T 0872/07 () of 25.6.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T087207.20100625
Datum der Entscheidung: 25 Juni 2010
Aktenzeichen: T 0872/07
Anmeldenummer: 05005396.6
IPC-Klasse: G01N 21/90
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Inspektionsmaschine
Name des Anmelders: Krones AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja - geänderte Ansprüche)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0779/02
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentanmelderin) richtet ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 05005396.6 (Veröffentlichungsnummer 1553405) zurückgewiesen worden ist.

Die Anmeldung wurde als Teilanmeldung zu der früheren europäischen Patentanmeldung Nr. 94924822.3 (veröffentlicht mit der internationalen Veröffentlichungsnummer WO 95/04267) eingereicht. Die Stammanmeldung war Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens (T 0779/02 - 3.4.02) und wurde als europäisches Patent Nr. 0663069 erteilt.

II. Die Zurückweisung wurde von der Prüfungsabteilung damit begründet, dass der Gegenstand des damals geltenden Anspruchs 1 im Hinblick auf die Entgegenhaltungen

D1 : US-A-4025201

D2 : EP-A-0037694

D3 : US-A-4500203

D4 : US-A-4691231

nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 56 EPÜ 1973).

III. In der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Basis eines zusammen mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anspruchs 1, der mit dem der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Anspruch 1 identisch war.

IV. Mit einer der Ladung einer mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung hat die Kammer die folgenden Druckschriften in das Verfahren eingeführt:

A1 : GB-A-977059

A2 : EP-A-0258810

A3 : JP-A-2198309 mit englischer Zusammenfassung, erschienen in "Patent Abstracts of Japan".

V. Auf diese Mitteilung hin reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 19. Mai 2010 geänderte Anspruchssätze und überarbeitete Beschreibungsseiten gemäß Hilfsanträgen I, II und III ein.

Die als Hilfsantrag III bezeichneten geänderten Unterlagen bestehen aus einem geänderten Anspruch 1 und daran angepassten abhängigen Ansprüchen 2 bis 23 und Seiten 3 und 8 der Beschreibung. Der geänderte Anspruch 1 gemäß diesem Antrag lautet wie folgt:

"Inspektionsmaschine für durchleuchtbare Flaschen (5) oder dergleichen mit einer Inspektionsstation (1) zur Seitenwandkontrolle, die eine Beleuchtungseinrichtung (2), eine Bildaufnahmeeinrichtung (3) und eine zwischen einer zu prüfenden Flasche und der Bildaufnahme einrichtung angeordnete Strahlengänge erzeugende Spiegelanordnung aufweist, sowie mit einer die Flaschen (5) einspurig durch die Strahlengänge führenden Transporteinrichtung (4),

gekennzeichnet durch

eine Spiegelanordnung (6a, 6b, 7a, 7b, 8a, 8b, 8c), die wenigstens drei, die Seitenwand einer zu prüfenden Flasche (5) aus umfänglich verschiedenen Richtungen auf eine gemeinsame Bildaufnahmeeinrichtung abbildende Strahlengänge (6, 7, 8) erzeugt,

wobei

die optische Achse (12) der Bildaufnahmeeinrichtung (3) abschnittsweise im wesentlichen parallel zur Symmetrielinie (11) der Flaschen (5) ausgerichtet ist und die optische Achse (12) - ausgehend von der Bildaufnahmeeinrichtung (3) - durch einen Spiegel (13) quer zur Symmetrielinie (11) der Flaschen (5) umgelenkt wird und

die Bildaufnahmeeinrichtung (3) seitlich neben der Transporteinrichtung (4) mit Abstand oberhalb deren Förderebene angeordnet ist."

VI. Während der mündlichen Verhandlung nahm die Beschwerdeführerin den zusammen mit der Beschwerde begründung eingereichten Anspruch 1 sowie die geänderten Unterlagen gemäß den Hilfsanträgen I und II zurück und beantragte, die Zurückweisung der Anmeldung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der als "Hilfsantrag III" bezeichneten Unterlagen (nunmehr geltender Haupt- und einziger Antrag) zu erteilen.

Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

VII. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist schon aufgrund des Merkmals, wonach die Spiegelanordnung "wenigstens drei, die Seitenwand einer zu prüfenden Flasche aus umfänglich verschiedenen Richtungen auf eine gemeinsame Bildaufnahmeeinrichtung abbildende Strahlengänge erzeugt", aus den bereits in der Entscheidung T 0779/02 für die Stammanmeldung dargelegten Gründen gegenüber der Druckschrift D1 neu und erfinderisch.

Außerdem beziehen sich die in dem geltenden Anspruch 1 hinzugefügten Merkmale der ursprünglichen abhängigen Ansprüche 12 und 13 darauf, dass die optische Achse der Bildaufnahmeeinrichtung an der Symmetrielinie der Flaschen ausgerichtet ist und durch einen Spiegel quer zur Symmetrielinie der Flaschen umgelenkt wird und dass die Bildaufnahmeeinrichtung seitlich neben der Transporteinrichtung mit Abstand oberhalb deren Förderebene angeordnet ist. Hierdurch ergibt sich eine kompakte Bauweise der Inspektionseinrichtung. Als zu lösende technische Aufgabe kann somit angegeben werden, eine Inspektionsmaschine für durchleuchtbare Flaschen zur Verfügung zu stellen, die es erlaubt, in möglichst kompakter Bauweise größere Seitenwandbereiche in einfacher Weise mit geringer Verzerrung abzubilden. Die Druckschriften D1 bis D4 und A1 bis A3 geben keinerlei Hinweis auf die beanspruchte Gestaltung der Spiegelanordnung und der Bildaufnahmeeinrichtung gemäß dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ergibt sich aus den Merkmalen der ursprünglichen Ansprüche 1, 12 und 13, und die Merkmale der geltenden abhängigen Ansprüche 2 bis 23 entsprechen denjenigen der ursprünglichen abhängigen Ansprüche 2 bis 11 und 14 bis 25 (Artikel 123(2) EPÜ), wobei wiederum die ursprünglichen Ansprüche 1 bis 25 identisch mit den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 25 der Stammanmeldung sind (Artikel 76(1) EPÜ 1973). Die Änderungen in der Beschreibung betreffen die Anpassung an den geltenden Anspruch 1 (Artikel 84 und Regel 27(1) c) EPÜ 1973). Die geänderten Unterlagen der Patentanmeldung erfüllen somit die formellen Voraussetzungen des EPÜ.

Außerdem sind die geltenden Ansprüche auf einen anderen Gegenstand gerichtet als die Patentansprüche des erteilten Stammpatents und die eines weiteren europäischen Patents (Nr. 1130384), das auf eine zweite, auf der Grundlage derselben Stammanmeldung eingereichte Teilanmeldung hin erteilt wurde, sodass keine Bedenken hinsichtlich einer Doppelpatentierung bestehen.

3. Neuheit

Die Neuheit der beanspruchten Erfindung wurde von der Prüfungsabteilung nicht in Zweifel gezogen und die Kammer hat auch keine Veranlassung hinsichtlich des geltenden, eingeschränkten Anspruchs 1, eine andere Auffassung zu vertreten, wie aus der nachstehenden Diskussion der erfinderischen Tätigkeit (vgl. Nr. 4.1 und 4.2 unten) ersichtlich ist.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 Die Druckschrift D1 offenbart eine Inspektions maschine für durchleuchtbare Flaschen, die alle im Oberbegriff des geltenden Anspruchs 1 enthaltenen Merkmale aufweist (siehe D1, Fig. 1 und 2 und entsprechende Beschreibung), und wird als nächstkommender Stand der Technik für die beanspruchte Inspektions maschine angesehen.

Während die Spiegelanordnung der beanspruchten Inspektionsmaschine wenigstens drei die Seitenwand der zu prüfenden Flasche aus umfänglich verschiedenen Richtungen auf eine gemeinsame Bildaufnahmeeinrichtung abbildende Strahlengänge erzeugt, beschränkt sich die technische Offenbarung der Druckschrift D1 auf Ausführungen, in denen die Spiegelanordnung nur zwei derart abbildende Strahlengänge erzeugt (Abb. 2 und 3 und Spalte 3, Zeilen 35 bis 67). Die Druckschrift verweist zwar auf eine Spiegelanordnung, die "mindestens zwei" solche Strahlengänge erzeuge (Absatz von Spalte 2 unten bis Spalte 3 oben und Ansprüche 1 und 5), offenbart jedoch keine konkreten Einzelheiten bezüglich des Aufbaus einer drei oder mehr Strahlengänge erzeugenden Spiegelanordnung. Die beanspruchte Spiegelanordnung zur Erzeugung von wenigstens drei derart abbildenden Strahlengängen wird somit - wie bereits von der Prüfungsabteilung festgestellt und im Einklang mit der früheren Entscheidung T 779/02 betreffend die Stammanmeldung (siehe Nr. 2 der Entscheidungsgründe) - durch die technische Offenbarung der Druckschrift D1 nicht vorweggenommen.

Außerdem ist die Inspektionsmaschine der Druckschrift D1 räumlich und optisch so angeordnet, dass die optische Achse der Bildaufnahmeeinrichtung in der Förderebene der Transporteinrichtung liegt und in einer Richtung quer zur Förderrichtung und zur Symmetrieachse der zu prüfenden Flaschen verläuft (Fig. 1 und 2), sodass auch die beanspruchte räumliche und optische Anordnung der Bildaufnahmeeinrichtung im Bezug auf die Flaschen und auf die Transporteinrichtung, bei der "die optische Achse der Bildaufnahmeeinrichtung abschnittsweise im wesentlichen parallel zur Symmetrielinie der Flaschen ausgerichtet ist und die optische Achse - ausgehend von der Bildaufnahmeeinrichtung - durch einen Spiegel quer zur Symmetrielinie der Flaschen umgelenkt wird und die Bildaufnahmeeinrichtung seitlich neben der Transporteinrichtung mit Abstand oberhalb deren Förderebene angeordnet ist", durch die technische Offenbarung der Druckschrift D1 nicht vorweggenommen ist.

4.2 Keine der verfügbaren Druckschriften enthält irgendwelche Anregungen zu der beanspruchten Merkmalskombination bzw. zur weiteren Ausgestaltung der Spiegelanordnung und der Bildaufnahmeeinrichtung gemäß den kennzeichnenden Merkmalen des geltenden Anspruchs 1. Insbesondere kann aus den Druckschriften keinerlei Anregung entnommen werden, für die Erreichung der angestrebten technischen Effekte, nämlich in kompakter und platzsparender Bauweise einen größeren Seitenwandbereich der zu prüfenden Flasche in einfacher Weise mit geringer Verzerrung abzubilden (Beschreibung der Anmeldung, Seite 3, zweiter Absatz und Seite 8, dritter Absatz i.V.m. Seite 2, zweiter und dritter Absatz), auf die im kennzeichnenden Teil des Anspruchs definierten optischen und räumlichen Ausgestaltung der Inspektionsmaschine zurückzugreifen:

- Die von der Prüfungsabteilung berücksichtigten Druckschriften D2, D3 und D4 beziehen sich allesamt auf Inspektions maschinen für durchleuchtbare Flaschen, in denen drei Strahlengänge mittels einer Spiegelanordnung erzeugt werden, die die Seitenwand der Flasche abbilden. Allerdings werden in diesen Inspektionsmaschinen Teile der Seitenwand der Flasche durch die drei Strahlengänge nicht - wie beansprucht - auf eine gemeinsame, kompakt abgelegte Bildaufnahmeeinrichtung, sondern auf getrennte Bildaufnahmeeinrichtungen abgebildet, deren optische Achsen - wie im Falle der Druckschrift D1 - in einer Richtung quer zur Förderrichtung der Transport einrichtung und zur Symmetrieachse der zu prüfenden Flaschen verlaufen (D2, Fig. 1; D3, Fig. 1 und 2; und D4, Fig. 2 und 9).

- Die Druckschriften A1, A2 und A3 offenbaren Inspektions maschinen für zylindrische bzw. kugelförmige Objekte mit Spiegelanordnungen, die vier (A1, Fig. 1 bis 4), fünf (A2, Fig. 1 bis 4 und 12 bis 15), sechs (A1, Fig. 5 bis 8) bzw. neun (A3, Fig. 2 bis 7) Strahlengänge erzeugen, wobei die Strahlengänge jeweils einen Teil der Oberfläche des zu prüfenden Objekts aus umfänglich verschiedenen Richtungen auf eine gemeinsame Bildaufnahmeeinrichtung abbilden. Die zu prüfenden Objekte sind allerdings undurchsichtig und werden entweder mittels einer Kamera abgebildet, deren optische Achse - wie auch im Falle der Druckschriften D1 bis D4 - in einer Richtung quer zur Symmetrieachse des zu prüfenden Objekts verläuft (A1, Fig. 1, 2 und 5), oder mittels einer Kamera, die nicht - wie beansprucht - seitlich neben der Transporteinrichtung, sondern direkt oberhalb deren Förderebene angeordnet ist (A2, Fig. 1 bis 4 und 15, und A3, Fig. 2 und 3).

- Die übrigen verfügbaren Dokumente sind noch weniger relevant.

Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 wird daher durch die Lehre der verfügbaren Entgegenhaltungen nicht nahegelegt.

5. Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 52(1) EPÜ und Artikel 54(1) und 56 EPÜ 1973). Gleiches gilt für die abhängigen Ansprüche 2 bis 23, die auf vorteilhafte Weiterbildungen des Gegenstandes von Anspruch 1 gerichtet sind.

6. Nachdem nach Auffassung der Kammer die Patentanmeldung in der vorliegenden Fassung und die Erfindung, die sie zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen, hat die Erteilung eines Patents in dieser Fassung zu erfolgen (Artikel 97(1) EPÜ und 111(1) EPÜ 1973).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

- Beschreibung: Seiten 1, 2, 4 bis 7 und 9 bis 12 wie ursprünglich eingereicht und Seiten 3 und 8 gemäß "Hilfsantrag III", eingereicht mit Schreiben vom 19. Mai 2010;

- Ansprüche: Nr. 1 bis 23 gemäß "Hilfsantrag III", eingereicht mit Schreiben vom 19. Mai 2010;

- Zeichnungen: Figuren 1 bis 7 wie ursprünglich eingereicht.

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