T 1078/07 () of 18.9.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T107807.20090918
Datum der Entscheidung: 18 September 2009
Aktenzeichen: T 1078/07
Anmeldenummer: 00987114.6
IPC-Klasse: A61B 5/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur Erfassung von neuro- und psychophysiologischen Zuständen
Name des Anmelders: neuroConn GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 11
European Patent Convention 1973 Art 84
Schlagwörter: Unzulässige Erweiterung (ja)
Schwerer Verfahrensfehler (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die am 13. April 2007 eingegangene Beschwerde richtet sich gegen die am 6. Februar 2007 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit welcher die europäische Patentanmeldung Nr. 00 987 114.6 wegen mangelnder Klarheit (Artikel 84 EPÜ) und unzulässiger Erweiterung (Artikel 123(2) EPÜ) zurückgewiesen wurde.

Mit Einreichung der Beschwerde wurde auch die vorgeschriebene Beschwerdegebühr entrichtet.

II. Mit der Beschwerdebegründung vom 15. Juni 2007 reichte die Beschwerdeführerin (Patentanmelderin) einen neuen Anspruchssatz ein.

III. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung vom 8. Mai 2009 gab die Kammer bekannt, dass nach ihrer vorläufigen Meinung Bedenken und Einwände gegen den neuen Anspruchssatz bestehen, insbesondere auch unter Artikel 84 EPÜ 1973 und Artikel 123(2) EPÜ, und forderte die Beschwerdeführerin auf, die Basis der neuen Ansprüche in der ursprünglichen Offenbarung darzulegen.

IV. Mit Schreiben vom 15. September 2009 kündigte die Beschwerdeführerin an, dass sie zu der mündlichen Verhandlung am 18. September 2009 nicht erscheinen werde, gab jedoch keine weitere Stellungnahme zur Sache ab.

V. Die zu entscheidenden Anträge der Beschwerdeführerin sind wie folgt:

- Aufhebung der Zurückweisungsentscheidung und Erteilung eines Patents auf der Basis des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anspruchsatzes;

- hilfsweise Zurückverweisung an das Organ der ersten Instanz zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens.

VI. Die unabhängigen Verfahrens- und Vorrichtungsansprüche lauten:

"1. Biofeedback-Verfahren zur Erfassung und Beeinflussung von neurologischen und neuropsychologischen Zuständen mit folgenden Merkmalen

- die Daten des Elektroenzephalogramms (EEG) eines Nutzers, welche mittels EEG-Ableitung (Wach-EEG, Schlaf-EEG, Video-EEG bzw. Langzeit-EEG-Monitoring) aufgezeichnet wurden, werden mit Hilfe signalanalytischer Verfahren quantifiziert,

- Erstellen eines nutzerspezifischen Profils aus den quantifizierten EEG-Daten und zusätzlich gewonnenen nutzerindividuellen Daten,

- anhand des nutzerspezifischen Profils wird die Strategie zur Neurotherapie bzw. beim Biofeedback festgelegt,

- anschließend werden erste als initial zu bezeichnende Biofeedback-Sitzungen durchgeführt, wobei während diesen ersten Biofeedback-Sitzungen zusätzlich die Signale über alle erfassbaren Kanäle aufgezeichnet werden,

- es erfolgt durch die neu aufgezeichneten Signale eine Überarbeitung bzw. eine Bestätigung der festgelegten Strategie zur Neurotherapie bzw. beim Biofeedback,

- daran anschließend erfolgt eine Validierung des nutzerspezifischen Profils mit Hilfe von signalanalytischen Verfahren und statistischen Vergleichen gegenüber dem Ausgangszustand und/oder gegenüber einem Normkollektiv,

- das validierte nutzerspezifische Profil steht dem Nutzer zur Durchführung von Trainingsprozeduren sowohl an einer zentralen Einheit als auch an portablen Einheiten zur Verfügung, wobei jeweils eine anschließende Quantifizierung in der zentralen Einheit durchgeführt wird und das Ergebnis dann wiederum sowohl in der zentralen Einheit als auch in den portablen Einheiten zur Nutzung bereitgestellt wird."

"3. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 mit folgenden Merkmalen

- es sind eine zentrale Einheit, eine Kommunikationseinheit und modular aufgebaute portable Einheiten vorhanden, wobei die zentrale Einheit über die Kommunikationseinheit mit den modular aufgebauten portablen Einheiten in Verbindung steht,

- die zentrale Einheit enthält ein polygrafisches EEG-Gerät sowie Mittel, mit denen die Dauer und Kombinierbarkeit von Feedback-Trials von Interstimulusabständen (ISI) und Pausen variabel und individuell wählbar sind,

- die zentrale Einheit enthält weiterhin eine Profiler-Entscheidungsunterstützungseinrichtung."

VII. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:

Die von der Prüfungsabteilung gegen den unabhängigen Vorrichtungsanspruch 3 erhobenen Einwände unzulässiger Erweiterung seien durch den Wortlaut des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Vorrichtungsanspruchs ausgeräumt.

Der Einwand fehlender Offenbarung des Trainings-Schrittes in Verbindung sowohl mit der zentralen als auch einer portablen Einheit im zurückgewiesenen Verfahrensanspruch 1 sei nicht zutreffend aufgrund verschiedener Beschreibungspassagen, aus denen hervorgehe, dass mehrere unterschiedliche Nutzer sowohl die zentrale als auch mehrere portable Einheiten gleichzeitig nutzen könnten.

Eine Zurückverweisung an das Organ der ersten Instanz zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens sei deshalb gerechtfertigt, weil die Prüfungsabteilung die ihrer Entscheidung zugrundeliegenden unterschiedlichen Anträge (Hauptantrag und zwei Hilfsanträge) fälschlicherweise als identisch angesehen habe und dies einen Verfahrensfehler darstelle.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen - Verfahrensanspruch 1

2.1 Die im vorletzten Absatz des Anspruchs genannte Validierung des nutzerspezifischen Profils mit Hilfe von signalanalytischen Verfahren und statistischen Vergleichen gegenüber dem Ausgangszustand und/oder gegenüber einem Normkollektiv ist nicht ursprünglich offenbart. Im ursprünglichen Anspruch 1 ist vielmehr von einer Validierung der Biofeedback-Strategie auf diese Weise die Rede.

2.2 Für die nachfolgenden, im letzten Absatz des Anspruchs definierten Verfahrensschritte kann keinerlei Basis in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen gesehen werden.

2.3 Im ursprünglichen Verfahrensanspruch 1 war definiert, dass das nutzerspezifische Profil in der zentralen Einheit mit einem Profiler-Entscheidungsunterstützungssystem erstellt wird. Die Weglassung dieses gemäss Seite 5, Zeilen 7 bis 10 und 23 bis 25 der Beschreibung erfindungswesentlichen Merkmals stellt eine unzulässige Erweiterung dar.

2.4 Von Seiten der Beschwerdeführerin liegen keine Angaben zur Basis der obengenannten Änderungen in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen vor.

2.5 Da Anspruch 1 somit gegen die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ verstösst, kann dem Antrag auf Erteilung eines Patents bereits aus diesem Grund nicht stattgegeben werden.

3. Zurückverweisung an die erste Instanz gemäss Artikel 11 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern

Die Beschwerdeführerin bemängelt, dass ihre mit Schreiben vom 28. November 2006 eingereichten Anträge, Ansprüche 1 bis 5 gemäss Hauptantrag sowie zweier Hilfsanträge, in der hierauf erfolgten Zurückweisungsentscheidung als identisch angesehen wurden, was jedoch nicht den Tatsachen entspreche.

Auch nach Ansicht der Kammer ist diese Feststellung der Prüfungsabteilung in der Tat unrichtig und stellt somit eine Fehleinschätzung der ersten Instanz dar. Dies ist jedoch nicht einem wesentlichen Verfahrensmangel gleichzusetzen. Nur ein solcher würde eine Zurückverweisung an die erste Instanz gemäss Artikel 11 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern rechtfertigen, nicht aber eine Fehlbeurteilung der hier vorliegenden Art (siehe auch Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 5. Auflage 2006, VII.D.15.4.5).

Dem Zurückverweisungsantrag der Beschwerdeführerin kann daher nicht stattgegeben werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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