European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2009:T078107.20090925 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 September 2009 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0781/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01128747.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60D 1/52 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Anhängekupplung | ||||||||
Name des Anmelders: | SCAMBIA Industrial Developments Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Westfalia-Automotive GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit: Hauptantrag (verneint) Verspätet vorgebrachtes Dokument - Zulässigkeit (bejaht) Hilfsanträge - Zulässigkeit (bejaht), Zurückverweisung (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Der gegen das europäische Patent Nr. 1 182 062 eingelegte Einspruch führte zum Widerruf des Patents durch die am 13. März 2007 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung.
Die Einspruchsabteilung befand, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nicht neu war.
II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 9. Mai 2007 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 14. Juli 2007 eingereicht.
III. Am 25. September 2009 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag) oder die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage der Patentansprüche gemäß der Hilfsanträge I und II, eingereicht in der mündlichen Verhandlung. Alle anderen Hilfsanträge wurden zurückgenommen.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Zur Frage der Neuheit des Gegenstands gemäß Hauptantrag wurde insbesondere auf den folgenden, bereits im Einspruchsverfahren vorliegenden Stand der Technik Bezug genommen:
D5: WO-A-97/10111
D9: DE-A-195 21 896.
Insbesondere im Hinblick auf die neuen von der Beschwerdeführerin eingeführten Hilfsanträge hat sich die Beschwerdegegnerin in ihrem Schreiben vom 24. September 2009 auf das Dokument
D18: DE-A-33 28 524
bezogen und beantragt, dieses Dokument bei der Frage der Patentierbarkeit zu berücksichtigen.
V. Der erteilte Anspruchs 1 (Hauptantrag) hat folgenden Wortlaut:
"Anhängekupplung für Kraftfahrzeuge umfassend ein fahrzeugfest angeordnetes Lagerteil und ein am Lagerteil gelagertes Schwenkteil (14) mit einem Kugelhals (16) und mit einer Kupplungskugel (20), welches gegenüber dem Lagerteil um eine Achse zwischen einer Ruhestellung und einer Arbeitsstellung verschwenkbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass zum Fixieren des Kugelhalses (16) in der Arbeitsstellung ein Verspannen von Anschlagelementen und von Stützelementen des Schwenkteils (14) und des Lagerteils (10) miteinander durch ein Verspanngetriebe (94, 60; 200, 160) vorgesehen ist, mit welchem mindestens eines der Stützelemente (60, 160) oder mindestens eines der Anschlagelemente (56, 66, 66') von einer Lösestellung in eine Spannstellung und umgekehrt bewegbar ist und in der Spannstellung eine das Verspannen bewirkende Spannkraft erzeugbar ist."
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I hat folgenden Wortlaut:
"Anhängekupplung für Kraftfahrzeuge umfassend ein fahrzeugfest angeordnetes Lagerteil und ein am Lagerteil gelagertes Schwenkteil (14) mit einem Kugelhals (16) und mit einer Kupplungskugel (20), welches gegenüber dem Lagerteil um eine Schwenkachse (12) verschwenkbar ist, so dass der Kugelhals (16) durch eine Schwenkbewegung zwischen einer Ruhestellung und einer Arbeitsstellung verschwenkbar ist
dadurch gekennzeichnet, dass zum Fixieren des Kugelhalses (16) in der Arbeitsstellung ein Verspannen von Anschlagelementen (56, 66, 66') des Schwenkteils (14) und von Stützelementen (50, 60, 160) des Lagerteils (10) miteinander durch ein Verspanngetriebe (94, 60; 200, 160) vorgesehen ist, mit welchem mindestens eines der Stützelemente (60, 160) von einer Lösestellung in eine Spannstellung und umgekehrt bewegbar ist und in der Spannstellung eine das Verspannen bewirkende Spannkraft erzeugbar ist, dass in der Spannstellung das Stützelement (60, 160) eines Paares (60, 66; 160, 66') aus jeweils einem der Stützelemente (50, 60; 50, 160) und Anschlagelemente (56, 66, 66') in Spannkraftrichtung (58) nachstellend auf das Anschlagelement (66, 66') wirkt, dass beim Schwenken des Schwenkteils (14) um die Achse (12) jedes der Anschlagelemente (56, 66) auf einer radial beabstandeten Bahn (65) um die Schwenkachse (12) umläuft, dass eines der Stützelemente (50, 60, 160) als von einer Freigabestellung in die Bahn (65) des entsprechenden Anschlagelements (66, 66') hinein bis zu einer Sperrstellung und umgekehrt bewegbares Stützelement (60, 160) am Lagerteil (10) angeordnet ist, dass eine Betätigungseinrichtung (80, 180) vorgesehen ist, welche das Verspanngetriebe umfasst, und dass die Betätigungseinrichtung (80, 180) zum Fixieren des Kugelhalses (16) in der Arbeitsstellung das Stützelement (60, 160) von der Freigabestellung in die Sperrstellung bewegt und nach Erreichen der Sperrstellung das Verspanngetriebe (94, 60; 200, 160) das Stützelement von der in der Sperrstellung vorliegenden Lösestellung in die Spannstellung überführt, und dass die Betätigungseinrichtung (80,180) ein einziges Antriebselement (82, 190) aufweist bei dessen Betätigung das bewegbare Stützelement (60, 160) in jede der die Freigabestellung, die Sperrstellung, die Lösestellung und die Spannstellung umfassenden Stellungen, bringbar ist."
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II entspricht dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I mit der folgenden Hinzufügung nach den Wörtern "...in die Spannstellung überführt":
"und zum Freigeben des Kugelhalses (16) das Verspanngetriebe (94, 60; 200, 160) von der Spannstellung in die Lösestellung überführt und dann das bewegbare Element (60, 160) von der Sperrstellung in die Freigabestellung bewegt, ...".
VI. Zur Stützung ihrer Anträge brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes vor:
a) Zum Hauptantrag
Die Entscheidung der Einspruchsabteilung, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 durch den Inhalt des Dokuments D9 neuheitsschädlich vorweggenommen sei, basiere einerseits auf einer unzutreffenden Würdigung der Bedeutung der Anspruchsmerkmale und andererseits auf einer unzutreffenden Interpretation des Offenbarungsgehalts des Dokuments D9.
Obwohl Dokument D9 eine Anhängekupplung offenbare, deren Schwenkteil 3 gegenüber einem Lagerteil 4 zwischen einer Ruhestellung und einer Arbeitsstellung bewegbar sei, bestünden bei diesem Dokument die Bewegungsformen des Schwenkteils aus der Summe einer linearen und einer schwenkbaren Bewegung. Diese Bewegungen entsprächen nicht den Merkmalen des Oberbegriffs des erteilten Anspruchs 1, die zum Ausdruck brächten, dass die gesamte Bewegung des Schwenkteils zwischen der Ruhestellung und der Arbeitsstellung durch Verschwenken um eine Achse erfolgen solle. Die Beschreibung des Patents gebe auch keinerlei Raum für eine andere Interpretation des Oberbegriffes des erteilten Anspruchs 1. Die Anhängekupplung gemäß dem Dokument D9, die durch die Einführung der hackenförmigen Nase 21 in die Ausnehmung 20 des Gehäuses 5 in ihre Arbeitsstellung gebracht werde, sei keine verschwenkbare Kupplung im Sinne des Anspruchs, sondern eine Zwitterkonstruktion, die zwischen einer abnehmbaren Kupplung und einer echten verstellbaren Kupplung eingeordnet werden könne.
Auch die Problematik der Dauerbelastbarkeit, die auftauche, wenn solche Anhängekupplungen in der Arbeitsstellung starken pulsierenden Beanspruchungen ausgesetzt würden, sei bei der Kupplung gemäß D9 nicht durch den Einsatz einer Spannkraft, sondern durch eine geometrisch überbestimmte Fixierung gelöst. Zu der Fixierung wirkten nämlich eine Vielzahl von an dem Kugelhals angreifenden und diesen haltenden Elementen zusammen (vgl. das hakenförmige freie Ende 20 mit der Ausnehmung 21; die Zapfen 22 mit den etwa halbrunden Ausnehmungen 23; die durch die Keilmutter 16 hindurch geführten und oben an der Hubscheibe aufgehängten Hubspangen 24 des Kugelhalses). Ein Verspannen von Anschlagelementen und Stützelementen des Schwenkteils und des Lagerteils miteinander sei in D9 nicht offenbart. Auch wenn die Stellspindel 11 zusammen mit der Keilmutter 16 und der Kupplungsmutter 14 als eine Art Getriebe betrachtet werden könne, sei in D9 keine Rede davon, dass durch diese Getriebeelemente Spannkräfte erzeugt werden könnten.
Auch die Anhängekupplung gemäß den Figuren 7 und 8 des Dokuments D5 nehme die Merkmale des erteilten Anspruchs 1 nicht neuheitsschädlich vorweg. In D5 sei über die o.g. Problematik der Dauerbelastbarkeit nichts ausgesagt. Insbesondere sei keine Rede von einem Verspannen von Anschlagelementen des Schwenkteils 26 und Stützelementen des Lagerteils 22-23 miteinander. Die von der Beschwerdegegnerin als Anschlagelemente betrachteten Sperrkonusse 32 fixierten zwar den Kugelhals 3 in der Arbeitsstellung, sie wirkten jedoch nicht in die Schwenkrichtung des Kugelhalses. Auch in Hinblick auf die Problematik der Dauerbelastbarkeit dieser Kupplung sei keine zuverlässige Fixierung des Kugelhalses gegeben, denn bei pulsartigen Belastungen könne ein Spiel zwischen den Außengewinden 37 der Sperrkonusse 32 und den Innengewinden 30 des Schenkels 26 entstehen. Die Neuheit des Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei deshalb gegeben.
b) Zu den Hilfsanträgen
Die in den Ansprüchen gemäß den Hilfsanträgen I und II durchgeführten Änderungen erfüllten die Erfordernisse der Artikel 123 (2) EPÜ und 84 EPÜ 1973. Diese Ansprüche seien daher zulässig.
VII. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin kann wie folgt zusammengefasst werden:
a) Zum Hauptantrag
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei sowohl durch die Anhängevorrichtung des Dokuments D9 als auch durch die Ausführungsform der Anhängekupplung gemäß den Figuren 7 und 8 des Dokuments D5 neuheitsschädlich vorweggenommen.
b) Zu den Hilfsanträgen
Bei der Einführung des Merkmals "um eine Schwenkachse (12) verschwenkbar ist, so dass der Kugelhals (16) durch eine Schwenkbewegung zwischen einer Ruhestellung und einer Arbeitsstellung verschwenkbar ist" (nachfolgend wie von der Beschwerdegegnerin als Merkmal 1b1) bezeichnet) in den Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen I und II seien wichtige konstruktive Teilmerkmale aus der ursprünglichen Beschreibung (Schwenkachse sowohl gegenüber einer Vertikalen V als auch gegenüber einer Horizontale H und einer Fahrzeuglängsrichtung geneigt: vgl. Absätze [0068] bis [0070] und [0100] bis [0101] der ursprünglich eingereichten Anmeldung D0: EP-A-1 182 062) weggelassen, die mit dem besagten Teilmerkmal eng verbunden gewesen seien. Durch dieses Weglassen sei ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Artikels 123 (2) EPÜ entstanden.
Bei der Übernahme der Merkmale aus dem ursprünglichen eingereichten abhängigen Anspruch 7 in den Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I seien die Teilmerkmale "dass die Betätigungseinrichtung (80, 180) zum Fixieren des Kugelhalses (16) in der Arbeitsstellung das bewegbare Element (60, 160) von der Freigabestellung in die Sperrstellung bewegt und nach Erreichen der Sperrstellung das Verspanngetriebe (94, 60; 200, 160) von der Lösestellung in die Spannstellung überführt" (nachfolgend wie von der Beschwerdegegnerin als Teilmerkmale 1j) bezeichnet) herausgegriffen worden, obwohl sie durchgehend in Kombination mit den Teilmerkmalen "und zum Freigeben des Kugelhalses (16) das Verspanngetriebe (94, 60; 200, 160) von der Spannstellung in die Lösestellung überführt und dann das bewegbare Element (60, 160) von der Sperrstellung in die Freigabestellung bewegt" (nachfolgend wie von der Beschwerdegegnerin als Teilmerkmale 1k) bezeichnet) im Anspruch 7 ursprünglich offenbart gewesen seien und deshalb nur in dieser Kombination hätten übernommen werden dürfen. Durch das Weglassen der Teilmerkmale 1k) sei eine Verallgemeinerung entstanden, die gegen die Bestimmungen des Artikels 123 (2) EPÜ verstoße.
In dem im Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen aufgenommenen Teilmerkmal 1j) fehle eine klare Definition der "Lösestellung", wie sie in der Spalte 12, Zeilen 28-30 der Patentschrift angegeben sei. Eine solche Definition erscheine insbesondere wegen der gleichzeitigen Einführung des Begriffes "Sperrstellung" erforderlich. Der Anspruch verstoße daher auch gegen die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1 Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist gegenüber der Ausführungsform der Anhängekupplung nach den Figuren 7-8 des Dokuments D5 nicht neu. Diese Figuren zeigen nämlich eine Anhängekupplung für Kraftfahrzeuge, welche ein fahrzeugfest angeordnetes Lagerteil 22,23 und ein am Lagerteil gelagertes Schwenkteil 26 umfasst. An dem Schwenkteil 26 sind ein Kugelhals 2 und eine Kupplungskugel 3 gehalten. Das Schwenkteil ist gegenüber dem Lagerteil um eine Schwenkachse 24 verschwenkbar, so dass der Kugelhals 2 durch eine Schwenkbewegung um die Schwenkachse 24 zwischen einer Ruhestellung und einer Arbeitsstellung verschwenkbar ist. Zum Fixieren des Kugelhalses 2 in der Arbeitsstellung ist ein Verspannen von Anschlagelementen (Sperrkonusse 32) des Schwenkteils 26 und von Stützelementen (Verriegelungsöffnungen 38) des Lagerteils 22-23 miteinander durch ein Verspanngetriebe (Zahnradgetriebe 31,33-36,39 mit Gewinden 30,37) vorgesehen, mit welchem mindestens eines der Anschlagelemente (Sperrkonus 32) von einer Lösestellung in eine Spannstellung und umgekehrt bewegbar ist (Seite 6, Zeilen 15 bis Seite 7, Zeile 6). In der Spannstellung ist eine das Verspannen bewirkende Spannkraft erzeugbar (Seite 7, Zeilen 7-9).
An keiner Stelle des erteilten Anspruchs 1 wird verlangt, dass die Anschlagelemente in die Schwenkrichtung des Kugelhalses wirken sollen. Das diesbezügliche Argument der Beschwerdeführerin läuft somit ins Leere.
Auch das Argument, dass ein Verspannen von Anschlagelementen und von Stützelementen in der Arbeitsstellung dem Dokument D5 nicht zu entnehmen sei, kann die Kammer nicht gelten lassen. Die Tatsache, dass der elektrische Antrieb abschaltet, sobald die Last einen vorher eingestellten Grenzwert überschreitet (Seite 7, Zeilen 7-9), impliziert für den Fachmann, dass die Anschlagelemente 32 mit einer bestimmten Spannkraft gegen die Stützelemente 38 angelegt werden und dass dadurch jegliches Spiel zwischen den verschiedenen Getriebeelementen, inklusiv den Gewinden 30,37, beseitigt wird.
2.2 Auch gegenüber dem Inhalt des Dokuments D9 ist der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu, denn der Wortlaut des Oberbegriffs des erteilten Anspruchs 1 schließt nicht aus, dass zwischen der Ruhestellung und der Arbeitsstellung des Schwenkteils eine weitere Bewegungsform zusätzlich zur beanspruchten Schwenkbewegung vorliegen kann.
D9 zeigt in der Figur 1 eine Anhängekupplung für Kraftfahrzeuge umfassend ein fahrzeugfest angeordnetes Lagerteil 4 und ein am Lagerteil gelagertes Schwenkteil 8 mit einem Kugelhals 3 und mit einer Kupplungskugel. Das Schwenkteil 8,3 ist gegenüber dem Lagerteil um eine Achse 11 zwischen einer Ruhestellung und einer Arbeitsstellung verschwenkbar (vgl. D9: Spalte 2, Zeilen 39-41). Zum Fixieren des Kugelhalses 3 in der Arbeitsstellung sind Anschlagelemente (Keilmutter 16, Zapfen 22) des Schwenkteils und Stützelemente (Gehäuse 5, Ausnehmungen 23) des Lagerteils vorgesehen, wobei zu dieser Fixierung die Anschlagelemente 16,22 des Schwenkteils bewegbar sind und gegen die Stützelemente 5,23 angelegt werden. Durch ein Getriebe (Spindel 11, Kupplungsmutter 14, Hubscheibe 15, Hubspangen 24) wird eine das Verspannen bewirkende Spannkraft erzeugt. Die Anschlagelemente und die Stützelemente sind von einer Fixierstellung in eine Lösestellung und umgekehrt bewegbar (Spalte 2, Zeilen 26-51).
Auch hier hat die Beschwerdeführerin bestritten, dass das Getriebe eine das Verspannen bewirkende Spannkraft erzeugt. Eine Spannkraft ist zwar in D9 nicht explizit erwähnt, aber das im Dokument D9 Beschriebene muss mit dem Verstand des Fachmanns gelesen werden. Aufgrund der erheblichen Belastungen, denen eine solche Anhängekupplung ausgesetzt ist, liest der Fachmann einfach mit, dass das Fixieren des Kugelhalses in der Arbeitsstellung unter Verspannung der Anschlagelemente und Stützelemente durch das Getriebe erfolgt.
2.3 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht patentfähig ist, weil er die in Artikel 52 (1) EPÜ 1973 geforderte Neuheit nicht aufweist.
3. Hilfsanträge I und II
3.1 Zulässigkeit der geänderten Ansprüche
3.1.1 Die durchgeführten Änderungen
Der geänderte Anspruch 1 besteht sinngemäß aus der Kombination sämtlicher Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 mit den Merkmalen der erteilten abhängigen Ansprüche 6, 7 (Teil), 11, 21, 24 und 32. Dabei wurde auch noch verdeutlicht, dass das mindestens eine bewegbare Element ein Stützelement des Schwenkteils ist.
3.1.2 Im Oberbegriff des Anspruchs wurde noch präzisiert, dass der Kugelhals durch eine Schwenkbewegung zwischen der Ruhestellung und der Arbeitsstellung verschwenkbar ist (Merkmal 1b1)).
Zur Einführung des Merkmals 1b1) in den geänderten Anspruch 1 sah die Beschwerdegegnerin in dem Weglassen bestimmter konstruktiver Teilmerkmale aus der ursprünglichen Beschreibung von D0 (Absätze[0068] bis [0070]) einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Artikels 123 (2) EPÜ.
Der ursprünglich eingereichten Anmeldung D0 ist eindeutig zu entnehmen, dass das Schwenkteil und der Kugelhals "einstückig miteinander verbunden" sind und eine Einheit bilden, die als Ganzes um die Schwenkachse schwenkbar ist (vgl. D0: Absatz [0102]). Deshalb ist die Aussage des Merkmals 1b1) als eine Einschränkung des erteilten Anspruchs 1 zu betrachten, die nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgeht. Die Tatsache, dass der Kugelhals mit dem Schwenkteil verschwenkbar ist, steht in keinem engen funktionellen oder strukturellen Zusammenhang mit den weiteren, von der Beschwerdegegnerin erwähnten Teilmerkmalen nach den Absätzen [0068] bis [0070] von D0.
3.1.3 Des Weiteren kann die Kammer die Ausführungen der Beschwerdegegnerin nicht nachvollziehen, wenn sie behauptet, dass durch das Weglassen der Teilmerkmale 1k) des abhängigen Anspruchs 7 eine Verallgemeinerung entstanden sei, die gegen die Bestimmungen des Artikels 123 (2) EPÜ verstoße.
Die Teilmerkmale 1k) verlangen u.a., dass die Betätigungseinrichtung das bewegbare Stützelement von der Sperrstellung in die Freigabestellung bewegt. Bei dem in den Figuren 1 bis 4 von D0 offenbarten ersten Ausführungsbeispiel der Anhängekupplung wird das bewegbare Stützelement (Verriegelungskugel 60) nicht durch die Betätigungseinrichtung in die Freigabestellung bewegt, sondern die Verriegelungskugel 60 fällt von alleine in die Freigabestellung (vgl.D0: Absatz [0097]). Das Weglassen des Teilmerkmals 1k) ist somit berechtigt.
In dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II wurde das Teilmerkmal 1k) ohnehin übernommen. Der Hilfsantrag II überwindet somit den diesbezüglichen Einwand der Beschwerdegegnerin.
3.1.4 Die Beschwerdegegnerin hat weiterhin bemängelt, dass der Begriff "Lösestellung" im Anspruch 1 nicht klar definiert sei. Aus dem Kontext des Anspruchs war jedoch für den Fachmann bereits implizit zu entnehmen, dass die Lösestellung eine gegenüber der "Spannstellung" gelöste Stellung darstellt (wie in der Spalte 12, Zeilen 28-30 der Patentschrift angegeben). Mit dem im Teilmerkmal 1j) aufgenommenen Ausdruck "einer in der Sperrstellung vorliegenden Lösestellung" (Grundlage: vgl. Spalte 12, Zeilen 27 ff von D0) wird nunmehr klargestellt, dass die Lösestellung des Verspanngetriebes der Sperrstellung des bewegbaren Stützelements entspricht und dass im weiteren Sinne auch von einer Lösestellung des bewegbaren Stützelements gesprochen werden kann (vgl. die ursprünglich eingereichten Ansprüche 10 und 11).
3.1.5 Die abhängigen Ansprüche der Hilfsanträge sind den im Anspruch 1 durchgeführten Änderungen angepasst worden.
3.1.6 Die Patentansprüche gemäß diesen Hilfsanträgen wurden somit nicht in der Weise geändert, dass ihr Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht (Artikel 123 (2) EPÜ). Die Ansprüche sind klar und wurden durch die Änderungen lediglich weiter eingeschränkt, so dass sie die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973 und des Artikels 123 (3) EPÜ ebenfalls erfüllen.
3.2 Zulassung des Dokuments D18 in das Verfahren
Das Dokument D18 wurde von der Beschwerdegegnerin nach den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträgen der Beschwerdeführerin benannt. Die Ansprüche dieser Hilfsanträgen, die später zurückgezogen wurden, enthielten das Merkmal des erteilten abhängigen Anspruch 21, wonach in der Spannstellung mindestens ein Element eines Paares aus jeweils einem der Stützelemente und Anschlagelemente in Spannkraftrichtung nachstellend auf das andere Element wirkt.
Das Dokument D18 war somit als Reaktion auf die vorliegenden Hilfsanträge der Beschwerdeführerin zu bewerten. Insofern hatte die Kammer zu prüfen, ob dieses Dokument der Gewährbarkeit der mit diesen Hilfsanträgen eingereichten Ansprüche entgegenstehen könnte.
Die Figur 1 des Dokuments D18 zeigt eine Anhängekupplung, wobei zum Fixieren des Kugelhalses 6 in der Arbeitsstellung ein Verspannen von Anschlagelementen 8,10 des Schwenkteils 4-5 und von Stützelementen 9,11 des Lagerteils 3 miteinander durch ein Verspanngetriebe 15 vorgesehen ist. Diese Anhängekupplung weist auch das Merkmal des erteilten abhängigen Anspruchs 21 auf, denn in der Spannstellung wirkt mindestens ein Stützelement 11 in Spannkraftrichtung nachstellend auf das Anschlagelement 10 (vgl. Seite 8, Zeilen 9-16).
Dokument D18 war somit von besonderer Bedeutung. Die Kammer hat deshalb in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 114 EPÜ 1973 das Dokument in das Verfahren eingeführt.
Die Beschwerdeführerin hatte keine Einwände gegen die Einführung des Dokuments D18. Vielmehr äußerte sie ein besonderes Interesse daran, dass das Dokument D18 aus der im Rahmen des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA durchgeführten Prüfung nicht ausgeklammert wird.
3.3 Zurückverweisung
Die Hilfsanträge I und II sind in der mündlichen Verhandlung eingereicht worden, um das neu eingeführte Dokument D18 zu berücksichtigen, wobei die vorigen Hilfsanträge zurückgenommen wurden. Das Merkmal des erteilten abhängigen Anspruchs 21 wurde auch in dem Anspruch 1 gemäß den jetzigen Hilfsanträgen I und II aufgenommen.
Mit Hinweis auf den Umfang der in den Hilfsanträgen I und II durchgeführten Änderungen sah sich die Beschwerdegegnerin nicht in der Lage, die Frage der erfinderischen Tätigkeit des nunmehr beanspruchten Gegenstands sofort abzuschätzen und eine diesbezügliche Argumentationslinie vorzutragen. Sie beantragte, die Gelegenheit zu bekommen, zu diesem Zweck den gesamten umfangreichen vorhandenen und möglicherweise den weiteren relevanten Stand der Technik zu überprüfen, was ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung kaum durchzuführen wäre.
Aufgrund dieser Antragslage und unter dem Umstand, dass die Einspruchsabteilung die Frage der erfinderischen Tätigkeit nicht angeschnitten hatte, hat die Kammer von ihrem Ermessen gemäß Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch gemacht und die Sache an die Einspruchsabteilung zur weiteren Prüfung zurückverwiesen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.