T 0675/07 (Farbige Waschmittelteilchen/HENKEL) of 11.12.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T067507.20091211
Datum der Entscheidung: 11 Dezember 2009
Aktenzeichen: T 0675/07
Anmeldenummer: 96938994.9
IPC-Klasse: C11D 3/40
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Wasch- und Reinigungsmittel, das ein farbiges Teilchen enthält
Name des Anmelders: Henkel AG & Co. KGaA
Name des Einsprechenden: The Procter & Gamble Company
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Zulässigkeit von Entgegenhaltungen (ja)
Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung das europäische Patent 0 876 466 aufrecht zu erhalten.

II. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 11 der erteilten Fassung des Streitpatents lauten wie folgt:

"1. Tensid-, builder-, bleichmittel- und bleichaktivatorhaltiges Wasch- und Reinigungsmittel, das ein farbiges Teilchen, enthaltend ein Färbemittel, welches im Waschprozeß teilweise oder vollständig oxidativ zerstört wird, enthält, dadurch gekennzeichnet, daß das farbige Teilchen Tensid sowie gegebenenfalls Builder, Bleichmittel und/oder Bleichaktivator enthält."

"11. Verfahren zum Waschen von Wäsche in Gegenwart von Wasser, dadurch gekennzeichnet, daß ein Wasch- und Reinigungsmittel gemäß einem der Ansprüche 1 bis 10 verwendet wird, die Waschlauge nach dem Auflösen des Wasch- und Reinigungsmittels gefärbt wird und diese Färbung bei in Waschverfahren üblichen Temperaturen von 30ºC bis 95ºC nach einer Zeit von 5 bis 10 Minuten verschwindet."

III. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde von der Einsprechenden (in der Folge als Beschwerdeführerin bezeichnet) Beschwerde eingelegt. Sie argumentierte, dass die Erfordernisse der Artikel 83, 54 und 56 EPÜ nicht erfüllt seien. Inter alia wurden außer einem bereits im Prüfungsverfahren mit dem Schreiben vom 20. August 2003 eingereichten Vergleichsversuch die folgenden Entgegenhaltungen genannt:

D1 = US-A-4 997 590

D7 = JP-A-05 025493 & D7a (Übersetzung von D7)

D8 = JP-A-01 113500 & D8a (Übersetzung von D8)

IV. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) war der Meinung, dass die Bedingungen des EPÜ erfüllt und die mit dem Beschwerdeschriftsatz eingereichten Entgegenhaltungen D7 und D8 nicht zu berücksichtigen seien.

V. In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer, welche am 11. Dezember 2009 stattfand, zog die Beschwerdeführerin die Beanstandung hinsichtlich der unzureichenden Offenbarung zurück.

VI. Die Hauptargumente der Beschwerdeführerin waren:

- Die Dokumente D7 und D8 sollten in das Beschwerdeverfahren aufgenommen werden, da sie der Beschwerdegegnerin bereits bekannt waren und als Reaktion auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung von Relevanz seien.

- Die im Prüfungsverfahren eingereichten Vergleichsversuche seien nicht geeignet einen Effekt zu zeigen, dementsprechend sei die Aufgabe des Streitpatents zu D7 alternative Wasch- und Reinigungsmittel herzustellen.

- Diese Alternative sei aber, ausgehend von D7, naheliegend.

VII. Die Hauptargumente der Beschwerdegegnerin waren:

- D7 und D8 seien nicht relevanter als die bereits genannten Dokumente und sollten deshalb nicht in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

- Der Vergleichsversuch zeige, dass bei der Kombination von Farbstoff und Tensid im Teilchen eine raschere Entfärbung, verglichen mit beide Bestandteile enthaltenden Mischungen, deren Teilchen aber nur einen der Inhaltsstoffe aufweisen, stattfinde.

- Entfärbungsreaktionen könnten nur in Lösung stattfinden, es sei aber nicht egal, ob die Bestandteile zur Herstellung der Lösung kombiniert in den Teilchen oder getrennt vorliegen.

VIII. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Aufnahme der Dokumente D7 und D8 in das Beschwerde-verfahren

1.1 Die Beschwerdegegnerin beantragte D7 und D8 nicht in das Beschwerdeverfahren einzuführen, da diese Dokumente nicht näher am Erfindungsgegenstand lägen als die bereits im Einspruchsverfahren zitierten Dokumente.

1.2 D7 und D8 wurden im internationalen Recherchenbericht zitiert und während des Prüfungsverfahrens ausführlich diskutiert. D7 und D8 wurden auch in der Beschreibung des Streitpatents genannt und der von beiden Parteien im Beschwerdeverfahren erwähnte Vergleichsversuch wurde ursprünglich im Hinblick auf die Offenbarung D7 eingereicht.

D7 und D8 betreffen sehr ähnliche Lösungen des selben Problems und beide Parteien sahen D7 als geeigneten Ausgangspunkt für die Diskussion des Standes der Technik an.

Weiters ist die Nennung von D7 und D8 und die zugehörige Argumentation im Zusammenhang mit der Stellungnahme der Einspruchsabteilung hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit zu sehen.

1.3 Folglich waren D7 und D8 der Beschwerdegegnerin seit dem Prüfungsverfahren bekannt, liegen sehr nahe am erfindungsgemäßen Gegenstand und die Nennung der Dokumente im Beschwerdeverfahren erfolgte bereits mit dem Beschwerdeschriftsatz als Reaktion auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung.

1.4 D7 und D8 sind daher im Beschwerdeverfahren zuzulassen.

2. Neuheit

2.1 Die Kammer sieht die Neuheit des beanspruchten Gegenstands gegenüber D1 als gegeben an.

2.2 Da das Streitpatent aber nicht alle Erfordernisse des EPÜ erfüllt (siehe Abschnitt 3), wird auf eine ausführliche Diskussion der Neuheit verzichtet.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1 Das Streitpatent beschreibt als die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe die Bereitstellung von Wasch- und Reinigungsmitteln mit gefärbten Teilchen, welche auch bei mehrfachem Waschen die Wäsche nicht anfärben.

D7 nennt die selbe Aufgabenstellung und wurde von beiden Parteien als geeigneter Ausgangspunkt für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit angesehen.

Die Kammer schließt sich dieser Meinung an.

3.2 Beispiel 3 der D7 definiert eine Bleichmittel-zusammensetzung, welche gefärbte Teilchen enthält; die verwendeten Farbstoffe können oxidativ zerstört werden. In Beispiel 3 wird der Zusatz von Builder und Tensid nicht genannt, es geht jedoch aus der Beschreibung hervor, dass die Zusammensetzungen gemäß D7 bleichende Waschmittelzusammensetzungen sein können, welche Builder und Tensid enthalten können (siehe Absätze 16 und 33). Somit unterscheidet sich Anspruch 1 des Streitpatents von D7 nur durch Teilchen, die eine Kombination von Farbstoff und Tensid enthalten.

Die Beschwerdegegnerin machte in diesem Zusammenhang geltend, dass die Vergleichsversuche eine raschere Entfärbung von Lösungen zeigten, wenn sie aus Teilchen mit einer Kombination von Farbstoff und Tensid hergestellt werden, verglichen mit beide Bestandteile enthaltenden Zusammensetzungen, von denen aber nur einer der Bestandteile in den Teilchen enthalten ist.

Die Beschwerdegegnerin argumentierte weiters, dass eine Reaktion nur in Lösung stattfinden könne, es jedoch darauf ankäme, woraus die Lösungen hergestellt seien, d.h. ob die beiden Bestandteile in Kombination im Teilchen oder getrennt (beide Bestandteile in dem Waschmittel vorhanden, aber nur ein Bestandteil im Teilchen) zugegeben werden.

Die Kammer kann der Argumentation der Beschwerdegegnerin nicht folgen:

Beispiel 3 von D7 beschreibt Teilchen, welche Farbstoff enthalten. Das Tensid kann demnach lediglich Teil der die Teilchen umgebenden Zusammensetzung sein.

Demgegenüber beschreibt der Vergleichsversuch der Beschwerdegegnerin, dass die Teilchen Tenside enthalten und der Farbstoff in Lösung vorliegt.

Wie zuvor erwähnt, bewirken, nach Aussage der Beschwerdegegnerin, die Ausgangsstoffe der Lösung einen Unterschied in den Eigenschaften der Lösung. Diesen Überlegungen folgend kann es nicht gleichgültig sein, ob entweder Tenside oder Farbstoffe enthaltende Teilchen für die Vergleichsversuche verwendet werden und der jeweils andere Bestandteil außerhalb der Teilchen vorliegt.

Nach gefestigter Rechtssprechung muss der Vergleich mit dem nächstliegenden Stand der Technik nämlich so angelegt sein, dass die Wirkung überzeugend auf das Unterscheidungsmerkmal der Erfindung zurückgeführt wird (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 5. Auflage I.D.9.8).

Da in Beispiel 3 von D7 der Farbstoff im Teilchen enthalten ist, müsste auch in der Zusammensetzung, mit der das beanspruchte Mittel verglichen wird, der Farbstoff im Teilchen enthalten sein. Da jedoch bei dem Vergleichsversuch die Tensid enthaltenden Teilchen keinen Farbstoff enthalten, kann der Vergleichsversuch nicht dazu verwendet werden, einen Effekt hinsichtlich D7 geltend zu machen.

Da aus diesen Gründen kein nachgewiesener Effekt hinsichtlich des Unterschieds zwischen D7 und dem Streitpatent vorliegt, muss das technische Problem weniger ehrgeizig formuliert werden: Es bestand daher in der Bereitstellung einer Alternative zu der in D7 beschriebenen Waschmittelzubereitung.

3.3 Zur Lösung dieser Aufgabe wird die in Anspruch 1 beschriebene Zusammensetzung vorgeschlagen.

3.4 Die Kammer hat keinen Zweifel, dass die Aufgabe der Bereitstellung einer Alternative durch die vorgeschlagene Zusammensetzung gelöst wird.

3.5 Letztlich gilt es zu klären, ob die Lösung durch den vorliegenden Stand der Technik nahegelegt war.

Wie in Abschnitt 3.2 beschrieben, sind aus D7 Waschmittel zu entnehmen, die neben oxidativ zerstörbaren Farbstoff enthaltenden Teilchen auch, außerhalb der Teilchen, Builder und Tensid enthalten können. Da jedoch Teilchen, die einen oxidativ zerstörbaren Farbstoff und Tensid enthalten, bekannt waren (siehe z.B. D8, Beispiele 20 bis 22), konnte der Fachmann, ausgehend von der Lehre von D7 erwarten, dass die Anwesenheit eines Tensids in den Teilchen anstatt in der das Teilchen umgebenden Zusammensetzung, keinen wesentlichen Einfluss auf die oxidative Zerstörbarkeit des verwendeten Farbstoffs haben würde.

3.6 Anspruch 1 des Streitpatents erfüllt demnach nicht das Erfordernis des Artikels 56 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

Das Patent wird widerrufen.

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