T 1410/07 () of 27.4.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T141007.20120427
Datum der Entscheidung: 27 April 2012
Aktenzeichen: T 1410/07
Anmeldenummer: 04019129.8
IPC-Klasse: G06F 17/60
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Erzeugen mindestens eines Projekt-Referenzmodells, Verfahren zur Generierung einer strukturierten Konfigurationsinformation mittels eines solchen Projekt-Referenzmodells sowie Vorrichtung zur Durchführung, Verwaltung und Organisation solcher Verfahren
Name des Anmelders: Business Operation Systems AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 52(1)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(3)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 84
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - nein
Zulassung von Anspruchsänderungen (neuer Hilfsantrag) in der mündlichen Verhandlung - nein
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0619/02
T 0306/04
T 1351/04
T 1227/05
T 1171/06
T 0354/07
T 1359/08
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 04019129.8 betrifft ein Verfahren zum Erzeugen mindestens eines Projekt-Referenzmodells, ein Verfahren zur Generierung einer strukturierten Konfigurationsinformation mittels eines solchen Projekt-Referenzmodells sowie eine Vorrichtung zur Durchführung solcher Verfahren.

II. Die Prüfungsabteilung hat die Anmeldung wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen. Die beanspruchte Erfindung beinhalte im Wesentlichen ein verwaltungstechnisches Verfahren der Projektorganisation mit rein gedanklich-administrativer Aufgabenstellung. Der einzige Technikbezug bestünde in der routinemäßigen Programmierung einer herkömmlichen Datenverarbeitungsanlage zur technischen Umsetzung eines solchen Verfahrens. Datenverarbeitungsanlagen seien schon früher in ähnlicher Weise für die Projektmodellierung eingesetzt worden. Das werde beispielhaft durch die Druckschrift D1 (WO 2003/019432 A2) belegt. Soweit technische Anknüpfungspunkte in den Ansprüchen zu finden seien, definierten diese nur fachübliche Maßnahmen, wie beispielsweise die Verwendung von Speichern und Eingabevorrichtungen oder den Einsatz von Spracherkennung. Die Kennzeichnung von Zustandsformen innerhalb eines Projektes mittels Zustandscode-Variablen ergäbe sich ohne erfinderisches Zutun aus den geschäftlich-administrativen Vorgaben bei der routinemäßigen Implementierung eines Projektmodells auf einer Datenverarbeitungsanlage mit herkömmlichen Programmiertechniken.

III. Der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin hat am 2. Mai 2007 unter Zahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung eingereicht und die Beschwerde in einem auf den 27. Juli 2007 datierten und an diesem Tag beim Europäischen Patentamt eingegangenen Schreiben begründet.

IV. In einer Mitteilung gemäß Regel 100(2) EPÜ vom 24. Mai 2011 wurde die Beschwerdeführerin davon in Kenntnis gesetzt, dass nach vorläufiger Meinung der Kammer die Patentfähigkeit der beanspruchten Erfindung zu Recht verneint worden sei, da die beanspruchte Erfindung über naheliegende Implementierungsmerkmale hinaus keinen technisch relevanten Beitrag zum Stand der Technik leiste.

V. Mit einer vom 2. Dezember 2011 datierten Stellungnahme reichte die Beschwerdeführerin geänderte Ansprüche ein und beantragte hilfsweise eine mündliche Verhandlung vor der Kammer.

VI. Die Sach- und Rechtslage wurde mit der Beschwerdeführerin am 27. April 2012 in einer mündlichen Verhandlung erörtert, in deren Verlauf die Beschwerdeführerin weitere Anspruchsänderungen zur Diskussion stellten wollte. Sie wurde daraufhin von der Kammer auf eine mögliche Nichtzulassung später Anträge und auf die Gründe hierfür hingewiesen. Die Beschwerdeführerin legte der Kammer in Kenntnis dieser Gründe einen neuen Hilfsantrag mit geänderten Ansprüchen 1 bis 4 vor.

VII. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die Zurück weisungs ent scheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der mit Schreiben vom 2. Dezember 2011 eingereichten Ansprüche 1 bis 16 (Hauptantrag) oder auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüche 1 bis 4 (Hilfsantrag) zu erteilen. Den beiden Anträgen liegen folgende Fassungen des Anspruchs 1 zu Grunde:

Hauptantrag

"1. Verfahren zum Erzeugen mindestens eines Projekt-Referenzmodells, welches Projekt- und Prozessanforderungen und deren Steuerung maschinenlesbar definiert mit folgenden Verfahrensschritten:

- Bereitstellen eines vorgegebenen Projekt-Referenz¬modells (XY) in einer Speicheranordnung mit verschiedenen Klassifikationselementen (KE), die durch mindestens ein Klassifikationsschema zusammenhängen, wobei jedes Klassifikationselement (KE) auf mindestens einen Speicherort verweist, in dem Konfigurations-Informationen für dieses Klassifikationselement gespeichert sind;

- Darstellen des vorgegebenen PEP-Projekt-Referenzmodells (XY) auf einer Anzeigeeinrichtung;

- Generieren eines neuen PEP-Projekt-Referenzmodells aus dem vorgegebenen Projekt-Referenzmodell (XY) über eine Eingabevorrichtung nach Maßgabe von vorgegebenen organisations- und/oder leistungsspezifischen Bedingungen;

- Darstellung des neuen Projekt-Referenzmodells auf der Anzeigeeinrichtung; und

- Speichern des neuen Referenzkonfigurationsmodells,

gekennzeichnet durch folgende Verfahrensschritte:

- Die Klassifikationselemente (KE) werden in einem ersten Speicher mit ihren individuellen Bezeichnungen und Speicherortverweisen auf mindestens einen weiteren Speicher gespeichert, wobei den Klassifikationselementen (KE) ein Zustands-Code aus einer Menge von Zustands-Codes zugewiesen ist, wobei die Menge der Zustands-Codes zumindest Zustands-Codes umfasst, die darauf hinweisen, ob ein entsprechendes Klassifikationselement (KE) im PEP-Projekt-Referenzmodell (XY) existent ist, virtuell gelöscht, geändert, versioniert, vererbt, gesperrt bzw. dupliziert wurde, so dass auf ältere Versionen des PEP-Projekt-Referenzmodells rückgegriffen werden kann;

- In dem mindestens einen weiteren Speicher, auf den ein Klassifikationselement (KE) verweist, werden über die Bezeichnungen der Klassifikationselemente (KE) hinausgehende Informationen, nämlich neben der Information für dieses Klassifikationselement (KE) auch dessen Verknüpfung (KEV) auf andere Klassifikationselemente (KE), gespeichert;

- Zur Generierung des neuen Projekt-Referenzmodells erfolgt ein Zugriff auf den mindestens weiteren Speicher ausschließlich über einen vorausgehenden Zugriff auf den ersten Speicher, und

- das Zielsystem wird durch Konfigurationsinformationen gesteuert, wobei die Konfigurationsinformationen sind: Klassifikationen, Verknüpfungen (KEV, KV), Abläufe, Regeln und Konfigurations-Informationen, Daten sowie weitere Beschreibungen für ein zu konfigurierendes Zielsystem."

Hilfsantrag

"1. Verfahren zur Generierung einer strukturierten Konfigurationsinformation mittels eines erzeugten PEP-Projekt-Referenzmodells, wobei zum Erzeugen des Projekt-Referenzmodells, welches Projekt- und Prozessanforderungen und deren Steuerung maschinenlesbar definiert, die folgenden Verfahrensschritte durchgeführt wurden:

- Bereitstellen eines vorgegebenen Projekt-Referenzmodells (XY) in einer Speicheranordnung mit verschiedenen Klassifikationselementen (KE), die durch mindestens ein Klassifikationsschema zusammenhängen, wobei jedes Klassifikationselement (KE) auf mindestens einen Speicherort verweist, in dem Konfigurations-Informationen für dieses Klassifikationselement gespeichert sind;

- Darstellen des vorgegebenen PEP-Projekt-Referenzmodells (XY) auf einer Anzeigeeinrichtung;

- Generieren eines neuen PEP-Projekt-Referenzmodells aus dem vorgegebenen Projekt-Referenzmodell (XY) über eine Eingabevorrichtung nach Maßgabe von vorgegebenen organisations- und/oder leistungsspezifischen Bedingungen;

- Darstellung des neuen Projekt-Referenzmodells auf der Anzeigeeinrichtung; und

- Speichern des neuen Referenzkonfigurationsmodells,

wobei:

- Die Klassifikationselemente (KE) werden in einem ersten Speicher mit ihren individuellen Bezeichnungen und Speicherortverweisen auf mindestens einen weiteren Speicher gespeichert, wobei den Klassifikationselementen (KE) ein Zustands-Code aus einer Menge von Zustands-Codes zugewiesen ist, wobei die Menge der Zustands-Codes zumindest Zustands-Codes umfasst, die darauf hinweisen, ob ein entsprechendes Klassifikationselement (KE) im PEP-Projekt-Referenzmodell (XY) existent ist, virtuell gelöscht, geändert, versioniert, vererbt, gesperrt bzw. dupliziert wurde, so dass auf ältere Versionen des PEP-Projekt-Referenzmodells rückgegriffen werden kann;

- In dem mindestens einen weiteren Speicher, auf den ein Klassifikationselement (KE) verweist, werden über die Bezeichnungen der Klassifikationselemente (KE) hinausgehende Informationen, nämlich neben der Information für dieses Klassifikationselement (KE) auch dessen Verknüpfung (KEV) auf andere Klassifikationselemente (KE), gespeichert;

- Zur Generierung des neuen Projekt-Referenzmodells erfolgt ein Zugriff auf den mindestens weiteren Speicher ausschließlich über einen vorausgehenden Zugriff auf den ersten Speicher, und

wobei zur Generierung der strukturierten Konfiguration folgende Verfahrensschritte vorgesehen sind:

- Auswahl eines auf einer Anzeigeeinrichtung angezeigten PEP-Projekt-Referenzmodells per Eingabeeinrichtung;

- selbsttätiges Auslösen eines Verweises auf den ersten Speicher, in dem Bezeichnungen von allen Klassifikationselementen (KE) und deren Speicherort für weitere Informationen gespeichert sind;

- selbsttätiges Auslösen eines Verweises auf den weiteren Speicher, in dem die Informationen für das ausgewählte PEP-Projekt-Referenzmodell (XY) und Verweise auf verknüpfte Projekt-Referenzmodelle und/oder verknüpfte Klassifikationselemente (KE) gespeichert sind;

- Anzeige sämtlicher Klassifikationselemente (KE) und Klassifikationsschemata des ausgewählten PEP-Projekt-Referenzmodells (XY) auf der Anzeigeeinrichtung;

- Auswählen der zu bearbeitenden Klassifikationselemente (KE) nach Maßgabe von per Eingabeeinrichtung eingegebenen Befehlen;

- Anzeige des ausgewählten Klassifikationselementes (KE)und erneutes, selbsttätiges Verweisen auf den ersten Speicher;

- Ermitteln des in dem ersten Speicher für dieses ausgewählte Klassifikationselement (KE) gespeicherten Speicherortes;

- Selbsttätiges Verweisen auf diesen Speicherort und Abrufen der in diesem Speicherort gespeicherten Informationen;

- Umsetzen der dort abgerufenen Informationen in maschinenlesbare Codes und Einordnen in eine Klassifikationsstruktur."

VIII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu den Fragen der Patentfähigkeit der Erfindung und der Zulassung des Hilfsantrags lässt sich wie folgt zusammenfassen.

Die beanspruchte Erfindung leiste einen wesentlichen technischen Beitrag zum Stand der Technik. Sie stelle nämlich ein Verfahren bereit, das die technischen und administrativen Systemanpassungen an ein Zielsystem, die durch Projekt- oder Planungsprozesse erforderlich würden, selbsttätig und automatisch ausführe. Der von der Erfindung erzielte technische Effekt liege dementsprechend in einer automatisierten Bereitstellung von Konfigurationsinformationen in Echtzeit für die Zusammenstellung eines funktionsfähigen komplexen Systems, was die Automatisierung und Abstimmung einer Vielzahl unterschiedlichster, möglicherweise zeitkritischer Komponenten und Prozesse sowohl auf technologischer wie auch auf wirtschaftlicher Ebene beinhalte.

Dies sei ein technischer Effekt, für dessen Realisierung die beanspruchte Computerimplementierung des Verfahrens wesentlich sei, da nur dann Projekt-Referenzmodelle zur Erzeugung strukturierter Konfigurationsinformationen für eine Vielzahl von Zielsystemen automatisch und effiziente generiert werden könnten. Schlüsselelemente dieser Computerimplementierung seien insbesondere die Verwendung von Zustandscodes und die besondere Art der Verwendung mehrerer Speichereinheiten. Die Verwaltung der Klassifikationselemente in mehreren Speichern logischer oder physikalischer Art erlaube, diese in beliebig komplexe Strukturen ohne Einschränkung ihrer Wiederverwendbarkeit einzubinden.

Im Hinblick auf die durch die Entscheidungen T 1351/04 – File Search Method/FUJITSU (nicht im ABl. EPA veröffentlicht) und T 1227/05 – Schaltkreissimulation I/INFINEON TECHNOLOGIES (ABl. EPA 2007, 574) geschaffene Rechtslage, die die Patentfähigkeit vom Verfahren zur Schaltkreissimulation oder zur Bereitstellung von Inhaltsverzeichnissen anerkennt, wäre es nicht zu rechtfertigen, dem erfindungsgemäßen Verfahren, das automatisierte Fertigungen und Produktentwicklungen ganz entscheidend zu unterstützen vermag, diese Patentfähigkeit abzusprechen. Aus der Computerimplementierung im Zusammenwirken mit der Verwendung von Zustandscodes und dem Einsatz von getrennten Speichern für die Konfigurationsinformationen ergäben sich hervorragende neuartige Möglichkeiten der automatisierten Echtzeitkonfiguration einer Vielzahl von Zielsystemen, was als patentbegründender technischer Beitrag gewertet und bei der Beurteilung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt werden müsste. Die Erfindung habe in der industriellen Praxis sehr erfolgreich Anwendung gefunden. Auf dem Gebiet der Autoproduktion ermöglichte sie es erstmals, ein einheitliches effizientes Steuerungskonzept für den gesamten sehr komplexen Produktionsprozess von der Managementebene hinab bis zum Design der Fahrzeuge und den Details des Fertigungsprozesses zu realisieren. Mögliche geschäftlich-administrative Anknüpfungspunkte seien unschädlich, wie das schon die Entscheidung T 619/02 - Odour Selection/QUEST INTERNATIONAL (ABl. EPA 2007,63) festgestellt habe.

Anspruch 1 des Hilfsantrags sei im Wesentlichen identisch mit dem als abhängiger Anspruch formulierten Anspruch 8 des Hauptantrags, der ein Verfahren zur Generierung von Konfigurationsinformation mittels eines Projekt-Referenzmodells nach einem der Ansprüche 1 bis 7 zum Gegenstand habe. Die Änderungen am Wortlaut des Anspruchs 8 ergäben sich aus der expliziten Aufnahme des Wortlauts des Anspruchs 1 des Hauptantrags in den Anspruch 8, was der Klarstellung diente und keine sachliche Änderung des Anspruchsgegenstandes beinhaltete. Der Hilfsantrag sei durch die von der Kammer geäußerten Bedenken gegen die Gewährbarkeit des Hauptantrags und wegen Klarheitsmängel in Anspruch 8 des Hauptantrags veranlasst worden. Das beanspruchte Verfahren sei auch schon Gegenstand früherer Anträge gewesen sei. Die späte Vorlage des Hilfsantrags sei daher begründet, der Hilfsantrag sollte daher von der Kammer zugelassen werden.

Zudem liege in der erfindungsgemäßen Generierung strukturierter Konfigurationsinformation zur Steuerung eines Zielsystems ein neuer und erfinderischer technischer Beitrag zum Stand der Technik, der die Erteilung eines Patents rechtfertige.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde, obgleich zulässig, ist nicht begründet, da keiner der geltenden Anträge eine Aufhebung oder Abänderung der angegriffenen Entscheidung zulässt.

2. Der Hauptantrag der Beschwerdeführerin ist nicht gewährbar, da die beanspruchte Erfindung nicht das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit gemäß Artikel 52(1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ 1973 erfüllt. Dieses Erfordernis ist nicht erfüllt, wenn die beanspruchte Erfindung an sich keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik leistet oder wenn sich der technische Beitrag in einer für den Fachmann naheliegenden Problemlösung erschöpft.

2.1 Die Erfindung gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags betrifft ein "Verfahren zum Erzeugen mindestens eines Projekt-Referenzmodells, welches Projekt- und Prozess anforderungen und deren Steuerung maschinenlesbar definiert" (siehe Anspruchswortlaut). Aufgrund der Beschreibung, siehe beispielsweise Absatz 0022 f., ist der Begriff "Modell" dahingehend auszulegen, dass es sich hierbei um ein im einem Computersystem gespeichertes Datenobjekt handelt, das der Erzeugung von Konfigurationsinformationen in einer maschinenlesbaren Auszeichnungssprache - gemäß Absatz 0034 f. beispielsweise die Meta-Auszeichnungssprache XML (Extensible Markup Language) - dient und eine Schnittstelle für den Zugriff auf die gespeicherten Modellinformationen umfasst.

2.2 Das beanspruchte Verfahren stellt ein "vorgegebenes Projekt-Referenzmodell" bereit und generiert ein "neues PEP-Projekt-Referenzmodell aus dem vorgegebenen Projekt-Referenzmodell". Beide Projekt-Referenzmodelle bedienen sich "Klassifikationselementen KE" und "mindestens einem Klassifikationsschema", durch das die Klassifikationselemente "zusammenhängen". Die "Klassifikationselemente (KE) werden in einem ersten Speicher mit ihren individuellen Bezeichnungen und Speicherortverweisen auf mindestens einen weiteren Speicher gespeichert", in denen "über die Bezeichnungen der Klassifikationselemente (KE) hinausgehende Informationen" gespeichert werden.

2.3 Ein solches Projekt-Referenzmodell ist gemäß Beschreibung und auch den Ausführungen der Beschwerdeführerin zufolge ein "Standardisierungsmodell". Es dient dazu, "die standardisierbaren Teile eines Projektes oder Prozesses und seiner Spezialisierung... in Zielsystemen durch eine automatisierte Konfiguration zur Nutzung verfügbar zu stellen" (siehe Absätze 0030 und 0033 der Beschreibung). "Die Klassifikationselemente und ihre Verweisstrukturen lassen sich beliebig organisieren und unterliegen der Logik des jeweils vom Benutzer definierten Modells" (siehe Abs. 0031 der Beschreibung). Ein Projekt-Referenzmodell ist "ein standardisierbarer und wieder verwendbarer Teil einer systemischen Konfigurationsunterstützung von Projektmanagement- und Projektorganisations-Anwendungen, Projektportalen und Projektprozessen"(siehe Absatz 0020 der Beschreibung).

2.4 Bei der vorliegend beanspruchten Erfindung handelt es sich daher im Grunde um eine computergestützte Meta-Methode zur Generierung von Software, die nach geeigneter Konfiguration und Anpassung an ein jeweiliges Zielsystem zur Planung, Durchführung und Nachhaltung von Projekten eingesetzt werden kann.

2.5 Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf einen besonders erfolgreichen Einsatz der Erfindung im Unternehmen eines bekannten Automobilherstellers hingewiesen, und auch die Beschreibung erläutert das bestimmungsgemäße Verfahren anhand der Entwicklung von Fahrzeugen. Die Erfindung, so wie sie in der Anmeldung beschrieben ist, ist jedoch nicht unmittelbar für den Einsatz in einem konkreten industriellen Produktionsprozess bestimmt und auch nicht in Verbindung mit einem konkreten Zielsystem beansprucht. Vielmehr erstreckt sich die Anwendung der Erfindung auf beliebige Gebiete einschließlich Finanzdienstleistungen, worauf ausdrücklich im Absatz 0058 der Beschreibung (ähnlich auch der ursprüngliche Anspruch 15) hingewiesen wird.

2.6 Die Kammer (in anderer Besetzung) hat in der Entscheidung T 354/07 – Funktionspläne/SIEMENS AG vom 27. Januar 2007 festgestellt, dass konzeptionelle Verfahren und Meta-Methoden der Softwareerstellung in der Regel keine für die Patentierbarkeit relevanten technischen Merkmale aufweisen und daher die erfinderische Tätigkeit nicht begründen können, es sei denn, dass im Einzelfall ein direkter Kausalzusammenhang mit einem für die Lösung eines technischen Problems relevanten technischen Effekt nachgewiesen werden kann (siehe Punkt 2 ff. der Entscheidungsgründe). Der Umstand, dass die angebliche Erfindung möglicherweise einem technischen Zweck dienen oder zur Lösung eines technischen Problems beitragen könne, ist nicht ausreichend, die erforderliche Technizität zu begründen (ähnlich die Entscheidung T 306/04 - Scheduling Tasks/HONEYWELL, Punkt 6 Der Entscheidungsgründe). Methoden und Verfahren des Informationsmanagements im Zusammenhang mit der Planung und Steuerung von Wirtschaftsprozessen sind per se keine technischen Erfindungen im Sinne von Artikel 52(1) EPÜ. Soweit sie nicht in Wechselwirkung mit technischen Merkmalen unmittelbar und kausal zur technischen Lösung eines technischen Problems beitragen, können sie weder Neuheit noch erfinderische Tätigkeit begründen (in diesem Sinne auch die Entscheidungen T 1359/08 - Information Management/SAP, Punkt 2 der Entscheidungsgründe und T 1171/06 - Objekt-orientierte Modellierung/BOSCH, Punkt 4.5 der Entscheidungsgründe).

2.7 Das der vorliegenden Erfindung zu Grunde liegende Konzept, Projekt- und Planungsprozesse mittels computergestützter Modelle zu standardisieren, ist nicht Teil einer technischen Lösung eines technischen Problems. Anforderungen, wie die Wiederverwendbarkeit solcher Modelle oder einzelner Substrukturen eines Modells, und die Möglichkeit, vorhandene Modelle oder Substrukturen zu kombinieren oder zu editieren, haben per se keinen technischen Bezug und leisten auch im Zusammenhang mit allgemeinen Implementierungskonzepten, wie der Verwendung von Baumstrukturen und Verweisungen zur Modelldefinition, keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik. Auch das Schema, von einem vorhandenen Modell auszugehen, dieses zu visualisieren und dann unter Berücksichtigung von vorgegebenen Bedingungen das neue Modell zu erzeugen, ist ohne konkrete technische Relevanz.

2.8 Das unterscheidet den vorliegenden Fall von den seitens der Beschwerdeführerin zitierten Entscheidungen T 1351/04 – File Search Sethod/FUJITSU und T 1227/05 – Schaltkreissimulation I/INFINEON TECHNOLOGIES, da in diesen Entscheidungen die Kammer einen technischen und erfinderischen Beitrag des jeweils beanspruchten Gegenstandes zum Stand der Technik anerkennen konnte.

2.9 Einen technisch relevanten Beitrag zum Stand der Technik kann im vorliegenden Fall nur die Verwendung technischer Mittel bei der computergestützten Implementierung des beanspruchten Verfahrens leisten. Das sind die Speicherung von Daten in einem ersten und mindestens einem weiteren Speicher, die Darstellung des vorgegebenen Projekt-Referenzmodells auf einer Anzeigeeinrichtung und die Einschränkung des Zugriffsweges auf den "mindestens /einen/ weiteren Speicher ausschließlich über einen vorausgehenden Zugriff auf den ersten Speicher" (siehe Anspruch 1 des Hauptantrags).

2.10 Die Beschwerdeführerin hat einen erfinderischen Beitrag in der Verwendung mehrerer Speicher im Zusammenhang mit der Wiederverwendbarkeit von Daten gesehen. Die Kammer kann diesem Argument schon deshalb nicht folgen, weil es sich gemäß Beschreibung (siehe beispielsweise Absatz 0022) auch um mehrere logische Speicher handeln könnte, eine Ausführungsform, bei der dieses Merkmal bei Speicherung unterschiedlicher Daten automatisch erfüllt wäre. Aber auch die (hier hypothetische) Verwendung mehrerer physisch unterschiedlicher Speicher erscheint im vorliegenden Zusammenhang eine naheliegende technische Möglichkeit, ohne dass diese mit besonderen Vorteilen bei der Durchführung des Verfahrens verbunden wäre.

2.11 Ferner ist auch die Verwendung einer Anzeigeeinrichtung zur Darstellung von relevanten Datenstrukturen, ob Modelle oder andere Informationen, nicht etwas, was den Fachmann überraschen würde, schon gar nicht im Rahmen von komplexen Anwendungsprogrammen im Projekt-Management-Bereich.

2.12 Schließlich wird der beanspruchte ausschließliche Zugriff auf die weiteren Speicher über einen vorhergehenden Zugriff auf den ersten Speicher schon durch die Baumstruktur des Modells nahe gelegt, da im ersten Speicher erfindungsgemäß die übergeordneten Klassifikations elemente gespeichert werden. Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Effekt, dass das System aufgrund dieses Merkmals jederzeit wisse, in welchem semantischen Kontext die jeweils abgefragte Information stehe, mag ein wichtiges Merkmal des Verfahrens auf der Meta-Ebene der abstrakten Modellgenerierung sein, sie leistet aber keinen konkreten Beitrag zu einer technischen Lösung eines technischen Problems.

2.13 Die Beschwerdeführerin hat sich auf den besonderen Vorteil der Erfindung berufen, Modelle für komplexe Prozesse in effizienter Weise konfigurierbar zu machen. Änderungen des Modells wären präzise nachvollziehbar. Sub-Komponenten des Modells könnten projektüber greifend wieder verwendet werden.

Diese Vorteile und Merkmale der Erfindung sind jedoch bestenfalls das Ergebnis des abstrakten Konzeptes, ein konfigurierbares Standardisierungsmodell bereitzustellen; sie stehen in keinem direkten Kausalzusammenhang mit einer konkreten technischen Problemlösung.

2.14 Die Beschwerdeführerin machte ferner geltend, die Erfindung erlaube die Konfiguration von komplexen Systemen in Echtzeit. Veränderungen der Konfiguration ließen sich sofort, ohne zeitlichen Verlust und ohne vorherigen Einsatz von DV-Fachleuten über alle betroffenen Projekte und Systeme hinweg durchgängig und gleichzeitig technisch durchführen, administrieren und managen.

Solche Leistungsmerkmale können für die Erfindung schon deshalb nicht in Anspruch genommen werden, weil die Erfindung kein konkretes System, sondern auf einer Meta-Ebene die Generierung eines abstrakten Standardisierungsmodells zum Gegenstand hat. Die hypothetische Möglichkeit, auf der Grundlage des beanspruchten Verfahrens ein Modell zu entwickeln, das die zeitnahe Konfiguration eines komplexen Zielsystems erlaubt, ist nicht ausreichend und kein Indiz, dass das beanspruchte Verfahren an sich einen erfinderischen Beitrag zum Stand der Technik leistet.

2.15 Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags weist daher in der Tat keine Merkmale auf, die einen über eine naheliegende Computerimplementierung hinausgehenden erfinderischen Beitrag zum Stand der Technik leisten könnten. Das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit ist daher nicht erfüllt.

3. Die Ansprüche gemäß Hilfsantrag wurden erstmals am 27. April 2012 in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht. Solche späten Anträge werden gemäß Artikel 13(3) VOBK nicht zugelassen, wenn sie Fragen aufwerfen, deren Behandlung der Kammer ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten ist.

3.1 Der Hilfsantrag verschiebt die Erfindung von einem Verfahren zum Erzeugen eines Projekt-Referenzmodells gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags hin zu einem Verfahren zur Generierung einer strukturierten Konfigurationsinformation mittels eines Projekt-Referenzmodells, was Gegenstand des Anspruchs 8 des Hauptantrags ist. Anspruch 1 des Hilfsantrags umfasst beide Ansprüche, sowohl die Merkmale des Anspruchs 1 wie auch des Anspruchs 8 des Hauptantrags, definiert also die Generierung von Konfigurationsinformation mittels eines Projekt-Referenzmodells unter anderem durch die Verfahrensschritte zur Erzeugung des Projekt-Referenzmodells.

3.2 Das führt unweigerlich zu Unklarheiten, und zwar sowohl in Bezug auf die technische Lehre, die dem Gegenstand des Anspruchs zugrunde liegt, wie auch in Bezug auf den Schutzbereich, der durch den Anspruch bestimmt werden soll. Für die Generierung von Information mittels eines Projekt-Referenzmodells mögen Inhalt und Struktur dieses Datenobjektes von Bedeutung sein. Ob bei der Erzeugung ein vorgegebenes Standardisierungsmodell benutzt wurde, wie das im Anspruch nun definiert ist, oder ob das Projekt-Referenzmodell ab initio konfiguriert wurde, kann für das beanspruchte Verfahren jedoch keinen Unterschied machen. Das Projekt-Referenzmodell spielt für das beanspruchte Verfahren nur die Rolle eines "Vorprodukts", dessen Entstehungsgeschichte für das beanspruchte Verfahren bedeutungslos sein sollte. Solche prima facie überflüssigen Anspruchsmerkmale führen aber zu Auslegungs schwierig keiten, wenn der Gegenstand der beanspruchten Erfindung zum Vergleich mit dem Stand der Technik oder zur Bestimmung des Schutzbereichs festgestellt werden muss. Anspruch 1 erfüllt daher nicht das Erfordernis der Deutlichkeit gemäß Artikel 84 EPÜ 1973.

3.3 Der Gegenstand des Hilfsantrags und der des schriftlichen Beschwerdeverfahrens unterscheiden sich wesentlich, so dass auch nach einer Klarstellung des Anspruchs 1 des Hilfsantrags erneut und in vollem Umfang in die Prüfung der Patentfähigkeit eingestiegen werden müsste.

3.4 Der Hilfsantrag wirft aus diesen Gründen umfangreiche Fragen auf, deren abschließende Behandlung die Verlegung der mündlichen Verhandlung erforderlich machen würde. Der Hilfsantrag wird daher nicht zugelassen.

4. Aus diesen Gründen ist keiner der Anträge gewährbar.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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