T 1003/07 () of 2.6.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T100307.20100602
Datum der Entscheidung: 02 Juni 2010
Aktenzeichen: T 1003/07
Anmeldenummer: 00120628.3
IPC-Klasse: F16C 13/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Durchbiegungseinstellwalze und Verfahren zu ihrem Betrieb
Name des Anmelders: Voith Patent GmbH
Name des Einsprechenden: Andritz Küsters GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 114(2)
Schlagwörter: Zulassung verspätet eingereichter Dokumente (verneint)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der von der Beschwerdeführerin (Einsprechende) gegen das europäische Patent Nr. 1 089 000 eingereichte und auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 (a) EPÜ 1973 (fehlende Neuheit und erfinderische Tätigkeit) gestützte Einspruch wurde durch die am 16. April 2007 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung zurückgewiesen.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 11. Juni 2007 Beschwerde eingelegt.

In ihrer Beschwerdebegründung hat sich die Beschwerdeführerin auf folgende Dokumente berufen

D1: EP-A-0 570 492

D9: DE-U-88 08 352

D10: DE-U-88 15 224

D11: EP-A-0 315 567

D12: CH-A-564 643

D13: DE-U-299 15 223.

Die Dokumente D10 bis D13 sind von der Einspruchsabteilung wegen ihres verspäteten Vorbringens nicht berücksichtigt worden (Art. 114 (2) EPÜ 1973).

III. Am 2. Juli 2010 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag) oder alternativ das Patent in geändertem Umfang auf der Basis der Hilfsanträge I bis IV, eingereicht mit Schreiben vom 30. April 2010, aufrechtzuerhalten.

IV. Die erteilten unabhängigen Patentansprüche 1 und 21 lauten wie folgt:

"1. Durchbiegungseinstellwalze (1) mit einem drehbaren Walzenmantel (2), einem innerhalb des Walzenmantels (2) angeordneten nicht drehenden Träger (3), einer hydraulischen Stützelementanordnung (4) zwischen Träger (3) und Walzenmantel (2), einem Lagerring (7) an jedem Ende des Walzenmantels (2), der in einer Pressenebene relativ zum Träger (3) bewegbar ist, und einer Lageranordnung zwischen Lagerring (7) und Walzenmantel (2), die durch mindestens drei in Umfangsrichtung verteilt angeordnete hydrostatische Stützelemente (10) gebildet ist, von denen mindestens eines gegenüber dem Lagerring (7) beweglich ist, dadurch gekennzeichnet, daß das Stützelement (10) unter Last bis zur Hartlage in den Lagerring (7) einfahrbar ist."

"21. Verfahren zum Betreiben einer Durchbiegungseinstellwalze mit einem Walzenmantel, der um einen Träger rotiert und im Bereich seiner axialen Enden von jeweils einer Lageranordnung abgestützt wird, die einen Lagerring und mindestens drei in Umfangsrichtung auf dem Lagerring verteilte hydrostatische Stützelemente mit Lagertaschen aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß die Lagertaschen mit einem konstanten Volumenstrom von Hydraulikflüssigkeit versorgt werden und mindestens ein Stützelement unter Last bis zur Hartlage in den Lagerring eingefahren wird."

V. Die Beschwerdeführerin brachte im Wesentlichen Folgendes vor:

In Hinblick auf die Frage der erfinderischen Tätigkeit sei das Dokument D13 zu Unrecht von der Einspruchsabteilung zurückgewiesen worden, denn es sei sehr relevant. Es offenbare nämlich zusätzliche Aspekte und Merkmale (vgl. insbesondere der Aufbau des Stützelementes nach der Figur 2 von D13, mit der strichpunktiert dargestellten Hartlage des Stützelements 3 im Träger) des in den Patentansprüchen beanspruchten Gegenstandes, die in dem Dokument D1 nicht beschrieben seien. In Kontext der vermeintlichen Erfindung würde die Einführung von D13 in das Verfahren ein vollständigeres und objektiveres Bild des Standes der Technik zeigen. Da die erste Priorität DE 199 47 398 des Streitpatents nicht wirksam sei, stelle das am 30. Dezember 1999 eingetragene Gebrauchsmuster D13 ein Stand der Technik nach Artikel 54 (2) EPÜ 1973 dar und die Durchbiegungseinstellwalze des Patentanspruchs 1 ergebe sich in naheliegender Weise für den Fachmann aus der Kombination der Dokumente D1/D13. Obwohl D13 nach Ablauf der neunmonatigen Einspruchsfrist nach Artikel 99(1) EPÜ 1973 zitiert wurde, sollte es in das Verfahren eingeführt werden.

Auch die Zusammenschau der Dokumente D9 und D1 führe in naheliegender Weise zur Durchbiegungseinstellwalze des Patentanspruchs 1. Es sei unbestritten, dass das Dokument D9 den nächstliegenden Stand der Technik darstelle. Die in der Figur 1 von D9 dargestellte Durchbiegungseinstellwalze weise nämlich sämtliche Merkmale des Oberbegriffes des Patentanspruchs 1 auf. Insbesondere werde hier der Walzenmantel im Bereich seiner axialen Enden von jeweils einer Lageranordnung abgestützt, die einen Lagerring 21 und mindestens drei in Umfangsrichtung auf dem Lagerring verteilte, bewegliche hydrostatische Stützelemente 6,7 aufweise. Die in diesem Dokument erwähnten nichtzylindrischen Laufflächen am Ende des Walzenmantels seien äquivalent zu den konventionellen Fest- und Loselagern, wie sie in der Patentschrift beschrieben seien.

Der kennzeichnende Teil des Anspruchs verlange, dass "das Stützelement unter Last bis zur Hartlage in den Lagerring einfahrbar ist".

Im Vorfeld zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei zunächst zu bemerken, dass dieser Wortlaut nicht spezifiziere, welches der drei Stützelemente bis zur Hartlage einfahrbar sei. Des Weiteren, wenn die Beschreibung der Patentschrift zur Auslegung des Ausdrucks "unter Last" herangezogen werde, sei festzustellen, dass die technische Bedeutung dieses Ausdruckes nicht eindeutig sei, denn er sei mit keinem klaren, dauerhaften und definierten Betriebszustand der Durchbiegungseinstellwalze verbunden. Das Stützelement könne bei einer Nipbelastung in Hartlage mit dem Lagerring kommen (Spalte 4, Zeilen 9-12; Spalte 8, Zeilen 9-11; Spalte 12, Zeilen 23-25 der Patentschrift), könne aber auch bei einer Nipbelastung entlastet werden (Spalte 7, Zeilen 48- bis Spalte 8, Zeile 11 der Patentschrift). Das Stützelement könne sogar bei geöffnetem Nip, wenn das Gewicht des Walzenmantels lediglich von den Stützelementen getragen werde, in die Hartlage eingefahren werden (Spalte 3, Zeilen 29-35 der Patentschrift). Wie an sich bekannt, sei jedes der hydrostatischen Stützelemente 6,7 der Lageranordnung gemäß D9 einfahrbar. Jedes dieser Stützelemente besitze auch nachfahrende Eigenschaften, wie dies eindeutig aus den Textpassagen auf der Seite 7, Zeilen 10-14 und Seite 8, zweiter Absatz von D9 hervorgehe. Träten nun besonders große Lastspitzen auf, könne es aufgrund der erwähnten nachfahrenden Eigenschaften dazu kommen, dass das Stützelement bis zum Anschlag in den Lagerring einfahre, da Belastungen im Bereich des Nips durch das dem Nip zugewandten Stützelement 6 aufgefangen werden müssten. Das Einfahren von Stützelementen unter Last bis zur Hartlage sei ohnehin eine bekannte Maßnahme zur sicheren Abstützung des Walzenmantels auf dem Träger. Dies sei durch die Figur 3 des Dokuments D1 belegt. Sie zeige ein Stützelement 24, das zur Aufnahme der Last, die durch den Walzenmantel bei geöffnetem Nip auf dem Stützelement laste, in die Hartlage eingefahren worden sei (vgl. D1, Spalte 4, Zeile 58 bis Spalte 5, Zeile 5; Spalte 7, Zeilen 32-36). Die Übertragung dieses bekannten Prinzips auf die Abstützelemente 6,7 der Lageranordnung gemäß D9 gehe somit über die Anwendung fachnotorischen Grundwissens nicht hinaus. Dem Dokument D9 sei nämlich zu entnehmen, dass die Stützelemente der Lageranordnung zwischen Lagerring und Walzenmantel die gleiche Ausbildung aufwiesen (Seite 8, erster Absatz, letzter Satz) und in gleicher Weise betrieben werden könnten (Seite 10, zweiter Absatz und Seite 12, letzter Satz), wie die Stützelemente der Stützanordnung selbst.

VI. Zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin lassen sich die Gegenargumente der Beschwerdegegnerin wie folgt zusammenfassen:

Die verspätet vorgebrachten Dokumente D10 bis D13 brächten keine neuen Aspekte zur Beurteilung der Patentfähigkeit und seien prima facie nicht relevant. Diese Dokumente sollten daher zum Beschwerdeverfahren nicht zugelassen werden.

Weder aus dem Dokuments D9 noch aus Dokument D1 sei ersichtlich, dass ein zwischen einem endseitigen Lagerring und dem Walzenmantel angeordnetes, bewegliches hydrostatisches Stützelement einer Durchbiegungseinstellwalze in Hartlage unter Last gemäß dem kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 betrieben werden könne.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Stand der Technik; Zulassung der Dokumente D10-D13 in das Beschwerdeverfahren

2.1 In der Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 114 (2) EPÜ 1973 hat die Einspruchsabteilung die verspätet vorgelegten Druckschriften D10 bis D13 nicht berücksichtigt. Dies hat sie unter Punkt 3. der Entscheidungsgründe damit gerechtfertigt, dass "die Dokumente D10-D13 prima facie nicht das Merkmal [zeigen], dass ein Stützelement bis zur Hartlage in einen Lagerring einfahrbar ist. In Anbetracht der Tatsache, dass ein in einen Träger bis in die Hartlage eingefahrenes Stützelement bereits aus der D1 bekannt ist und die Dokumente D10-D13 darüber hinaus keine zusätzlichen Merkmale zeigen, sind sie nicht als relevant anzusehen und werden deshalb aufgrund von Artikel 114(2) EPÜ nicht berücksichtigt".

2.2 Nach ständiger Rechtsprechung der Kammern ist bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung des erstinstanzlichen Organs zu beurteilen, ob es sein Ermessen nach Maßgabe der falschen Kriterien, unter Nichtbeachtung der richtigen Kriterien oder in willkürlicher Weise ausgeübt hat (T 640/91, ABl. EPA 1994, 918; T 201/98, nicht im ABl. EPA veröffentlicht).

2.3 Obwohl die Beschwerdeführerin sich in der Beschwerdebegründung auf die verspätet vorgelegten Dokumente D10 bis D12 nochmals berufen hat, bestand sie nicht mehr in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer auf die Berücksichtigung dieser Druckschriften. Die Beschwerdebegründung enthielt auch keinen substantiierten Sachvortrag zur Relevanz von D10 bis D12.

2.4 Was das Dokument D13 anbetrifft, ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass das in der Figur 2 von D13 gezeigte Stützelement 14, wie das bereits in der Figur 3 von D1 gezeigte Stützelement 24, zwar bis in die Hartlage eingefahren werden kann, es ist jedoch nicht in einen Lagerring einfahrbar. Wie bei der Durchbiegungseinstellwalze gemäß D1 ist das Stützelement 14 ein Teil der hydraulischen Stützanordnung zwischen Träger und Walzenmantel und nicht ein Teil der Lageranordnung zwischen Lagerring und Walzenmantel. Ansonsten zeigt D13 kein zusätzliches Merkmal, das in Hinblick auf den Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag von Relevanz sein könnte. Somit ergeben sich für die Kammer keine Anhaltspunkte dafür, dass das Ermessen der Einspruchsabteilung fehlerhaft ausgeübt wurde.

2.5 Da das Dokument D13 wegen mangelnder Relevanz seines Inhalts nicht in das Verfahren eingeführt wird, besteht kein Anlass die Wirksamkeit der ersten Priorität DE 199 47 398 des Streitpatents zu prüfen.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1 Der nächstkommende Stand der Technik ist unbestritten in dem bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigten Dokument D9 zu finden. Die Figur 1 dieses Dokuments zeigt eine Durchbiegungseinstellwalze mit einem drehbaren Walzenmantel 1, einem innerhalb des Walzenmantels angeordneten nicht drehenden Träger 2, einer hydraulischen Stützelementanordnung 3 zwischen Träger und Walzenmantel, einem Lagerring 21 an jedem Ende des Walzenmantels 1 und einer hydrostatischen Lageranordnung zwischen Lagerring 21 und Walzenmantel 1. Der Lagerring 21 ist in einer Pressenebene relativ zum Träger 2 bewegbar. Die Lageranordnung ist durch mindestens drei in Umfangsrichtung verteilt angeordnete hydrostatische Stützelemente 6,7,16,17 gebildet, von denen mindestens eines gegenüber dem Lagerring 21 beweglich ist (vgl. Figuren 5 bis 7 i.V.m. Figur 1).

3.2 Das Merkmal des kennzeichnenden Teils des Patentanspruchs 1, dass das bewegliche Stützelement unter Last bis zur Hartlage in den Lagerring einfahrbar ist, ist aus D9 nicht bekannt. Dies hat die Beschwerdeführerin auch eingeräumt.

3.3 Zwar ermöglicht bereits die aus dem Dokument D9 bekannte, an den jeweiligen Enden des Walzenmantels angeordnete, hydrostatische Lageranordnung ein Betreiben der Walze mit gegenüber einem mittels Wälzkörper gelagerten Walzenmantel höhere Betriebsgeschwindigkeiten. Durch die beanspruchte Einfahrbarkeit des beweglichen Stützelements bis zur Hartlage auf Endanschlag unter Last mit dem Lagerring unterliegt die Position der Enden des Walzenmantels in der Nip-Ebene keinen unerwünschten Schwankungen, weil das hydrostatische Druckpolster zwischen Stützelement und Lagerring somit eliminiert wird. Die Positionierung des Walzenmantel wird genauer und schwingungstechnisch stabiler, was ein Betrieb mit noch höheren Geschwindigkeiten ermöglicht.

Unter Berücksichtigung dieser durch die Unterscheidungsmerkmalen erzielten Wirkungen kann die dem Streitpatent zugrunde liegende objektive technische Aufgabe in der Erreichung noch höherer Betriebsgeschwindigkeit gegenüber dem im Dokument D9 dargestellten Stand der Technik angesehen werden.

3.4 Der mit dieser Aufgabe konfrontierte Fachmann würde in Kenntnis des im Dokument D9 dargestellten Standes der Technik nicht zur beanspruchten Walze gelangen.

Wie der Figur 1 und insbesondere dem Anspruch 1 von D9 entnommen werden kann, setzt die dort erkennbare Lageranordnung zwischen Lagerring 21 und Ende des Walzenmantels zwingend voraus, dass die Lauffläche des Walzenmantels und damit die Stützfläche der Stützelemente 6,7 unter einem Winkel zum Träger 2 stehen, um den Walzenmantel in Achsenrichtung zu fixieren (D9: Seite 3, letzter Absatz). Aufgrund dieses Winkels und der Forderung, dass das Stützelement während des Betriebs stets ein gutes Anliegen der Stützfläche an der Lauffläche des Walzenmantels trotz dessen Verformungen gewährleisten soll, ist eine variable Neigbarkeit des Stützelements zwingend nötig (D9: Seite 8, zweiter Absatz i.V.m. Figur 2). Aufgrund der Neigung des Stützelements würden bei einem betriebsbedingten Aufsetzen des Stützelements 6 auf dem Lagerring (Hartlage unter Last) die lokal hohen Kräfte im Kantenbereich des Stützelements die notwendige Anpassbarkeit der Neigung beeinträchtigen und zu einer Beschädigung der entsprechenden Material-Oberflächen führen. Dementsprechend würde der Fachmann bei der in D9 gezeigten Durchbiegungseinstellwalze eine Berührung zwischen Lagerring 21 und Stützelement 6 unter Last auf jeden Fall ausschließen. Die Stützelemente 6,7 der Lageranordnung der Durchbiegungseinstellwalze gemäß D9 sind somit nicht dafür konzipiert, unter Last bis zur Hartlage in den Lagerring eingefahren zu werden.

3.5 Die Kombination D9/D1 kann auch nicht zur Durchbiegungseinstellwalze gemäß dem Patentanspruchs 1 führen.

Zum Zwecke einer schnellen Öffnung des Pressspaltes zwischen den Walzen eines Kalanders (Trenn- bzw. Schnelltrennvorgang) ist es aus dem Dokument D1 bekannt, die den Walzenmantel tragenden Stützelemente der hydraulischen Stützelementanordnung durch Abführung der hydraulischen Druckflüssigkeit bis in die Hartlage in den Träger einzufahren, um somit eine rasche Absenkung des Walzenmantels durchzuführen (Spalte 4, Zeile 58 bis Spalte 5, Zeile 8). In der Figur 3 von Dokument D1 ist gezeigt, wie die den Walzenmantel stützenden Stützelemente 24 bei geöffnetem Nip bis zum Anschlag, bzw. bis zur Hartlage, auf den Träger 16 ein- und ausfahrbar sind (so genannte "self-loading" Funktion).

Diese Funktion der hydraulischen Stützelementanordnung unterscheidet sich jedoch grundsätzlich von der Funktion der axialen und radialen Lagerung des Walzenmantels (D1: Spalte 5, Zeilen 9-24). Bereits die Anforderungen an den Hubweg der Stützelemente der Stützanordnung sind überhaupt nicht vergleichbar mit denen der Stützelemente der Lageranordnung, denn die in der Pressebene ausgeführte translatorische Bewegung der Stützanordnung zur Öffnung oder Schließung des Pressspaltes wird bei der Durchbiegungseinstellwalze gemäß D9, wie an sich bekannt, von den bewegbaren Lagerringen 21 begleitet (D9: Seite 6, letzter Absatz), d.h. ohne dass die Stützelemente der Lageranordnung sich relativ zum Lagerring entsprechend bewegen müssen. Die Stützelemente 24 der hydraulischen Stützelementanordnung gemäß D1 sind somit mit den im Dokument D9 gezeigten Stützelemente 6,7 zwischen Mantel und Lagerring überhaupt nicht vergleichbar.

Die endseitigen hydrostatischen Lageranordnungen zwischen den jeweiligen Lagerringen 21 und dem Walzenmantel 1 dienen bei der Walze gemäß D9 der axialen und radialen Positionierung des Walzenmantels (D9: Seite 3, letzter Absatz). Diese Lagerungsfunktion ist während des Betriebes dauernd zu gewährleisten, d.h. insbesondere auch wenn der Pressspalt geöffnet wird und das Eigengewicht des Walzenmantels aufgenommen werden soll. Zu einer Abführung der Druckflüssigkeit zu irgendeinem der Stützelementen dieser Lageranordnung, so dass es unter Last in die Hartlage kommen kann, gibt es überhaupt keinen Anlass.

Gemäß D9 erfolgt die seitliche Stabilisierung bzw. radiale Positionierung des Walzenmantels, sowohl wenn er in der Pressebene belastet ist, als auch wenn er zwecks seiner translatorischen Bewegung (Öffnung bzw. Schließung des Pressspaltes) entlastet ist, durch die endseitigen bewegbaren Lager- und Führungsringen 21, wie an sich bekannt (Patentschrift Absatz [0005] und D9: Seite 6, letzter Absatz).

Die Durchbiegungseinstellwalze gemäß D1 besitzt keinen Lagerring, der in der Pressebene relativ zum Träger bewegbar ist. Wie die axiale Positionierung des Walzenmantels erfolgt, ist in dieser Druckschrift nicht erwähnt. Die seitliche Stabilisierung des Walzenmantels in der Pressebene unter Last wird in D1 mit ganz anderen Mitteln als in D9 erreicht. Hier wird eine hydrostatische Lageranordnung geschaffen, die die translatorische Bewegung des Walzenmantels in der Pressebene durch Schwenkbewegungen der Führungsschuhe 44,82 um ihre Achsschenkel 72,84 (Schwenkachsen 85 und 74) in Verbindung mit radialen Bewegungen des Ausgleichskolbens 50 (Kolbenzylinderanordnung 52,56) begleitet. Da der Führungsschuh 82 um Achsen 85,110 schwenken kann, deren Position gegenüber dem Träger keinen hydrostatischen Druckschwankungen unterliegen (D1: Spalte 8, Zeilen 12-34), wird eine seitliche Positionierung des Walzenmantel gewährleistet, die genau festgelegt und schwingungstechnisch stabil ist (D1: Spalte 8, Zeile 54 bis Spalte 9, Zeile 2). Dank dieser Maßnahmen kann der Walzenmantel gemäß D1 mit sehr hoher Geschwindigkeit gefahren werden. Das Dokument D1 löst somit die patentgemäße Aufgabe mit ganz anderen Mitteln, wobei eine völlig andere Abstützungsgeometrie involviert wird und sich auch andere Kräfteverhältnisse als in D9 ergeben.

Aufgrund der stark unterschiedlichen Ausgestaltung der Walzen nach D1 und D9 hätte der Fachmann diese Dokumente nicht kombiniert, um die patentgemäße Aufgabe zu lösen. Selbst wenn er dies tut, gelangt er nicht zur Walze gemäß dem Patentanspruch 1, weil weder D1 noch D9 lehrt, welche Maßnahme er für das Stützelement im Lagerbereich unter Last treffen muss.

3.6 Aus diesen Gründen kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem vorliegenden Stand der Technik ergibt. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3.7 Das gleiche gilt für den Verfahrensanspruch 21 da weder aus dem Dokuments D9 noch aus Dokument D1 ersichtlich ist, dass ein Stützelement der endseitigen Lageranordnungen unter Last bis zur Hartlage in den Lagerring eingefahren werden kann.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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