T 1591/07 () of 20.11.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T159107.20081120
Datum der Entscheidung: 20 November 2008
Aktenzeichen: T 1591/07
Anmeldenummer: 02009969.3
IPC-Klasse: B66F 9/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 22 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Flurförderzeug mit einer Schubvorrichtung
Name des Anmelders: STILL WAGNER GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 54(2)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit dem am 10. Juli 2007 beim Europäischen Patentamt eingegangenen Schreiben legte die Beschwerdeführerin (Anmelderin) gegen die am 7. Mai 2007 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 02 009 969.3 zurückgewiesen wurde, Beschwerde ein und entrichtete gleichzeitig die Beschwerdegebühr. Die Beschwerdebegründung wurde am 17. September 2007 eingereicht.

II. In der angefochtenen Entscheidung stellte die Prüfungsabteilung fest, dass der beanspruchte Gegenstand ausgehend von

D1: US-A-4 439 102

für den Fachmann nahegelegt sei.

III. Am 20. November 2008 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt, in der die Beschwerdeführerin geänderte Unterlagen vorlegte.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und ein europäisches Patent auf der Basis folgender Unterlagen zu erteilen: Anspruch und Beschreibung Seiten 1 und 2, wie eingereicht am 20.11.2008, im übrigen mit den ursprünglich eingereichten Unterlagen.

V. Der einzige Anspruch hat folgenden Wortlaut:

"Flurförderzeug mit einer Schubvorrichtung, bei der ein Schubschlitten (5) relativ zu einem an einem Hubgerüst (2) befestigten Träger (4) in im Wesentlichen horizontaler Richtung verschiebbar ist, wobei an dem Träger (4) mindestens eine Zahnstange (12) befestigt ist, in die ein an dem Schubschlitten (5) angeordnetes Zahnrad eingreift und an dem Schubschlitten (5) eine Zusatzhubvorrichtung befestigt ist, mit der eine mit dem Flurförderzeug aufgenommene Last relativ zu dem Träger (4) in vertikaler Richtung bewegbar ist und wobei an dem Schubschlitten (5) eine Schwenkvorrichtung befestigt ist, mit der eine mit dem Flurförderzeug aufgenommene Last relativ zu dem Träger (4) um eine vertikale Achse verschwenkbar ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass oberhalb und unterhalb der Zahnstange (12) ein Abweiser (13) angeordnet ist, um ein in Kontakt Treten der Last mit der Zahnstange weitgehend zu verhindern, der jeweils von einem länglichen, sich parallel zu der Zahnstange (12) erstreckenden Blech gebildet ist, das sich mindestens ebenso weit in Richtung des Schubschlittens (5) erstreckt wie die Zahnstange (12), wobei die dem Schubschlitten (5) zugewandte Kante des Blechs gefalzt ist und sich der Abweiser (13) zumindest annähernd über die gesamte Länge der Zahnstange (12) erstreckt."

VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:

a) Der geänderte Anspruch beruhe auf den Ansprüchen 1 bis 8 und der Beschreibung, Seite 2, Zeilen 2/3, wie ursprünglich eingereicht.

b) Nächstliegender Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs sei das aus D1 bekannte Flurförderzeug, das nur die Merkmale des Oberbegriffs aufweise.

c) Durch die Anordnung eines Bleches oberhalb und unterhalb der Zahnstange würden die scharfkantigen Spitzen der Zähne der Zahnstange abgedeckt. Wenn eine Last, beispielsweise ein elastisch verformbarer Stoffsack, bei der Aufwärts- oder Abwärtsbewegung mit dem Blech in Berührung komme, so könne sie über die Kante des Blechs und somit über die Spitzen hinweg gleiten, ohne dabei beschädigt zu werden, d.h. ohne den Sack aufzureißen. Ein gefalztes Blech nehme nur den minimal nötigen Bauraum oberhalb bzw. unterhalb der Zahnstange ein und fördere mit seiner durch die Falzung abgerundeten Ausgestaltung der vorderen Kante das Abgleiten der Last. Die Falzung führe außerdem zu einer Versteifung des Blechs und erhöhe dessen Stabilität.

d) Die Kombination der Merkmale des Anspruchs löse daher die in der Anmeldung angegebene Aufgabe, bei einem Flurförderzeug mit einer Schubvorrichtung ein Beschädigen der Last durch die Zahnstange beim Anheben und Absenken der Last zu vermeiden.

e) D1 enthalte keinen Hinweis auf die Lösung des Problems. Auch aus dem weiteren Stand der Technik und dem Wissen des Fachmanns, eines Maschinenbauingenieurs mit Kenntnissen auf den Gebieten der Flurförderzeuge und des Arbeitsschutzes, ergebe sich der Gegenstand des Anspruchs nicht in naheliegender Weise.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die von der Beschwerdeführerin angegebenen Passagen in den ursprünglichen Unterlagen (siehe Punkt VIa)) offenbaren eindeutig und zweifelsfrei den Gegenstand des geänderten Anspruchs. Die Beschreibung wurde an den geänderten Anspruch angepasst und der nächstliegende Stand der Technik in ihr gewürdigt. Die Änderungen führen daher nicht zu einem Gegenstand, der über den ursprünglichen Inhalt der Anmeldung hinausgeht und sind somit zulässig (Artikels 123 (2) EPÜ).

3. Die Kammer hat keine Bedenken hinsichtlich der Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973.

4. Die Kombination der Merkmale des Anspruchs 1 ist nicht aus dem Stand der Technik bekannt, so dass das Erfordernis der Neuheit erfüllt ist (Artikel 54 (1), (2) EPÜ 1973).

5. Der Gegenstand des Anspruchs beruht außerdem auf erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973).

5.1 Als Fachmann ist im vorliegenden Fall ein Maschinenbauingenieur mit eingehenden Kenntnissen auf dem Gebiet der Flurförderzeuge anzusehen. Zu seinem Fachwissen gehören auch Kenntnisse im Arbeitsschutz und von Schutzeinrichtungen.

5.2 Nächstliegender Stand der Technik ist das Flurförderzeug nach D1, von dem sich der Gegenstand nach Anspruch 1 durch die Merkmale im kennzeichnenden Teil des Anspruchs unterscheidet.

5.3 Diese haben die von der Beschwerdeführerin angegebenen Wirkungen (siehe Punkt VIc)).

5.4 Das zu lösende technische Problem ist daher, das bekannte Flurförderzeug derart weiterzubilden, dass eine Beschädigung der Last durch die Zahnstange beim Anheben oder Absenken vermieden wird.

Auf dieses Problem würde der Fachmann zwangsläufig beim Betrieb des bekannten Flurförderzeugs treffen, wenn die Last mittels der Schwenkvorrichtung in die Nähe der Zahnstangen geschwenkt ist.

5.5 Das Problem wird durch die Kombination der Merkmale nach dem Anspruch gelöst.

5.6 Auf der Suche nach einer Lösung erhält der Fachmann in D1 und im weiteren zugänglichen Stand der Technik keine Anregung für die anspruchsgemäße Merkmalskombination. Es stellt sich also die Frage, ob sie durch das allgemeine Fachwissen nahegelegt ist.

Aus seinen Kenntnissen im Arbeitsschutz und von Sicherheitsvorrichtungen sind dem Fachmann verschiedene Lösungen des Problems bekannt (Abweiser oder Abdeckungen in Form von Stangen, Faltenbalg, Streifen aus Blech oder Kunststoff in der Nähe der Zahnstange, oder z.B. auch Anordnungen mit Lichtschranken, die die Bewegung der Last unterbrechen). Obwohl aufgrund des beengten Bauraums beim bekannten Flurförderzeug ein Teil dieser Lösungen ausscheidet und der Fachmann möglicherweise auch die Anbringung von Schutzstreifen über oder unter der Zahnstange in Betracht ziehen würde, käme er allein durch sein Fachwissen nicht zum beanspruchten Gegenstand. Denn auch unter Berücksichtigung der zusätzlichen konstruktiv einschränkenden Bedingung, dass der Schutzstreifen selbst auch nicht die Last beschädigen darf, so dass scharfe Kanten vermieden werden müssen, ist die Wahl eines gefalzten Blechs nicht naheliegend. Zum einen stehen dem Fachmann viele andere Möglichkeiten zur Verfügung, um zu vermeiden, dass der Abweiser selbst zur Gefahrenquelle wird (z.B. rund schleifen, Anbringung einer Wulst, Verwendung von Federblechen, andere Materialien). Darüber hinaus hat die Falzung des Blechs einen Kombinationseffekt, nämlich eine Entschärfung der Kanten bei gleichzeitiger Versteifung und damit Erhöhung der Stabilität des Abweisers, so dass die spezielle Lösung nicht nahegelegt ist.

Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs auf erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen mit der Auflage, ein europäisches Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Anspruch und Beschreibung Seiten 1 und 2 vom 20.11.2008,

im übrigen mit den ursprünglich eingereichten Beschreibungsseiten 3 und 4 und den Zeichnungen Figuren 1-3.

Quick Navigation