European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2009:T142707.20090515 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 Mai 2009 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1427/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03747969.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | F02M 27/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verwendung eines Informationsträgers zur Klima- und Umweltverbesserung | ||||||||
Name des Anmelders: | Wobben, Aloys | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ausführbarkeit - mit Vergleichsversuchen nicht nachgewiesen Beweisangebot in mündlicher Verhandlung (nicht zugelassen) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Prüfungsabteilung hat mit der Entscheidung vom 23. April 2007 die europäische Patentanmeldung Nr. 03 747 969.8 mit dem folgenden Anspruch 1 zurückgewiesen:
"Verwendung eines Informationsträgers vom Typ ENERCON in einem Fahrzeug, wobei der Informationsträger bevorzugt in einem geringen Abstand und/oder möglichst großflächig und/oder kontaktierend am Motorblock des Fahrzeugs angebracht ist".
Sie war der Auffassung, dass der Fachmann der Anmeldung nicht die notwendigen Informationen entnehmen könne, um die Erfindung gemäß Artikel 83 EPÜ in die Praxis umzusetzen. Insbesondere sei die Behauptung, dass eine Übertragung von Informationen auf den Informationsträger durch Kontakt mit einer Stoffmischung erfolge, nicht glaubhaft und die Verbindung zwischen dem Begriff "Informationsträger vom Typ ENERCON" und den behaupteten Wirkungen sei weder erklärt noch erkennbar.
II. Gegen diese Entscheidung hat der Anmelder am 18. Mai 2007 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 27. August 2007 beim Europäischen Patentamt eingegangen.
III. In der Anlage zur Ladung hat die Beschwerdekammer den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass in der beantragten mündlichen Verhandlung zunächst zu diskutieren sein dürfte, ob die beanspruchte Verwendung des Informationsträgers vom Typ ENERCON die angegebene Aufgabe löst, insbesondere ob damit eine Schadstoff- und Treibstoffeinsparung erzielt wird, darüber hinaus, ob die in der Anmeldung genannten Tabellen 1/2 den Vortrag des Beschwerdeführers stützen.
Darauf hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. April 2009 mehrere Anspruchssätze gemäß den Hilfsanträgen I bis VII eingereicht.
Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer hat am 15. Mai 2009 stattgefunden. Nachdem der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer verkündet und die mündliche Verhandlung geschlossen hatte, überreichte der Beschwerdeführer einen geänderten Hauptantrag mit einem einzigen, aus den Ansprüchen 1 und 2 des geltenden Hauptantrages gebildeten Anspruch.
IV. Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung vorgelegten Unterlagen (Hauptantrag) mit den Ansprüchen 1 und 2 zu erteilen, hilfsweise, dem Anmelder einzuräumen, Beweis über die Wirkungsweise der Erfindung nachzureichen, gegebenenfalls durch Gutachten, Artikel 117 e) EPÜ, Inaugenscheinnahme, Artikel 117 f) EPÜ oder Zeugenvernehmung, Artikel 117 d) EPÜ.
Die Ansprüche 1 und 2 dieses Hauptantrages entsprechen denjenigen, die der angefochtenen Entscheidung zu Grunde lagen.
V. Die Argumente des Beschwerdeführers können im wesentlichen wie folgt zusammengefasst werden:
In der Anmeldung würde erläutert, was der Informationsträger vom Typ ENERCON sei, nämlich ein Medium, und wie es zu programmieren sei.
Es käme nicht darauf an, nachzuweisen, aufgrund welcher naturwissenschaftlichen Erkenntnis die beschriebenen Wirkungen einträten. Entscheidend sei vielmehr, dass in den ursprünglichen Unterlagen offenbart sei, was der Fachmann mit dem Informationsträger zu machen habe, damit die mit den Tabellen 1/2 nachgewiesenen Wirkungen eintreten.
Darüber hinaus wäre ein Informationsträger bei der Firma ENERCON erhältlich, mit dem die Wirkungsweise der Erfindung nachvollzogen werden könnte.
In der mündlichen Verhandlung ist ausgeführt worden, dass sämtliche Servicefahrzeuge des Unternehmens des Beschwerdeführers, immerhin ca. 600 Fahrzeuge, mit dem Informationsträger ausgestattet seien. Anhand des Flottenverbrauches sei schnell und einfach feststellbar, dass die in der Anmeldung beschriebenen Wirkungen auch tatsächlich einträten. Auch sei das Fahrzeug des Vertreters des Beschwerdeführers mit einem solchen Informationsträger ausgestattet, was zu einer spürbaren Verbrauchsreduzierung geführt hätte.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Ausführbarkeit - Hauptantrag
2.1 Nach Artikel 83 EPÜ 1973 ist die Erfindung in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Der Fachmann muss anhand der Angaben in der Anmeldung und seinem Fachwissen in der Lage sein, dessen technische Lehre praktisch zu verwirklichen.
2.1.1 Im vorliegenden Fall war deshalb zu klären, ob mit dem in der Anmeldung beschriebenen Informationsträger vom Typ ENERCON tatsächlich die dort beschriebenen Wirkungen, insbesondere die Schadstoffe zu reduzieren, erzielt werden.
2.1.2 In der Anmeldung wird dazu ausgeführt, dass die zum Teil drastischen Schadstoffreduktionen der Erfindung mehr als erstaunlich seien (siehe die veröffentlichte Anmeldung, S. 4, Abs. 3).
a) Diese Ansicht wird von der Kammer geteilt, denn dann müssten die angegebenen Wirkungen auch mit dem auf Seite 2 der Anmeldung beschriebenen Informationsträger in seiner allgemeinsten Form auftreten, also mit einem Medium aus einem beliebigen Material und beliebiger Form und Größe. In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer hat der Beschwerdeführer eingeräumt, dass er nicht wüsste, ob die genannten Wirkungen auch bei einem aus Papier bestehenden Medium auftreten würden.
Die Zusammensetzung und das Mischungsverhältnis der Stoffmischung mit der das Medium in Annäherung bzw. Kontakt gebracht werden soll, ist nur in sofern festgelegt, dass sie im wesentlichen Quartzsand, Torf und Glas enthalten muss. In welchem Zustand diese Bestandteile verwendet werden sollen, ist in der Anmeldung nicht angegeben. Deshalb müsste die Wirkung beispielsweise auch auftreten, wenn das Glas in Form einer Flasche in der Stoffmischung enthalten wäre.
Im Hinblick auf die Verweilzeit des Mediums in der Nähe bzw. in Kontakt mit der Stoffmischung enthält die Anmeldung eine Einschränkung auf eine allerdings sehr große Zeitspanne zwischen einigen Minuten und einigen Wochen. In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer stellte der Beschwerdeführer fest, dass eine lange Verweilzeit zu einer lang anhaltenden Wirkung des Informationsträgers führen würde.
Eine Erklärung der Wirkungsweise der beanspruchten Verwendung des Informationsträgers mit anerkannten naturwissenschaftlichen Erkenntnissen ist weder ersichtlich noch vorgetragen worden.
b) Aus diesem Grunde hat auch die Prüfungsabteilung in der Entscheidung begründete Zweifel an der Wirkungsweise erhoben. Kann eine Erfindung mit anerkannten naturwissenschaftlichen Erkenntnissen nicht erklärt werden, so liegt die Beweislast für den Nachweis der behaupteten Wirkung beim Anmelder bzw. Beschwerdeführer.
2.2 Vergleichsversuche (Tabellen 1/2 der Anmeldung)
2.2.1 Vergleichsversuche müssen nach der gefestigten Rechtsprechung der Beschwerdekammern so angelegt sein, dass die behauptete Wirkung überzeugend auf das Unterscheidungsmerkmal der Erfindung zurückgeführt werden kann.
2.2.2 In der Anmeldung ist ausgeführt, dass für den Vergleichsversuch zwei identische Fahrzeuge erworben worden sind und nur eines davon mit dem Informationsträger ausgerüstet worden ist. Mit dem mit dem Informationsträger ausgerüsteten Fahrzeug (Tabelle 2) sei im Vergleich zu dem nicht damit ausgerüsteten Fahrzeug (Tabelle 1) eine zum Teil drastische Reduzierung verschiedener Schadstoffarten gemessen worden.
2.2.3 Aus dem Vergleich der Tabellen 1/2 ergibt sich allerdings nicht, dass die Schadstoffreduzierung tatsächlich und ausschließlich durch den beschriebenen Informationsträger verursacht wird bzw. auf ihn zurückgeführt werden kann.
a) Da in den Tabellen keinerlei Angaben zur Motorsteuerung gemacht worden sind und auch nicht dasselbe Fahrzeug für den Versuch verwendet worden ist, sind die Testergebnisse nicht miteinander vergleichbar.
i) Es ist allgemein bekannt, dass das Verbrauchs- und Emissionsverhalten eines Verbrennungsmotors ganz entscheidend von den Verbrennungsbedingungen des Kraftstoffes im Brennraum abhängt. Beim Ottomotor können bereits kleinste Variationen des Luft-/Kraftstoffverhältnisses (Luftzahl lambda) zu signifikanten Änderungen beim Ausstoß einzelner Schadstoffe führen. Beim Dieselmotor haben schon kleinste Variationen des Einspritzzeitpunkts ähnliche Auswirkungen. Deshalb regelt eine Motorsteuerung diese Parameter derart, dass das gewünschte Drehmoment bei geringstem Verbrauch und/oder geringsten Emissionen zur Verfügung steht.
ii) Darüber hinaus haben sich die verwendeten Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Laufleistung erheblich voneinander unterschieden. Auch dies hat einen erheblichen Einfluß auf das Verbrauchs- und Emissionsverhalten des Verbrennungsmotors.
b) Deshalb könnten die beschriebenen Wirkungen allein schon durch unterschiedliche Motorsteuerungen oder dem unterschiedlichen Zustand der verwendeten Motoren verursacht worden sein. Eine eindeutige Aussage, dass diese Wirkungen ausschließlich durch die Verwendung des Informationsträgers bei einem dieser Fahrzeuge verursacht wurden, kann deshalb nicht gemacht werden.
2.2.4 Die Kammer bezweifelt nicht die Messergebnisse gemäß den Tabellen 1/2. Vielmehr hält sie den Versuch in dieser Form für den Nachweis der beschriebenen Wirkungen für ungeeignet und unvollständig. Er lässt nicht den Schluss zu, dass die Wirkungen tatsächlich und ausschließlich durch den Informationsträger verursacht werden bzw. auf ihn zurückgeführt werden können.
Deshalb bestand keine Veranlassung, die zu den Prüfergebnissen benannten Zeugen zu laden, auch weil diese nicht wussten (siehe Beschreibung, S. 3, Abs. 2), welche Maßnahmen an dem zweiten Fahrzeug vorgenommen worden sind, insbesondere wie die Motoren dieser Fahrzeuge eingestellt gewesen sind.
2.3 Selbst wenn der Informationsträger bereits am Prioritätstag dieser Anmeldung für jedermann erhältlich gewesen wäre (was nicht nachgewiesen worden ist), könnte damit nicht die Ausführbarkeit der Erfindung begründet werden, weil Artikel 83 EPÜ 1973 auf die Offenbarung in der Anmeldung abstellt und nicht durch einen erhältlichen Informationsträger ersetzt werden kann.
2.4 Zusammenfassend stellt die Beschwerdekammer somit fest, dass der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen hat, dass ein Fachmann anhand der Angaben in der Anmeldung und seinem Fachwissen in der Lage ist, dessen technische Lehre praktisch zu verwirklichen (d.h. die beschriebenen Wirkungen durch die beanspruchten Maßnahmen zu erzielen). Deshalb sind die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ 1973 nicht erfüllt, und dem Hauptantrag konnte nicht stattgeben werden.
3. Neues Beweisangebot - Hilfsantrag
3.1 Gemäß Artikel 13 (3) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammer (VOBK) werden Änderungen des Vorbringens nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung nicht zugelassen, wenn sie Fragen aufwerfen, deren Behandlung der Kammer ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten ist.
3.2 Der Hilfsantrag des Beschwerdeführers ist ein Beweisangebot, kein konkretes Beweismittel, das die Kammer in der mündlichen Verhandlung auf seine Relevanz überprüfen könnte. Deshalb hätte die mündliche Verhandlung vertagt werden müssen, damit der Beschwerdeführer die Beweise über die Wirkungsweise der Erfindung vorlegen kann. Die Sache wäre entgegen Artikel 15 (6) VOBK am Ende der mündlichen Verhandlung nicht entscheidungsreif.
3.3 Es sind auch keine besonderen Umstände ersichtlich, die die späte Vorlage dieses Beweisangebotes rechtfertigen könnten.
3.3.1 Der Einwand der mangelnden Ausführbarkeit ist bereits von der Prüfungsabteilung erhoben und begründet worden. Sie hat insbesondere ausgeführt, dass die Verbindung zwischen dem Begriff des Informationsträgers vom Typ ENERCON und den behaupteten Wirkungen nicht erkennbar sei.
Deshalb konnte es für den Beschwerdeführer keine Überraschung sein, dass es entscheidend auf den Nachweis dieser Wirkungen ankommen könnte.
3.3.2 Aus den Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass Erfahrungen mit der Verwendung des Informationsträgers bei den Servicefahrzeugen des Unternehmens des Beschwerdeführers seit langem vorhanden waren.
Der Beschwerdeführer hatte demnach ausreichend Zeit zur Vorlage entsprechender Beweismittel. Trotzdem hat er vor der anberaumten mündlichen Verhandlung keine Beweismittel für diesen Nachweis eingereicht. Gemäß Artikel 12 (2) VOBK wäre dies bereits mit der Beschwerdebegründung erforderlich gewesen, die den vollständigen Sachvortrag zu enthalten hat. Aber auch nachdem die Kammer mit der Ladung auf die zu diskutierenden Punkte hingewiesen hatte und eine Frist von einem Monat vor der Verhandlung zur Einreichung weiteren Vorbringens gesetzt hatte, hat der Beschwerdeführer keine neuen Beweismittel eingereicht.
Deshalb ist das späte Angebot eines Beweises für diesen Nachweis in der mündlichen Verhandlung nicht zu rechtfertigen.
3.4 Da eine Stattgabe des Hilfsantrages somit zwingend zu einer Vertagung der mündlichen Verhandlung führen würde und keine besonderen Umstände ersichtlich sind, hat die Kammer das neue Beweisangebot nicht zugelassen.
4. Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegter neuer Hauptantrag
Der geänderte Hauptantrag umfasst lediglich einen einzigen Anspruch, der sich aus den Ansprüchen 1 und 2 des geltenden Hauptantrages zusammensetzt. Da dieser neue Hauptantrag vorgelegt worden ist, nachdem der Vorsitzende die sachliche Debatte beendet und die Verhandlung geschlossen hatte, konnte dieser nicht mehr berücksichtigt werden. Es wird aber festgestellt, dass die vorstehenden Ausführungen auch gegenüber diesem neuen Anspruch gelten würden.
Entscheidung
AUS DIESEN GRÜNDEN WIRD ENTSCHIEDEN:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.