T 1339/07 () of 27.11.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T133907.20091127
Datum der Entscheidung: 27 November 2009
Aktenzeichen: T 1339/07
Anmeldenummer: 01101475.0
IPC-Klasse: G02B 21/26
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zum Positionieren eines optischen Bauteils in einem Strahlengang
Name des Anmelders: Leica Microsystems CMS GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 84
Schlagwörter: Klarheit (ja)
Neuheit und erfinderische Tätigkeit (ja-nach Änderung)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) richtet ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 01101475.0 (Veröffentlichungsnummer EP-A-1122575) zurückgewiesen worden ist.

II. In der angefochtenen Entscheidung vertritt die Prüfungsabteilung unter Hinweis auf zuvor ergangene Bescheide die Auffassung, dass

- der damals geltende Antrag mit zwei unabhängigen Ansprüchen 1 und 2 die Erfordernisse des Artikels 84 in Verbindung mit Regel 29 (2) EPÜ 1973 nicht erfülle,

- die Begriffe "Führung mit zwei planen Flächen" und "justiert angeordnet" sowie die Forderung nach einer Ausnehmung in den beiden unabhängigen Ansprüchen 1 und 2 vage seien (Artikel 84 EPÜ 1973) und

- der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 nicht neu sei (Artikel 52 (1) und 54 EPÜ 1973) und der unabhängige Anspruch 2 gegenüber Anspruch 1 keine zusätzlichen Merkmale enthalte, die eine erfinderische Tätigkeit begründen könnten (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ 1973).

Hierzu wurde auf folgende Dokumente verwiesen:

D2: DE-A-2055944

D4: EP-A-0069263

D11: JP-A-8114752 und englische Zusammenfassung aus Patent Abstracts of Japan

D12: JP-A-8129126 und englische Zusammenfassung aus Patent Abstracts of Japan.

III. Mit der Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin neu gefasste Anspruchssätze ein und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents.

IV. In ihrer Erwiderung auf eine der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügte Mitteilung der Kammer sowie auf zwei telephonische Rücksprachen mit dem Berichterstatter der Kammer reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 26. Oktober 2009 geänderte Ansprüche 1 bis 12 und neue Seiten 2 bis 13 der Beschreibung ein und beantragte, ein Patent auf der Grundlage dieser Unterlagen zusammen mit den ursprünglichen Abbildungen 1, 2 und 5 bis 7 (Brief vom 23. Oktober 2009, erster Absatz) zu erteilen. Daraufhin wurde die mündliche Verhandlung aufgehoben.

V. Die Fassung des geltenden Anspruchs 1 lautet wie folgt:

"Vorrichtung zum Positionieren eines optischen Bauteils (1) im Strahlengang (2) eines Mikroskops, mit einer Platte (3) und einem Führungsblock (5) für die Platte (3), wobei mehrere optische Bauteile (1) in einer Fassung justiert angeordnet sind, die als Magazin in Form der Platte (3) im Strahlengang (2) positionierbar ist, wobei die Platte (3) mit einer Führungsfläche (14) in dem Führungsblock (5) sitzt und mehrere Strahldurchlässe (13) aufweist, wobei der Führungsblock (5) einen Durchgang (4) für den Strahlengang (2), ein rechtwinklig ausgebildetes Führungsbett (18) für die Platte (3) und eine sich in Längsrichtung über die gesamte Länge erstreckende Ausnehmung (16) zum ungehinderten Bewegen der in der Platte (3) festgelegten optischen Bauteile (1) oder eine kreisringförmige Ausnehmung (16) zum ungehinderten Bewegen der in der Platte (3) festgelegten optischen Bauteile (1) aufweist, wobei die Platte (3) im Führungsbett (18) des Führungsblocks (5) mit einem auf die Führungsfläche (14) wirkenden Anpressdruck geführt ist und dadurch in der Führungsbahn gehalten ist und wobei die Platte (3) von oben aus dem Führungsblock (5) entnehmbar ist."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 12 beziehen sich auf bevorzugte Ausführungsformen der Vorrichtung gemäß Anspruch 1.

VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Gemäß der Druckschrift D11 ist der Führungsblock im Querschnitt als C- bzw. klammerförmiges Profil ausgebildet. Entsprechend umgreift der Führungsblock die dort eingeschobene Platte. Ein Entfernen der Platte ist ausschließlich in Längsrichtung möglich, wodurch zur Handhabung ein erheblicher Platzbedarf besteht, wenn die Platte ausgetauscht werden soll. Außerdem ist es gemäß der Druckschrift D11 erforderlich, den Führungsblock mit geringstmöglichem Spiel gegenüber der Platte zu fertigen. Die Druckschriften D2 und D4 bestätigen das nach der Druckschrift D11 realisierte Prinzip, wonach die Platte durch Bauteile bzw. Bestandteile des Führungsblocks allseitig umschlossen ist und dadurch zwangsgeführt wird; die Platte lässt sich ausschließlich in Längsrichtung aus dem Führungsblock herausziehen. Die bekannten Vorrichtungen sind somit umständlich in der Handhabung und erfordern vor allem zum Austausch der Platte einen erheblichen Raum, der bei Mikroskopen im dortigen Strahlengang selten zur Verfügung steht.

Die objektive Aufgabe besteht darin, eine entsprechende Vorrichtung im Strahlengang eines Mikroskops kleinstmöglich bauen zu können, insbesondere in Bezug auf den Austausch der die Bauteile tragenden Platte; außerdem soll bei einfachster Konstruktion ein spielfreies Verschieben der Platte im Strahlengang möglich sein, ohne nachkalibrieren zu müssen. Keine der genannten Druckschriften gibt eine Veranlassung, von der aus dem Stand der Technik bekannten Zwangsführung auf eine kippfreie Führung der Platte durch Realisierung eines Anpressdrucks zu wechseln.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergibt sich aus den Merkmalen der ursprünglichen Ansprüche 1, 6, 8 und 12 in Kombination mit den in der ursprünglichen Beschreibung, Seite 5, Zeilen 15 und 16 und Seite 8, Zeilen 14 bis 18 offenbarten Merkmalen; die Merkmale der abhängigen Ansprüche 2 bis 12 entsprechen denjenigen der ursprünglichen abhängigen Ansprüche 3 bis 7, 9 bis 11 und 13 bis 15 (Artikel 123 (2) EPÜ). Die Änderungen in der Beschreibung betreffen die Anpassung an Anspruch 1 (Artikel 84 und Regel 27 (1) c) EPÜ 1973) und die Würdigung des Standes der Technik (Regel 27 (1) b) EPÜ 1973). Die Änderungen erfüllen somit die formellen Voraussetzungen des EPÜ.

3. Artikel 84 EPÜ 1973

Der Satz geänderter Ansprüche 1 bis 12 gemäß dem geltenden Antrag beinhaltet einen einzigen unabhängigen Anspruch. Damit ist der von der Prüfungsabteilung erhobene Einwand bezüglich eines Verstoßes gegen Artikel 84 in Verbindung mit Regel 29 (2) EPÜ 1973 ausgeräumt worden.

Der Begriff "justiert angeordnet" in der Formulierung des Anspruchs 1 "mehrere optische Bauteile [sind] in einer Fassung justiert angeordnet" wurde von der Prüfungsabteilung nach Artikel 84 EPÜ 1973 als "vage" beanstandet. Der beanstandete Begriff ist dem Fachmann in dem hier maßgebenden Fachgebiet der optischen Bauteile jedoch geläufig und nach Meinung der Kammer in seinem Kontext von der technischen Bedeutung her ausreichend klar und eindeutig.

Die Forderung der beanspruchten Erfindung, wonach der Führungsblock u.a. eine sich in Längsrichtung über die gesamte Länge erstreckende oder eine kreisringförmige Ausnehmung zum ungehinderten Bewegen der in der Platte festgelegten optischen Bauteile aufweist, wurde von der Prüfungsabteilung auch nach Artikel 84 EPÜ 1973 als "vage" und als "trivial" beanstandet, "da dies Voraussetzung für die freie Bewegbarkeit in jedem Filterhalter" sei. Die Kammer kann jedoch in der Begründung der Prüfungsabteilung keinerlei Grund erkennen, die Klarheit des Anspruchs in Frage zu stellen.

Der von der Prüfungsabteilung gemäß Artikel 84 EPÜ 1973 beanstandete Ausdruck "Führung mit zwei planen Flächen" ist in den geltenden Ansprüchen nicht mehr vorhanden.

Die Kammer hat sich davon überzeugt, dass ansonsten die Ansprüche in der geltenden Fassung den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ 1973 entsprechen.

4. Neuheit und erfinderische Tätigkeit

4.1 In ihrer Entscheidung hielt die Prüfungsabteilung den Gegenstand des damals geltenden Anspruch 1 nicht für neu gegenüber den Lehren der Dokumente D2, D4, D11 und D12. Diese Dokumente offenbaren verschiedene Vorrichtungen zum Positionieren einer Reihe von optischen Bauteilen im Strahlengang eines Mikroskops. Die Vorrichtungen bestehen aus einer als Fassung bzw. Magazin dienenden Platte, in der die optischen Bauteile justiert angeordnet sind, und einem Führungsblock mit einer als Führungsbahn dienenden Ausnehmung, in der die Platte so geführt und bewegt wird, dass wahlweise das eine oder andere optische Bauteil in seine Arbeitsposition in dem Strahlengang des Mikroskops verbracht werden kann (D2, Fig. 1 und 2; D4, Fig. 1 und 3; D11, Fig. 1 bis 6 und Zusammenfassung; und D12, Fig. 1 bis 9 und Zusammenfassung).

Der geltende Anspruch 1 ist gegenüber dem zurückgewiesenen Anspruch 1 u.a. dadurch eingeschränkt worden, dass nunmehr die Platte, die mit einer Führungsfläche im Führungsblock sitzt, mit einem auf die Führungsfläche wirkenden Anpressdruck geführt wird und dadurch in der Führungsbahn gehalten ist, wobei die Platte von oben aus dem Führungsblock entnehmbar ist.

Die Vorrichtungen gemäß den Dokumenten D4, D11 und D12 weisen auch eine Anpressdruckeinrichtung auf, mit der die Platte in der Ausnehmung gehalten bzw. beweglich geführt wird (D4, federnde Raste 11 in Fig. 1 und 3 und Seite 4, Zeilen 4 bis 32; D11, Kugelelemente 48, 75 und Blattfedern 46, 73 in Fig. 2 und 6, siehe auch englische Zusammenfassung, Zeilen 10 und 11; D12, Anpressdruckeinrichtung 73 und 75 bzw. 64 und 65 in Fig. 5 und 9). Während in diesen Dokumenten und auch im Dokument D2 die Ausnehmung des Führungsblocks so ausgestaltet ist, dass der Führungsblock im Querschnitt als geschlossenes bzw. klammerförmiges Profil ausgebildet ist und die Platte in der Ausnehmung eingeschoben und vom Führungsblock vollständig (D2, Fig. 1, D4, Fig. 1 und 3 und D12, Fig. 1, 3 und 7) oder mindestens teilweise (D11, Fig. 2 und 3) umschlossen ist, verzichtet die beanspruchte Erfindung auf eine die Platte umschließende Ausgestaltung des Führungsblocks, so dass die Platte "von oben aus dem Führungsblock entnehmbar ist". Damit wird die Platte in der beanspruchten Vorrichtung ausschließlich aufgrund des Anpressdrucks und nicht etwa - wie in den genannten Dokumenten - aufgrund einer Umschließung der Platte in der Führungsbahn geführt und gehalten. Außerdem kann die Platte von oben aus dem Führungsblock entnommen werden und zwar ausschließlich unter Überwindung des Anpressdrucks, während bei den aus den Dokumenten D2, D4, D11 und D12 bekannten Vorrichtungen ein Entfernen bzw. Austausch der Platte ausschließlich in Längsrichtung der Ausnehmung möglich ist, was auch einen erheblichen Platzbedarf erfordert.

Keines der genannten Dokumente D2, D4, D11 und D12 offenbart eine Vorrichtung, die in der beanspruchten Weise gestaltet ist. Außerdem basieren die in diesen Dokumenten offenbarten Vorrichtungen bezüglich der Führung der Platte in dem Führungsblock auf einem unterschiedlichen Prinzip, so dass daraus keinerlei Anregung entnommen werden kann, für die Erreichung der angestrebten Effekte, nämlich ein spielfreies Verschieben der Platte im Strahlengang und ein einfaches Entfernen bzw. einen einfachen Austausch der Platte bei kleinstmöglichen Raum zu ermöglichen (Seite 5, Zeilen 12 bis 26, Seite 8, Zeilen 14 bis 27, Seite 11, Zeilen 3 bis 12, und Seite 14, Zeilen 9 bis 22 der Beschreibung), zur beanspruchten Ausgestaltung des Führungsblocks und der Platte zu greifen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 wird daher durch die Lehre der Entgegenhaltungen D2, D4, D11 and D12 nicht nahegelegt. Auch keine der übrigen verfügbaren Druckschriften enthält irgendwelche Anregungen zu dem Gegenstand des Anspruchs 1.

Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 52 (1) EPÜ und Artikel 54 (1) und 56 EPÜ 1973). Gleiches gilt für die abhängigen Ansprüche 2 bis 12, die auf vorteilhafte Weiterbildungen des Gegenstandes von Anspruch 1 gerichtet sind.

4.2 Der von der Prüfungsabteilung erhobene Einwand mangelnder erfinderischen Tätigkeit betraf den damals geltenden unabhängigen Anspruch 2, der auf eine alternative Ausgestaltung des optischen Bauteils als monolithisches Substrat gerichtet war. Diese alternative Ausführungsform der Erfindung wurde allerdings im Beschwerdeverfahren nicht mehr weiterverfolgt. Daher erübrigen sich nähere Ausführungen hierzu.

5. Nachdem nach Auffassung der Kammer die Patentanmeldung in der vorliegenden Fassung und die Erfindung, die sie zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen, hat die Erteilung eines Patents in dieser Fassung zu erfolgen (Artikel 97 (1) EPÜ und 111 (1) EPÜ 1973).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

- Ansprüche 1 bis 12, eingereicht mit Schreiben vom 26. Oktober 2009,

- Seiten 2 bis 13 der Beschreibung, eingereicht mit Schreiben vom 26. Oktober 2009 und

- ursprünglich eingereichte Zeichnungsblätter 1/7, 2/7 und 5/7 bis 7/7 (Abb. 1, 2 und 5 bis 7).

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