T 0740/07 () of 4.6.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T074007.20080604
Datum der Entscheidung: 04 Juni 2008
Aktenzeichen: T 0740/07
Anmeldenummer: 04000674.4
IPC-Klasse: F16L 33/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Fixierteil für eine Schlauchschelle
Name des Anmelders: VERITAS AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 112(1)
Schlagwörter: Klarheit. Haupt- und Hilfsantrag (nein)
Befassung der Großen Beschwerdekammer (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 04 000 674.4 zurückgewiesen worden ist, Beschwerde eingelegt.

II. Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe (Artikel 123 (2) EPÜ).

III. Am 4. Juni 2008 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Die Beschwerdeführerin hat an dieser Verhandlung nicht teilgenommen.

IV. Im schriftlichen Verfahren beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 12, eingereicht am 15. Dezember 2005 (Hauptantrag), oder auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 12, eingereicht am 4. April 2007 als Hilfsantrag. Die Beschwerdeführerin beantragte ferner, die Sache gemäß der Artikel 22 und 112 EPÜ der Großen Beschwerdekammer vorzulegen, falls die Kammer sich nicht ihrer Auffassung zur Klarheit des Gegenstands des Anspruchs 1 anschließen könne.

V. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"1. Fixierteil (12, 40) für eine Schlauchschelle (31), die an einem Schlauchende (3) montierbar ist, wobei das Fixierteil (12, 40) nicht den ganzen Umfang des Schlauchendes (3) umgibt und wenigstens zwei parallel zueinander verlaufende und dem Umfang des Schlauchendes (3) folgende Stege (13, 14) aufweist sowie wenigstens zwei senkrecht hierzu verlaufende Stege (15 - 19), wobei das Fixierteil (12, 40) wenigstens ein Verbindungselement (28, 29) aufweist, mit dem es mit dem Schlauchende (3) verkoppelbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Verbindungselement eine U-förmige Lasche (28, 29; 49 - 51) ist, die mit einem ihrer beiden Schenkel mit einem der beiden dem Umfang des Schlauchendes (3) folgenden Stege (13, 14) verbunden ist, wobei der andere Schenkel (38) der Lasche (28, 29; 49 - 51) nach der Montage an der Innenfläche (39) des Schlauchendes (3) anliegt."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch folgende Einfügung nach dem Ausdruck "gekennzeichnet durch":

"dass die Unterseite wenigstens eines der senkrecht zum

Schlauchumfang verlaufenden Stege (17) von der Unterseite der dem Umfang des Schlauchendes (7) folgenden Stege (13, 14) einen radialen Abstand in etwa der Stärke der Schlauchschelle (31) hat und"

VI. In der Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung hat die Kammer unter anderem in Punkt 5. darauf verwiesen, dass das Merkmal des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag, dass das Fixierteil nicht den ganzen Umfang des Schlauchendes umgibt, unklar zu sein scheint (Artikel 84 EPÜ).

VII. Die Beschwerdeführerin hat zur Klarheit des Gegenstands des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Aus den Figuren 3 bis 10 der Anmeldung sei für einen Fachmann klar ersichtlich, was das Merkmal, dass das Fixierteil nicht den ganzen Umfang des Schlauchendes umgebe, bedeute. Es bedeute nämlich, dass das Fixierteil offen und nicht geschlossen sei. Aus den Prüfungsrichtlinien, Teil C III, 4.14, ergebe sich, dass zwar die Bezugnahme auf ein nicht im Anspruch 1 enthaltenes Gegenstück einen Mangel an Klarheit bewirken könne, ein Anspruch, der sich auf einen anderen Gegenstand beziehe, aber zulässig sei. Eine Aufnahme des Bezugsgegenstands in den Anspruch 1 würde bedeuten, dass der Hersteller des Fixierteils allenfalls mittelbarer und nur derjenige, der die Endmontage durchführe, unmittelbarer Patentverletzer wäre.

Entscheidungsgründe

1. Klarheit

Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag bezieht sich auf ein Fixierteil für eine Schlauchschelle, die an einem Schlauchende montierbar ist. Die Schlauchschelle und das Schlauchende sind nicht Gegenstand des Anspruchs. Allerdings bezieht sich Anspruch 1 auf dieses Schlauchende, indem er definiert, dass das Fixierteil nicht den ganzen Umfang des Schlauchendes umgibt. Ob ein Fixierteil unter die Definition gemäß Anspruch 1 fällt, lässt sich demnach nur in Zusammenhang mit dem Schlauchende feststellen. Betrachtet man die Figuren 3 und 4 der Anmeldung, die sich auf die erste Ausführungsform des Fixierteils gemäß Anspruch 1 beziehen, so erkennt man, dass das Fixierteil 12 alleine tatsächlich nicht zeigen kann, ob es den ganzen Umfang des Schlauchendes umgibt. Beim Fixieren der Schlauchschelle wird nämlich der Umfang der Schelle und damit zwangsläufig auch der Abstand der Enden des Fixierteils reduziert. Je nach Umfang des Schlauchendes können die Enden des Fixierteils dabei überlappen, aneinanderstoßen oder voneinander beabstandet sein. Nur im letzteren Fall liegt ein Fixierteil vor, das unter den Wortlaut des Anspruchs fällt. Welche dieser drei Möglichkeiten auftritt, hängt auch noch davon ab, welche Materialeigenschaften das Schlauchende aufweist und wie stark die Fixierschraube 35 des Schneckenantriebs 34 der Schlauchschelle 31 angezogen wird.

Im Gegensatz zu den in der von der Anmelderin zitierten Stelle der Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt, Kapitel C III, Absatz 4.14, erwähnten Fällen, wo es darum geht, die Funktion des Anspruchsgegenstands durch den Bezug auf einen anderen Gegenstand zu verstehen, liegt im vorliegenden Fall keine Funktionsdefinition vor. Die Funktion des in den Figuren 3 und 4 gezeigten Fixierteils ist davon unabhängig, ob es den Umfang des Schlauchendes ganz oder nicht ganz umgibt. Ob es aber anspruchsgemäß ist oder nicht, ergibt sich erst, nachdem Fixierteil und Schelle am Schlauchende montiert sind.

Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, dass es im Hinblick auf das Feststellen einer späteren Patentverletzung nicht zweckmäßig wäre, das Schlauchende in den Anspruch einzubeziehen, da dann der Hersteller des Fixierteils kein direkter Patentverletzer wäre. Diese Situation ist aber auch bei der jetzigen Anspruchsformulierung gegeben. Da sich erst nach der Montage von Fixierteil und Schlauchschelle am Schlauchende feststellen lässt, ob ein Fixierteil unter den Anspruchswortlaut fällt oder nicht, ließe sich auch erst im montierten Zustand von Fixierteil, Schelle und Schlauchende eine mögliche Patentverletzung feststellen. Zudem hinge die Patentverletzung noch davon ab, wie man die Schlauchschelle benutzt. Ein und dasselbe Fixierteil, wie es in den Figuren 3 und 4 der Anmeldung gezeigt ist, kann in Abhängigkeit von einem nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gehörenden anderen Gegenstand und in Abhängigkeit von der Art der Verwendung eines weiteren, ebenfalls nicht zum Anspruch 1 gehörenden Gegenstand unter den Wortlaut des Anspruchs 1 fallen oder nicht. Somit liegt mit dieser Anspruchsformulierung ein Fall von mangelnder Klarheit und dadurch verursachter Rechtsunsicherheit vor.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag erfüllt somit nicht das Erfordernis des Artikels 84 EPÜ, dass der Anspruch den Gegenstand angeben muss, für den Schutz begehrt wird.

2. Befassung der Großen Beschwerdekammer

Gemäß Artikel 112 (1) EPÜ kann die Beschwerdekammer zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung oder bei Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung die Große Beschwerdekammer befassen. Die Beschwerdeführerin hat keine Gründe angegeben, warum sie eine uneinheitliche Rechtsanwendung oder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sieht, so dass der Antrag der Beschwerdeführerin auf Befassung der Großen Beschwerdekammer als unbegründet anzusehen ist.

Im vorliegenden Fall ist auch keiner dieser beiden Befassungsgründe gegeben. Artikel 84 EPÜ betrifft unbedingte Erfordernisse an einen Patentanspruch. Die Kammer wendet diesen Artikel im vorliegenden Fall sinngemäß an. Auch wenn es Ansprüche gibt, die trotz Bezugnahme auf einen anderen Gegenstand als zulässig zu bezeichnen sind, so muss der Anspruch gemäß Artikel 84 EPÜ stets den Gegenstand, für den Schutz begehrt wird, angeben. Wie oben unter Punkt 1 ausgeführt, erfüllt Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag diese Bedingung nicht. Die Auffassung der Kammer ist damit nicht uneinheitlich mit der allgemeinen Rechtsanwendung. Da die Kammer, wie in diesem Verfahrensstadium erforderlich, den Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag im Hinblick auf Artikel 84 EPÜ überprüft und dabei festgestellt hat, dass die Erfordernisse dieses Artikels nicht erfüllt werden, liegt auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikels 112 (1) EPÜ vor.

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Befassung der Großen Beschwerdekammer ist daher abzulehnen.

3. Bei dieser Sachlage kann es dahingestellt bleiben, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag, wie im Bescheid der Kammer vom 4. März 2008 erläutert, in Einklang mit Artikel 123 (2) EPÜ ist und ob der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag, wie ebenfalls in diesem Bescheid angesprochen, die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ erfüllt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Der Antrag, die Sache der Großen Beschwerdekammer vorzulegen, wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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