European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2011:T181007.20110804 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 04 August 2011 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1810/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01118167.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06F 11/26 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zum Testen einer programmgesteuerten Einheit durch eine externe Testvorrichtung | ||||||||
Name des Anmelders: | Infineon Technologies AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - ja Aktenzeichen: T 1810/07 - 3.5.06 ENTSCHEIDUNG der Technischen Beschwerdekammer 3.5.06 vom 4. August 2011 Beschwerdeführer: Infineon Technologies AG Am Campeon 1-12 D-85579 Neubiberg (DE) Vertreter: Angefochtene Entscheidung: Entscheidung der Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts, die am 12. Juni 2007 zur Post gegeben wurde und mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 01118167.4 aufgrund des Artikels 97 (1) EPÜ 1973 zurückgewiesen worden ist. Zusammensetzung der Kammer: |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, verkündet in der mündlichen Ver hand lung vom 25. April 2007 und zugestellt mit Schreiben vom 12. Juni 2007, die europäische Patentanmeldung 01 118 167.4 zurückzuweisen.
II. Die Entscheidung kommt insbesondere zu dem Ergebnis, dass gegenüber dem Dokument
D1: US 5 519 715 A
die beanspruchte Erfindung gemäß Hauptantrag nicht neu sei und gemäß Hilfsantrag keine erfinderische Tätigkeit aufweise. In einem mit "Zusätzliche Bemerkungen" be zeich neten Abschnitt wird zudem festgestellt, dass die unabhängigen Ansprüche beider Anträge nicht klar seien.
III. Am 22. August 2007 wurde gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt und die Beschwerdebegründung einge reicht. Am selben Tag wurde die Beschwerdegebühr ent rich tet. Es wurde beantragt, die Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf Basis des zu diesem Zeitpunkt anhängigen Hauptantrags zu erteilen.
IV. Mit Ladung zur mündlichen Verhandlung teilte die Beschwerde kammer ihre vorläufige Meinung mit, dergemäß sie zwar den Klarheitseinwand nicht teilte, im übrigen die Entscheidung aber voraussichtlich zu bestätigen sei.
V. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung am 4. August 2011 reichte die Beschwerdeführerin neue Ansprüche 1-20 ein und beantragte einzig die Erteilung eines Patents auf Basis dieser Ansprüche.
VI. Anspruch 1 lautet wie folgt:
"Verfahren zum Testen eines Mikrocontrollers durch eine externe Testvorrichtung, wobei die externe Testvorrichtung in dem Mikrocontroller ein das Testen des Mikrocontrollers veranlassendes, durchführendes oder unterstützendes Programm zur Ausführung bringt, wobei die externe Testvorrichtung und das Programm miteinander kommunizieren (S4, S5, S7), das Testen einen Test eines A/D Wandlers, einen Test eines CAN Controllers oder einen Test eines Powermanagements umfaßt, wobei die Kommunikation über bestimmte Ein- und/oder Ausgabeanschlüsse des Mikrocontrollers erfolgt, und dass das Programm zumindest zu den Zeiten, zu welchen es zur Entgegennahme von Daten bereit ist, die Ein- und/oder Ausgabeanschlüsse, über welche ihr Daten zugeführt werden können, wiederholt abfragt (S9), um diesen zugeführte Daten entgegenzunehmen, wobei die externe Testvorrichtung durch dem Mikrocontroller zugeführte Daten den Ablauf des Programms steuert (S5), wobei durch die Steuerung des Ablaufs des Programms bestimmt wird, welche Tests das Programm veranlasst, durchführt oder unterstützt, wobei in den Mikrocontroller integrierte spezielle, durch das Programm aktivierbare Module integriert sind, die einen Testablauf beschleunigen oder unterstützen."
VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig (vgl. Punkte I und III).
Artikel 123 (2) EPÜ
2. Ansprüche 1-20 erfüllen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
2.1 Anspruch 1 stützt sich auf die ursprünglichen Ansprüche 1, 8-9 und 17-18, sowie die Beschreibung auf Seite 1, 3. Absatz, Seite 10, letzte Zeile - Seite 11, Zeile 6, und Seite 13, Zeilen 11-15, wobei der Begriff der "programm gesteuerten Einheit" entsprechend Seite 1, Zeilen 11-14, durch "Mikrocontroller" ersetzt und der Bezug auf "Tests oder Operationen" auf "Tests" beschränkt wurde.
2.2 In den abhängigen Ansprüchen wurden die Beschränkungen des Anspruchs 1 auf "Mikrocontroller" und "Tests" mutatis mutandis nachvoll zogen. Angesehen davon ent sprechen die abhängigen An sprüche 2-15, 17-18 und 20 den ur sprüng lichen Ansprüchen 2-7, 11-16, 19, 20, 22, 23, und 25, während sich Ansprüche 16 und 19 auf die ur sprüng lichen Ansprüche 21 und 22 stützen in Verbindung mit der Beschreibung auf Seite 9, Zeilen 1-13, bzw. Seite 13, Zeilen 11-20.
Die Erfindung
3. Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Testen einer programmgesteuerten Einheit, demgemäß eine externe Testvor richtung ein Testprogramm in der programm gesteu erten Einheit zur Ausführung bringt und seinen Ablauf steuert. Dieses Verfahren wird in der Beschrei bung als Software-Implemented-Self-Test (SIST) bezeichnet (S. 5, Zn. 15-16), im Unterschied zum als Built-In-Self-Test (BIST) bekannten Verfahren, demgemäß für den Selbsttest zusätz liche Hardwarekomponenten vorgesehen sind (vgl. S. 2, Z. 24 - S. 3, Z. 12). Anspruchsgemäß bezieht sich die Er fin dung auf das Testen eines Mikrocontrollers und seiner Komponenten, insbeson dere eines A/D-Wandlers, eines CAN Controllers oder eines Powermanagements.
Artikel 84 EPÜ 1973
4. Gemäß Anspruch 1 ist das Programm so beschaffen, dass es "das Testen des Mikrocontrollers veranlass[t], durch führ[t] oder unterstütz[t]". Weiter anspruchsgemäß bringt die externe Testvor richtung dieses Programm "zur Ausführung" und steuert seinen Ab lauf (Anspruch 1, Zeilen 3-4 und 12-14).
4.1 Die Prüfungsabteilung ist der Meinung, dass Anspruch 1 nur widerspruchsfrei zu interpretieren sei, wenn dieser auf die Möglichkeit beschränkt würde, dass das Programm das Testen tatsächlich selbst durchführt, und nicht etwa nur veranlasst oder unterstützt. Die Prüfungsabteilung meint weiter, dass in diesem Fall das Testen nur durch das Programm und nicht, wie im Oberbegriff dargestellt, durch die externe Testvorrichtung durchgeführt würde. Aus beiden Gründen sei Anspruch 1 unklar (Entscheidung, Punkte 5-5.3).
4.2 Die Kammer teilt diese Einschätzung nicht.
In der Beschreibung wird explizit dargestellt, dass das Programm "einen oder mehrere Tests" entweder "durchführt oder ver anlasst". Es wird auch offenbart, dass es ggfs. "Daten und Parameter" bereitstellt, die bei dem jewei ligen Test oder der je wei ligen Operation verwendet wer den sollen (S. 7, Zn. 10-16 und S. 10, Zn. 27-37). Die Kammer meint, dass mit einer solchen Bereit stellung von Daten das Testen anspruchsgemäß unterstützt wird.
Daten, anhand derer das Programm einen Test auswählt, beeinflussen allein schon durch diese Auswahl den Pro grammablauf, und zwar unabhängig davon, ob das Programm selbst diesen Test nun nur veranlasst, selbst durchführt oder durch die Übergabe von Daten und Parametern beein flusst bzw. unterstützt.
Die externe Testvorrichtung wiederum mag die Tests nicht unmittelbar selbst durchführen, aber es löst ihre Aus füh rung doch wenigstens aus: Unter diesen Umständen er scheint es der Kammer legitim und widerspruchsfrei mög lich zu sein, von einem "Verfahren zum Testen ... durch die externe Testvorrichtung" zu sprechen.
4.3 Die Kammer hat auch sonst keine Zweifel daran, dass Anspruch 1 im Sinne von Artikel 84 EPÜ 1973 klar ist.
Nächstliegender Stand der Technik
5. Dokument D1, das übereinstimmend als das nächstliegende Dokument aus dem vorliegenden Stand der Technik ange sehen wird, offenbart ein Verfahren, nach dem ein Test programm von einer externen Testvorrichtung in einen zu testenden Mikroprozessor geladen und dort zur Aus führung gebracht wird (vgl. Zusammenfassung). Dieses Verfahren kann nach Ansicht der Kammer als Software-Implemented-Self-Test im Sinne der Anmeldung bezeichnet werden.
5.1 D1 offenbart, dass die externe Testvorrichtung (vgl. Abb. 1a und 4a) und der Mikroprozessor in beide Rich tungen Daten miteinander austauschen (z. B. Sp. 3, Zn. 45-48; Sp. 13, Zn. 31-38; Sp. 14, Zn. 18-23 und 51-55). Dieser Austausch erfolgt bevor zugt über eine sogenannte JTAG-Schnittstelle gemäß dem Standard IEEE 1149.1 nach dem sogenannten Boundary-Scan-Verfahren (vgl. Sp. 14, Zn. 56 ff., und Abb. 9B). Dabei wird zunächst der Systemtakt des Mikroprozessors deaktiviert und damit die Ausführung des Testprogramms unterbrochen. Dann werden die Daten Zug um Zug durch die externe Testvorrichtung an den Mikro prozessoranschlüssen bereitgestellt. Schließlich wird der Systemtakt des Mikroprozessors reaktiviert, und damit das Programm wieder gestartet, dem nun die Daten zur Verfügung stehen.
5.2 Die Beschwerdeführerin führt aus, dass die externe Test vorrichtung nach D1 nur mit dem Prozessor, nicht jedoch mit dem Programm kommunizieren würde, und dass sie nicht den Pro grammablauf in dem Sinne steuern würde, dass sie die Reihenfolge, in der Pro grammbe fehle abgearbeitet werden, beeinflussen würde (Beschwerde be grün dung, Punkte 2.1.1 und 2.1.2). Die Kammer meint hingegen, dass der beschriebene Vorgang als Datenaus tausch zwi schen der externen Testvorrichtung und dem Pro gramm gel ten muss, was die Beschreibung bestätigt, in dem sie von einer In ter aktion zwischen dem Benutzer und dem Pro gramm spricht (D1, Sp. 2, Zn. 23-26; Sp. 6, Zn. 36-39). Des Wei te ren stellt D1 ausdrücklich fest, dass mit dem be schrie benen Verfah ren die Ausführung des Programms ge steuert werden solle (Sp. 1, Z. 7-10), was bei fach ge rechter Lesart ein schließt, dass der Kontrollfluss des Programms beein flusst wird.
5.3 D1 offenbart, dass die Ausführung des Programms über wacht wird, damit so ggfs. verschiedene festgelegte Maß nahmen ("predefined actions"; s. Sp. 13, Zn. 63-65) er griffen werden können. Welcher Art diese Maßnahmen im Einzelnen sein können, wird nicht offenbart. Die Kammer stimmt mit der Beschwer deführerin darin überein, dass damit nicht offenbart ist, dass das Programm einen von mehreren möglichen Tests zur Ausführung auswählen würde.
Artikel 56 EPÜ 1973
6. Anspruch 1 unterscheidet sich somit von D1 durch die folgenden Merkmale:
a) Der Gegenstand des Testverfahrens sind ein Mikro con troller sowie ein A/D-Wandler, ein CAN-Con troller oder ein Powermanagement, während D1 nur das Testen eines Mikroprozessors offenbart.
b) Die Ablaufsteuerung des Programms durch die externe Testvorrichtung umfasst die Bestimmung, welche Tests das Programm veranlasst, durchführt oder unterstützt.
c) In den Mikrocontroller sind "spezielle, durch das Programm aktivierbare Module" integriert, die eine Testablauf beschleunigen oder unterstützen.
d) Wenn das Programm zur Entgegennahme von Daten be reit ist, fragt es diejenigen "Ein- und/oder Aus gabe an schlüsse, über welche ihr Daten zugeführt werden können", wiederholt ab.
Ad Merkmal a)
7. Mikroprozessoren und Mikrocontroller sind eng verwandte elektronische Bau steine und werden von der Beschreibung auch als sol che aufgeführt (S. 1, Zn. 9-12). Die Kammer sieht es als fach üblich an, dass beide mit ähnlichen Ver fahren ge tes tet werden, und die Beschreibung bestä tigt dies, indem sie als bekannt offenbart, dass sich BIST für den Test einer "programmgesteuerten Einheit oder eines sonstigen Bausteins" eignet (S. 2, Zn. 24-30). Daher wäre es für den Fachmann nahe liegend, ein neues, für Mikropro zesso ren offenbartes Testverfahren wie das aus D1 auch auf Mikrocontroller anzuwenden sowie dessen Komponenten. Dabei sind die spezifisch aufgezähl ten Kom ponenten (A/D-Wandler, CAN Controller, Power manage ment) per se wohl bekannt, wie auch der Beschwerde führer in der mündlichen Verhandlung nicht bestritt, und Anspruch 1 offenbart keine spezifisch für eine dieser Kom ponenten angepassten Testschritte.
Ad Merkmal b)
8. Die Beschreibung stellt als bekannt dar, dass es BIST-Module gebe, die "eine, mehrere oder alle Kom ponenten" tes ten könnten (S. 2, Zn. 24-30). Es liegt nach Ein schätzung der Kammer schon aus diesem Grunde un mittelbar nahe, diese Möglichkeiten auch in software ge steuerten Selbsttest vor richtungen (SIST) wie der aus D1 bekannten vorzusehen.
8.1 Aber auch D1 enthält nach Ansicht der Kammer einen Hin weis auf das Merkmal b: D1 diskutiert ein bekanntes Super SPARC-Testsystem, demgemäß der Benutzer aus ver schie de nen Testprogrammen auswählen kann und offenbart, dass die Erfindung die Funktionalität dieses Testsystems er halten solle (Sp. 2, Zn. 1-4 und 16-19). Somit liegt für den Fachmann un mittel bar nahe, auch erfin dungs gemäß eine solche Wahl mög lichkeit vorzusehen. Aus ge hend davon ist es denkbar, dass für jede Komponente ein eigen stän di ges Testprogramm vorliegt, das jeweils separat vom Benutzer zu laden ist. Wenn jedoch regel mäßig mehrere Tests nacheinander auszu füh ren sind, ist dieses Vorgehen offenbar unbefriedigend, und der Fach mann würde daher das gleichzeitige Laden meh re rer Ein zel tests im Rahmen eines einzigen Test pro gramms vorsehen, ohne dabei erfin derisch tätig zu werden.
8.2 Gemäß D1 muss der Benutzer entscheiden, welche Test programme wann und in welcher Reihenfolge in den Mikro pro zessor zu laden und auszuführen sind. Es ist eine Viel zahl von Möglichkeiten denkbar, wie der Benutzer die se Entscheidungen trifft: Es mag bspw. nötig sein, einen Test mehrfach mit unterschiedlichen Test daten zu wiederholen, einen Test erst und nur dann zu beginnen, wenn der vorangehende vollständig und erfolg reich abge schlossen wurde, oder einen Test nur dann durch zuführen, wenn ein vorangehender Test Probleme festgestellt hat, die einen weiteren Test notwendig machen. Derartige Ent scheidungen würde der Fachmann je nach Umständen rou ti ne mäßig treffen. Diese Tätigkeit des Fachmanns nun da durch zu erleichtern, dass er die Testauswahl mittels der externen Testvorrichtung steuern kann, wäre im Rah men eines softwaregestützten Systems wie dem aus D1 nahe liegend, zumal die notwendige technische Infra struk tur für eine solche Kommunikation zwischen der Test vor richtung und dem Programm in D1 schon vorliegt und un verän dert eingesetzt werden kann.
Ad Merkmal c)
9. Es ist bekannt, in den zu testenden Bau steinen spezia li sier te Test-Komponenten vorzusehen, so genannte BIST-Module, die von der externen Testvor rich tung akti vier bar sind (vgl. Beschr., S. 2, Z. 24 - S. 3, Z. 12). Wenn gleich solche Module nur auf wändig geändert werden können (vgl. Beschr., S. 3, Zn. 8-12), so ist ihre Spe zi a li sierung und einfache Hand habung ein Vorteil, so lange solche Änderungen nicht nötig sind. Die Kammer ist der Meinung, dass der Fach mann versuchen würde, die Flexi bilität des software im ple mentierten Selbsttests mit Vor teilen des bekannten BIST-Verfahrens zu kombinieren und hält es daher für naheliegend, das System aus D1 durch Module wie bean sprucht zu ergänzen.
Ad Merkmal d)
10. Gemäß D1 ist es eine Aufgabe der externen Testvor rich tung, den Status des ablaufenden Test pro gramms zu über wachen. Das ist dann der Fall, wenn ein Erfolgsstatus ("pass or fails status") erzeugt werden muss, oder wenn es nötig ist, Zwischenergebnisse ("in ter mediate data") mit dem Programm auszutauschen (Sp. 13, Z. 31-36). D1 offenbart zunächst, dass die se Überwachung vorzugsweise über die JTAG-Schnitt stelle erfolgen soll (Sp. 13, Zn. 36-38), also mittels des Boundary-Scan-Verfahrens.
10.1 D1 offenbart weiter, dass in manchen Fällen eine Unter bre chung des Programms nicht er for der lich ist, ohne aller dings auszuführen, um welche Fälle es sich dabei im Einzelnen handelt (vgl. Sp. 13, Zn. 34-42). Es wird aber aus drück lich betont, dass die Datenüber tra gung von der ex ternen Testvorrichtung zum Mikroprozessor aus schließ lich wie beschrieben über die JTAG-Schnitt stelle erfolgt (Sp. 13, Zn 42-45; sowie Sp. 3, Zn. 49-57, und Sp. 15, Zn. 56 ff.).
10.2 Demgegenüber dient das wiederholte, aktive Abfragen der Ein- und Ausgabe an schlüsse des Mikrocontrollers dazu, die Übertragung von Daten an den Mikrocontroller und das Testprogramm, und damit auch den Ablauf des Test pro gramms selbst zu beschleunigen.
10.3 Die Kammer stimmt der Prüfungsabteilung darin zu dass die wiederholte aktive Abfrage von Pins (Polling) per se ein Standardverfahren der Rechnerkommunikation ist, wie sie es im Bescheid vom 3. November 2005 zum Ausdruck gebracht hat (Punkt 4.3). Daraus allein kann jedoch auf einen Mangel an erfinderischer Tätigkeit nicht ge schlossen werden. Im vorliegenden Fall ist zu ent schei den, ob der Fachmann bei umfassender Würdigung von D1 einen Anlass gehabt hätte, ein Polling der Pins durch das Programm vorzusehen.
10.4 D1 betont die Verwendung der JTAG-Schnittstelle für die Datenübertragung zum Mikroprozessor mehrfach. Das Pro gramm ist während der Datenübertragung deakti viert, und wenn es anschließend reaktiviert wird, stehen die Daten dem Programm direkt im Register oder im Cache zur Ver fügung (vgl. Sp. 15, Zn. 13-23). Es ist in diesem Zu sammen hang somit weder notwendig noch naheliegend, dass das Pro gramm die Ein- und Ausgabeanschlüsse (Pins) des Mikro prozessors aktiv und wiederholt abfragt.
10.5 Die Kammer ist daher der Meinung, dass es ausgehend von der Lehre aus D1 für den Fachmann nicht nahegelegen hätte, zur Lösung des oben genannten Problems das System aus D1 so zu verändern, dass das Testprogramm die Ein- und Ausgabeanschlüsse aktiv und wiederholt abfragt. Dementsprechend kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass Anspruch 1 gegenüber D1 nicht offensichtlich ist und somit die Erfordernisse der Artikels 56 EPÜ 1973 erfüllt.
Allgemeines
11. Angesichts der zahlreichen Änderungen im Anspruchs wort laut und der oben genannten Unterschiede gegenüber D1 hält es die Kammer für angemessen, dass Anspruch 1 nicht in der von Regel 29 (1) EPÜ 1973 empfohlenen zwei tei ligen Form abgefasst ist, wenn im Gegenzug dazu das Dokument D1 eingehend in der Beschreibung gewürdigt wird. Als geeignete Basis für diese Ergänzung sieht die Kammer die Würdigung der D1 an, die die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 4. Juli 2011 eingereicht hat (vgl. Absatz zwischen Seiten 2 und 3).
12. Darüber hinaus machen die neuen Ansprüche eine Anpassung der Beschreibung an vielen Stellen notwendig. Nur beispielhaft sei auf die ersten zwei Absätze der Seite 1 und auf den vierten Absatz auf Seite 3 hingewiesen. Daher übt die Kammer das ihr durch Artikel 111 (1) EPÜ 1973 zugewiesene Ermessen insoweit dahingehend aus, die Anmeldung an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, ein europäisches Patent mit den An sprüchen 1-20 vom 4. August 2011 und einer noch anzu passen den Beschreibung zu erteilen.