European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2010:T118907.20100629 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 29 Juni 2010 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1189/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 97933819.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | H05K 9/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zum Abschirmen einer elektrischen oder elektronischen Schaltung sowie Abschirmkappe | ||||||||
Name des Anmelders: | Kahl, Helmut, et al | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit: Hauptantrag und Hilfsantrag I (verneint), Hilfsantrag II (bejaht) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 97 933 819.1 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückzuweisen (Artikel 56 EPÜ 1973).
II. Der Beschwerdeführer beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Hauptantrags oder des Hilfsantrags I, beide eingereicht mit Schreiben vom 11. Juni 2010, oder auf der Grundlage des Hilfsantrags II, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2010, und der Beschreibung und den Zeichnungen, ebenfalls eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2010, zu erteilen.
III. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet:
"1. Verfahren zum Abschirmen einer elektrischen oder elektronischen Schaltung (10) gegen die Aufnahme und/oder Abgabe elektromagnetischer Störstrahlung, bei welchem Verfahren eine elektrisch leitende Abschirmkappe (14) an einer Aufsetzfläche (13) mit einer über die Aufsetzfläche (15) hinausstehenden elastischen und elektrisch leitenden Abschirmdichtung (16) versehen und anschliessend mit der Abschirmdichtung (16) auf eine die Schaltung (10) umgebende, elektrisch leitende Umrahmung (12) aufgesetzt und fixiert wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Abschirmdichtung (16) durch direktes Aufbringen einer Dichtungsmasse (21) auf die Aufsetzfläche (15) gebildet wird."
Anspruch 1 des Hilfsantrags I beinhaltet das zusätzliche Merkmal am Ende des Anspruchs 1 des Hauptantrags:
"und dass die Abschirmkappe (14) nach dem Aufsetzen auf die Umrahmung (12) mit der Abschirmdichtung (16) auf der Umrahmung (12) klebend haftet."
Der Hauptantrag und der Hilfsantrag I beinhalten jeweils einen unabhängigen Sachanspruch, der auf eine entsprechende Abschirmkappe gerichtet ist (Anspruch 18 bzw. 17). Diese sind jedoch für diese Entscheidung nicht relevant.
Die unabhängigen Ansprüche 1 und 14 des Hilfsantrags II lauten:
"1. Verfahren zum Abschirmen einer elektrischen oder elektronischen Schaltung (10) gegen die Aufnahme und/oder Abgabe elektromagnetischer Störstrahlung, bei welchem Verfahren eine elektrisch leitende Abschirmkappe (14) an einer Aufsetzfläche (15) mit einer über die Aufsetzfläche (15) hinausstehenden elastischen und elektrisch leitenden Abschirmdichtung (16) versehen und anschliessend mit der Abschirmdichtung (16) auf eine die Schaltung (10) umgebende, elektrisch leitende Umrahmung (12) aufgesetzt und fixiert wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Abschirmdichtung (16) durch direktes Aufbringen einer Dichtungsmasse (21) auf die Aufsetzfläche (15) gebildet wird, dass die Dichtungsmasse (21) dadurch auf die Aufsetzfläche (15) aufgebracht wird, dass eine fliessfähige Dichtungsmasse (21) verwendet wird, und dass die Abschirmkappe (14) mit der Aufsetzfläche (15) in ein Bad aus der Dichtungsmasse (21) eingetaucht und anschliessend wieder herausgezogen wird."
"14. Abschirmkappe (14) zum Abschirmen einer elektrischen oder elektronischen Schaltung (10) gegen die Aufnahme und/oder Abgabe elektromagnetischer Störstrahlung, welche Abschirmkappe (14) eine Aufsetzfläche (15) zum Aufsetzen der Abschirmkappe (14) auf eine die Schaltung (10) umgebende, elektrisch leitende Umrahmung (12) aufweist, und an der Aufsetzfläche (15) mit einer über die Aufsetzfläche (15) hinausstehenden elastischen und elektrisch leitenden Abschirmdichtung (16) versehen ist,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Abschirmdichtung (16) aus einer Dichtungsmasse (21) an die Aufsetzfläche (15) durch Eintauchen angeformt ist."
IV. Folgende Druckschriften werden in dieser Entscheidung benannt:
D1: DE 66 07 180 U
D2: DE 94 04 291 U.
V. Der Beschwerdeführer führte im Wesentlichen folgendes aus:
- Die Anmeldung beziehe sich auf ein Verfahren zum Abschirmen einer elektrischen oder elektronischen Schaltung sowie eine Abschirmkappe. Unter "Abschirmkappen" verstehe man Abschirmeinrichtungen, die anders als Abschirmgehäuse, Teile einer größeren elektronischen Schaltung gegenüber anderen Teilen der Schaltung abschirmen. Die zurückgewiesene Anmeldung bewege sich vor allem in dem Gebiet der miniaturisierten elektronischen Schaltungen mit Höchstfrequenz-Bezug, wie sie insbesondere bei Mobiltelephonen und anderen drahtlosen bzw. störempfindlichen Kommunikationseinrichtungen vorlägen. Sie stelle sich die Aufgabe, ein Verfahren zur Abschirmung einer elektrischen oder elektronischen Schaltung sowie eine Abschirmkappe anzugeben, welche sich bei sehr guten Abschirmergebnissen durch große Einfachheit und hohe Flexibilität in der Anwendung auszeichnen. Diese Aufgabe werde durch die mit der Anmeldung eingereichten Ansprüche gelöst.
- Es sei ein wesentliches Merkmal der Erfindung, dass die Abschirmdichtung durch direktes Aufbringen einer Dichtungsmasse auf die Aufsetzfläche der Abschirmkappe gebildet werde. Durch dieses Merkmal werde zum Ausdruck gebracht, dass die Abschirmdichtung zunächst in einer formlosen Masse vorläge, die erst beim Aufbringen auf die Aufsetzfläche ihre endgültige Form erhalte.
- Der Anmelder habe ferner auf eine Vielzahl von z. T. auch nachveröffentlichten Druckschriften verwiesen, in denen vollkommen verschiedenartige Lösungswege für die bei Abschirmkappen und deren Montage auftretenden Probleme beschrieben werden, um deutlich zu machen, dass der in der zurückgewiesenen Anmeldung beschrittene Lösungsweg sich nicht zwingend ergebe, sondern nur einer von vielen objektiv möglichen Losungswegen sei, die zwar zum Zeitpunkt der Anmeldung noch nicht bekannt waren, aber grundsätzlich hätten beschritten werden können.
- Die Druckschrift D2 beziehe sich nicht auf eine Abschirmkappe, sondern auf ein äußeres Abschirmgehäuse. Dies werde besonders deutlich aus der Fig. la dieser Druckschrift, die ein komplettes Außengehäuse mit einem Klappdeckel zeige. Aus diesem Grund hätte der Fachmann diese Druckschrift auf der Suche nach einer Lösung zur gestellten Aufgabe nicht berücksichtigt.
- Der Weg von einer Abschirmkappen-Technologie, wie aus der Dl bekannt, zum Gegenstand der vorliegenden Anmeldung umfasse mehrere Schritte. Ausgangspunkt seien dabei die Konfigurationen gemäß der Figuren 1 und 2 der D1.
- Ein erster Schritt zur angemeldeten Lösung bestehe darin, das in D1 verwendete Dichtungsmaterial (ein mit einer Leitschicht versehene Schaumstoffmasse) durch einen elektrisch leitenden Elastomer zu ersetzen, wodurch der komplexe Aufbau der Dichtung wesentlich vereinfacht werde.
- Der zweite Schritt bestehe darin, die Dichtung direkt am Anwendungsort durch Dispensieren auszubilden anstatt sie in einem getrennten und aufwendigen Verfahren herzustellen.
- Der dritte Schritt bestehe darin, auf eine Nut zum Einbringen der Dichtung zu verzichten, um im Bereich der Schaltung auf der Schaltungsplatte mehr Platz zu gewinnen. Dieser Schritt ergebe sich für den Fachmann auf natürliche Weise aus der Dl selbst, werde doch dort im Ausführungsbeispiel der Fig. 1 eine Lösung angegeben, die auf eine breite Nut im Bereich der Schaltungsplatte verzichtet und die Dichtung zwischen den Kammerwänden und dem Deckel anordnet. Der Fachmann werde somit bei diesem Schritt dazu veranlasst, auf die Konfiguration gemäß Fig. 2 zu verzichten und sich auf die Konfiguration der Fig. 1 zu beschränken.
- In einem fünften Schritt werde, um die Passgenauigkeit der Dichtung zu erhöhen, dazu übergegangen, die Dichtungen statt auf dem Deckel direkt auf die oberen Kanten der Kammerwände auszubilden. Auf diese Weise könne sichergestellt werden, dass sich die Dichtungen immer an der richtigen Position relativ zu den Kammerwänden befänden. Diese Art eine Abschirmkappe herzustellen habe eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Abschirmgehäuse der D2, wo gemäß der Fig. 1a ein Abschirmprofil auf eine umlaufende Kante aufgebracht wird, um dann durch Schließen eines Deckels das Gehäuse abzudichten.
- Diese Lösung habe jedoch einen gravierenden Nachteil: Die Kammerwände, die auf ihrer freien Kante die Dichtung tragen, müssen mit ihrer Unterseite auf die gedruckte Schaltungsplatte aufgelötet werden, was nicht nur einen zusätzlichen Aufwand bedeute, sondern mit großen Schwierigkeiten verbunden sei, wenn die Bauelemente auf der Schaltungsp1atte dicht gedrängt platziert seien.
- Die vorliegende Anmeldung schlage daher vor, die Abschirmdichtung durch direktes Aufbringen einer Dichtungsmasse auf die Aufsetzfläche auszubilden. Hierdurch werde eine besonders einfache und Platz sparende Abschirmung erreicht, wobei die Dichtungsmasse - wenn sie noch nicht ausgehärtet sei - als Klebemittel zur Befestigung der Abschirmung auf der Schaltungsplatte genutzt werden könne, wie dies insbesondere im Hilfsantrag I beansprucht sei.
- Ferner sei das Aufbringen der Dichtung durch Eintauchen der Abschirmkappe in eine flüssige Dichtungsmasse gemäß Hilfsantrag II aus keiner der benannten Druckschriften bekannt.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
2.1 Die Anmeldung betrifft ein Verfahren zum Abschirmen einer Schaltung gegen elektromagnetische Strahlung mit einer elektrisch leitenden Abdeckkappe sowie eine entsprechende Abdeckkappe. Die Druckschrift D1 offenbart die Merkmale des Verfahrens, die den Oberbegriff des Anspruchs 1 bilden (Anmeldung, Seite 2, 2. Absatz).
2.1.1 Der Beschwerdeführer hat geltend gemacht, dass die Anmeldung das Gebiet der miniaturisierten elektronischen Schaltungen mit Höchstfrequenz-Bezug betreffe, insbesondere Mobiltelephone und andere drahtlose Kommunikationseinrichtungen, und sich deshalb grundsätzlich von der D1 unterscheide, welche den Stand der Technik vor ca. 30 Jahre offenbare, mit wesentlich größeren Bauelementen und Schaltungen.
2.1.2 Dem kann die Kammer nicht zustimmen. Es fehlt in der Anmeldung jeder Bezug auf ein besondere Anwendung, wie z. B. auf miniaturisierte Schaltungen oder Mobiltelephone, außer dem unspezifischen Bezug auf elektromagnetische Abschirmungen im Allgemeinem (Seite 1, 1. Absatz). Ferner weist die Anmeldung selbst auf die Druckschrift D1 als nächstliegendem Stand der Technik hin (Seite 2, 2. Absatz). Es ist aus der Anmeldung nicht ersichtlich, dass ihre Lehre nur auf dem vom Beschwerdeführer benannten Gebiet gelte. Vielmehr ist eine allgemeingültige Anwendung des dargestellten Verfahrens offenbart, wie dies aus der gestellten Aufgabe zu entnehmen ist, nämlich ein Verfahren zur Abschirmung einer elektrischen oder elektronischen Schaltung anzugeben, welches sich bei sehr guten Abschirmergebnissen durch große Einfachheit und hohe Flexibilität in der Anwendung auszeichnet (Seite 3, 2. Absatz). Ferner entsprechen die in der Anmeldung benannten Bauelemente, die zu abschirmen sind, den Bauelementen die auch in der D1 benannt sind, nämlich Widerstände, Transistore, Dioden, usw. (Anmeldung, Seite 9, Mitte des vorletzten Absatzes; D1, Seite 5, 3. Absatz).
2.1.3 Aus diesen Gründen ist nicht ersichtlich, dass das beanspruchte Abdichtungsverfahren nur Anwendung bei miniaturisierten Schaltungen hat. Die Kammer ist deshalb der Auffassung, dass die Druckschrift D1 den nächsten Stand der Technik darstellt.
2.2 Das Verfahren des Anspruchs 1 unterscheidet sich daher von dem in D1 offenbarten Verfahren dadurch, dass die Abschirmdichtung durch direktes Aufbringen einer Dichtungsmasse auf die Aufsetzfläche der Abdeckkappe gebildet wird statt, wie in D1, durch das Einfügen einer mit einer Leitschicht versehenen Schaumstoffmasse in einer die Abdeckkappe umlaufenden Nut.
2.2.1 Die Verwendung einer Dichtungsmasse, die direkt auf die Aufsetzflache der Abdeckkappe angebracht ist, macht die in D1 vorgesehene Nut 20 überflüssig. Ferner wird, wie vom Beschwerdeführer vorgetragen, die Dichtung direkt am Anwendungsort und nicht aufwendig vorher hergestellt. Dies vereinfacht die Herstellung der Abschirmdichtung sowie die der Abdeckkappe.
2.2.2 Die Kammer findet deshalb, dass die in der Anmeldung dargestellte Aufgabe, nämlich ein Verfahren zur Abschirmung einer elektrischen oder elektronischen Schaltung sowie eine Abschirmkappe anzugeben, welche sich bei sehr guten Abschirmergebnissen durch große Einfachheit und hohe Flexibilität in der Anwendung auszeichnen, zutreffend formuliert ist.
2.3 Die Druckschrift D2 offenbart, dass die Verwendung flexibler, separat hergestellter Dichtprofile auf Elastomer-Basis arbeitsaufwendig ist. Ferner erfordert die zur Anbringung an das Gehäuse notwendige Nut zusätzlichen Platz der eine weiteren Miniaturisierung im Weg steht (Seite 3, Zeilen 9 bis 32).
In D2 wird deshalb vorgeschlagen die Abschirmdichtung, die aus einer pastösen oder flüssigen Masse gebildet wird, direkt mit einer Nadel oder Düse auf die Kanten des Gehäuses auszubilden (Seite 5, Zeile 4 bis 32, Seite 6, Zeile 1 bis 8, Seite 7, Zeilen 20 bis 22, Seite 10, Zeilen 19 bis 28, Seite 18, Zeilen 12 bis 19; Figur 1 und 3).
D2 offenbart ferner, dass "wenn in der Beschreibung von Gehäusen und Gehäuseteilen gesprochen wurde, so werden unter diesen Begriff auch Bauteile gefasst, die sowohl elektrische als auch mechanische Träger- bzw. Gehäuse-Funktionen haben -etwa eine Leiterplatte, die gleichzeitig als Gehäuseteil dient" (Seite 18, Zeilen 21 bis 26).
2.3.1 Der Beschwerdeführer hat geltend gemacht, dass dieser Bezug auf Leiterplatten sich ausschließlich auf die Wände der Abdeckung beziehen würde.
2.3.2 Die Kammer kann dem jedoch nicht zustimmen, da in D2 explizit von einer elektrischen als auch mechanischen Trägerfunktion die Rede ist. Dies schließt eine Verwendung von Leiterplatten weder als "Wände" noch als "Deckel" eines Abschirmgehäuses aus. Dem Fachmann bleibt somit die Wahl der konkreten Ausgestaltung des Gehäuses.
Der Fachmann wird durch die Lehre der D2 dazu angehalten das offenbarte Verfahren nicht nur bei vollständiger Abschirmung eines Gehäuses, sondern auch bei einer Abdeckkappe die auf einer Leiterplatte angebracht wird, anzuwenden.
2.3.3 Die direkte Anwendung des in der D2 offenbarten Herstellungsverfahrens einer leitenden Abschirmdichtung durch Aufbringen einer Dichtungsmasse auf die Kante einer Abdeckkappe führt zum Weglassen der in der D1 dargestellten Nut, da diese nicht weiter notwendig ist um die Abschirmdichtung aufzunehmen und die mit der Nut verbundenen Nachteile (Platz und Herstellungsaufwand) ausdrücklich in D2 erwähnt werden (Seite 3, Zeilen 28 bis 32). Der Fachmann muss keine weiteren Schritte unternehmen, um die Lehre der D2 auf die in der D1 dargestellten Abdeckkappe anzuwenden. Folglich kann die Kammer in dieser Anwendung keine erfinderische Tätigkeit erkennen.
2.4 Der Beschwerdeführer hat eine Vielzahl nachveröffentlichter Druckschriften eingereicht, um nachzuweisen, dass sich der in der Anmeldung verfolgte Lösungsweg nicht zwingend ergab, sondern nur einer von vielen möglichen Lösungswege war der beschritten hätte werden können.
2.4.1 Die Kammer ist jedoch durch dieses Vorbringen nicht überzeugt, da die erfinderische Höhe eines Lösungsweges nicht von der Zahl der möglichen Wege abhängt. Das Vorhandensein einer Vielzahl naheliegender Lösungen kann keiner von ihnen aus diesem Grund eine erfinderische Tätigkeit verleihen. Einzig und allein die erfinderische Tätigkeit des beschrittenen Lösungsweges ist hierfür ausschlaggebend.
2.5 Auch der vom Beschwerdeführer im Detail beschriebene Lösungsweg kann die Kammer nicht davon überzeugen, dass eine direkte Kombination der D1 und der D2 nicht zum beanspruchten Verfahren führt. Insbesondere kann die Kammer nicht erkennen weshalb der Fachmann beim Weglassen einer die Abschirmung aufnehmenden Nut in der Abdeckkappe gemäß D1, Figur 2, statt den ausdrücklichen Hinweis der D2 zu folgen, zu der Ausführungsform der D1, Figur 1 greifen sollte. Im vorliegenden Fall scheint es zumindest zweifelhaft, dass der Fachmann bei der Weiterentwicklung eines Gegenstands (in diesem Fall eine Abdeckkappe) zu einem anderen Gegenstand (in diesem Fall Abschirmwände plus -Deckel) wechseln würde.
2.6 Aus diesen Gründen kommt die Kammer zu der Auffassung, dass das Verfahren des Anspruchs 1 des Hauptantrags keine erfinderische Tätigkeit beinhaltet.
3. Hilfsantrag I - Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
3.1 Das Verfahren des Anspruchs 1 dieses Antrags unterscheidet sich vom dem Verfahren des Anspruchs 1 des Hauptantrags dadurch, dass die Abschirmkappe nach dem Aufsetzen auf die Umrahmung mit der Abschirmdichtung auf der Umrahmung klebend haftet.
3.2 Dieses zusätzliche Merkmal trägt auch zur Lösung der gestellten Aufgabe bei (Einfachheit in der Anwendung; siehe Punkt 2.2.2), da hierdurch das Befestigen der Abschirmkappe besonders einfach gestaltet wird.
3.3 Der Beschwerdeführer hat geltend gemacht, dass die Druckschrift D2 ein Verkleben der Abdeckkappe nicht nahelege, da ein gelegentliche Öffnen der Abdeckkappe (etwa zur Erneuerung der Energiequelle oder zu Wartungszwecken) ein wesentliches Merkmal ihrer Lehre sei (Seite 2, Zeile 30 bis Seite 3, Zeile 7).
3.4 Die Kammer kann dieser Sichtweise jedoch nicht zustimmen. Obwohl D2 ein gelegentliches Öffnen der Abdeckklappe vorsieht und hierfür eine nicht klebende oder ausgehärtete Dichtung vorsieht, ist in D2 auch offenbart, dass mittels der Abschirmdichtung ein dichtes Verschließen durch Verkleben erfolgen kann, bei Verwendung vom Materialsträngen mit unterschiedlicher Zusammensetzung (Seite 9, Zeilen 2 bis 15).
3.5 Es ist für den Fachmann offensichtlich, dass diese Ausführungsform ein einfaches Öffnen der Abdeckklappe verhindert. Dieser Nachteil ist jedoch dem Vorteil des einfachen Befestigens gegenüber zu stellen. Daher wird der Fachmann, den Umständen entsprechend, die jeweilige Ausführungsform der D2 auswählen. Diese Auswahl erfordert jedoch keine erfinderische Tätigkeit da beide Möglichkeiten ausdrücklich offenbart sind.
3.6 Aus diesen und den bezüglich des Hauptanspruchs genannten Gründen entscheidet die Kammer, dass der Hilfsantrag I wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar ist.
4. Hilfsantrag II
4.1 Anspruch 1 dieses Antrags beruht auf einer Zusammenlegung der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 4.
4.1.1 Das in Anspruch 14 eingeführte ergänzende Merkmal, dass die Abschirmdichtung aus einer Dichtungsmasse an die Aufsetzfläche durch Eintauchen angeformt ist, entspricht dem in Anspruch 1 eingeführten Verfahrensmerkmal, dass die Abschirmkappe mit der Aufsetzfläche in ein Bad aus der Dichtungsmasse eingetaucht und anschließend wieder herausgezogen wird. Obwohl dies ein Verfahrensmerkmal ist, ist es an der fertigen Abschirmkappe durch das Profil der Abschirmdichtung erkennbar. Durch Eintauchen entsteht nämlich ein tropfenförmiges Profil, das sich klar von dem kreisförmigen Profil eines durch Dispensieren aufgebrachten Dichtungsstrangs unterscheidet (Figuren 8 und 9).
4.1.2 Die Anmeldungsunterlagen wurden an die unabhängigen Ansprüche angepasst.
4.1.3 Die Kammer ist deshalb der Auffassung, dass die Erfordernisse der Artikel 84 und 123(2) EPÜ erfüllt sind.
4.2 Ferner stimmt die Kammer dem Beschwerdeführer zu, dass eine durch Eintauchen erhaltene Abschirmdichtung weder in der D1 oder der D2 noch in einer der im Recherchenbericht angeführten Druckschriften offenbart ist.
4.2.1 Der von der ersten Instanz erhobene Einwand, der ursprüngliche Patentanspruch 4, der jetzt in dem unabhängigen Anspruch aufgenommen wurde, enthalte keine zusätzlichen Merkmale, die eine erfinderische Tätigkeit begründen würden (Entscheidungsgründe, Punkt 6.4), ist allgemein gefasst und nicht weiters substantiiert.
4.2.2 Wie in der Anmeldung offenbart (Seite 5, 1. Absatz und Seite 14, 2. Absatz), verringert das Eintauchen der Abschirmkappe den apparativen Aufwand gegenüber dem im Stand der Technik verwendeten Dispensieren der Dichtungsmasse. Es ist ferner möglich einen anderen Querschnitt der Abschirmdichtung zu erhalten, da dieser beim Eintauchen tropfförmig ausfällt (Seite 15, 2. Absatz; Figur 8).
4.2.3 Mangels eines nachgewiesenen Stands der Technik kann man einer Abschirmdichtung, die durch Eintauchen der Abschirmkappe in ein Bad aus der Dichtungsmasse hergestellt wird, die erfinderische Tätigkeit nicht absprechen, selbst wenn das Eintauchen einer Sache an sich (z. B. eine Cantuccini - Vin Santo Kombination) allgemein bekannt ist. Der Verfahrensanspruch 1 sowie der Sachanspruch 14 beruhen auf einer spezifischen Anwendung des Eintauchens, wobei im Voraus nicht ersichtlich ist, ob die notwendigen Eigenschaften einer Abschirmdichtung hierdurch zu erzielen sind.
4.2.4 Die Kammer ist aus diesen Gründen der Auffassung, dass das Verfahrens des Anspruchs 1 sowie die Abschirmkappe des Anspruchs 14 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ 1973 beruhen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:
Ansprüche: 1 bis 20, gemäß Hilfsantrag II;
Beschreibung: Seiten 1 bis 16,
Zeichnungen: Figuren 1 bis 7,
alle eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2010.