T 1324/07 () of 14.10.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T132407.20101014
Datum der Entscheidung: 14 October 2010
Aktenzeichen: T 1324/07
Anmeldenummer: 98932026.2
IPC-Klasse: G07D 1/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Anwendung und Verfahren zur Prüfung von Dokumenten mit beugungsoptisch wirksamen Sicherheitsschichten
Name des Anmelders: WHD elektronische Prüftechnik GmbH
Name des Einsprechenden: GIESECKE & DEVRIENT GmbH
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 15(3)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention 1973 Art 102(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 0 978 108 gemäß Artikel 102(2) EPÜ 1973 zurückzuweisen.

II. Der Einspruch gegen das Patent in vollem Umfang war auf die Gründe des Artikels 100(a) EPÜ 1973, insbesondere Artikel 56 EPÜ 1973, gestützt.

III. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer wurde in Abwesenheit der Beschwerdegegnerin gehalten (Regel 115(2) EPÜ, Artikel 15(3) VOBk).

In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer beantragte die Beschwerdeführerin und Einsprechende die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin beantragte schriftlich, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag) oder hilfsweise, Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Aufrechterhaltung des Patents im geänderten Umfang auf der Grundlage einer der Hilfsanträge 1 bis 5, alle eingereicht mit Schreiben vom 31. März 2008.

IV. Der unabhängige Anspruch 1 des erteilten Patents lautet:

"1. Anwendung des Verfahrens zur Prüfung von Dokumenten unter Nutzung der kapazitiven Kopplung zwischen Sender und Empfänger und Übertragung von Energie zwischen Sender und Empfänger durch elektrisch leitende Sicherheitsmaterialien,

dadurch gekennzeichnet,

daß zur Echtheitsprüfung von Dokumenten mit beugungsoptisch wirksamen Sicherheitsschichten mit diskontinuierlicher Metallisierungsschicht (14) oder partiell metallischen Schichten (12, 20) oder Zonen metallischer Schichten in unterschiedlichen Ebenen die elektrische Leitfähigkeit bestimmt und ausgewertet wird."

Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags beinhaltet, am Ende des Anspruchs 1 des Hauptantrags, das zusätzliche Merkmal:

"wobei ein Signalbild des Prüflings von der Struktur der Schicht abhängt und zur Echtheitsprüfung mit entsprechenden Referenzsignalen verglichen wird."

Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags lautet:

"1. Anwendung des Verfahrens zur Prüfung von Dokumenten unter Nutzung der kapazitiven Kopplung zwischen Sender und Empfänger und Übertragung von Energie zwischen Sender und Empfänger durch elektrisch leitende Sicherheitsmaterialien, wobei

- zur Echtheitsprüfung von Dokumenten mit beugungsoptisch wirksamen Sicherheitsschichten mit diskontinuierlicher Metallisierungsschicht (14) oder partiell metallischen Schichten (12, 20) oder Zonen metallischer Schichten in unterschiedlichen Ebenen die elektrische Leitfähigkeit bestimmt und ausgewertet wird und

- Echtheitsmerkmale der beugungsoptisch wirksamen Schicht, die zusätzlich in demetallisierte Segmente innerhalb von diskontinuierlichen Metallisierungsschichten (14) und/oder partiell metallischen Schichten (12, 20) und/oder zwischen Zonen metallischer Schichten in unterschiedlichen Ebenen eingebracht sind, geprüft werden."

Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags lautet:

"1. Anwendung des Verfahrens zur Prüfung von Dokumenten unter Nutzung der kapazitiven Kopplung zwischen Sender und Empfänger und Übertragung von Energie zwischen Sender und Empfänger durch elektrisch leitende Sicherheitsmaterialien, wobei

- zur Echtheitsprüfung von Dokumenten mit beugungsoptisch wirksamen Sicherheitsschichten mit diskontinuierlicher Metallisierungsschicht (14) oder partiell metallischen Schichten (12, 20) oder Zonen metallischer Schichten in unterschiedlichen Ebenen die elektrische Leitfähigkeit bestimmt und ausgewertet wird,

- ein Signalbild des Prüflings von der Struktur der Schicht abhängt und zur Echtheitsprüfung mit entsprechenden Referenzsignalen verglichen wird und

- Echtheitsmerkmale der beugungsoptisch wirksamen Schicht, die zusätzlich in demetallisierte Segmente innerhalb von diskontinuierlichen Metallisierungsschichten (14) und/oder partiell metallischen Schichten (12, 20) und/oder zwischen Zonen metallischer Schichten in unterschiedlichen Ebenen eingebracht sind, geprüft werden."

Anspruch 1 des 4. Hilfsantrags lautet:

"1. Anwendung des Verfahrens zur Prüfung von Dokumenten unter Nutzung der kapazitiven Kopplung zwischen Sender und Empfänger und Übertragung von Energie zwischen Sender und Empfänger durch elektrisch leitende Sicherheitsmaterialien, wobei

- zur Echtheitsprüfung von Dokumenten mit beugungsoptisch wirksamen Sicherheitsschichten mit diskontinuierlicher Metallisierungsschicht (14) oder partiell metallischen Schichten (12, 20) oder Zonen metallischer Schichten in unterschiedlichen Ebenen die elektrische Leitfähigkeit bestimmt und ausgewertet wird,

- Echtheitsmerkmale der beugungsoptisch wirksamen Schicht, die zusätzlich in demetallisierte Segmente innerhalb von diskontinuierlichen Metallisierungsschichten (14) und/oder partiell metallischen Schichten (12, 20) und/oder zwischen Zonen metallischer Schichten in unterschiedlichen Ebenen eingebracht sind, geprüft werden und

- ein Sensorträger verwendet wird, der alle Sensoren zur Detektion von Echtheitsmerkmalen aufnimmt."

Anspruch 1 des 5. Hilfsantrags lautet:

"1. Anwendung des Verfahrens zur Prüfung von Dokumenten unter Nutzung der kapazitiven Kopplung zwischen Sender und Empfänger und Übertragung von Energie zwischen Sender und Empfänger durch elektrisch leitende Sicherheitsmaterialien, wobei

- zur Echtheitsprüfung von Dokumenten mit beugungsoptisch wirksamen Sicherheitsschichten mit diskontinuierlicher Metallisierungsschicht (14) oder partiell metallischen Schichten (12, 20) oder Zonen metallischer Schichten in unterschiedlichen Ebenen die elektrische Leitfähigkeit bestimmt und ausgewertet wird,

- wobei ein Signalbild des Prüflings von der Struktur der Schicht abhängt und zur Echtheitsprüfung mit entsprechenden Referenzsignalen verglichen wird,

- Echtheitsmerkmale der beugungsoptisch wirksamen Schicht, die zusätzlich in demetallisierte Segmente innerhalb von diskontinuierlichen Metallisierungsschichten (14) und/oder partiell metallischen Schichten (12, 20) und/oder zwischen Zonen metallischer Schichten in unterschiedlichen Ebenen eingebracht sind, geprüft werden und

- ein Sensorträger verwendet wird, der alle Sensoren zur Detektion von Echtheitsmerkmalen aufnimmt."

Jeder der Anspruchsätze beinhaltet auch einen weiteren unabhängigen Anspruch, der auf ein Verfahren zur Prüfung von Dokumenten gerichtet ist.

V. Folgende Dokumente wurden u. a. in der erstinstanzlichen Entscheidung berücksichtigt:

E1 = DE 195 12 921 A

E3 = EP 0 330 733 A

E4 = DE 38 43 077 A.

VI. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass die Anwendung gemäß Anspruch 1 des erteilten Patents u. a. aus folgenden Gründen erfinderisch sei:

- E4 offenbare die Verwendung der kapazitiven Kopplung zur Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit von Sicherheitsschichten gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Nicht bekannt aus E4 sei jedoch die Verwendung beugungsoptisch wirksamer Sicherheitsschichten bzw. deren Prüfung hinsichtlich ihrer elektrischen Leitfähigkeit.

- Ausgehend von der E4 ergäbe sich für den Fachmann eine zweistufige Aufgabenstellung. Der Fachmann stehe zum einen vor der technischen Aufgabenstellung "die Sicherheit des Dokuments zu verbessern", zum anderen "die somit erhöhte Sicherheit vereinfacht zu prüfen". Obwohl in der E4 eine Kombination von visuellen und maschinellen Echtheitserkennungsverfahren (magnetisch, absorbierend, lumineszierend, elektrisch) auf einem Dokument angedeutet werde, sähe der Fachmann hieraus keine Veranlassung, nach einem Dokument mit beugungsoptisch wirksamen Sicherheitselementen zu suchen. Die vom Streitpatent erbrachte erfinderische Leistung sei darin zu sehen, dass die in der E4 angewandte kapazitive Messung auf Sicherheitsmerkmale mit beugungsoptisch wirksamen Effekten angewendet werde. Ferner führe die E3 den Fachmann von einem kapazitiven Messverfahren - wie im angegriffenen Patent beansprucht - weg, da dort der Schwerpunkt auf eine Prüfung im optisch visuellen Bereich gesetzt werde.

VII. Zur Begründung ihres Antrags führte die Beschwerdeführerin und Einsprechende folgendes aus:

- Als einzig verbleibender Unterschied zwischen der Offenbarung der E4 und dem Gegenstand des Anspruchs 1 verbleibe das Merkmal, wonach es sich bei den elektrisch leitenden Sicherheitsschichten um beugungsoptische Sicherheitsschichten handele.

- Wenn man der von der Einspruchsabteilung in den Entscheidungsgründen hergeleiteten technischen Aufgabenstellung folge, wonach zum einen die Sicherheit des Dokuments verbessert werden solle und zum anderen dieses Dokument anschließend vereinfacht geprüft werde, gelange der Fachmann ausgehend von E4 und unter Berücksichtigung der E3 ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1. Eine einfache Verbesserung der Sicherheit eines Wertdokuments, z. B. einer Banknote, stelle kein zusätzliches technisches Merkmal dar, das im Zusammenhang mit der Überprüfung eines Dokuments einen besonderen technischen Effekt aufweise. Vielmehr sei die Ausstattung von (Wert-)Dokumenten mit mehreren Sicherheitsmerkmalen Stand der Technik und dem Fachmann seit langem bekannt. Auch in der E4 seien entsprechende Hinweise gegeben. Dort sei z. B. angegeben, dass der in E4 beschriebene Sicherheitsfaden zusätzlich über lumineszierende Eigenschaften verfüge, welche bekanntermaßen eine weitere Absicherung des Dokuments bewirken würden. Auch im Streitpatent werde ausgeführt, dass weitere Echtheitsmerkmale wie beispielsweise fluoreszierende oder phosphoreszierende Eigenschaften eine weitere Erhöhung der Prüfsicherheit bewirken würden. Somit sei es dem Fachmann geläufig gewesen, die Sicherheit von Dokumenten durch den Einsatz weiterer Echtheitsmerkmale abzusichern. Die Verwendung beugungsoptischer Schichten zur Absicherung eines Dokuments sei somit nicht eine weitere Aufgabe, die vor der eigentlichen Aufgabe zu lösen sei, da sowohl E3 als auch das Streitpatent von an sich bekannten Dokumenten mit mehreren Sicherheitsmerkmalen ausgehen würden und lediglich ein Verfahren zur Prüfung derartiger Dokumente bzw. deren bekannter Sicherheitsmerkmale angäben.

- Ebenso könne den Ausführungen der Einspruchsabteilung, wonach eine Kombination der E4 mit der E3 dazu führen würde, dass die für die kapazitive Messung notwendigen Merkmale neben den für die beugungsoptisch wirksamen Effekte notwendigen Merkmalen platziert würden, nicht gefolgt werden. Zum einen lasse es der Wortlaut des Anspruchs 1 offen, ob neben den beugungsoptisch wirksamen Sicherheitsschichten bildenden Metallisierungs-schlichten weitere Metallisierungsschichten vorhanden seien, zum anderen sei der E3 klar entnehmbar, dass beim dort beschriebenen Sicherheitsfaden die für das Reflexionshologramm verwendete Metallschicht gleichzeitig für die Erzeugung eines in Durchsicht erscheinenden Schriftzugs verwendet werde, dessen Herstellung die eigentliche Lehre des Dokuments E3 sei. E3 beschreibe somit die Erzeugung von beugungsoptischen Schichten auf ein und demselben Sicherheitsfaden. Es sei nicht ersichtlich, wie der Fachmann dazu komme, neben dem in E3 beschriebenen Sicherheitsfaden weitere beugungsoptisch wirksame Sicherheitsschichten vorzusehen.

- Zu Hilfsantrag 1: Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass das Signalbild des Prüflings von der Struktur der metallisierten Schichten abhänge, da ja gerade die unterschiedlich metallisierten Schichten das Echtheitsmerkmal bilden sollen.

- Zu Hilfsantrag 2: Es handle sich bei den zusätzlich zu prüfenden Echtheitsmerkmalen um Echtheitsmerkmale, die optische Eigenschaften aufwiesen, wie z. B. aus E3 bekannt (Lumineszenz).

- Zu Hilfsantrag 4: Das zusätzliche Merkmal wonach ein Sensorträger verwendet werde, der alle Sensoren zur Detektion von Echtheitsmerkmalen aufnehme, sei eine handwerkliche Maßnahme, die im Ermessen des Fachmannes liege.

VIII. Zur Begründung ihres Antrags führte die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin folgendes aus:

- Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei zu berücksichtigen, dass aus keinem der im Verfahren befindlichen Dokumente die Anwendung kapazitiver Messverfahren zur Prüfung der Leitfähigkeit von Strukturen beugungsoptisch wirksamer Sicherheitsschichten in Dokumenten bekannt sei oder Hinweise darauf zu finden seien.

- E3 offenbare ein Sicherheitselement in Form eines Fadens oder Bandes, mit im Durchlicht sichtbaren maschinell lesbaren Zeichen. Jedoch sei "maschinell" ein sehr weit gefasster Begriff und sage ohne weitere Erläuterungen nichts darüber aus, nach welchen Verfahren ein solcher Sicherheitsfaden geprüft werde. Der Fachmann könne aus E3 keine Hinweise auf die Anwendung eines kapazitiven Messverfahrens entnehmen. Anregungen aus E3 würden den Fachmann eher darauf führen, die optische Prüfung zu automatisieren, z.B. durch Aufnahme eines optischen Bildes und automatischen Auswertung des Bildes.

- In E4 werde das an sich bekannte kapazitive Messverfahren zur Messung der Wechselstromleitfähigkeit erwähnt. Hierin erschöpften sich aber bereits die Gemeinsamkeiten mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents. Das in der E4 diskutierte Problem sei, dass bei einem Sicherheitselement in Form eines Fadens oder Bandes es zu einer vollständigen Unterbrechung der metallischen Schicht kommen könne, wodurch der Sicherheitsfaden seine maschinell prüfbare elektrische Leitfähigkeit über die gesamte Fadenlange verliere. Die beschriebene Lösung liege darin, zwei leitfähige Schichten zu verwenden, die durch eine nicht leitfähige Schicht kapazitiv gekoppelt seien. Würden in den Metallschichten Risse auftreten, so wirkten die durch diese Risse unterbrochenen Metallschichten mit dem Dielektrikum dazwischen, wie hintereinander geschaltete Kondensatoren. Dadurch werde eine Wechselstromleitfähigkeit aufrechterhalten, wenn nicht an gleicher Stelle des Fadens beide Metallschichten völlig unterbrochen seien. Bei dem Problem und auch bei der Lösung, die in E4 diskutiert werde, handele es sich daher um etwas anderes als beim Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents. Beim Streitpatent werden absichtlich strukturierte Schichten hinsichtlich ihrer elektrischen Leitfähigkeit bestimmt und ausgewertet. Beim Sicherheitsfaden gemäß E4, träten die Unterbrechungen ungewollt auf. Ferner handle es sich beim Gegenstand der E4 ausschließlich um einen Sicherheitsfaden. Beim Prüfobjekt gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents handle es sich um eine beugungsoptisch wirksame Sicherheitsschicht.

- Im Ergebnis sei festzustellen, dass weder E4 noch E3 einen Hinweis darauf gäben, dass die Struktur eines beugungsoptisch wirksamen Sicherheitselements zur Echtheitsprüfung von Dokumenten hinsichtlich ihrer elektrischen Leitfähigkeit bestimmt und ausgewertet werde, wobei das Prinzip der kapazitiven Kopplung zwischen Sender und Empfänger angewendet werde.

- Die Hilfsanträge 1, 3 und 5 unterschieden sich von ihrem unmittelbar übergeordneten Antrag jeweils durch das Merkmal, dass ein Signalbild des Prüflings von der Struktur der Schicht abhänge und zur Echtheitsprüfung mit entsprechenden Referenzsignalen verglichen werde.

- Der 2. Hilfsantrag sei gegenüber den erteilten Anspruch 1 um das Merkmal eingeschränkt, dass Echtheitsmerkmale der beugungsoptisch wirksamen Schicht, die zusätzlich in demetallisierte Segmente innerhalb von diskontinuierlichen Metallisierungsschichten und/oder partiell metallischen Schichten und/oder zwischen Zonen metallischer Schichten in unterschiedlichen Ebenen eingebracht sind, geprüft werden. Es werde daher vorgeschlagen, zur Echtheitsprüfung von Dokumenten eine beugungsoptisch wirksame Sicherheitsschicht elektrisch und anhand des zusätzlichen Echtheitsmerkmals zu prüfen. Dabei sei das zusätzliche Echtheitsmerkmal in die beugungsoptisch wirksame Sicherheitsschicht integriert. Diese hoch integrierte Form von verschiedenen Echtheitsmerkmalen in eine beugungsoptisch wirksame Sicherheitsschicht sei aus keiner der Entgegenhaltungen bekannt oder nahegelegt. Gegenüber einer Verfahrensweise, die solch verschiedene Echtheitsmerkmale an verschiedenen Orten auf einem zu prüfenden Dokument vornehme, habe das Verfahren den Vorteil, dass die Echtheitsmerkmale in definierter räumlicher Beziehung zueinander stünden. Würde ein Fälscher beispielsweise zwar die elektrische Leitfähigkeit der beugungsoptisch wirksamen Sicherheitsschicht wie bei einem echten Dokument ausführen, jedoch das zusätzliche Sicherheitsmerkmal am falschen Ort innerhalb dieser Schicht vorsehen, könne dies mit dem erfindungsgemäßen Verfahren detektiert werden.

- Gegenüber dem 2. Hilfsantrag sei im Anspruch 1 des 4. Hilfsantrags zusätzlich das Merkmal aufgenommen, wonach ein Sensorträger verwendet werde, der alle Sensoren zur Detektion von Echtheitsmerkmalen aufnehme. Ein solcher Sensorträger habe den Vorteil, dass Detektions- und Messfehler vermieden werden können. Ferner seien die Abstände zwischen den Sensoren minimiert und die Sensoren immer in definierter Lage (relativ zueinander) angeordnet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag - Anspruch 1

2.1 Es ist unbestritten, dass Dokument E4 ein Verfahren zur Prüfung von Dokumenten unter Nutzung der kapazitiven Kopplung zwischen Sender und Empfänger und Übertragung von Energie zwischen Sender und Empfänger durch elektrisch leitende Sicherheitsmaterialien, d.h. den Oberbegriff des Anspruchs 1, als an sich schon bekannt, offenbart (Spalte 3, Zeilen 43 bis 66).

Der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 beinhaltet, dass zur Echtheitsprüfung von Dokumenten mit beugungsoptisch wirksamen Sicherheitsschichten ... die elektrische Leitfähigkeit bestimmt und ausgewertet wird.

2.2 Die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Anwendung kapazitiver Messverfahren zur Prüfung der Leitfähigkeit von Strukturen beugungsoptisch wirksamer Sicherheitsschichten in Dokumenten weder bekannt noch durch den Stand der Technik nahegelegt sei.

2.3 Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass Anspruch 1 lediglich die Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit von Dokumenten mit beugungsoptisch wirksamen Sicherheitsschichten beinhaltet. Das Merkmal einer Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit der beugungsoptisch wirksamen Sicherheitsschicht ist in Anspruch 1 nicht enthalten.

Somit führen die Ausführungen der Beschwerdegegnerin ins Leere, da sie einen anderen Gegenstand als den von ihr beanspruchten betreffen.

2.4 Die von der Anwendung gemäß Anspruch 1 gelöste Aufgabe kann darin gesehen werden, das aus E4 bekannte Dokument mit weiteren Sicherheitsmerkmalen auszustatten.

2.5 Die Verwendung von Beugungsgitter oder Hologramme als Sicherheitselement für Dokumente ist in E3 offenbart (Spalte 4, Zeilen 35 bis 40).

2.6 Für den Fachmann ist es somit naheliegend, das aus E4 bekannte Dokument, das einen leitenden Sicherheitsfaden beinhaltet, zusätzlich mit einem beugungsoptisch wirksamen Sicherheitselement, wie aus E3 bekannt, auszustatten, wobei die elektrischen Leitfähigkeit des leitenden Sicherheitsfaden nach wie vor durch kapazitive Kopplung in einer entsprechenden Messvorrichtung bestimmt wird. Somit wird die elektrische Leitfähigkeit des Dokuments jedoch nicht die der beugungsoptisch wirksamen Sicherheitsschicht bestimmt.

2.7 Die Kammer hat im Anhang zur mündlichen Verhandlung angekündigt, dass die Frage der erfinderischen Tätigkeit gegenüber u. a. den Dokumenten E3 und E4 in der mündlichen Verhandlung zu erörtern sei.

Obwohl die unter Punkt 2.3 dargelegte Auslegung des Anspruchs 1 während des schriftlichen Verfahrens nicht vorgetragen wurde, kann die ordnungsgemäß geladene Beschwerdegegnerin durch absichtliches Fernbleiben von der von der Kammer angesetzten mündlichen Verhandlung die Berücksichtigung dieser Anspruchsauslegung unter Hinweis auf ihr rechtliches Gehör gemäß Artikel 113(1) EPÜ nicht verhindern. Eine Auslegung des beanspruchten Gegenstands ist nämlich ein Kernelement der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Das Auslegen des Anspruchsgegenstands durch die Kammer bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit kann deshalb eine Partei nicht überraschen.

Ferner ist die Kammer nicht verpflichtet ihre Entscheidung aufzuschieben, nur weil ein ordnungsgemäß geladener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend ist; dieser kann dann so behandelt werden, als stütze er sich lediglich auf sein schriftliches Vorbringen (Artikel 15(2) VOBK).

2.8 Aus diesen Gründen entscheidet die Kammer, dass die Anwendung gemäß Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ 1973 beruht.

3. 1. Hilfsantrag - Anspruch 1

3.1 Anspruch 1 dieses Antrags enthält das zusätzliche Merkmal, dass ein Signalbild des Prüflings von der Struktur der Schicht abhängt und zur Echtheitsprüfung mit entsprechenden Referenzsignalen verglichen wird.

3.2 Nach Auffassung der Kammer ist unter "Prüfling" das zu prüfende Dokument und unter der "Struktur der Schicht" die Struktur der beugungsoptisch wirksamen Sicherheitsschichten zu verstehen. Somit beinhaltet Anspruch 1 dieses Antrags, in Gegenzug zum Anspruch 1 des Hauptantrags, einen direkten Bezug auf die Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit der beugungsoptisch wirksamen Sicherheitsschicht.

3.3 Die Beschwerdeführerin und Einsprechende hat dargelegt, dass E3 ein Sicherheitselement in Form eines Fadens zur Einbettung in Sicherheitsdokumente offenbart (Zusammenfassung). Es sei dem Fachmann jedoch bekannt, das Vorhandensein und die Echtheit von Sicherheitsfäden durch kapazitive Messung der elektrischen Leitfähigkeit, wie in E4 offenbart, zu bestimmen. Die in E3 offenbarten Sicherheitsfäden bestünden aus einer transparenten Kunststofffolie, die auf einer Seite mit einer Metallbeschichtung versehen sei, auf die Beugungsgitter oder Hologramme strukturiert seien und mittels denen sich verschiedene Farbeffekte erzielen ließen (E3, Spalte 3, Zeilen 23 bis 26; Spalte 4, Zeilen 35 bis 40). Somit sei es für den Fachmann naheliegend, den aus E4 bekannte Sicherheitsfaden durch den in E3 offenbarten Sicherheitsfaden zu ergänzen oder zu ersetzen. Die Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit dieses Fadens sei eine weitere offensichtliche Maßnahme, da im Patent nicht offenbart sei, die Leitfähigkeit der Merkmale die den beugungsoptisch wirksamen Effekt erzeugen, d. h. die Struktur des Hologramms, sondern nur das Signalbild der Struktur dieser Schicht zu bestimmen. Dieses Signalbild könne jedoch von groben Merkmalen bestimmt sein, wie z. B. Aussparungen oder eingestanzte Buchstaben, die nicht in Zusammenhang mit den beugungsoptisch wirksamen Effekt stünden.

3.4 Wie schon unter Punkt 2.2 erwähnt, hat die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Anwendung kapazitiver Messverfahren zur Prüfung der Leitfähigkeit von Strukturen beugungsoptisch wirksamer Sicherheitsschichten in Dokumenten weder bekannt noch durch den Stand der Technik nahegelegt sei.

3.5 Die Kammer stimmt jedoch der Beschwerdeführerin bei, dass aus dem Patent nicht ersichtlich ist, welche Merkmale des beugungsoptisch wirksamen Sicherheitselements (in der weiteren Diskussion, der Kürze wegen, Hologramm benannt) durch die kapazitive Leitfähigkeitsmessung erfasst werden. Ein Hologramm hat einerseits eine feine Struktur, die der Wellenlänge des sichtbaren Lichts entspricht, kann jedoch auch eine gröbere Struktur aufweisen, die in E3 z.B. Buchstaben oder Markierungen umfasst (wie in Figur 10 dargestellt). Das angegriffenen Patent offenbart nicht welche dieser Strukturen die kapazitive Messmethode auflösen kann und wie sie jeweils das Signalbild beeinflussen.

3.6 In ihrer Entscheidung ist die Einspruchsabteilung davon ausgegangen, dass die feine Struktur des Hologramms das Signalbild beeinflusst. Die Kammer ist jedoch hiervon nicht überzeugt, da eine Auflösung mittels eines kapazitiven Messverfahrens im optischen Wellenlängebereich schwer vorstellbar ist. Die Leitfähigkeitsbestimmung der groben Struktur des Fadens ist jedoch vollkommen unabhängig von der Tatsache ob der Faden zusätzlich beugungsoptisch wirksam ist. Diese Bestimmung entspricht der konventionellen Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit eines Sicherheitsfadens, wie es in E4, als an sich bekannt, offenbart ist (Spalte 3, Zeilen 43 bis 66).

3.7 Die Kammer ist somit der Auffassung, dass der Fachmann den in E3 offenbarten Sicherheitsfaden in einem zu sichernden Dokument verwenden würde. Zur Echtheitsprüfung dieses Dokuments stehen dem Fachmann die in E3 benannten optischen Erkennungsmerkmale sowie die bekannte kapazitive Bestimmung der Leitfähigkeit zur Verfügung, wobei einerseits die optischen Erkennungsmerkmale durch das Hologramm und die eingeprägten Buchstaben oder Zeichen bedingt sind und andererseits die Buchstaben oder Zeichen das Signalbild der elektrischen Leitfähigkeitmessung bestimmen. Die kapazitive Leitfähigkeitsmessung der groben Merkmale einer metallischen Struktur, wie z.B. auch die eines Hologramms, ist jedoch das Standardverfahren das der Fachmann bei der Überprüfung leitender Sicherheitsfäden gemäß dem Stand der Technik angewandt hat.

3.8 Das letzte Merkmal des Anspruchs 1, dass zur Echtheitsprüfung das erhaltene Signalbild mit Referenzsignalen verglichen wird, ist für den Fachmann als eine Selbstverständlichkeit zu betrachten, da eine Echtheitsprüfung anders schwer vorstellbar ist.

3.9 Aus diesen Gründen entscheidet die Kammer, dass die Anwendung gemäß Anspruch 1 dieses Antrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ 1973 beruht.

4. 2. Hilfsantrag - Anspruch 1

4.1 Anspruch 1 dieses Antrags sieht vor, dass zusätzlich zur Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit des Hologramms gemäß Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags, weitere Merkmale in demetallisierte Segmente innerhalb der Metallisierungsschichten eingebracht und geprüft werden.

4.2 Gemäß der Patentbeschreibung handelt es sich bei diesen weiteren Merkmalen um fluoreszierende Farben die bei der Prüfung mittels UV-Licht angeregt und mittels Photosensoren detektiert werden (Spalte 4, Zeilen 23 bis 39).

4.3 E3 offenbart jedoch, dass, als zusätzliches Sicherheitsmerkmal, lumineszierender Farben, die durch UV-Licht angeregt werden, verwendet werden können (Spalte 4, Zeilen 16 bis 34).

4.4 Die Beschwerdegegnerin hat geltend gemacht, dass durch die Integration der zusätzlichen Sicherheitsmerkmale in das Hologramm diese in einer definierten räumlichen Beziehung stünden, und somit auch die relativen Abstände als weiteres Sicherheitsmerkmal überprüfbar seien.

4.5 Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass die Verwendung mehrerer Sicherheitsmerkmale in ein zu sicherndes Dokument und die Überprüfung der räumlichen Beziehung derselben eine für den Fachmann gängige Maßnahme ist. Dokument E4 offenbart verschiedene Echtheitsmerkmale (wie z.B. eine Aluminiumbedampfung, eine Magnetbeschichtung, ein Röntgenstrahl absorbierendes Material, ein lumineszierendes Material) (Spalte 1, Zeilen 25 bis 28) die fachüblich verwendet werden. Dass diese Echtheitsmerkmale in einer definierten räumlichen Zuordnung stehen und dies auch überprüft wird, ist für den Fachmann selbstverständlich. Dabei ist es unerheblich ob sich die Sicherheitsmerkmale an einem Ort befinden oder über das Dokument verteilt sind. Die räumliche Zuordnung wird davon nicht beeinflusst.

4.6 Somit ist die Kammer der Auffassung, dass die Verwendung zusätzlicher Sicherheitselemente, wie in E3 offenbart, eine fachübliche Maßnahme ist, die nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

4.7 Aus diesen und die bezüglich Anspruchs 1 des 1. Hilfsantrags vorgebrachten Gründen entscheidet die Kammer, dass die Anwendung gemäß Anspruch 1 dieses Antrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ 1973 beruht.

5. 3. Hilfsantrag - Anspruch 1

5.1 Die Anwendung gemäß Anspruch 1 dieses Antrags ist eine Zusammenlegung der Anwendungen gemäß Anspruch 1 des 1. und 2. Hilfsantrags.

5.2 Die Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit eines Hologramms, die Erstellung und Überprüfung eines Signalbildes des Dokuments (Prüflings) und die zusätzliche Verwendung von, in das Hologramm integrierter Echtheitsmerkmale, sind voneinander unabhängige Anspruchsmerkmale, die keine synergetische Wechselwirkung beinhalten.

5.3 Aus den bezüglich Anspruchs 1 des 1. und 2. Hilfsantrags vorgebrachten Gründen entscheidet die Kammer, dass die Anwendung gemäß Anspruch 1 dieses Antrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ 1973 beruht.

6. 4. Hilfsantrag - Anspruch 1

6.1 Die Anwendung gemäß Anspruch 1 dieses Antrags unterscheidet sich von der Anwendung gemäß Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags durch das zusätzliche Merkmal, dass ein Sensorträger verwendet wird, der alle Sensoren zur Detektion von Echtheitsmerkmalen aufnimmt.

6.2 Dokument E1 offenbart jedoch ein Trägermaterial 6, das die Sensoren 8, 9 aufnimmt (Spalte 5, Zeilen 15 bis 32; Figur 1). Somit ist dieses zusätzliche Merkmal aus dem Stand der Technik bekannt.

6.3 Die Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit eines Hologramms, die zusätzliche Verwendung von, in das Hologramm integrierter Echtheitsmerkmale und die Verwendung eines Sensorträgers, sind voneinander unabhängige Anspruchsmerkmale, die keine synergetische Wechselwirkung beinhalten.

6.4 Aus diesen und die bezüglich Anspruchs 1 des 2. Hilfsantrags vorgebrachten Gründen entscheidet die Kammer, dass die Anwendung gemäß Anspruch 1 dieses Antrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ 1973 beruht.

7. 5. Hilfsantrag - Anspruch 1

7.1 Die Anwendung gemäß Anspruch 1 dieses Antrags ist eine Zusammenlegung der Anwendungen gemäß Anspruch 1 des 3. und 4. Hilfsantrags.

7.2 Die Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit eines Hologramms, die Erstellung und Überprüfung eines Signalbildes des Dokuments (Prüflings), die zusätzliche Verwendung von, in das Hologramm integrierter Echtheitsmerkmale und die Verwendung eines Sensorträgers, sind voneinander unabhängige Anspruchsmerkmale, die keine synergetische Wechselwirkung beinhalten.

7.3 Aus den bezüglich Anspruchs 1 des 3. und 4. Hilfsantrags vorgebrachten Gründen entscheidet die Kammer, dass die Anwendung gemäß Anspruch 1 dieses Antrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ 1973 beruht.

8. Somit führt keiner der Anträge der Beschwerdegegnerin zum Erfolg.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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