T 1313/07 () of 11.2.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T131307.20100211
Datum der Entscheidung: 11 Februar 2010
Aktenzeichen: T 1313/07
Anmeldenummer: 99904827.5
IPC-Klasse: B41M 3/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Bedrucktes Wertdokument mit einem lumineszierenden Echtheitsmerkmal
Name des Anmelders: Giesecke & Devrient GmbH
Name des Einsprechenden: Bundesdruckerei GmbH
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 104(1)
European Patent Convention Art 108
European Patent Convention R 99
Schlagwörter: Zulässigkeit der Beschwerde (ja)
Andere Kostenverteilung (nein)
Klarheit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1312/07
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 991 522 widerrufen worden ist, Beschwerde eingelegt.

Im Einspruchsverfahren war das gesamte Patent unter Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit, Artikel 54 EPÜ, und mangelnde erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ) und Artikel 100 b) EPÜ angegriffen worden.

II. Am 11. Februar 2010 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin hatten im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2010 in der Sache T 1312/07 angekündigt, dass sie an der Verhandlung in der vorliegenden Sache nicht teilnehmen werden.

III. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der am 13. November 2007 als Hauptantrag bzw. Hilfsanträge 1 und 2 eingereichten Anspruchssätze.

IV. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde als unzulässig, hilfsweise als unbegründet, zurückzuweisen. Ferner beantragte sie, die Kosten des Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen.

V. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"1. Bedrucktes Wertdokument mit zumindest einem Echtheitsmerkmal in Form einer lumineszierenden Substanz auf der Basis von mit wenigstens einem Seltenerdmetall dotierten Wirtsgitter, das im Wesentlichen im sichtbaren Spektralbereich absorbiert und anregbar ist und zumindest in Teilbereichen des IR-Spektralbereichs transparent ist, wobei das Seltenerdmetall Holmium ist und der Lumineszenzstoff im Volumen des Wertdokuments in einer so hohen Konzentration vorliegt, dass die gewünschten Eigenschaften des Wertdokuments gerade nicht beeinträchtigt werden."

Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch die Anfügung der Merkmale:

"wobei das Wertdokument aus Papier besteht und die lumineszierende Substanz im Papier in einer Konzentration von 0,05 bis 1 Gew. % vorliegt."

VI. Im Beschwerdeverfahren wurde insbesondere auf das Dokument

E13: Das Papierbuch, Handbuch der Papierherstellung, 1. Auflage 1999, ECA Pulp & Paper b.v., Vorwort und Seiten 521 und 522

verwiesen.

VII. In dem der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Bescheid machte die Kammer darauf aufmerksam, dass sie den Ausdruck "gewünschte Eigenschaften", der sich in Anspruch 1 aller Anträge der Beschwerdeführerin findet, für unklar halte und damit die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ als nicht erfüllt ansehe. Weder die Beschwerdeführerin noch die Beschwerdegegnerin haben auf diesen Einwand der Kammer geantwortet. Auch im vorausgegangenen schriftlichen Verfahren wurde von keiner der Parteien zu Artikel 84 EPÜ vorgetragen. Somit liegen keine diesen Punkt betreffende Ausführungen der Parteien vor.

VIII. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren zur Frage der Zulässigkeit der Beschwerde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Ansprüche seien durch die Präzisierung auf "gewünschte" Eigenschaften gegenüber den der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Ansprüchen abgeändert. Damit sei der wesentlichen Kritik dieser Entscheidung, dass ein Fachmann nämlich nicht wisse, um welche Eigenschaften es sich handele, begegnet worden. Zudem setze sich die gesamte Beschwerdebegründung mit der angefochtenen Entscheidung auseinander, so dass zu erkennen sei, warum sie für falsch gehalten werde. Die Erfordernisse der Regel 99(2) EPÜ seien somit erfüllt und die Beschwerde zulässig.

IX. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren zur Frage der Zulässigkeit der Beschwerde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die Beschwerdeführerin habe keine Begründung gegeben, warum die angefochtene Entscheidung als falsch anzusehen sei. Sie habe neue Ansprüche eingereicht, die unterschiedlich zu den im Einspruchsverfahren vorgelegten Ansprüchen seien, aber nicht erläutert, wie die in der angefochtenen Entscheidung aufgezeigten Mängel damit zu beheben seien. Die Beschwerde entspreche somit nicht den Erfordernissen der Regel 99(2) EPÜ und sei somit unzulässig.

Da die Beschwerde nicht begründet wurde, stelle die Einleitung des Beschwerdeverfahrens einen Verfahrensmissbrauch dar. Dies rechtfertige den Antrag, der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde

Die Beschwerdeführerin setzt sich in Kapitel 3 ("Zum Hauptantrag") der Beschwerdebegründung mit der angefochtenen Entscheidung auseinander und argumentiert, warum ihrer Ansicht nach die Erfindung entgegen den Feststellungen in dieser Entscheidung doch ausführbar sei. Ob diese Ansicht richtig ist oder nicht, hat nichts mit den Zulassungsvoraussetzungen der Beschwerde zu tun, sondern mit der sachlichen Bewertung der Argumente. Dass die der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Ansprüche nicht weiterverfolgt wurden, steht den Erfordernissen der Regel 99 EPÜ nicht entgegen. Diese Änderungen schaffen keinen grundlegend neuen Sachverhalt, sondern sind erkennbar mit der Absicht erfolgt, dem Widerrufsgrund der Nichtausführbarkeit entgegenzuwirken.

Die Erfordernisse der Regel 99(2) EPÜ werden somit von der Beschwerdebegründung erfüllt. Auch die Erfordernisse der Regel 99(1) und (3) EPÜ und des Artikels 108 EPÜ sind als erfüllt anzusehen. Die Beschwerde ist deshalb zulässig.

Da die Beschwerde zulässig ist und in der Vorgehensweise der Beschwerdeführerin kein Verfahrensmissbrauch erkennbar ist, gibt es keine Grundlage für eine im Sinne des Artikels 104(1) EPÜ andere Kostenverteilung.

2. Artikel 84 EPÜ

2.1 Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträgen unterscheidet sich von den entsprechenden Ansprüchen, die der Entscheidung T 1312/07 zugrunde liegen, lediglich dadurch, dass statt Thulium Holmium als Seltenerdmetall Bestandteil des Wertdokuments ist. Da dieser Unterschied nichts mit der Bedeutung des Ausdrucks "gewünschte Eigenschaften" zu tun hat, gelten die in der Entscheidung T 1312/07 zur mangelnden Klarheit dieses Ausdrucks aufgeführten Entscheidungsgründe auch für den vorliegenden Fall.

Diese Gründe werden der Vollständigkeit halber im Folgenden auch hier aufgeführt.

2.2 Die Formulierung eines Patentanspruchs muss so deutlich sein, dass es möglich wird zu prüfen, ob ein Gegenstand in den Schutzbereich dieses Anspruchs fällt oder nicht. In Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträgen findet sich die Formulierung "dass die gewünschten Eigenschaften des Wertdokuments gerade nicht beeinträchtigt werden". Um dieses Merkmal an einem Wertdokument überprüfen zu können, muss man also erkennen können, ob bei ihm "gewünschte" Eigenschaften nicht beeinträchtigt sind. Dies setzt voraus, dass man weiß, was die gewünschten Eigenschaften des Dokuments sind. Im Anspruch selbst sind diese nicht definiert. In der Beschreibung des Streitpatents findet sich der Ausdruck "gewünschte Eigenschaften" in den Absätzen [0010] und [0040], allerdings ohne Erklärung, was darunter zu verstehen sein soll. Ein Fachmann, der irgendein Wertdokument aus der Fülle der in Absatz [0016] des Streitpatents aufgeführten Gegenstände beurteilen soll, kann nicht in jedem Fall wissen, welche Eigenschaften sich der Hersteller des jeweiligen Gegenstands gewünscht hat. Selbst wenn der Beurteiler dies in einem Einzelfall wüsste, so könnte er aber auch dann beim Vergleich zweier Gegenstände nicht wissen, ob die Übereinstimmung bzw. der Unterschied bei einer Eigenschaft gewünscht oder ungewollt war.

Die Formulierung "dass die gewünschten Eigenschaften des Wertdokuments gerade nicht beeinträchtigt werden" ist also so unklar, dass sie das Wertdokument nicht eindeutig kennzeichnen kann.

2.3 In der Sache T 1312/07 hat die Beschwerdeführerin ausgeführt, dass unter "gewünschte Eigenschaften" die jeweilige Produktspezifikation zu verstehen sei. Auch wenn man dieser Interpretation folgen würde, wäre aber dieser Ausdruck als unklar zu bezeichnen. Es ist nicht auszuschließen, dass sich Produktspezifikationen im Laufe des Herstellungszeitraums eines Produkts aus vielfältigen Gründen ändern. Dies könnte zur Folge haben, dass ein Gegenstand, der zu einem Zeitpunkt nicht einer Spezifikation entsprach, dies zu einem späteren Zeitpunkt tut oder umgekehrt. In diesen Fällen wäre zumindest nicht klar, welche der Spezifikationen nun maßgebend ist und damit, welche Eigenschaften nun die "gewünschten" Eigenschaften sind. Im Streitpatent finden sich auch keine Hinweise, dass jeweils die zum Zeitpunkt der Herstellung des Wertdokuments gültige Spezifikation die maßgebende ist. Ein Patentanspruch muss aber für sich eindeutig sein. Daraus folgt, dass die genannte Interpretation voraussetzt, dass im Anspruch, zumindest aber in der Beschreibung, eine Spezifikation aufgeführt ist. Dies ist jedoch beim Streitpatent nicht der Fall.

Somit kann auch die in der Sache T 1312/07 vorgebrachte Interpretation der Beschwerdeführerin, dass unter den gewünschten Eigenschaften eines Wertdokuments die Produktspezifikation des Wertdokuments zu verstehen sei, nicht zu einem klaren Anspruch führen.

2.4 Die Ergänzung in Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen, dass das Wertdokument aus Papier besteht, und die Angabe des Gewichtsanteils der lumineszierenden Substanz kann diese Unklarheit nicht beseitigen. Auch damit lässt sich nicht feststellen, was die nicht zu beeinträchtigenden gewünschten Eigenschaften sind und ob ein Gegenstand unter den Wortlaut des Anspruchs fällt oder nicht.

2.5 Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträgen ist somit nicht deutlich gefasst und erfüllt deshalb nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.

2.6 Die Feststellungen in den Punkten 2.1 bis 2.4 oben gelten unabhängig von Dokument E13. Aus diesem Dokument ergibt sich lediglich, dass Spezifikationen bei der Papierherstellung notwendig sind (vgl. das Kapitel "Papierspezifikation" auf Seite 522). Dies kann allenfalls unterstreichen, dass es nicht genügt, von gewünschten Eigenschaften zu sprechen, sondern dass konkrete Angaben erforderlich sind, um die Eigenschaften eines Wertdokuments zu definieren. Insofern kann es dahingestellt bleiben, ob Dokument E13 als Stand der Technik gelten kann und ob es im Verfahren zu berücksichtigen ist oder nicht.

3. Mit dem Anspruch 1 fallen auch die übrigen Ansprüche des jeweiligen Antrags.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde ist zulässig und wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf eine andere Kostenverteilung wird zurückgewiesen.

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