuchte bzw. Wandleuchte keine Raumdecke. Und schließlich sei in Spalte 2 der E1 beschrieben, dass die dem Lichtausgang gegenüberliegende Seite lichtundurchlässig, und somit auch nicht für von oberhalb eintretendes Licht durchlässig sei. Daher sei Anspruch 1 bezüglich E1 neu.

VII.2 Erfinderische Tätigkeit

Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass im Patent insbesondere in den Figuren 2 und 4 eine abgehängte Decke beschrieben sei, welche wiederum an der eigentlich tragenden Betondecke befestigt sei. Anspruch 1 des Patents umfasse daher offenbar Raumdecken in Form von abgehängten oder vorgesetzten Decken. Auch E3 beschreibe solche Raumdecken, etwa in Spalte 1, wo explizit "Leuchtdecken" genannt seien. Weiters werden in E3 durch die Lichtleitscheiben der Leuchtdecken zwar lichttote Zonen vermieden bzw. überbrückt, in der Hauptsache werde aber Licht in deren Stirnseite eingeleitet und über deren Flächen mittels Mikrostrukturen, Bedruckung oder dergleichen wieder abgegeben. Darüber hinaus seien die ober- und unterhalb der Lichtleitscheiben vorgesehenen lichtstreuenden Abdeckungen so ausgebildet, dass sie stets beidseitig abstrahlen. Diese Abdeckungen seien somit für oberhalb eintretendes Licht durchlässig. Außerdem müssen die in Anspruch 24 und 25 der E3 beschriebenen Abschlussflächen, also die Abdeckungen, nicht unbedingt Licht brechen, da sie aus transluzenter Folie oder transluzentem Gewebe gefertigt seien. Daher seien die Abdeckungen nur aus optischen und nicht aus lichttechnischen Gründen vorgesehen, und können deshalb entfallen. Somit unterscheide sich Anspruch 1 von E3 lediglich durch die Verwendung von LED's oder faseroptischen Leuchtmitteln. Ausgehend von E3 habe der Fachmann bereits andere Leuchtmittel mit in Betracht bezogen, da in Spalte 1 der E3 ganz allgemein Lampen, "üblicherweise Leuchtstofflampen", beschrieben seien. Hierzu erhalte der Fachmann zunächst aus E2 die Anregung, LED's für flächige Beleuchtungen zu verwenden. Darüber hinaus seien aber auch aus E7 oder E8 kantige Einspeisungen von Licht mittels LED's oder faseroptischen Elementen für flache Leuchten mit sehr geringer Bauhöhe bekannt. Daher sei Anspruch 1 durch die Kombination von E3 mit E2, bzw. mit E7 oder E8, nahegelegt.

Die Beschwerdegegnerin erwiderte, dass die abgehängten Decken in Figur 2 und 4 des Patents nicht mehr unter den erteilten Anspruch 1 fallen, sondern lediglich die Ausführungsform einer Decke nach Figur 6. Das Patent sei sein eigenes Wörterbuch, und wie Absatz [0009] und [0010] zu entnehmen sei, bilden die plattenförmigen Elemente, d.h. die Lichtleitscheiben, selbst die Raumdecke bzw. Gebäudedecke. Im Gegensatz dazu zeige E3 beispielsweise in Bild 10 eine "Leuchtdecke", die nicht nur Lichtleitscheiben, sondern auch oberhalb und unterhalb etwa im Abstand der Dicke einer Leuchtstoffröhre angeordnete lichtstreuende Abdeckungen umfasst. Diese Abdeckungen seien, wie in Spalte 1, letzter Absatz in E3 beschrieben, für die Leuchtdecke der E3 obligatorisch, um gleichmäßige Abstrahlflächen zur Überbrückung der lichttoten Zonen zu bewirken. Da in E3 zusätzlich zur Lichtleitscheibe diese beiden Streuscheiben und noch weitere Abdeckungsstreifen vorgesehen seien, sei eine solche Leuchtdecke im Gegensatz zum Patent auch nicht für Tageslicht von oben durchlässig. E3 führe daher von der Erfindung des Patents weg. Darüber hinaus könne E2 keine Anregung zur Anwendung von LED's bei Lichtleitscheiben liefern, da in E2 das Licht von der gewölbten Scheibe eines Fensterelements reflektiert werde. E7 und E8 seien im Patent als Stand der Technik zitiert und betreffen lediglich aufgeklebte Folien bzw. Beschichtungen zum Lichtaustritt bei Werbeträgern mit Schriftzügen. Solche Werbedisplays seien für eine Lichtauskopplung zur Allgemeinbeleuchtung eines Raumes ungeeignet und können auch nicht als Raumdecke dienen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei somit erfinderisch und ermögliche eine besonders flache Bauweise der beanspruchten Anordnung.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

(Artikel 100 a) EPÜ, siehe Artikel 54 EPÜ)

Nach Ansicht der Kammer ist die in Anspruch 1 genannte "Raumdecke" ein für den Baufachmann klar verständlicher Begriff, welcher entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin keiner weiteren Interpretation unter Zuhilfenahme der Beschreibung des Patents bedarf, und ohneweiters auch abgehängte Decken beschreibt.

Dokument E1 betrifft jedoch eine Leuchte in Form einer Decken- oder Wandleuchte. Selbst bei Verwendung der Leuchte als Deckenleuchte mit mehreren Segmenten, offenbart E1 keine Anordnung von lichtabstrahlenden plattenförmigen Elementen in Form einer Raumdecke, da aus E1 keine flächenhafte Dimensionierung der Leuchte entsprechend den Deckenabmessungen eines Raumes entnehmbar ist, ganz zu schweigen von einer Ausbildung des Leuchtenträgers mit seinem scheibenförmigen Lichtleiter als Gebäudedecke (siehe E1; Spalte 3, Zeilen 3 bis 10; und Figuren). Darüber hinaus entnimmt der Fachmann entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin E1 weder explizit noch implizit die Verwendung von LEDs oder Lichtfasern als Leuchtmittel (siehe E1; Spalte 2, Zeilen 22 bis 28; und Figuren).

Da die dem Lichtausgang gegenüberliegende Breitseite des Lichtleiters lediglich fakultativ lichtundurchlässig sein "kann" (siehe E1; Spalte 2, Zeilen 62 bis 66), sei dahingestellt, ob die Leuchte der E1 nun tatsächlich für von oberhalb eintretendes Licht undurchlässig ist wie von der Beschwerdegegnerin argumentiert, oder nicht. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von der Offenbarung aus E1 aber jedenfalls dadurch, dass die Anordnung der lichtabstrahlenden Elemente eine Raum - oder Gebäudedecke bildet und als Leuchtmittel LEDs oder faseroptische Baulemente vorgesehen sind.

Die Neuheit des Anspruchs 1 in Bezug auf den übrigen im Verfahren befindlichen Stand der Technik wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten, und auch die Kammer hat keinen Anlass, diese anzuzweifeln.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 erfüllt daher die Erfordernisse der Neuheit.

3. Erfinderische Tätigkeit

(Artikel 100 a) EPÜ, siehe Artikel 56 EPÜ)

Die Kammer stimmt mit der Ansicht beider Parteien überein, wonach die Leuchtdecke aus Dokument E3 als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden kann: siehe E3; Zusammenfassung; Spalte 1, Zeilen 1 bis 40; und Bilder 8 bis 10. Die in E3 beschriebene Leuchtdecke ist zwar, wie oben unter Punkt 3 einleitend zur Neuheit ausgeführt, als "Raumdecke" zu verstehen. Die Kammer folgt aber der Auffassung der Beschwerdegegnerin, wonach in E3 die Raumdecke nicht nur durch die Lichtleitscheiben "1" alleine, sondern zudem durch ober- und unterhalb im Abstand der Lichtleitscheiben angeordnete lichtstreuende Abdeckungen "12" gebildet wird. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin können die Abdeckungen "12" in E3 auch nicht entfallen, da eine gleichmäßige Ausleuchtung von lichttoten Zonen mittels Hinterleuchtung der lichtstreuenden Abdeckungen ausdrücklich erwünscht ist: siehe E3; Spalte 1, Zeile 64 bis Spalte 2, Zeile 4; Spalte 2, Zeilen 25 bis 32 und 38 bis 40; Spalte 3, Zeilen 22 bis 27; Spalte 4, Zeilen 11 bis 14 und 27 bis 32; und Figuren. Dieser Umstand steht auch nicht im Widerspruch zu den von der Beschwerdeführerin angesprochenen Ausführungsformen in Anspruch 24 und 25 der E3. Nach Ansicht der Kammer entsprechen die in diesen Ansprüchen genannten "Abschlußflächen" der beanspruchten "Scheibenleuchte", den in der zugehörigen Beschreibung angeführten "lichtstreuenden Abschlußflächen (siehe Spalte 1, Zeile 65), "Abschlußflächen 12" (siehe Spalte 3, Zeilen 36 bis 37), "lichtstreuenden Abdeckungen 12" (siehe Spalte 3, Zeile 23 bis 24), und "lichtstreuenden Flächen 12" (siehe Spalte 4, Zeile 12 und Zeilen 30 bis 31). Demnach weisen auch die Abdeckungen nach den Ansprüchen 24 und 25 aus transluzenter Folie oder transluzentem Gewebe eine vorteilhafte lichtstreuende Wirkung zum gleichmäßigen Ausleuchten der lichttoten Zonen der Leuchtdecke auf und sind daher wieder als Bestandteil der in E3 beschriebenen Leucht- bzw. Raumdecke zu verstehen. Da die Abdeckscheiben "12" in E3 zur Abstrahlung des aus der Lichtscheibe ausgekoppelten Lichts jedenfalls transluzent sind, ist die Leucht- bzw. Raumdecke aus E3 nach Ansicht der Kammer zumindest für Kunstlicht von oben durchlässig. Schließlich beschreibt E3 (siehe Spalte 1, Zeilen 34 bis 35) lediglich beispielhaft Leuchtstofflampen und gibt ansonsten keinen Hinweis auf LEDs oder faseroptische Elemente als Leuchtmittel.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von E3 daher durch eine Anordnung von Lichtleitscheiben in Form von plattenförmigen Elementen, die (bereits ausschließlich) selbst eine Raum- oder Gebäudedecke bildet, und die als Leuchtmittel LEDs oder faseroptische Bauelemente vorsieht.

Ausgehend von E3 kann diesen Merkmalen die Aufgabe zugrunde gelegt werden, die Leucht- bzw. Raumdecke möglichst flach auszubilden.

Die Kammer folgt der Auffassung der Beschwerdegegnerin, wonach der Fachmann weder durch sein Fachwissen, noch durch den ansonsten bekanntgewordenen Stand der Technik angeregt wird, die Leuchtdecke der E3 ohne die in E3 zwingend erforderlichen Abdeckscheiben "12" in Form einer Raumdecke nach Anspruch 1 des Patents auszubilden, um die vorstehende Aufgabe zu lösen.

Der Vollständigkeit halber sei noch angeführt, dass der Fachmann aus dem verfügbaren Stand der Technik auch keinen Hinweis erhält, zur Verminderung der Raumdeckenstärke die Leuchtmittel der E3 beispielsweise durch LEDs zu ersetzen. Dokument E2 (siehe Zusammenfassung; Spalte 2, Zeilen Figuren) würde vom Fachmann nicht in Betracht gezogen werden, da dort die Reflexion von Lichtstrahlen aus Leuchtstoffröhren bzw. Punktlampen an einem gewölbten Flächenelement anstatt der Lichteinleitung in die Stirnseite einer Lichtleitscheibe mit nachfolgender Lichtauskoppelung wie in E3 beschrieben ist. Die Dokumente E7 und E8 (siehe Figuren und Beschreibungseinleitungen) beschreiben zwar LEDs zur Einleitung von Licht in Lichtleitscheiben. Diese Lichtleitscheiben dienen jedoch der Anzeige von Schriftzügen an den Oberflächen von Werbedisplays, liegen somit von der Problematik der Raumbeleuchtung mittels Lichtleitscheiben aus E3 weiter ab, und würden daher vom Fachmann zur Lösung der vorstehenden Aufgabe ebenfalls nicht in Betracht gezogen werden.

Durch die lediglich als in Profilrahmen gehalterten plattenförmigen Lichtleitscheiben ausgebildete Raumdecke (bzw. Gebäudedecke) und die Verwendung von LED's oder faseroptischen Elementen mit geringer Einbauhöhe wird beim Patent eine besonders flache Bauweise der beanspruchten Anordnung ermöglicht.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 erfüllt daher die Erfordernisse der erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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