T 1470/07 () of 18.5.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T147007.20090518
Datum der Entscheidung: 18 Mai 2009
Aktenzeichen: T 1470/07
Anmeldenummer: 95112173.0
IPC-Klasse: B65D 21/032
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zum Anbringen von Zapfeinrichtungen für ein stapelbares Party-Bierfass
Name des Anmelders: Sichert, Helmut
Name des Einsprechenden: EMEX Marketing Consulting GmbH
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das Patent Nr. 0 757 002 Beschwerde eingelegt.

II. Mit dem Einspruch war das Patent sowohl im Hinblick auf Artikel 100 c) EPÜ (unzulässige Änderungen) als auch im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass die genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung nicht entgegenstünden.

III. In dieser Entscheidung werden folgende Entgegenhaltungen aus dem Einspruchsverfahren erwähnt:

B01: DE 1 856 421 U und

B03: US 4 308 952 A.

IV. Am 18. Mai 2009 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 757 002.

Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

V. Der erteilte Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Vorrichtung zum Anbringen von Zapfeinrichtungen für ein stapelbares Party-Bierfaß,

gekennzeichnet dadurch,

dass die Vorrichtung als ein an dem überstehenden Seitenrand des Faßbodens oder der Faßoberseite (17) einschnappbarer Deckel (1) ausgebildet ist,

dass Mittel zur Aufnahme der Zapfeinrichtung an dem Deckel auf der dem Party-Bierfaß zugewandten Seite ausgebildet sind,

dass die Mittel zur Aufnahme als Stege (6) zum reibschlüssigen Halten der Zapfeinrichtungen, und Fixierklammern (8) ausgebildet sind,

wobei an dem Deckel ein in Aufsteckrichtung weisender Rand (2) ausgebildet ist,

dass der Rand (2) in eine U-förmige Aufnahme (4) übergeht".

VI. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Einem stapelbaren Party-Bierfass Zapfeinrichtungen beizugeben, sei aus der B0l, welche den nächstliegenden Stand der Technik repräsentiert, bekannt. Für das Beigeben einer Zusatzeinrichtung mit einem sog. Deckel, der sich im Schnappsitz an einem überstehenden Bördelrand anbringen lasse, sei die B03 einschlägig.

Als Deckel werde normalerweise ein Gegenstand bezeichnet, welcher etwas abdecke oder abschließe. Da der im Streitpatent beanspruchte Deckel einerseits mindestens eine Öffnung aufweise, siehe Streitpatent Anspruch 12, und andererseits auch als Gitterwerk ausgebildet sein könne, siehe Streitpatent Anspruch 13, sei der im Anspruch 1 benutzte Begriff "Deckel" eher dem Begriff "Aufsatz" gleichzusetzen. In der Zentrierfunktion des sog. Deckels für ein aufgestapeltes zweites Party-Bierfass (vgl. Streitpatent Patentanspruch 3) bestehe funktionell kein Unterschied zu dem Aufsatz der B03.

Ein herkömmliches Party-Bierfass aus Weißblech sei nichts anderes als eine große Dose, die Bier unter Druck enthalte. Für die Anbringung eines Aufsatzes an dem überstehenden Bördelrand eines mal als Fass, mal als Dose bezeichneten Weißblechbehälters sei dessen Inhalt völlig unerheblich.

Die Möglichkeit, an einer Dose etwas zu befestigen, sei durch die B03 dokumentiert. Bei der B03 gehe es um stapelbare Dosen. Es sei ein Gebrauchsgut ("commodity product") innerhalb eines Aufsatzes 13 reibschlüssig untergebracht, siehe Spalte 1, Zeilen 46 bis 50; Spalte 2, Zeilen 45 und 46; Figur 4. Der Aufsatz sei ein Spritzgußteil aus Kunststoff und es seien Schnappverbindungen zwischen dem Aufsatz und der überstehenden Seitenwand der jeweiligen Dose vorgesehen.

Die Figur 3C des Streitpatents zeige, dass der Deckel 1 eine Kopplungsfunktion zwischen zwei Fässern, ähnlich derjenigen des Aufsatzes 13 der B03 ..... zwei Dosen aufweise.

Aus den o.g. Gründen werde der Gegenstand des Anspruchs 1 durch die Kombination der Lehren der B01 und B03 dem Fachmann nahegelegt.

VII. Der Beschwerdegegner hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Ein einschnappbarer Deckel, der zum einen die Zapfeinrichtung mit Stegen und Fixierklammern halte und gleichzeitig eine besondere Ausbildung seines Randes, der in eine U-förmige Aufnahme übergehe, aufweise, sei in keiner der Entgegenhaltungen offenbart und könne somit auch nicht nahegelegt sein.

Der zur Lösung der unter Punkt 3 unten angegebenen objektiven Aufgabe im Stand der Technik am Anmeldetag des Streitpatents recherchierende Fachmann werde das aus der B03 bekannte Kopplungselement 13, welches als Verbindungsglied zur Bildung einer aus zwei Dosen bestehenden Einheit diene, weder heranziehen, noch als Deckel für den Fassboden oder die Fassoberseite eines aus der B01 bekannten Party-Bierfasses vorzusehen.

Eine Kombination der Lehren der Dokumente B01 und B03 sei nicht ohne erhebliche Anpassungen der jeweiligen Konstruktionen möglich, so dass der Fachmann schon deshalb davon Abstand nehmen würde. Zudem offenbare die B03 keine Mittel zur Aufnahme von irgendetwas an der der Dose zugewandten Seite des Elements 13, wobei diese Mittel als Stege zum reibschlüssigen Halten und Fixierklammern ausgebildet seien. Es sei dazu für den Fachmann völlig offen, wie eine Deckelanordnung gemäß B03 mit dem Party-Bierfass der B0l genau zu kombinieren sei, so dass daraus ein Party-Bierfass mit einem einschnappbaren Deckel und daran ausgebildeten Mitteln zur Aufnahme von Zapfeinrichtungen gemäß Anspruch 1 des Streitpatents entstehen könne.

Entscheidungsgründe

1. B01 offenbart ein stapelbares Party-Bierfass, an dessen Boden Halterungen zur Aufnahme einer Zapfeinrichtung angeordnet sind. Somit ist der Boden des aus der B01 bekannten Party-Bierfasses als eine Vorrichtung zum Anbringen von Zapfeinrichtungen für ein stapelbares Party-Bierfass zu betrachten.

2. Die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 unterscheidet sich daher von der aus der B01 bekannten Vorrichtung, dadurch, dass sie als ein an dem überstehenden Seitenrand des Fassbodens oder der Fassoberseite einschnappbarer Deckel ausgebildet ist, der an seiner dem Party-Bierfass zugewandten Seite Mittel zur Aufnahme der Zapfeinrichtung aufweist, wobei die Mittel zur Aufnahme als Stege zum reibschlüssigen Halten der Zapfeinrichtungen, und Fixierklammern ausgebildet sind und gleichzeitig einen in Aufsteckrichtung weisenden Rand, welcher in eine U-förmige Aufnahme übergeht, besitzt.

3. Dadurch wird die objektive Aufgabe gelöst, eine Vorrichtung zu schaffen, welche Zapfeinrichtungen für ein Party-Bierfass vor Beschädigungen und Verlust schützt und bei der Lagerung bzw. beim Stapeln der Behälter nicht hinderlich, sondern eher nützlich ist, siehe Absatz [0010] des Streitpatents.

4. Da ein einschnappbarer Deckel gemäß dem Anspruch 1 aus keiner der vorliegenden Entgegenhaltungen zu entnehmen ist, kann nach Überzeugung der Kammer der vorliegende Stand der Technik dem Fachmann mangels Vorbilds einen solchen Deckel und somit die Vorrichtung gemäß dem Anspruch 1 nicht nahelegen.

5. Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, dass der aus der B03 bekannte Aufsatz 13, welcher im Schnappsitz an dem überstehenden Bördelrand einer Dose angebracht sei, einen Deckel 45 im Sinne des Streitpatents bilde, wobei sich ein Gebrauchsgut an der der Dose zugewandten Seite des Deckels befindet und Mittel zur Aufnahme des Gebrauchsguts in Form eines Steges 46 auf der der Dose zugewandten Seite dieses Deckels ausgebildet seien. Außerdem seien Fixierklammern für Zapfeinrichtungen innerhalb des Bördelrandes eines Party-Bierfasses bereits aus der B01 bekannt.

Für den Fachmann ergäbe sich daher aus der Zusammenschau der B01 und B03 das im Anspruch 1 beanspruchte Merkmal, wonach Mittel zur Aufnahme der Zapfeinrichtung als Stege zum reibschlüssigen Halten dieser Einrichtung, und Fixierklammern an dem Deckel auf der dem Party-Bierfass zugewandten Seite ausgebildet sind, in naheliegender Weise.

6. Die Kammer kann der o.g. Argumentation der Beschwerdeführerin aus folgenden Gründen nicht folgen:

6.1 Die Kammer ist davon überzeugt, dass der von der B01 ausgehende Fachmann mit dem Ziel, die unter Punkt 3 oben angegebene Aufgabe zu lösen, die B03 nicht in Betracht ziehen würde und zwar aus folgenden Gründen:

6.2 B03 offenbart einen Dosenverbund für Gebrauchsgüter (commodity can assembly), insbesondere für Lebensmittel, umfassend eine obere und eine untere zylindrische Dose mit Bördelrändern an deren jeweiligen Stirnseiten, wobei die Dosen mittels eines Kopplungselements 13 zusammen gehalten werden. Das Kopplungselement ist aus steifem aber etwas elastischem Kunststoff geformt und umfasst einen Zylinder mit an seinen beiden Enden umlaufenden Lippen, welche eine Schnappverbindung mit den Bördelrändern der jeweiligen Dosen bilden. Zwei sich zwischen den Lippen befindende Innenrippen dienen als Anschlagflächen für die Bördelränder der Dosen und definieren ein Zwischenfach, in welchem ein drittes Gebrauchsgut aufgenommen werden kann.

6.3 Dadurch werde nach der B03 eine aus zwei durch das Kopplungselement fest miteinander gekoppelten Dosen bestehende Einheit gebildet.

6.4 Die Kammer ist der Überzeugung, dass ein Fachmann das aus der B03 bekannte Kopplungselement 13 nicht in nahe liegender Weise, insbesondere beim Fehlen jeglichen Hinweises in dieser Richtung in B03, als Deckel für den Fassboden oder die Fassoberseite eines aus der B01 bekannten Party-Fasses vorsehen würde, da eine Koppelung im Sinne der B03 zwischen zwei aus der B01 bekannten Party-Bierfässern mittels des Kopplungselements 13 nicht ohne aufwendige Umbaumaßnahmen an den Party-Bierfässern, an denen die entsprechend geformten Bördelränder fehlen, möglich ist.

6.5

6.6

6.7 Die Beschwerdeführerin hat weiter argumentiert, dass die Figur 3C des Streitpatents einen Deckel 1 zeige, welcher als Kopplungselement zwischen zwei Party-Fässern im Sinne des aus der B03 bekannten Kopplungselements 13 fungiere.

7.

7.1 Die Kammer kann diesem Argument nicht folgen, da der obere Rand des in der Figur 3C des Streitpatents gezeigten Deckels nur eine Abstützfunktion, welche das Aufsetzen des oberen Fasses auf diesem Deckel ermöglicht, erfüllt. Eine beidseitige Koppelung, wie diese durch das aus der B03 bekannte Kopplungselement 13 gegeben ist, findet hier nicht statt.

7.2 B03 betrifft außerdem, wie oben unter Punkt 6.2 erwähnt, einen Dosenverbund für Gebrauchsgüter, insbesondere für Lebensmittel, wobei sowohl in den zwei miteinander gekoppelten Dosen als auch in dem Kopplungselement Komponenten des zusammenzustellenden Gerichts aufbewahrt und transportiert werden können, siehe Spalte 1, Zeilen 39 bis 41 und Spalte 1, Zeile 67 bis Spalte 2, Zeile 2. In einem solchen Fall, in dem die Menge und das entsprechende Gewicht der zu transportierenden Gebrauchsgüter relativ niedrig ist, macht es Sinn, als Kopplungselement 13 einen Zylinder vorzusehen, an dessen beiden Enden umlaufende Lippen, welche eine Schnappverbindung mit den Bördelrändern beider Dosen herstellen, vorzusehen.

Die Anwendung eines solchen Zylinders an zwei aus der B01 bekannten Party-Bierfässern würde die Kopplung von zwei Party-Bierfässern bedeuten, welche jeweils ein Fassungsvermögen und somit ein entsprechendes Gewicht von mehreren Litern, in der Regel mehr als 3 Litern, Bier aufweisen. Eine Kopplung zweier solch schwerer Party-Bierfässer mittels des aus der B03 bekannten Kopplungselementes 13 würde die Handhabung der einzelnen Party-Bierfässer unnötig erschweren und somit den Fachmann davon abhalten, ein solches Kopplungselement bei den aus der B01 bekannten Party-Bierfässern anzuwenden.

7.3 In einem zweiten Schritt nimmt die Kammer argumentationshalber an, dass das aus der B03 bekannte Kopplungselement 13 als ein für das aus der B01 bekannte Party-Bierfass geeigneter Deckel zu betrachten wäre, wobei dessen zwei umlaufende Innenrippen als eine Aufnahme auf der dem Party-Bierfass zugewandten Seite dieses Deckels zu bezeichnen wären.

Auch nach einer solchen Annahme ist nach Ansicht der Kammer für den Fachmann offensichtlich, dass diese Rippen nicht dafür vorgesehen bzw. geeignet sind, die Teile der für das aus der B01 bekannte Party-Bierfass vorgesehenen Zapfeinrichtung aufzunehmen bzw. festzuhalten. Als Konsequenz daraus müssten die in der Figur 8 der B01 dargestellten, zur Aufnahme der zwei Teile der Zapfeinrichtung vorgesehenen Halterungen in Form federnder Bügel 32 in das aus der B03 bekannte Kopplungselement 13 aufgenommen bzw. untergebracht werden. In den vorliegenden Entgegenhaltungen fehlt jedoch jeglicher Hinweis in diese Richtung. Es ist die Überzeugung der Kammer, dass eine solche Aufnahme bzw. Unterbringung nicht ohne die Ausübung einer erfinderischen Tätigkeit von statten gehen kann.

8. Aus den o.g. Gründen weist die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 eine erfinderische Tätigkeit auf.

Die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ sind daher erfüllt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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