European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2009:T129907.20090716 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 16 Juli 2009 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1299/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 05028469.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B22D 11/04 B22D 11/12 B22D 4/115 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und Vorrichtung zum Stranggiessen von Stahl-Vorprofilen, insbesondere Doppel-T-Vorprofilen | ||||||||
Name des Anmelders: | CONCAST AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Änderungen - Erweiterung (verneint) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 05028469.4 betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Stranggießen von Stahl-Vorprofilen, insbesondere Doppel-T-Vorprofilen.
II. Während des Prüfungsverfahren hat die Anmelderin u.a. eine geänderte Seite 3 der Beschreibung eingereicht. Die Prüfungsabteilung ist zum Ergebnis gekommen, dass der letzte Absatz auf Seite 3 in der ursprünglichen Anmeldung nicht offenbart sei, deshalb verstoße diese Änderung gegen Artikel 123(2) EPÜ. Sie hat daher mit der am 8. Mai 2007 zur Post gegebenen Entscheidung die Patentanmeldung zurückgewiesen.
III. Gegen dieser Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (die Anmelderin) am 14. Juni 2007 Beschwerde eingelegt, diese begründet und die Beschwerdegebühr entrichtet.
IV. Die Kammer hat in einer Mitteilung vom 24. Februar 2009 zur Frage von Artikel 123(2) EPÜ eine vorläufige Stellungnahme abgegeben.
Als Antwort hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 8. Juli 2009 einen neuen Anspruch 1 sowie eine geänderte Beschreibung eingereicht.
V. Anträge
Die Beschwerdeführerin beantragt die Zurückweisung der Sache an die Prüfungsabteilung zur weiteren Prüfung auf der Grundlage der folgenden Unterlagen:
Anspruch 1, eingereicht mit Schreiben vom 8. Juli 2009;
Ansprüche 2 bis 15, wie ursprünglich eingereicht;
Die Beschreibung gemäß der veröffentlichen Anmeldung (Absätze [0001] bis [0029]) mit einem zusätzlichen Absatz, eingereicht mit Schreiben vom 8. Juli 2009, eingefügt vor Absatz [0009] (Spalte 2, Zeile 28) der veröffentlichen Anmeldung;
Figuren 1 bis 15, wie ursprünglich eingereicht.
Die geänderten Ansprüche 1 bis 16, eingereicht gemäß Regel 86(2) EPÜ 1997 (Regel 137(2) EPÜ 2000), werden daher nicht weiterfolgt.
VI. Ansprüche 1 und 7 der ursprünglich eingereichten Anmeldung hatten folgenden Wortlaut:
"1. Verfahren zum Stranggießen von Stahl-Vorprofilen, insbesondere Doppel-T-Vorprofilen, wobei der flüssige Stahl im Wesentlichen vertikalen in eine Durchlaufkokille (1) eingeführt wird, deren Formhohlraumquerschnitt aus zwei Flanschteilen (2,3) und einem Stegteil (4) zusammengesetzt ist, und ein Vorprofilstrang mit flüssigem Kern aus der Kokille (1) einer Strangführung mit Sekundärkühleinrichtungen zugeführt wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
der flüssige Kern unter Einsatz von elektromagnetisch induzierten Kräften im Bereich der Flanschteile (2,3) und/oder des Stegteiles (4) in Rührbewegungen quer zur Stranggießeinrichtung versetzt wird und durch die Rührbewegungen der flüssige Stahl im Sumpf des Vorprofilstanges zwischen den Flanschteilen (2,3) und dem Stegteil (4)ausgetauscht wird."
"7. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, umfassend eine Durchlaufkokille (1), deren Formhohlraumquerschnitt aus zwei Flanschteilen (2,3) und einem Stegteil (4) zusammengesetzt ist, sowie eine Strangführung mit Sekundärkühleinrichtungen,
dadurch gekennzeichnet, dass
am Umfang des Vorprofilstranges bzw. der Durchlaufkokille (1) mindestens ein elektromagnetischer Rührer (10; 20; 30; 40,40'; 50,50'; 60,60'; 70) angeordnet ist, der ein Joch (11; 21; 31; 41,41'; 51,51'; 61,61';71) mit einer Anzahl von Polschuhen und diese umgebenden elektromagnetischen Spulen zur Erzeugung von linear wandernden und/oder drehenden elektromagnetischen Feldern umfasst, wobei durch steuerbare Polbeschaltung die Richtung bzw. Drehrichtung der Felder festlegbar ist."
VII. Änderungen
a) Anspruch 1
Anspruch 1 gemäß dem vorliegenden Antrag lautet wie folgt (die dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 hinzugefügten Merkmale sind durch Unterstreichungen gekennzeichnet):
"1. Verfahren zum Stranggießen von Stahl-Vorprofilen, insbesondere Doppel-T-Vorprofilen, wobei der flüssige Stahl im Wesentlichen vertikalen in eine Durchlaufkokille (1) eingeführt wird, deren Formhohlraumquerschnitt aus zwei Flanschteilen (2,3) und einem Stegteil (4) zusammengesetzt ist, und ein Vorprofilstrang mit flüssigem Kern aus der Kokille (1) einer Strangführung mit Sekundärkühleinrichtungen zugeführt wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
mittels 3-Phasen -Wechselstrom und einer Anzahl von Polschuhen (12-17, 22-27, 34-39, 42-44, 52-54, 62-64, 74-79) mit elektromagnetischen Spulen (19) zu Erzeugung von linear wandernden und/oder drehenden elektromagnetischen Feldern
der flüssige Kern unter Einsatz von elektromagnetisch induzierten Kräften im Bereich der Flanschteile (2,3) und/oder des Stegteiles (4) in Rührbewegungen quer zur Stranglaufrichtung versetzt wird
und dass durch eine steuerbare Polbeschaltung die Richtung bzw. Drehrichtung der elektromagnetischen Felder festgelegt
und durch die Rührbewegungen der flüssigen Stahl im Sumpf des Vorprofilstanges zwischen den Flanschteilen (2,3) und dem Stegteil (4)ausgetauscht wird."
b) Neuer Absatz
Der neue Absatz, der in die Beschreibung (vor Absatz [0009]) hinzugefügt wird, hat folgenden Wortlaut:
"Wenn aus Platzgründen, aber auch wirtschaftlich bedingt, der Flüssigstahl, insbesondere wenn es sich um hochfeste Sonderstahlgüten (Ca Si bzw. Al-beruhigte und mikrolegierte Stähle mit V, Nb u.a.) handelt, nur über einen Einguß, meist asymmetrisch am Übergang zwischen dem Stegteil und einem der Flanschteile in die Kokille eingeführt wird, können mit der erfindungsgemässen steuerbaren Polschaltung die Richtung bzw. Drehrichtung der Felder festgelegt werden."
VIII. Vorbringen
Im Bescheid vom 20. März 2006 hatte die Prüfungsabteilung mitgeteilt, dass u.a. das Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 6 hinsichtlich JP-A-08 294746 (D1) nicht erfinderisch sei. Als Antwort (Schreiben vom 27. Juni 2006) hat die Anmelderin neue Ansprüche, Beschreibung und Figuren eingereicht. Die Prüfungsabteilung war allerdings der Auffassung, dass der hinzugefügte Absatz auf Seite 3 in der Anmeldung nicht offenbart sei und die geänderten Figuren 2, 3 bis 8, 11 und 12 ebenfalls gegen Artikel 123(2) verstoßen würden.
Im Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdeführerin einen geänderten Anspruch 1 eingereicht und den beanstandeten Absatz durch einen neuen Absatz ersetzt. Sie argumentiert, dass die Änderungen des Anspruchs 1 eine Grundlage in den Ansprüchen 1 und 7 sowie im Absatz [0012] der Patentanmeldung hätten. Der neue Absatz in der Beschreibung sei aus Absatz [0004] und Anspruch 7 der ursprünglichen Anmeldung zu entnehmen. Bei den Figuren handele es sich um die ursprünglich eingereichten Figuren. Die Anmeldung erfülle somit die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Artikel 123(2) EPÜ
2. Anspruch 1
2.1 Im Vergleich zum ursprünglichen Anspruch 1 der Patentanmeldung weist der vorliegende Anspruch 1 drei weitere Merkmale auf, nämlich:
Linear wandernde und/oder drehende elektromagnetische Felder werden mittels
a) 3-Phasen-Wechselstrom und
b) einer Anzahl von Polschuhen mit elektromagnetischen Spulen erzeugt;
und
c) die Richtung bzw. Drehrichtung der
elektromagnetischen Felder wird durch eine steuerbare Polbeschaltung festgelegt.
Merkmale b) und c) sind in Anspruch 7 der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart (siehe Absatz VI oben). Anspruch 7 betrifft eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, daher sind die Merkmale b) und c) auch in Kombination mit den in Anspruch 1 definierten Verfahrensmerkmalen offenbart.
Bezüglich Merkmal a) beschreibt Absatz [0012] der veröffentlichen Anmeldung einen Rührer, der einen Joch mit sechs Polschuhen aufweist, wobei jeder Polschuh von einer elektromagnetischen Spule umgeben ist. Dieser Absatz offenbart weiter: "Der Rührer bzw. Rotationsrührer arbeitet auf dem Prinzip eines 6-Pol Asynchronmotors, bei dem mit Hilfe von 3-Phasenstrom ein Wanderfeld erzeugt werden kann. Dabei ist die korrekte Beschaltung der Pole wichtig, um ein linear wanderndes oder drehendes Feld zu erhalten." Eine entsprechende Offenbarung der Verwendung von 3-Phasen-Wechselstrom (mit den Phasen U,V,W) bei der Polbeschaltung zur Erzeugung eines wandernden oder drehenden Feldes findet sich auch bei den anderen Ausführungsbeispielen, beispielsweise zu den Figuren 3 bis 6 in Absatz [0028]. Damit ist dieses Merkmal der Beschreibung eindeutig und unmittelbar zu entnehmen.
3. Neuer Absatz
Während des Prüfungsverfahrens hat die Beschwerdeführerin u.a. eine neue Beschreibung eingereicht. Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, dass der hinzugefügte Absatz auf Seite 3 in der Anmeldung nicht offenbart sei.
Die Beschwerdeführerin hat im Beschwerdeverfahren diesen Absatz entfernt und durch einen neuen Absatz ersetzt. Wie die Beschwerdeführerin vorträgt, hat der neue Absatz eine Grundlage in Absatz [0004] und Anspruch 7 der veröffentlichen Anmeldung. In Spalte 1, Zeilen 33 bis 37 ist der Text "Wenn aus Platzgründen in die Kokille eingeführt" offenbart. Dass die Richtung bzw. Drehrichtung der Felder mit einer steuerbaren Polschaltung festgelegt werden können, ist dem Anspruch 7 zu entnehmen.
4. Figuren
Die Prüfungsabteilung war auch der Meinung (siehe Abschnitt III "Obiter Dictum" der angefochtenen Entscheidung), dass die geänderten Figuren, die während des Prüfungsverfahren eingereicht wurden, ebenfalls gegen Artikel 123(2) verstoßen.
Da der vorliegende Antrag der Beschwerdeführerin die weitere Prüfung auf der Grundlage der ursprünglich eingereichten Figuren 1 bis 15 beinhaltet, ist dieser Einwand ausgeräumt.
5. Zusammenfassung
5.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 und des neuen Absatzes in der Beschreibung hat eine Grundlage in der ursprünglich Anmeldung, so dass kein Verstoß gegen Artikel 123(2) vorliegt.
5.2 Die angefochtene Entscheidung betrifft lediglich die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ. Die Sache muss daher an die erste Instanz zur weiteren Prüfung zurückverwiesen werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.