T 1509/07 () of 24.3.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T150907.20100324
Datum der Entscheidung: 24 März 2010
Aktenzeichen: T 1509/07
Anmeldenummer: 00124909.3
IPC-Klasse: A61J 1/05
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Mehrkammerbehälter, mit Glucosekonzentratkompartiment und Salzsäurekonzentratkompartiment
Name des Anmelders: Fresenius Medical Care Deutschland GmbH
Name des Einsprechenden: Gambro Lundia AB
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 83
Schlagwörter: Ausführbarkeit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit der am 16. Juli 2007 zugestellten Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde der mit mangelnder Ausführbarkeit, unzulässiger Erweiterung und mangelnder Neuheit sowie erfinderischer Tätigkeit begründete Einspruch der Einsprechenden zurückgewiesen.

II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) legte hiergegen am 7. September 2007 Beschwerde ein und entrichtete am 10. September 2007 die Beschwerdegebühr. Die Beschwerdebegründung wurde am 22. November 2007 eingereicht. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) nahm hierzu mit Schreiben vom 29. Mai 2008 Stellung.

III. Von den zitierten Dokumenten sind die folgenden für diese Entscheidung von Relevanz:

Dl: WO 93/09820;

D3: WO 93/24 108;

D4: DE 39 17 251 C2;

D4a: US 5 211 643;

D5: EP 0 278 100 A2;

D6: US 4 202 760;

D7: Product Information of Gambro Lundia AB, "Gambrosol Bio 10" REV 1999-05;

D8: EP 0 086 553 A1;

D9: Replacement of renal functions by dialysis: A textbook for dialysis; edited by John F. Mayer, Kluwer Academic Publishers, 3rd Edition (1989), Seiten 200-217;

D10: Blutreinigungsverfahren: Technik und Klinik; Hrsg. Hans Eduard Franz und Walter A. Höhrl, Georg Thieme Verlag, 5. Auflage (1997), Seiten 107-108 und 4l4-416;

D12a/b: "Certificate on Approval of Medicinal Preparations" für "Gambrosol Bio 10" der Firma Gambro Lundia AB vom 4. Juni 1999 (auf Schwedisch mit englischer Übersetzung);

D12c/d: "Certificate on Approval of Medicinal Preparations" für "Gambrosol Bio 40" der Firma Gambro Lundia AB vom 4. Juni 1999 (auf Schwedisch mit englischer Übersetzung);

D12e/f: Artikel in "Post-och Inrikes Tidningar" vom 15. Juni 1999 über die arzneimittelrechtliche Zulassung von "Gambrosol Bio 10 und 40" (auf Schwedisch mit englischer Teilübersetzung);

D12g: Bericht "Information regarding announcement of drug approval from the Swedish Medical Products Agency" der "Medical Patent AB" vom 23. Oktober 2007;

D12: bezeichnet die Dokumente D12a bis D12f in ihrer Gesamtheit;

D18: Handbook of Dialysis, Second Edition, J.T. Daugirdas and T.S. Ing (1994), Seite 410;

D22: Thermal Decomposition and Colour Formation in Aqueous Sucrose Solutions, F.H.C. Kelly and D.W. Brown, Sugar Technology Reviews, 6, (1978/79) Seite 12-21;

D23: W. Mauch: The Chemical Properties of Sucrose. Sugar Technology Reviews (1971) 239-290, Section 4.1.4;

D24: Clarke et al.: Advances In Carbohydrate Chemistry and Bio-Chemistry (1997) Vol. 52: 441-470 (Seite 457);

D25: M.L. Wolfrom et al.: Chemical Interactions of Amino Compounds and Sugars. III. The Conversion of D-Glucose to 5-(Hydroxymethyl)-2-furaldehyde. J. Am. Chem. Soc. Vol. 70 (Feb. 1948) 514-517;

D26: WO 81/03 180.

IV. Am 24. März 2010 fand eine mündliche Verhandlung statt, wobei die abschliessenden Anträge der Parteien folgendermassen waren:

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents in seinem gesamten Umfang.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt oder hilfsweise in geänderter Form gemäss den mit der Beschwerdeerwiderung vom 29. Mai 2008 eingereichten Hilfsanträgen I bis III.

V. Der unabhängige Anspruch 1 in der erteilten Fassung lautet:

"Behälter zur Bereitstellung eines medizinischen Konzentrates, insbesondere für die Nierendialyse, bestehend aus mindestens zwei Kompartimenten und lösbaren Trennmitteln zwischen den Kompartimenten, wobei das erste Kompartiment mit einem ersten im wesentlichen glucosehaltigen Teilkonzentrat gefüllt ist, dessen Glucosegehalt über 10% liegt, und das zweite Kompartiment ein zweites Teilkonzentrat mit den Elektrolyten Calcium, Magnesium und Kalium in saurer Lösung enthält, wobei das elektrolythaltige Konzentrat freie Salzsäure enthält."

VI. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten entscheidungsrelevanten Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Erfindung sei nicht ausreichend im Sinne von Artikel 83 EPÜ 1973 offenbart. Anspruch 1 sei auf einen Behälter zur Bereitstellung eines medizinischen Konzentrates für die Nierendialyse gerichtet. Gemäss Absatz [0011] der Patentschrift sei die (acetatfreie) Dialyse auch die dem Streitpatent zugrundeliegenden Aufgabe. Die Patentschrift enthalte jedoch keinerlei Information darüber, wie aus den Teilkonzentraten die fertige Dialyselösung herzustellen sei. Insbesondere sei nicht ersichtlich, welches Puffersystem hierbei zu verwenden sei, da die typischerweise verwendeten Puffer Acetat und Bicarbonat in der Beschreibung als nachteilig dargestellt seien und keine Alternative hierzu aufgezeigt sei.

Die Erfindung sei überdies ausgehend von D1, von D7 oder D12, von D4/D4a sowie von D3, D6 oder D26 nahegelegt.

Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäss Hauptantrag unterscheide sich von D1 lediglich dadurch, dass das elektrolythaltige Konzentrat auch Kalium enthalte, da bei dem in D1 genannten pH-Wert von 6 Oxonium-Ionen sowie aus dissoziierten Salzen resultierende Chlorid-Ionen und damit Salzsäure vorhanden sei. Der Zusatz von Kalium bei Patienten mit Hypokalämie sei dem Fachmann jedoch allgemein bekannt und werde überdies auch in den Dokumenten D3, D4/D4a, D5, D6, D8 bis D10 und D18 explizit beschrieben.

Aufgrund des in D7 bzw. D12 genannten pH-Wertes von 6,6 und der Präsenz von Chlorid-Ionen enthalte das dort beschriebene Elektrolyt-Konzentrat ebenfalls Salzsäure. In D12b sei sogar explizit erwähnt, dass der pH-Wert mit Salzsäure auf 3,1 eingestellt werde. Auch von diesen Dokumenten ausgehend sei der dort nicht offenbarte Zusatz von Kalium aus den bereits oben genannten Gründen naheliegend und der Gegenstand von Anspruch 1 deshalb nicht erfinderisch.

D4/D4a offenbare einen Mehrkammer-Behälter und nenne Salzsäure explizit als physiologisch verträgliche Säure, was auch der im Streitpatent genannte Vorteil sei. Gegenüber D4/D4a sei der einzige Unterschied die Unterbringung von Glucose in einem separaten Kompartiment, wodurch gemäss Streitpatent ihre Zersetzung durch Salzsäure verhindert werden solle. Die säurebedingte Zersetzung von Glucose sei dem Fachmann jedoch allgemein bekannt, wie dies auch aus den Dokumenten D22 bis D25 hervorgehe. Überdies lehre auch D1 die Unterbringung dieser Bestandteile in getrennten Kompartimenten zur Verhinderung der Zersetzung bei der Hitzesterilisation und Lagerung, und es sei dem Fachmann aus D23 bekannt, dass hitze- und säureinduzierte Zersetzung den gleichen Mechanismen folgten. Der Gegenstand von Anspruch 1 sei damit auch ausgehend von D4/D4a nahegelegt.

Auch von D3, D6 und D26 unterscheide sich der Gegenstand von Anspruch 1 nur durch die Unterbringung von Glucose in einem separaten Kompartiment und sei deshalb aus den gleichen Gründen wie gegenüber D4/D4a nicht erfinderisch.

VII. Die von der Beschwerdegegnerin vorgebrachten entscheidungsrelevanten Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Der von der Beschwerdeführerin erhobene Einwand mangelnder Ausführbarkeit sei unzutreffend, da er sich nicht auf das - ausreichend offenbarte - zu schützende Produkt, einen Behälter zur Bereitstellung eines medizinischen Konzentrats, sondern auf dessen weitere Verarbeitung zu einer fertigen Dialyselösung beziehe. Der hinsichtlich Bicarbonat im Streitpatent aufgeführte Nachteil bedeute nicht, dass dieser Puffer generell nicht mit der Lehre des Streitpatents vereinbar sei.

Unter "freier Salzsäure" sei Salzsäure zu verstehen, die in wässriger Lösung ohne weitere Reaktion mit anderen Komponenten dissoziiert sei. Das in saurer Lösung zwangsläufige Vorhandensein von Oxonium-Ionen in Kombination mit Chlorid-Ionen, die aus der Dissoziation diverser Salze resultieren, sei für den Fachmann nicht mit der Präsenz von Salzsäure gleichzusetzen. Eine solche Argumentation stehe auch nicht mit der Massenbilanz bei der Dissoziation zugegebener Salzsäure im Einklang. Letztlich wären sogar bei einem extrem basischen pH-Wert von 14 noch in einem geringen Ausmass Oxonium-Ionen vorhanden.

Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich daher sowohl von D1 als auch von D7/D12 nicht nur, wie von der Beschwerdeführerin zugestanden, durch die Präsenz von Kalium im elektrolythaltigen Kompartiment, sondern auch durch die dort vorhandene Salzsäure. Aus D12b gehe überdies explizit hervor, dass der dort genannte pH-Wert von 6,6 nicht mit Salzsäure, sondern mit NaOH eingestellt werde. Von den in Zusammenschau mit D1 oder D7/D12 von der Beschwerdeführerin entgegengehaltenen Dokumenten beschrieben lediglich D3 und D4/D4a eine Ansäuerung mit Salzsäure, um die physiologische Verträglichkeit zu verbessern. In D4/D4a befinde sich die Salzsäure jedoch im selben Kompartiment wie die Glucose, welche daher bei der Langzeitlagerung zersetzt würde, was jedoch erfindungsgemäss gerade verhindert werden solle. Weiterhin sei aus D4/D4a nicht ersichtlich, in welchem Kompartiment Kalium enthalten sei. Auch gemäss D3 befinde sich Salzsäure und Glucose im selben Konzentrat, überdies sei dort kein Mehrkammer-Behälter im Sinne von Anspruch 1 beschrieben.

Die Dokumente D12a bis D12f seien der Öffentlichkeit ausserdem vor dem Prioritätstag des Streitpatents nicht zugänglich gewesen. Da das Dokument D12g keine Unterschrift trage, sei es als Beweismittel hierzu nicht zuzulassen.

Die D4 zugrundeliegende Aufgabe sei die Verhinderung der Ausfällung von Calciumcarbonat durch die getrennte Lagerung der Konzentrate A und B, die einerseits Elektrolyte und Glucose und andererseits Natriumhydrogencarbonat enthielten und beide mit Salzsäure angesäuert seien. Ausgehend von D4 wäre der Fachmann nicht veranlasst, die Dokumente D22 bis D25 in Betracht zu ziehen. Allein die Kenntnis von Abbaumechanismen von Glukose könne die Erfindung nicht nahelegen, zumal D4 lehre, dass in beiden Kompartimenten Salzsäure enthalten sei. Eine Kombination von D4 mit D1 käme schon aufgrund der unterschiedlichen Puffersysteme nicht in Frage: D4 lehre Bicarbonat anstelle von Lactat oder Acetat zu verwenden, während D1 zwingend Lactat erfordere und Bicarbonat dort nicht funktioniere. Schliesslich enthalte D1 keinerlei Hinweis auf den Zusatz von Salzsäure und die damit verbundene Problematik der Zersetzung von Glucose bei der Langzeitlagerung.

D3, D6 und D26 kämen als nächstliegender Stand der Technik schon deshalb nicht in Frage, da diese Dokumente keine Mehrkammerbehälter mit lösbarem Trennmittel zwischen den Kompartimenten beträfen. Da dort weiterhin Elektrolyte, Glucose und Salzsäure ebenfalls im selben Konzentrat enthalten seien und die Zersetzungproblematik nicht angesprochen sei, werde die Erfindung aus den gleichen Gründen wie von D4 ausgehend nicht nahegelegt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Ausführbarkeit

Die beanspruchte Erfindung betrifft einen aus mindestens zwei Kompartimenten bestehenden Behälter zur Bereitstellung eines medizinischen Konzentrats, wobei die Kompartimente jeweils Teilkonzentrate enthalten, deren Zusammensetzung in Anspruch 1 definiert ist. Der Mehrkammerbehälter ist in Figur 1 des Streitpatents zeichnerisch dargestellt, die Teilkonzentrate sind hinsichtlich Menge, Zusammensetzung und Konzentration in der Beschreibung der Patenschrift (siehe z.B. Absatz [0015]) näher spezifiziert. Mit diesen Angaben ist die Erfindung ausreichend offenbart und es bestehen für den Fachmann keine Schwierigkeiten, die Erfindung und die im Steitpatent genannten Ausführungsbeispiele nachzuarbeiten.

Das Erfordernis der Ausführbarkeit gemäss Artikel 83 EPÜ 1973 erstreckt sich nicht auf die weitere Verarbeitung des aus den Teilkonzentraten resultierenden medizinischen Konzentrats zu einer gebrauchsfertigen Dialyselösung. Anspruch 1 und auch die in Absatz [0011] genannte Aufgabe beziehen sich lediglich auf die Bereitstellung eines Dialysekonzentrats und nicht einer fertigen Dialyselösung. Es ist daher nicht erforderlich, dass, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, die für die Herstellung der Dialyselösung erforderlichen Verdünnungsmittel oder das Puffersystem zur Einstellung eines medizinisch verträglichen pH-Wertes spezifiziert sein müssen. Auch bedeutet die Tatsache, dass in Absatz [0010] angegeben ist, dass eine Mischung von Salzsäure und Bicarbonat leicht zur Entstehung von Kohlendioxid führen kann, nicht, dass der Fachmann Bicarbonat aufgrund dieses potentiellen Nachteils vollkommen ausschliessen würde und dieser Puffer somit generell nicht mit der Lehre des Streitpatents vereinbar wäre. Die Erfindung erfüllt daher das Erfordernis der Ausführbarkeit gemäss Artikel 83 EPÜ 1973.

3. Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag

3.1 D1 als Ausgangpunkt

D1 beschreibt einen aus mindestens zwei Kompartimenten A und B bestehenden Behälter mit lösbarem Trennmittel C zwischen den Kompartimenten, wobei das erste Kompartiment B mit einem Glucose-Konzentrat mit über 10 % Glukosegehalt gefüllt ist. Das zweite Kompartiment A enthält die Elektrolyte Calcium und Magnesium, jedoch kein Kalium, was als Unterscheidungsmerkmal gegenüber Anspruch 1 von der Beschwerdeführerin auch zugestanden wird.

Der pH-Wert der Elektrolytlösung beträgt nach dem zweiten Absatz auf Seite 7 in D1 zwischen 7 und 9, ist also neutral oder basisch, kann jedoch offensichtlich gemäss dem vierten Absatz auf Seite 4 mit einem pH-Wert zwischen 6 und 8,5 auch leicht sauer sein. Dies impliziert, wie von der Beschwerdeführerin zutreffend ausgeführt, die Präsenz von Oxonium-Ionen. Aus der Tatsache, dass einerseits Salzsäure in wässriger Lösung in Oxonium- und Chlorid-Ionen dissoziiert und dass andererseits die in D1 beschriebene Elektrolytlösung verschiedene chlorhaltige Salze und aufgrund deren Dissoziation in wässriger Lösung auch Chlorid-Ionen enthält, kann aber nicht auf das Vorhandensein von Salzsäure geschlossen werden. In leicht saurer Lösung notwendigerweise vorhandene Oxonium-Ionen in Kombination mit Chlorid-Ionen verschiedenartiger dissoziierter Salze sind für den Fachmann nicht mit dem Zusatz von Salzsäure gleichzusetzen. Aufgrund der Massenbilanz erfolgt die Dissoziation von Salzsäure in Wasser in einem vorgegebenen stöchiometrischen Verhältnis von 1:1, die Konzentration von Chlorid-Ionen und Oxonium-Ionen ist also gleich. Hingegen ist die Chlorid-Ionen-Konzentration, die aus den Salzmengenangaben im zweiten Absatz auf Seite 7 von D1 resultiert, um mehrere Grössenordnungen höher als die einem pH-Wert von 6 entsprechende Oxonium-Ionen-Konzentration. Schliesslich ist im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Argumentation zu bemerken, dass auch bei einem extrem basischen pH-Wert von 14 noch - in einem sehr geringen Ausmass - Oxonium-Ionen vorhanden sind. D1 enthält keinerlei Hinweis darauf, dass die Ansäuerung des elektrolythaltigen Kompartiments mit Salzsäure erfolgt. Dieses Merkmal ist dem Dokument auch nicht implizit zu entnehmen.

Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich also von D1 dadurch, dass das Konzentrat im zweiten Kompartiment nicht nur Kalium, sondern auch Salzsäure enthält. Da Salzsäure im elektrolythaltigen Kompartiment als Unterscheidungsmerkmal in der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt wurde und die in Zusammenschau mit D1 entgegengehaltenen Dokumente D5, D6, D8 bis D10 und D18 lediglich generelle Hinweise auf das Teilmerkmal Kalium (allerdings nicht in einem Mehrkammer-Behälter) und keinen Hinweis auf Salzsäure enthalten, können diese Kombinationen schon deshalb nicht zum Erfindungsgegenstand führen.

Die durch die genannten Unterscheidungsmerkmale gegenüber D1 zu lösende objektive Aufgabe besteht darin, ein Konzentrat bereitzustellen, das einerseits eine physiologisch gut verträgliche Dialyse ermöglicht und sich andererseits bei der Langzeitlagerung nicht zersetzt (siehe Absatz [0013] des Streitpatents).

D3 gibt zwar einen Hinweis auf den Zusatz von Salzsäure und die damit zu erzielende bessere physiologische Verträglichkeit (Seite 4, 2. Absatz, und Seite 2, 2. Absatz) sowie auch Kalium (s. Beispiele auf den Seiten 8 bis 13), beschreibt aber keinen Mehrkammer-Behälter im Sinne von Anspruch 1. Überdies befindet sich Dextrose (D-Glucose) in dem gleichen Konzentrat (im Behälter 16), in dem auch die Elektrolyte einschliesslich Kalium sowie Salzsäure enthalten sind, und kann somit durch die Salzsäure zersetzt werden, was erfindungsgemäss jedoch gerade verhindert werden soll. Eine Kombination von D1 und D3 legt den Erfindungsgegenstand somit nicht nahe.

D4/D4a beschreibt einen Mehrkammer-Behälter, der zwei Teilkonzentrate A und B enthält. Der Behälter ist allerdings nicht, wie in Anspruch 1 definiert, zur Bereitstellung eines medizinischen Konzentrats vorgesehen, sondern zur Herstellung der fertigen Dialysierflüssigkeit (D4: Spalte 2, Zeile 56 bis 59; Spalte 5, Zeile 10 bis 23). Das basische Teilkonzentrat B (in D4a mit "A" bezeichnet) enthält Natriumbicarbonat, wobei der pH mit einer "physiologisch verträglichen Säure" wie Salzsäure eingestellt wird (D4: Spalte 4, Zeile 35 bis 44; Spalte 7, Zeile 1 bis 5). Das saure Teilkonzentrat A enthält neben den Elektrolyten Calcium und Magnesium auch Glucose und ist ebenfalls mit Salzsäure angesäuert (D4: Spalte 7, Zeile 8 bis 19). Wie bei D1 kann hier also, im Gegensatz zum Erfindungsgedanken, die Glucose durch die Salzsäure zersetzt werden. Schon aus diesem Grund legt auch die Kombination von D1 und D4/D4a den Erfindungsgegenstand nicht nahe. Überdies ist Kalium nur als Bestandteil der fertigen Dialysierflüssigkeit offenbart (D4: Spalte 6, Zeile 10 bis 19), nicht aber als Komponente des sauren Teilkonzentrats A.

3.2 D7/D12 als Ausgangspunkt

D7 bezieht sich auf die Dialyselösung "Gambrosol Bio 10", die auch Gegenstand der arzneimittelrechtlichen Zulassungsdokumente D12a/b ist. D7 beschreibt einen Dreikammer-Behälter, wobei das erste und zweite Kompartiment A und B jeweils mit einem Glucose-Konzentrat mit über 10 % Glukosegehalt gefüllt ist. Das dritte Kompartiment C enthält die Elektrolyte Calcium und Magnesium, jedoch kein Kalium, was als Unterscheidungsmerkmal gegenüber Anspruch 1 von der Beschwerdeführerin auch zugestanden wird. Aus dem im Elektrolyt-Kompartiment C offenbarten pH-Wert von 6,6 und der Anwesenheit von NaCl schliesst die Beschwerdeführerin wiederum auf die Präsenz von Salzsäure, was aus den bereits zu D1 oben unter Punkt 3.1 dargelegten Gründen jedoch nicht akzeptabel ist. Vielmehr wird aus D12a/b (Seite 4 oben) deutlich, dass der pH-Wert von 6,6 nicht durch Zugabe von Salzsäure erreicht wird, sondern mit NaOH eingestellt wird. Dies ist auch bei der fast identisch zusammengesetzten Lösung "Gambrosol Bio 40" der Fall (D12c: Seite 4 oben). Die in D12b erwähnte Einstellung des pH-Wertes auf 3,1 ist irrelevant, da sie sich nicht auf das Elektrolyt-Kompartiment C, sondern auf die hiervon getrennten Kompartimente A und B bezieht.

Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich also von D7/D12 (ebenso wie von D1) dadurch, dass das Teilkonzentrat im zweiten Kompartiment Kalium und Salzsäure enthält. Da Salzsäure im elektrolythaltigen Kompartiment als Unterscheidungsmerkmal von der Beschwerdeführerin wiederum nicht berücksichtigt wurde, kann der von D7/D12 ausgehende Einwand mangelnder erfinderischen Tätigkeit aus den bereits oben mit Hinblick auf D1 genannten Gründen nicht greifen.

Da die erfinderische Tätigkeit also durch D12 nicht in Frage gestellt wird, erübrigt sich die Klärung der von der Beschwerdegegnerin aufgeworfenen Frage der öffentlichen Zugänglichkeit von D12a bis D12f und der Zulässigkeit von D12g als Beweismittel.

3.3 D4/D4a als Ausgangpunkt

Wie erwähnt unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 von D4/D4a dadurch, dass die Glucose Bestandteil des ersten Teilkonzentrats im ersten Teilkompartiment ist und damit von dem zweiten Teilkompartiment mit dem sauren Teilkonzentrat getrennt ist. Weiterhin liegt die in D4/D4a offenbarte Glucose-Konzentration unter 10% (D4: Spalte 6, Zeile 37 bis 39; Spalte 7, Zeile 14). Ausserdem ist der Behälter gemäss Anspruch 1 zur Bereitstellung eines medizinischen Konzentrats vorgesehen und Kalium Bestandteil des zweiten Teilkonzentrats.

Durch die getrennte Unterbringung von Glucose im ersten Teilkompartiment wird ausgehend von D4/D4a erfindungsgemäss die oben bereits erwähnte Aufgabe gelöst, die Glucose-Zersetzung durch Salzsäure bei der Langzeitlagerung zu verhindern.

D4/D4a selbst gibt auf diese Aufgabe keinen Hinweis, vielmehr geht es dort primär um die Verhinderung der Ausfällung von Calciumcarbonat nach dem Vermischen der Teilkonzentrate (D4: siehe z.B. Spalte 2, Zeile 56 bis 61).

Mit Hinblick auf die säureinduzierte Zersetzung von Glucose hat die Beschwerdeführerin auf die das allgemeine Fachwissen dokumentierenden Druckschriften D22 bis D25 verwiesen. D22 bis D24 sind Ausschnitte von Übersichts-Artikeln und befassen sich lediglich allgemein mit der Zuckerzersetzung in saurer Umgebung. D25 beschreibt den Mechanismus der Zersetzung von Glucose, wobei Salzsäure als Katalysator verwendet wird. Da jedoch keines dieser Dokumente einen Hinweis darauf gibt, dass die Zersetzung von Glucose bei der Langzeitlagerung nachteilig und daher zu verhindern ist, können sie die erfinderische Tätigkeit nicht in Frage stellen.

D1 beschreibt die Unterbringung eines Teilkonzentrats mit mehr als 10 % Glucosegehalt in einem separaten Kompartiment, um die Zersetzung von Glucose bei der Hitzesterilisation zu verhindern (Seite 2, erster, dritter und vierter Absatz). Im letzten und vorletzten Absatz auf Seite 5 wird kurz erwähnt, dass toxische Abbauprodukte nicht nur bei der Hitzesterilisation sondern auch bei der nachfolgenden Lagerung entstehen können. Einen Hinweis auf die Zersetzung von Glucose durch Säure allgemein, geschweige denn Salzsäure, enthält D1 jedoch nicht. Wie bereits oben unter Punkt 3.1 erwähnt ist das dort beschriebene elektrolythaltige Teilkonzentrat neutral bis basisch oder höchstens schwach sauer und enthält gar keine Salzsäure, die eine Glucosezersetzung bewirken könnte. Auch unter Berücksichtigung des generellen Hinweises in D23, dass die hitze- und säurebedingten Abbaumechanismen ähnlich sind, kann die ausgehend von D4/D4a zu lösende oben angegebene Aufgabe D1 nicht entnommen werden. Die Zusammenschau dieser Dokumente stellt die erfinderische Tätigkeit daher nicht in Frage.

3.4 D3, D6 oder D26 als Ausgangpunkt

D3 beschreibt die Vermischung eines Bicarbonat-Konzentrats 17 mit einem separaten sauren Elektrolyt-Konzentrat 16, das Kalium, Magnesium und Calcium sowie auch Salzsäure und Glucose enthält (s. Beispiele auf den Seiten 8 bis 13). Glucose, Elektrolyte und Salzsäure befinden sich also im selben Konzentrat. Dies ist auch bei D6 (Spalte 5, Zeile 25 bis 33) und D26 (Seite 10, Zeile 24, bis Seite 11, Zeile 14) der Fall. Die Verwendung von Salzsäure wird zwar teilweise als physiologisch gut verträglich und damit vorteilhaft beschrieben (siehe z.B. D3, Seite 4, Zeile 9 bis 21), die Problematik der Zersetzung von Glucose durch die im selben Konzentrat enthaltene Salzsäure wird in diesen Dokumenten jedoch nicht angesprochen.

Mit der Präsenz von Elektrolyten, Glucose und Salzsäure im selben Konzentrat und dem fehlenden Hinweis auf die Zersetzungsproblematik ist die Ausgangssituation bei D3, D6 und D26 analog zu der in D4/D4a. Aus den oben unter Punkt 3.3 bereits genannten Gründen führt auch eine Kombination der Dokumente D3, D6 oder D26 mit D1 nicht in naheliegender Weise zum Erfindungsgegenstand. Ausserdem befinden sich bei allen drei Ausgangs-Dokumenten die Konzentrate - entgegen den Erfordernissen gemäss Anspruch 1 des Streitpatents - nicht in einem Mehrkammerbehälter mit lösbarem Trennmittel zwischen den Kompartimenten (entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin weist auch Anspruch 34 in D3 nicht auf einen solchen Mehrkammerbehälter hin). Aus diesem Grund können diese Dokumente nicht als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden.

3.5 Das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973 wird demnach durch keine der vier von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumentationslinien in Frage gestellt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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