European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2010:T120807.20100119 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 19 Januar 2010 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1208/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 98951445.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16B 5/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Befestigung von Latten aus Holz auf einem u.a. aus Holz bestehenden Dach- oder Wandunterbau | ||||||||
Name des Anmelders: | SFS intec Holding AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SPAX International GmbH & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.2.08 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ausführbarkeit (verneint) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die am 14. Mai 2007 zur Post gegebene Entscheidung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das Europäische Patent Nr. EP-B-1 015 774, unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr, am 24. Juli 2007 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 22. September 2007 eingegangen.
II. Am 19. Januar 2010 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
Die Beschwerdeführerin beantragt die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Europäische Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt die Beschwerde zurückzuweisen oder das Patent aufgrund ihres am 17. Dezember 2009 eingereichten Hilfsantrags aufrechtzuerhalten.
III. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
"Befestigung von Latten aus Holz auf einem u.a. aus Holz bestehenden Dach- oder Wandunterbau mit einer Schraube mit einem zumindest teilweise mit einem Gewinde versehenen Schaft, einer Bohr- und/oder Eindringspitze (6) und einem mit einem Werkzeugangriff ausgestatteten Kopf (5), wobei am Schaft der Schraube (1) zumindest an die Bohr- und/oder Eindringspitze (6) und an den Kopf (5) anschließend jeweils ein Gewindeabschnitt (2, 3) vorgesehen ist und diese beiden Gewindeabschnitte (2, 3) den gleichen Außendurchmesser (DA) aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Latten aus Holz stark angepresst anliegend auf dem aus Holz bestehenden Dach- oder Wandunterbau befestigt sind, dass der an den Kopf (5) anschließende Gewindeabschnitt (3) eine Gewindesteigung (S3) aufweist, welche kleiner ist als die Gewindesteigung (S2) des an die Bohr- und/oder Eindringspitze (6) anschliessenden Gewindeabschnittes, und dass der Kopf (5) klein und einsenkbar ausgeführt ist, wobei der Außendurchmesser des Kopfes (5) gleich groß oder geringfügig größer ist als der Außendurchmesser (DA) der Gewindeabschnitte (2, 3)."
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet:
"Befestigung von Latten aus Holz auf einem u.a. aus Holz bestehenden Dach- oder Wandunterbau mit einer Schraube (1) mit einem zumindest teilweise mit einem Gewinde versehenen Schaft (2), einer Bohr- und/oder Eindringspitze (3) und einem mit einem Werkzeugangriff ausgestatteten Kopf (7), wobei am Schaft (2) der Schraube (1) zumindest an die Bohr- und/oder Eindringspitze (3) und an den Kopf (7) anschließend jeweils ein Gewindeabschnitt (5, 6) vorgesehen ist und diese beiden Gewindeabschnitte (5, 6) den gleichen Außendurchmesser (DA) aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Latten (10) aus Holz stark angepresst anliegend auf dem aus Holz bestehenden Dach- oder Wandunterbau befestigt sind oder anliegend auf einer zwischengeschalteten Dampfsperre (13) und/oder Schicht (11) aus Holz oder einem festen Isoliermaterial auf dem aus Holz bestehenden Dach- oder Wandunterbau befestigt sind, dass der an den Kopf (5) anschließende Gewindeabschnitt (3) eine Gewindesteigung (S3) aufweist, welche kleiner ist als die Gewindesteigung (S2) des an die Bohr- und/oder Eindringspitze (6) anschliessenden Gewindeabschnittes, und dass der Kopf (5) klein und einsenkbar ausgeführt ist, wobei der Außendurchmesser des Kopfes (5) gleich groß oder geringfügig größer ist als der Außendurchmesser (DA) der Gewindeabschnitte (2, 3)."
IV. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin folgendes vorgetragen:
Die im Streitpatent beanspruchte Erfindung sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne, weil dasjenige im Haupt- und Hilfsantrag erhaltene Merkmal, wonach die Latten aus Holz stark angepresst anliegend auf dem aus Holz bestehenden Dach- oder Wandunterbau befestigt sind, auch unter Berücksichtigung der Beschreibung keine eindeutige technische Lehre gebe.
Die Anpresskraft der Schraube hinge von mehreren Parametern ab, zumindest vom Unterschied der Gewinde steigungen, von der Anzahl der Gewindegänge und von der Einschraubtiefe der Schraube. Da alle Ausführungs beispiele der Patentanmeldung eine Zwischenlage zwischen den Latten und dem Dachunterbau zeigten, hinge die Anpressstärke zudem von der Beschaffenheit dieser Lage ab. In der Anmeldung seien aber keine Werte für diese die Anpresskraft bestimmenden Parameter angegeben. Den einzigen Hinweis dazu biete Spalte 5, Zeilen 24 bis 28, wo jedoch ein geringer Unterschied in der Gewinde steigung vorgeschlagen werde, der aber zwangläufig auch eine geringe Anpresskraft hervorrufe und somit die Bedeutung des Ausdrucks "stark angepresst" völlig in Frage stelle.
Außerdem sei in der Patentanmeldung nirgends definiert, was unter dem Wortlaut "stark angepresst" zu verstehen sei.
Da sowohl vollständige Angaben zur Schraubengeometrie und zu ihrem Einbau, als auch eine Definition des "starken" Anpressdrucks in der Anmeldung fehlten, offenbare diese keine Lehre, die dem Fachmann ermögliche ein starkes Anpressen zu erzielen und somit die erfindungsmäßige Befestigung gemäß Hauptantrag auszuführen.
V. Die Beschwerdegegnerin hat den Ausführungen der Beschwerdeführerin widersprochen und hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
In der Patentanmeldung sei mehrmals beschrieben, z.B. in Spalte 2, Zeile 40, dass die Latten und der Unterbau stark miteinander verpresst seien, so dass der Ausdruck ausreichend deutlich und vollständig offenbart sei. Der Hinweis in Spalte 5, Zeile 24 bis 28, dass die Gewindesteigungen einen relativ geringen Unterschied aufweisen sollten, um einen entsprechenden Anpressdruck zu erzielen, könne daher nur so interpretiert werden, dass unter einen "entsprechenden Anpressen" ausschließlich ein "starkes Anpressen" zu verstehen sei. Diese Auffassung werde dadurch gestützt, dass es dem Fachmann bekannt sei, dass selbst bei einem geringen Unterschied in der Gewindesteigung starke Anpresskräfte ausgeübt werden können. Außerdem impliziere schon der Ausdruck "anpressen", dass eine starke Kraft zwischen zwei Teilen ausgeübt werde. Schließlich sei dem Fachmann die Bedeutung des Ausdrucks "starkes Anpressen" im Gebiet der Holzkonstruktionen bekannt, und entspreche dem Zustand, bei dem die Schraube gerade nicht im Holz durchdrehe.
Ferner sei die Bedeutung des Ausdrucks "stark angepresst" nicht im absoluten Sinne, sondern in Hinblick auf dem Stand der Technik zu verstehen. Wenn dieser nämlich, wie in der DE-U-29607265, einen leichten Anpressdruck beschreibe, sei der Fachmann gewiss in der Lage einen stärkeren Anpressdruck zu erzielen.
Da also zum einen die Bedeutung des Ausdrucks "stark angepresst" dem Fachmann aus seinem Fachwissen geläufig sei, und zum anderen die Patentanmeldung beschreibe, wie dieser Zustand zu erreichen sei, sei die Erfindung so deutlich offenbart, dass sie der Fachmann ausführen könne.
In Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag sei klargestellt, dass die Latten ohne jegliche weiche Zwischenschicht immer direkt auf einem festen Unterbau angepresst anliegen. Da diese Anordnung zwingend zu einem starken Anpressdruck führe, sei zumindest die im Hilfsantrag definierte Erfindung ausreichend offenbart.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1 Wenn in einer Anmeldung keine Angaben enthalten sind, die es dem Fachmann erlauben die Erfindung ohne weiteres nachzuahmen und er dieses Informationsdefizit nicht durch seinen allgemeinen Wissenstand ausgleichen kann, gilt die Erfindung nicht als ausreichend offenbart.
Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob die Bedeutung des Begriffs "stark angepresst anliegend" aus der Patentanmeldung als Ganzes zu entnehmen ist, oder ob sie dem Fachmann geläufig ist.
2.2 Keine der beiden von der Patentinhaberin angegeben Textstellen offenbart die genaue Bedeutung des Ausdrucks "stark angepresst", noch den Wert, den der Anpressdruck erreichen muss, um als stark zu gelten.
Spalte 2, Zeilen 39 bis 41 beschreibt zwar, dass bei einer Befestigung von Latten auf einem Dachunterbau ein "starkes Anpressen" von Vorteil ist. Was unter diesem "starken Anpressen" zu verstehen ist, wird aber nicht beschrieben.
Aus Spalte 5, Zeilen 24 bis 28 kann weder entnommen werden, dass der Anpressdruck stark sein soll, noch was unter diesem Ausdruck zu verstehen ist. Hier wird nämlich lediglich beschrieben, dass der Unterschied der Gewindesteigungen "relativ gering" ist, da ein "entsprechender" Anpressdruck lediglich im fertig gesetzten Zustand erreicht werden soll. Daraus ist aber nicht zu entnehmen, welchen Wert der Anpressdruck haben soll.
Die Behauptung der Beschwerdeführerin, wonach der Begriff "starkes Anpressen" dem Fachmann geläufig sei und dem Wert entspreche bei dem die Schraube gerade nicht im Holz durchdrehe, konnte weder belegt noch durch stichhaltige Argumentation untermauert werden. Folglich ist davon auszugehen, dass dieser Begriff keine allgemein anerkannte Bedeutung hat und somit vage und undefiniert ist.
Der Beschwerdegegnerin ist zuzustimmen, dass der Fachmann zwar in der Lage ist, die Schraube und die Befestigung so auszulegen, dass eine relativ stärkere oder schwächere Anpressung -z.B. im Vergleich mit dem Stand der Technik- erzielt wird. Anspruch 1 ist aber nicht auf einen relativen Wert ("stärker angepresst"), sondern auf einen absoluten Wert ("stark angepresst") gerichtet, der nicht durch einen Vergleich mit einem anderen Wert festlegbar ist. Folglich kann auch hieraus nicht abgeleitet werden, was unter dem beanspruchten absoluten "starken Anpressdruck" zu verstehen ist.
Auch die in der Anmeldung beschriebene Ausführungsform der Schraube (siehe insbesondere Spalte 5 Zeilen 1 bis 16), die in der beanspruchten Befestigung eingesetzt werden soll, genügt nicht um den Begriff "stark angepresst anliegend" zu definieren. Es wird nämlich nicht erläutert, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Latten stark an den Dachunterbau anzupressen. Insbesondere fehlt jegliche Angabe über die Werte der Parameter, wie z.B. der Anzahl der Gewinde gänge, der Eindrehtiefe der Schraube oder der Beschaffenheit des Unterbaus, die bei der Stärke des Anpressens eine Rolle spielen.
2.3 Da der Ausdruck "stark angepresst anliegend" im technischen Gebiet des Holzbaus wie vorangehend festgestellt keine anerkannte Bedeutung hat, seine genaue Bedeutung auch in der Anmeldung nicht offenbart ist, und der Fachmann aus der Anmeldung nicht entnehmen kann, welche Werte die für den Anpressdruck relevanten Parameter Steigungs unterschied, Gewindeganganzahl und Eindrehtiefe haben müssen, um bei einem spezifischen Unterbau einen starken Anpressdruck zu erzielen, ist die Erfindung nicht so deutlich offenbart, dass sie der Fachmann aufführen kann. Der Einspruch auf der Grundlage des Artikels 100 (b) EPÜ ist daher gerechtfertigt.
3. Hilfsantrag
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag im Wesentlichen nur durch zusätzliche alternative Ausführungsformen. Da der Anspruch jedoch die Ausführungsform gemäß Hauptantrag weiterhin umfasst, gelten für den Hilfsantrag die gleichen Feststellungen wie für den Hauptantrag.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.