European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2008:T102607.20080922 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 22 September 2008 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1026/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03702591.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | B05D 5/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Platine zum Verschließen eines Behälters und Herstellungsverfahren der Platine | ||||||||
Name des Anmelders: | Degens GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zulässigkeit der Änderungen (ja) Neuheit (ja) Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 03 702 591.3 Beschwerde eingelegt.
Die Prüfungsabteilung war zur Auffassung gekommen, dass der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 des mit Schreiben vom 14. Juli 2005 eingereichten Anspruchssatzes im Hinblick auf D1 (WO-A-01/68475) den Erfordernissen des Artikels 54 EPÜ (Neuheit) nicht genüge.
II. Die Beschwerdeführerin beantragte mit ihrer am 15. Februar 2007 eingereichten Beschwerde die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Basis des der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Anspruchssatzes. Hilfsweise wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
III. Mit ihrem Fax vom 25. Juni 2008 nahm die Beschwerdeführerin ihren hilfsweise gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung für den Fall zurück, dass die Kammer die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 anerkennt und beantragte für diesen Fall die Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz zur weitern Prüfung.
IV. Der geltende unabhängige Anspruch 1 lautet wie folgt:
"Platine zum Verschließen eines Behälters, in dem ein Packungsgut aufbewahrt wird, wobei die Platine auf der dem Packungsgut abgewandten Seite ein Druckbild mit mindestens einem Bereich (12, 14) aufweist, der gegenüber der Umgebung einen Helligkeits- oder Farbkontrast besitzt und der mit einer zusätzlichen Lackschicht (24) versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die zusätzlichen [sic] Lackschicht (24) eine Klarlackbeschichtung ist".
V. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
Anspruch 1 - Neuheit, Artikel 54 (2) EPÜ
Die entscheidende Frage sei, ob im Anspruch 4 der D1 die Formulierung "une couche discontinue VEX (50) d'un vernis" eine Klarlackbeschichtung bedeute. Die Prüfungserteilung habe diesen "vernis" zu Unrecht mit dem beanspruchten Klarlack gleichgesetzt.
Der französische Begriff "vernis" sei nämlich mit dem deutschen Begriff "Lack" gleichzusetzen. Eine Klarlackschicht sei daher in der D1 nicht offenbart.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß der vorliegenden Anmeldung sei demnach neu gegenüber der aus der D1 bekannten Verschlussmembran.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Änderungen, Artikel 123 (2) EPÜ
Der geänderte Anspruch 1 entspricht eine Kombination des ursprünglichen Anspruchs 1 und der sich auf Seite 7, Zeile 1 der ursprünglichen Beschreibung befindenden Information.
Die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ sind somit erfüllt.
2. Anspruch 1 - Neuheit, Artikel 54 (2) EPÜ
2.1 In der angefochtenen Entscheidung hat die Prüfungsabteilung die Platine nach dem geltenden Anspruch 1 durch die D1 als neuheitsschädlich getroffen erachtet. Dabei wurde die im Anspruch 4 der D1 beanspruchte diskontinuierliche Schicht "une couche discontinue VEX (50) d'un vernis", entgegen der Meinung der Anmelderin einer Klarlackschicht gleichgesetzt: "Die Prüfungsabteilung ist aber der Meinung dass D1 einen Klarlack ("vernis") erwähnt", siehe letzten Satz des zweiten vollständigen Absatzes auf Seite 3 der angefochtenen Entscheidung.
2.2 Jedem französisch-deutsch Wörterbuch ist zu entnehmen, dass der französische Begriff "vernis" mit dem deutschen generischen Begriff "Lack" gleichzusetzen ist. Es gehört zum allgemeinen Wissen des Fachmanns, dass die Lacke in zwei spezifische Gruppen unterteilt sind, nämlich die der Lacke mit farbgebenden Pigmenten und somit die der farbigen Lacke, und die der Lacke ohne farbgebenden Pigmente und somit die der Klarlacke. Bereits eine rein sprachliche Übersetzung des französischen Begriffs "vernis" ins Deutsche erlaubt daher nicht, diesen Begriff ausschließlich mit der Lackuntergruppe ohne farbgebenden Pigmente, nämlich der der Klarlacke, gleichzusetzen, denn ein Klarlack werde mit "vernis clair" bezeichnet gewesen. Dieser Begriff, nämlich "vernis clair", wird in D1 jedoch nirgendwo verwendet.
Dass ein generischer Begriff (Lack-vernis) nicht die Neuheit eines spezifischen Begriffes (Klarlack-vernis clair) in Frage stellen kann, ist gängige Rechtsprechung, siehe Rechtssprechung der Beschwerdekammern des EPA, 5. Auflage 2006, Kapitel IC.3.2.6.
2.3 Die Prüfungserteilung hat ihre Feststellung, dass "vernis" mit "Klarlack" gleichzusetzen ist, nicht weiter belegt. Sie ist daher als eine Behauptung zu bewerten. Die Kammer hat daher nur noch untersucht, ob die gesamte Offenbarung der D1 dem Fachmann irgendwie einen Anlass geben könnte, den in der D1 verwendeten Begriff "vernis" für die im Anspruch 4 beanspruchte diskontinuierliche Schicht nicht anders als Lack ohne farbgebende Pigmente und somit als Klarlack zu verstehen.
2.4 Anspruch 4 erwähnt den Lack als Alternative zu einer Druckfarbe ("encre"). Eine Druckfarbe ist jedoch normalerweise nicht klar, also nicht transparent. Weiter ist in den Ansprüchen 10 und 11, die auf Anspruch 5 rückbezogen sind, der wiederum auf Anspruch 4 ruckbezogen ist, auch ausdrücklich angegeben, dass die im Anspruch 4 genannte diskontinuierliche VEX-Schicht ein gedrucktes Mikro-Reliefmotiv bildet und dass dieses Druckmotiv ein Identifizierungselement enthalten kann (Anspruch 10), bzw. dass die VEX-Schicht einen den Kontrast gewährleistenden Farbstoff aufweist (Anspruch 11). Der "vernis" nach Anspruch 4 kann daher auch einen Farbstoff enthalten.
2.5 Dass ein Lack oder eine Druckfarbe für den Aufdruck auf die Verschlussmembran von Dl gleichwertige Alternativen sind, ergibt sich auch aus Dl, Seite 8, Zeilen 4 bis 12. Dort sind die Begriffe Lack ("vernis"), Druckfarbe ("encre") und Farbe ("peinture") nur aufgeführt um die sich daraus ergebenden verschiedenen Applikationsmöglichkeiten der VEX-Schicht benennen zu können.
2.6 Auch für die auf Seite 9, Zeilen 22 bis 24 der D1 erwähnte lichtdurchlässige Schicht ("ce qu'elle explique en évoquant le cheminement de la lumière à travers la couche VEXC") findet sich in der D1 kein Hinweis, dass diese frei von farbgebenden Pigmenten ist. Im Übrigen betrifft es hier eine kontinuierliche Schicht, d.h. nicht die im Anspruch 4 der D1 beanspruchte diskontinuierliche Schicht.
2.7 In dem gesamten Dokument Dl findet sich weiter kein Hinweis, dass die diskontinuierliche VEX-Schicht des Mikroreliefs klar oder transparent sein könnte. Im Gegenteil, auf Seite 3, Zeilen 24 und 25, findet sich der Hinweis, dass die Verwendung des Mikroreliefs die visuelle Differenzierung der Verschlussmembranen ermöglicht. Eine visuelle Differenzierung setzt eher voraus, dass das Mikrorelief sichtbar ist, also nicht mit einem klaren oder transparenten Lack aufgebracht ist.
Dass zwischen Lack und Druckfarbe für den Aufdruck auf die Verschlussmembran von Dl kein Unterschied besteht, zeigt auch der Absatz auf Seite 12, Zeilen 22 bis 24, wonach das Druckverfahren keine Rolle spielt und wesentlich nur ist, dass der Aufdruck eines spezifischen Motivs mit einer vorgegebenen Frequenz möglich ist.
Die zitierten Stellen belegen, dass Lack- und Druckfarben für die Zwecke der Dl kein Gegensatz, sondern gleichwertige Alternativen sind und daher kein Anlass besteht, zu unterstellen, dass ein gemäß Anspruch 4 der Dl verwendeter Lack keine Pigmente enthalten würde.
2.8 Aus den oben genannten Gründen kommt die Kammer zum Schluss, dass der Fachmann durch die Gesamtoffenbarung der D1 nicht dazu veranlasst wird, den Begriff "vernis" als Klarlack zu verstehen.
Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß der vorliegenden Anmeldung neu gegenüber der aus der D1 bekannten Verschlussmembran.
3. Verfahrensfragen
Gemäß Punkt 2.8 oben erkennt die Kammer die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 an. Dadurch wird die Bedingung erfüllt, unter der die Beschwerdeführerin ihren hilfsweise gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung zurücknimmt, siehe Punkt III oben.
Demgemäß gilt der unter der Bedingung der Anerkennung der Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 gestellte Antrag der Beschwerdeführerin auf Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz zur weiteren Prüfung.
4. Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung, Artikel 111 (1) EPÜ
Die Kammer stellt zunächst fest, dass sich die Prüfungsabteilung in ihrer Entscheidung nur über die Neuheit des Gegenstands des unabhängigen Produktanspruchs 1 geäußert hat. Zur Neuheit des unabhängigen Verfahrensanspruchs 7 oder zur erfinderischen Tätigkeit der mit Schreiben vom 14. Juli 2005 eingereichten unabhängigen Ansprüche 1 und 7 wurde in der Entscheidung der Prüfungsabteilung keine Stellung genommen.
Damit der Beschwerdeführerin die Möglichkeit der Prüfung ihrer Angelegenheit durch zwei Instanzen aufrechterhalten bleibt, hat die Kammer im vorliegenden Fall und unter Berücksichtigung des Antrags der Beschwerdeführerin, die Angelegenheit an die Prüfungsabteilung zur Weiterbehandlung zurückzuverweisen, beschlossen, von ihrer Befugnis nach Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch zu machen und die Angelegenheit an die Prüfungsabteilung zur weiteren Prüfung der vorliegenden Anmeldung auf der Basis der mit Schreiben vom 14. Juli 2005 eingereichten Ansprüche zurückzuverweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Die Angelegenheit wird zur weiteren Prüfung auf der Basis der mit Schreiben vom 14. Juli 2005 eingereichten Ansprüche an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.