T 1760/07 () of 23.11.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T176007.20091123
Datum der Entscheidung: 23 November 2009
Aktenzeichen: T 1760/07
Anmeldenummer: 98114890.1
IPC-Klasse: G01N 21/61
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Einrichtung zur Unterdrückung der Querempfindlichkeit bei NDIR-Fotometern
Name des Anmelders: Hartmann & Braun GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit: bejaht
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 98 114 890.1 (Veröffentlichungsnummer EP 0 898 164 A1) wurde von der Prüfungsabteilung zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin (Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt.

II. Die Zurückweisung wurde von der Prüfungsabteilung damit begründet, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 in der ihr vorliegender Fassung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Der Entscheidung ging ein Bescheid voraus, in dem auf folgende Druckschriften Bezug genommen wurde:

D1: FR-A-2 418 460

D2: EP-A-0 584 897

III. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, ein Patent auf der Grundlage der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Fassung von 3 Ansprüchen zu erteilen. Ihre Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Messgaskomponente N2O beziehe ihre wachsende Relevanz aus der Tatsache, dass sie klimaschädliche Einflüsse erzeuge und somit stark in der Diskussion der zu überwachenden Gase stehe. Die starke CO2-Querempfindlichkeit schränke die NDIR-Messtechnik jedoch zur ausreichend empfindlichen Erfassung dieser Komponente ganz erheblich ein. Filterungen mit Interferenz- oder Gasfiltern hätten bisher zu keiner relevanten Verbesserung geführt. Die vorliegende Anmeldung ziele auf die Unterdrückung dieser CO2- Querempfindlichkeit ab. Basis des anmeldeten Gegenstands bzw. Verfahrens sei die auch für den Fachmann überraschende Erkenntnis, dass die Lage einer Rotationslinie von **(13)CO2 genau mit einer Rotationslinie von N2O überlappe. Dies gezielt zu nutzen sei aus der Literatur nicht bekannt.

Aus dem Stand der Technik sei eine entsprechende positive Filterung mit natürlichem CO2 bekannt. Diese Maßnahme bringe jedoch keine Verbesserung, da **(13)CO2 nur mit ca. 1% des natürlichen CO2-Gehaltes vorliege.

Erst mit der erfindungsgemäßen Maßnahme der Realisierung einer 100% mit **(13)CO2 gefüllten Filterküvette stelle sich der überraschende Erfolg ein. Im Gegensatz zum Dokument D1 werde hier mit dem Isotop des Störgases gefiltert.

Dies erfolge im anmeldegemäßen Verfahren so, dass die Messung von N2O mit Positivfilterung mit einem vom Störgas (natürliches CO2) abweichenden Ersatzgas

(**(13)CO2), nämlich das Isotop des Störgases erfolge.

In D2 seien **(12)CO2 bzw. **(13)CO2 selbst die Messgase. Die verbleibende **(12)CO2-Querempfindlichkeit auf **(13)CO2 werde mit einer **(12)CO2-befüllten Filterküvette kompensiert, also nicht mit einem Ersatzgas.

Der Fachmann könne somit mit dem Stand der Technik nicht auf die zufällige genaue Koinzidenz von einer Rotationslinie der Messkomponente mit dem Isotop der Störkomponente schließen. Aus dem genannten Stand der Technik erhalte er diesbezüglich keine Anregung.

In D1 werde offenbart, dass das Störgas (H2O) durch ein Ersatzgas (SF6) ersetzt werde, weil H2O nicht stabil in einer Filterküvette verbleibe. Hier werde nicht auf Isotopengase, insbesondere nicht auf das Isotop des Störgases Bezug genommen. In D1 werde dabei die bekannte Gasfiltertechnik mit einer vom Störgas (H2O) abweichenden Komponente (SF6) offenbart.

Es ergebe sich, dass selbst eine unmotivierte willkürliche Kombination von D1 und D2 nicht zum anmeldegemäßen Gegenstand führe.

IV. Die Ansprüche, die dieser Entscheidung zu Grunde liegen, lauten folgendermaßen:

1. Verfahren zur Messung einer Messgaskomponente X mit Hilfe des nichtdispersiven Infrarot-Spektroskopieverfahrens, bei welchem zwischen Messküvette und Detektor ein Filter bzw. eine Filterküvette angeordnet wird, wobei dort der querempfindliche Signalanteil zu einer Störgaskomponente Y durch Positivfilterung reduziert wird, und wobei der Filter bzw. die Filterküvette zur Positivfilterung überwiegend mit einem vom Störgas abweichenden Ersatzgas befüllt wird,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Messgaskomponente N2O ist und das Ersatzgas nahezu zu 100 % aus 13CO2 besteht.

2. Verfahren zur Messung einer Messgaskomponente X, nach Anspruch 1,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Filterküvette mit einer weiteren Gaskomponente gefüllt wird.

3. Einrichtung zur Messung einer Messgaskomponente nach dem NDIR-Verfahren mit einer Strahlungsquelle, einer das Messgas enthaltenden Messküvette, einem Filter bzw. einer Filterküvette, und einem optopneumatischen Detektor, wobei durch den Filter bzw. die Filterküvette der Querempfindlichkeitssignalanteil zu einer Störgaskomponente durch Positivfilterung reduzierbar ist, und der Filter bzw. die Filterküvette überwiegend mit einem vom Störgas abweichenden Ersatzgas befüllt ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Messgaskomponente N2O ist und das Ersatzgas nahezu zu 100 % aus 13CO2 besteht.

Entscheidungsgründe

1. Artikel 84 und 123(2) EPÜ 1973

Die unabhängigen Ansprüche 1 und 3 betreffen Kombinationen ursprünglicher Ansprüche. Sie sind außerdem von Unklarheiten bzw. unzulässigen Erweiterungen befreit worden, die von der Prüfungsabteilung in ihrer Entscheidung unter Punkt 7 festgestellt wurden. Die Kammer bezweifelt nicht, dass diese Ansprüche formal zulässig sind.

2. Artikel 54(1) und (2) EPÜ 1973

Die Kammer schließt sich außerdem der Prüfungsabteilung in ihrem Befund an, dass die beanspruchten Gegenstände neu sind.

3. Artikel 56 EPÜ 1973

3.1 Die Druckschrift D1 beruht wie die Anmeldung auf einer Ersatzgastechnik, während in D2 das Störgas auch als Filtergas dient. Geht man daher von D1 als nächstliegendem Stand der Technik aus, offenbart diese Druckschrift (siehe insbesondere die Figur 1 mit sie erläuternder Beschreibung) entsprechend der Terminologie im Oberbegriff des vorliegenden Anspruchs 1 - in D1 verwendete Bezugszeichen bzw. Komponenten sind jeweils in Klammern hinzugefügt - ein Verfahren zur Messung einer Messgaskomponente X (CO) mit Hilfe des nichtdispersiven Infrarot-Spektroskopieverfahrens, bei welchem zwischen Messküvette (3) und Detektor (5) eine Filterküvette (4) angeordnet wird, wobei dort der querempfindliche Signalanteil zu einer Störgaskomponente Y (H2O) durch Positivfilterung reduziert wird, wobei die Filterküvette (4) zur Positivfilterung überwiegend mit einem vom Störgas (H2O) abweichenden Ersatzgas (SF6) befüllt wird.

3.2 Das Verfahren gemäß dem Anspruch unterscheidet sich demnach von dem aus D1 bekannten gemäß dem kennzeichnenden Teil des vorliegenden Anspruchs 1 dadurch, dass die Messgaskomponente N2O ist und das Ersatzgas nahezu zu 100% aus **(13)CO2 besteht.

3.3 Mit den unterscheidenden Merkmalen wird die objektive Aufgabe gelöst, bei der Messung von N2O die Querempfindlichkeit durch das Störgas CO2 zu verbessern. Die Lösung beruht auf der Erkenntnis, dass bei der Messung von N2O nicht das in natürlichem CO2 zu 99% vorkommende **(12)CO2 für die Querempfindlichkeit verantwortlich ist, sondern das nur zu 1% enthaltene **(13)CO2. Das liegt daran, dass, wie in der vorliegenden Anmeldung, siehe Seite 3, Zeilen 18 bis 31, ausgeführt ist, nur **(13)CO2 mit N2O einen überlappenden Bereich von Absorptionsbanden aufweist, nicht aber **(12)CO2. Daher wird die Filterküvette für den Positivfilter mit nahezu 100% **(13)CO2 befüllt, um die von diesem Isotop herrührende Querempfindlichkeit zu unterdrücken.

3.4 D1 selbst gab keinen Hinweis auf die beanspruchte Lösung. Bei der in D1 noch beschriebenen Alternative geht es darum, eine zusätzliche Störkomponente, nämlich CO2 als Verursacher einer Querempfindlichkeit zu dem untersuchten CO, auszuschalten, was in üblicher Weise mit einer CO2 enthaltenden Filterküvette erfolgt. Eine Differenzierung nach den verschiedenen Kohlenstoffisotopen im CO2 wird in D1 nicht vorgenommen.

3.5 In D2, siehe Figur 3 mit zugehöriger Beschreibung, ist ein Verfahren zur Messung der Isotopenanteile **(12)CO2 und **(13)CO2 des Messgases CO2 mittels nichtdispersiver Infrarotspektroskopie beschrieben, bei dem in dem Kanal zur Bestimmung des Anteils von **(12)CO2 zur Unterdrückung einer auf **(13)CO2 beruhenden Querempfindlichkeit mit **(13)CO2 befüllte Filterküvetten verwendet werden, während in einem weiteren Kanal zur Bestimmung von **(13)CO2 mit **(12)CO2 befüllte Filterküvetten eine Querempfindlichkeit aufgrund dieses Isotops unterdrücken. Bei den Filtergasen **(12)CO2 und **(13)CO2 handelt es sich also nicht um Ersatzgase im Unterschied zur vorliegenden Anmeldung, bei der das Störgas natürliches CO2 ist, von dem das Ersatzgas insofern abweicht, als es "nahezu zu 100% aus **(13)CO2 besteht". In D2 sind die Filter-Gase identisch mit dem jeweiligen Störgas.

3.6 D2 enthält daher keine Anregung, bei der Messung von N2O in Anwesenheit des Störgases CO2 ein Filter mit ausschließlich **(13)CO2 zu verwenden. Denn dort dienen die Filter mit **(13)CO2 und **(12)CO2 zur Verringerung der Querempfindlichkeit bei der Messung von **(12)CO2 bzw. **(13)CO2. Bei der Messung von N2O wäre der Fachmann davon ausgegangen, dass für die Querempfindlichkeit bei der Anwesenheit von natürlichem CO2 beide Formen, **(12)CO2 und **(13)CO2, verantwortlich sind, so dass auch eine Filterküvette mit beiden Formen in ihren natürlichen Anteilen das Mittel der Wahl sein musste. Es bestand somit keine Veranlassung für den Fachmann, die Effekte beider Kohlenstoff-Isotope **(12)C und **(13)C in CO2 zu untersuchen. Die Auswahl von **(13)CO2 als Positivfilter bei der Messung von N2O lag daher nicht nahe.

4. Das Verfahren gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 beruht folglich auf einer erfinderischen Tätigkeit. Gleiches gilt auch für die in dem vorliegenden Anspruch 3 definierte Einrichtung zur Messung einer Messgaskomponente, da diese Einrichtung den Verfahrensmerkmalen entsprechende funktionelle Vorrichtungsmerkmale aufweist. Der Anspruch 2 beinhaltet eine Ausführungsart des im Anspruch 1 definierten Verfahrens. Die Beschreibung ist durch Zitate zum nachgewiesenen Stand der Technik ergänzt und an die geänderten Ansprüche angepasst worden.

Die Anmeldung erfüllt daher die Erfordernisse des EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, ein Patent in folgender Fassung zu erteilen:

Ansprüche:

1 bis 3, eingereicht mit Schreiben vom 17.11.2009;

Beschreibung:

Seiten 1 und 4, wie ursprünglich eingereicht;

Seiten 2, 3 und 5, eingereicht mit Schreiben vom 17.11.2009;

Zeichnungen:

1/4 bis 4/4, wie ursprünglich eingereicht.

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