T 0496/07 (Peptide aus der Sequenz des hPTH/PHARIS BIOTEC GMBH) of 30.3.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T049607.20110330
Datum der Entscheidung: 30 März 2011
Aktenzeichen: T 0496/07
Anmeldenummer: 95934629.7
IPC-Klasse: C07K 14/635
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Peptide aus der Sequenz des hPTH (1-37)
Name des Anmelders: Pharis Biotec GmbH
Name des Einsprechenden: SCANTIBODIES Laboratory Inc.
Kammer: 3.3.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
Schlagwörter: Hauptantrag und Hilfsantrag: Neuheit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent Nr. 0.783.522 mit der Bezeichnung "Peptide aus der Sequenz des hPTH (1-37)" wurde für die am 22. September 1995 eingereichte europäische Anmeldung Nr. 95934629.7 erteilt und beansprucht die Priorität der deutschen Patentanmeldung DE 4434551 vom 28. September 1994.

II. Gegen das erteilte Patent hat die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) mit Bezug auf Artikel 100 a), b) und c) EPÜ wegen mangelnder Neuheit (Artikel 54 EPÜ), mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ), unzulässiger Erweiterung (Artikel 123(2) EPÜ) und unzureichender Offenbarung (Artikel 83 EPÜ) des Gegenstandes des Streitpatentes Einspruch eingelegt.

III. Die Einspruchsabteilung kam zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags (Anspruch 1 in der erteilten Fassung) und der Hilfsanträge 3 und 4 im Lichte des ihr vorliegenden Standes der Technik nicht neu sei, und der der Hilfsanträge 1 und 2 die Erfordernisse u.a. des Artikels 84 EPÜ nicht erfülle. Sie hat deshalb mit der am 10. Januar 2007 zur Post gegebenen Entscheidung das Patent im Rahmen von Artikel 102 (1) EPÜ widerrufen.

IV. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) Beschwerde ein und verfolgte im Beschwerdeverfahren lediglich den Hauptantrag und den Hilfsantrag 4 aus dem Einspruchsverfahren weiter.

V. Die Ansprüche 1 und 3 des Patentes in der erteilten Fassung (jetzt Hauptantrag) lauten:

"1. Verwendung der Peptide aus der Sequenz des humanen Parathyroidhormons (hPTH) mit der Sequenz

hPTH 1-10

NH2-Ser**(1)-Val**(2)-Ser**(3)-G1u**(4)-Ile**(5)-Gln**(6)-Leu**(7)-Met**(8)-His**(9)-Asn**(10)-OH SEQ ID NO 1

hPTH 1-9

NH2-Ser**(1)-Val**(2)-Ser**(3)-G1u**(4)-Ile**(5)-Gln**(6)-Leu**(7)-Met**(8)-His**(9)-OH SEQ ID No 2

hPTH 1-8

NH2-Ser**(1)-Val**(2)-Ser**(3)-G1u**(4)-Ile**(5)-Gln**(6)-Leu**(7)-Met**(8)-OH SEQ ID NO 3

hPTH 1-7

NH2-Ser**(1)-Val**(2)-Ser**(3)-G1u**(4)-Ile**(5)-Gln**(6)-Leu**(7)-OH SEQ ID NO 4

hPTH 1-6

NH2-Ser**(1)-Val**(2)-Ser**(3)-G1u**(4)-Ile**(5)-Gln**(6)-OH SEQ ID NO 5

hPTH 1-5

NH2-Ser**(1)-Val**(2)-Ser**(3)-G1u**(4)-Ile**(5)-OH SEQ ID NO 6

zur Herstellung von Antikörpern oder Antikörperfragmenten zur Diagnose von biologisch aktivem hPTH (1-37)."

"3. Antikörper oder Antikörperfragment, die ein Peptid spezifisch erkennen und binden, wobei das Peptid ausgewählt ist aus der Gruppe SEQ ID NO 1 bis 4 und 6."

Die abhängigen Ansprüche 2 und 4 beziehen sich auf eine bevorzugte Ausführungsform der Verwendung gemäß Anspruch 1 bzw. des Antikörpers gemäß Anspruch 3. Die Ansprüche 5 bis 7 befassen sich mit einem Diagnostikum zum Nachweis von biologisch aktivem Parathyroidhormon (hPTH (1-37)), die Ansprüche 8 bis 10 mit einem Verfahren zum Nachweis von biologisch aktivem Parathyroidhormon (hPTH (1-37)).

VI. Die Ansprüche 1, 3 und 5 gemäß Hilfsantrag 4 aus dem Einspruchsverfahren (jetzt Hilfsantrag) unterscheiden sich von den entsprechenden Ansprüchen des erteilten Patents durch folgenden Zusatz am Ende der Ansprüche:

"wobei die Antikörper zwischen biologisch aktivem und biologisch inaktivem hPTH, denen die ersten beiden Aminosäuren Serin und Valin fehlen, unterscheiden."

Die restlichen Ansprüche 2, 4 und 6 bis 10 sind mit denen des erteilten Patents identisch.

VII. In der vorliegenden Entscheidung wird auf folgende Entgegenhaltungen Bezug genommen:

D1 Tampe J. et al., J. Immunoassay, Band 13, No. 1, Seiten 1-13 (1992);

D2 WO-A-94/03201;

D4 Logue F.C. et al., J. Immunol. Meth., Band 137, Seiten 159-166 (1991);

D5 Mägerlein M. et al., Arzneim.-Forsch./Drug Res., Band 48 (II), Seiten 783-787 (1998);

D10 Mägerlein M. et al., European Journal of Pharmaceutical Sciences, Band 2, Nr. 2/1,2, Seite 154, Abstract Nr. P142 (September 1994);

D12 Erklärung von K.L. Briggs (9. Dezember 2002);

D13 Erklärung von A.W. Smith (28. November 2002);

D17 Eingangsvermerk der Bibliothèque Interuniversitaire de Pharmacie in Paris;

D18 Eingangsvermerk der Bibliothèque Universitaire in Lyon;

D21 Erklärung von M. Kranenborg (13. May 2003);

D22 Erklärung von H.H. Linden (9. Oktober 2007);

D24 Tam J.P. et al., Proc. Natl. Acad. Sci. USA, Band 85, Seiten 5409-5413, (1988);

D25 Adermann K. et al., Innovations and Perspectives in Solid Phase Synthesis, R. Epron (ed.), Seiten 429-432; Mayflower World Wide, Birmingham (1994).

VIII. Die Einspruchsabteilung war der Ansicht, dass die Entgegenhaltung D10 Stand der Technik im Sinne von Artikel 54(2) EPU darstellte und somit für die Beurteilung der Patentfähigkeit der Ansprüche des Streitpatents relevant war. Sie war der Meinung, dass kein Beweismaterial eingereicht wurde, welches geeignet wäre zu zeigen, dass die Entgegenhaltung D10 eindeutig erst nach dem fraglichen Datum öffentlich zugänglich geworden war. Auch läge nichts vor, was belegen würde, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Entgegenhaltung D10 erst nach dem Prioritätstag (28. September 1994) des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich war, größer sei als die Wahrscheinlichkeit, dass sie bereits vor diesem Datum öffentlich zugänglich war.

IX. Am 30. März 2011 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

X. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Zulässigkeit der Entgegenhaltung D10

- Die Entgegenhaltung D10 sei verspätet in das Einspruchsverfahren eingeführt worden und sei nicht prima facie relevant. Sie sei nicht vor dem Prioritätstag des Patents veröffentlicht worden, wie aus dem Datumsstempel auf dem Deckblatt hervorgehe. Es handle sich nicht um ein Periodikum, sondern um eine Sonderausgabe mit einer Sammlung von Zusammenfassungen zu Kongressplakaten, die den Teilnehmern auf dem Kongress ausgehändigt worden sei, der, wie aus Anlage A zu Entgegenhaltung D22 ersichtlich, nach dem Prioritätstag stattgefunden habe. Die eigentliche Veröffentlichung stelle aber das Plakat und nicht dessen Zusammenfassung dar. Strittig sei, ob die vom Verlag vor dem Kongress verschickten Archivexemplare der Entgegenhaltung D10 der Öffentlichkeit zugänglich gewesen seien. Die Beschwerdegegnerin habe als Beleg dafür eine Sammlung eidesstattlicher Versicherungen vorgelegt, die jedoch als Massenartikel für Verletzungsverfahren in den Vereinigten Staaten angefertigt worden seien. Die Erklärung D22 sei dreizehn Jahre nach der Veranstaltung abgegeben worden und sei daher nicht glaubwürdig. Klaren schriftlichen Beweismitteln seien ein größeres Gewicht beizumessen als parteilichen Erklärungen. Die Beweismittel enthielten keinen Hinweis darauf, dass die Sonderausgabe, die für Bibliotheken im Wesentlichen Archivwert habe und nicht der sofortigen Einsicht diene wie Tageszeitungen oder Journale, in irgendeiner Bibliothek zur Einsicht zugänglich gemacht worden sei. Die Einspruchsabteilung habe nicht geprüft, ob eine solche öffentliche Zugänglichmachung in einem Lesesaal einer Bibliothek tatsächlich erfolgt sei. Mit der Feststellung

"Es wurde jedoch kein Beweismaterial eingereicht, welches geeignet wäre zu zeigen, dass D10 eindeutig nach dem fraglichen Datum öffentlich zugänglich war."

habe die Einspruchsabteilung zu Unrecht die Beweislast zulasten der Beschwerdeführerin umgekehrt (Hervorhebung durch die Beschwerdeführerin).

Substantielle Argumente

Hauptantrag

- Auch wenn Entgegenhaltung D10 vor dem Prioritätstag des Streitpatentes der Öffentlichkeit zugänglich war, sei dieses Dokument aus folgenden Gründen nicht neuheitsschädlich:

- Im Gegensatz zur Entgegenhaltung D10 beschreibe das Streitpatent zwei tatsächlich erfolgreich nacharbeitbare Ausführungsformen der Immunogene zur Herstellung von Antikörpern zur Diagnose von biologisch aktivem hPTH (1-37), nämlich

(i) Trägerprotein-Peptide Konjugate, wobei synthetisierte Peptide über die Carboxylgruppen des Peptids mit dem Trägerprotein nach der Carbodiimid-Methode gekuppelt werden (siehe Streitpatent Seite 5, Beispiel 3); und

(ii) Multiple Antigenic Peptides (MAP), wobei FMOC-carboxyaktivierte Trityl-geschützte Aminosäuren gemäß der Sequenz des human Parathyroidhormons in einer C-terminalen Kupplungs- und Verlängerungsreaktion auf den Träger synthetisiert werden (siehe die Beispiele 1 und 4 auf Seiten 5 und 6 des Streitpatents).

- Der Stand der Technik in den Dokumenten D1 und D4 machte es umgekehrt über die einfachere N-terminale Kupplung der Peptide auf das Trägerprotein und/oder die Verwendung N-terminal synthetisierter Peptide. In beiden Fällen wurden keine geeigneten Antikörper erhalten.

- Die Entgegenhaltung D10 erwähne zwar polyklonale Antiseren K1 bis K3, K4 bis K5 und K7 bis K10. Von diesen werden jedoch nur einige Eigenschaften beschrieben, beispielsweise, dass sie vorwiegend an hPTH 1-5 binden ("a predominant binding sequence at hPTH 1 to 5"). Andere wichtige Einzelheiten der eingesetzten Peptidstrukturen und des Immunisierungsprotokolls seien in der Entgegenhaltung D10 nicht enthalten.

- Zum Beispiel enthalte die Entgegenhaltung D10 keine Angaben zur Herstellung und Struktur der Immunogene. Die Beispiele des Streitpatents mit den Angaben zu den eingesetzten Immunogenen seien jedoch unverzichtbar für die Ausführbarkeit der Erfindung.

- Es werde lediglich offenbart, dass "multiple antigenic peptide systems (MAP)" synthetisiert wurden, welche Teile der Primärstruktur von hPTH(1-37) enthielten, und dass die Seren K1-K3 mit einem hPTH 1-10 MAP erhalten wurden, welches den alpha-Helix-Bereich zwischen den Aminosäuren 5 bis 9 enthielt. Die Struktur des MAP sei nicht offenbart und auch nicht, wie die hPTH-Bereiche hierin verknüpft seien und welche Maßnahmen getroffen wurden, dass diese Bereiche tatsächlich wie gewünscht immunogen seien.

- Somit versetze die Entgegenhaltung D10 den Fachmann nicht in die Lage, entsprechende Antikörper herzustellen. Deshalb können die in der Entgegenhaltung D10 erwähnten Antiseren und Antikörper nicht zum Stand der Technik gehören.

- Gemäß dem Anspruch 1 können die Peptide aus der Sequenz des humanen Parathyroidhormons (hPTH) mit den SEQ ID Nummern 1 bis 6 (wie im Anspruch angegeben) zur Herstellung von Antikörpern zur Diagnose von biologisch aktivem hPTH (1-37) verwendet werden, d.h. dass die Antikörper zwischen biologisch aktivem und biologisch inaktivem hPTH (1-37) oder Fragmenten davon, denen die ersten beiden Aminosäuren Serin und Valin fehlen, unterscheiden können.

- Die Entgegenhaltung D10 enthalte jedoch keinerlei Aussage über die Verwendung der Antikörper zur Unterscheidung zwischen biologisch aktivem hPTH (1-37) und biologisch inaktivem hPTH (1-37), da vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents nicht bekannt war, dass die biologische Aktivität von hPTH (1-37) mit der Abspaltung der zwei ersten N-terminalen Aminosäuren verloren geht.

Hilfsantrag

- Durch die Aufnahme des Merkmals "… wobei die Antikörper zwischen biologisch aktivem und biologisch inaktivem hPTH, denen die ersten beiden Aminosäuren Serin und Valin fehlen, unterscheiden" werde der Gegenstand der Ansprüche des Hilfsantrags von der Entgegenhaltung D10 abgegrenzt und sei somit neu, weil Antikörper, die hPTH 1-37 erkannten, auch inaktive hPTH Fragmente (wobei die ersten zwei Aminosäuren fehlen) erkennen konnten und somit nicht zwangsläufig zwischen aktivem und inaktivem hPTH unterscheiden können mussten.

- Die Entgegenhaltung D10 offenbare nur eine bevorzugte Bindungssequenz ("predominant binding sequence") jedoch keine spezifische Bindung. Die Aussage, dass die Antiseren K1-K3 vorwiegend an hPTH 1-5 binden, bedeute für den Fachmann zuerst einmal, dass sie auch andere hPTH Sequenzen erkennen. Daher fehle der Entgegenhaltung D10 jede Lehre über die Unterscheidung zwischen biologisch aktivem hPTH und biologisch inaktivem hPTH oder Fragmenten davon, denen die beiden Aminosäuren Serin und Valin fehlten.

XI. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Zulässigkeit der Entgegenhaltung Dl0

- Die Entgegenhaltung D10 sei eine andere Veröffentlichung als die Kongressplakate und habe als eigenständiges Dokument des Stands der Technik zu gelten. Es handle sich zwar um eine Sonderausgabe, diese sei aber an alle Abonnenten gesandt worden, auch an diejenigen, die nicht am Kongress teilgenommen hätten, weshalb die darin enthaltenen Zusammenfassungen in sich abgeschlossen sein müssten. Die Entgegenhaltung D10 wurde am 12. September 1994 an die Abonnenten verschickt (s. die Entgegenhaltung D12, S. 2). Zur Frage der Beschwerdeführerin, ob das Dokument in Bibliotheken tatsächlich vor dem Prioritätstag zugänglich war, hat die Beschwerdegegnerin Beweismittel vorgelegt, die zeigten, dass es in vier Bibliotheken zwischen einem und vierzehn Tagen vor diesem Tag zugänglich war. Die Beschwerdegegnerin hat außerdem die zusätzliche Erklärung D22 eingereicht, die belegt, dass ihr Unterzeichner, der Kongressveranstalter Herr Lindén, vor dem Prioritätstag Exemplare der Entgegenhaltung D10 erhalten hat. Die Beschwerdeführerin hat sich nicht dazu geäußert, dass das Dokument am selben Tag an einzelne Abonnenten versandt wurde wie an Bibliotheken und andere Organisationen; diese Abonnenten hätten es vor dem Prioritätstag erhalten.

Substantielle Argumente

Hauptantrag

- Die Entgegenhaltung D10 habe den Fachmann in die Lage versetzt, gegen SEQ ID NO 1 des Streitpatents gerichtete Antikörper herzustellen, und sie in einem Nachweisverfahren um aktives hPTH 1-37 zu diagnostizieren, zu verwenden. Daher sei die Entgegenhaltung D10 für den Gegenstand des Anspruch 1 des Hauptantrags neuheitsschädlich.

- Der Fachmann habe "hPTH 1-10 MAP" synthetisieren können, da die Struktur und das Verfahren zur Herstellung von MAP aus den Entgegenhaltungen D24 und D25 schon bekannt war, und nach Immunisierung von Kaninchen mit diesem Immunogen, Antiseren gewinnen können.

- Darüber hinaus könne der Fachmann dem Titel der Entgegenhaltung D10 deutlich entnehmen, dass es sich um biologisch aktives, intaktes hHPTH 1-37 handele, zumal es vor dem Prioritätsdatum des Patents (28 September 1994) schon bekannt gewesen sei, dass die biologische Aktivität von hPTH 1-37 mit der Abspaltung der zwei ersten Aminosäuren verloren geht.

Hilfsantrag

- Der im Anspruch 1 eingeführte Zusatz enthalte kein neues Merkmal, welches die Anerkennung der Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs gegenüber der Entgegenhaltung D10 rechtfertige.

XII. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruchs oder hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des Hilfsantrags, der mit dem im Einspruchsverfahren eingereichten Hilfsantrag 4 identisch ist.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

Zulässigkeit der Entgegenhaltung Dl0

1. Die Einspruchsabteilung entschied, dass die Entgegenhaltung D10 zum Einspruchsverfahren zugelassen werden sollte, obwohl dieses Dokument verspätet eingereicht worden war. Auch wenn die Beteiligten im Beschwerdeverfahren im Wesentlichen ihre Argumente zu diesem Punkt wiederholt haben, hat die Kammer nicht darüber zu entscheiden, ob die Entgegenhaltung D10 zum Verfahren zugelassen werden sollte, sondern darüber, ob die Einspruchsabteilung bei ihrer Entscheidung, die Entgegenhaltung zuzulassen, ihr Ermessen korrekt ausgeübt hat. Die Kammer hat keine Bedenken, diese Frage zu bejahen.

2. Der Einspruchsabteilung lagen genügend Beweise dafür vor, dass die Entgegenhaltung D10 nach Abwägen der Wahrscheinlichkeit vor dem Prioritätstag, dem 28. September 1994, öffentlich zugänglich war, u. a. Beweise dafür, dass sie am 12. September 1994 an alle Abonnenten versandt worden war (s. die Entgegenhaltung D12, Abs. 7) und am 16. September 1994 bei der British Library (s. die Entgegenhaltung D13, Abs. 3), am 27. September 1994 bei der Bibliothèque Interuniversitaire de Pharmacie in Paris (s. die Entgegenhaltung D17), am 21. September 1994 bei der Bibliothèque Universitaire in Lyon (s. die Entgegenhaltung D18) und am 14. September 1994 bei der Bibliothek der Universität Groningen (s. die Entgegenhaltung D21, Abs. 5) eingegangen war. Im Fall von Groningen gibt es Beweise dafür, dass das Dokument Besuchern der Bibliothek tatsächlich vor dem Prioritätstag zugänglich war; laut dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren hatte die Einspruchsabteilung diesen Punkt unberücksichtigt gelassen.

3. Die Beschwerdeführerin behauptete auch, dass die Einspruchsabteilung die Beweislast umgekehrt und von der Beschwerdeführerin verlangt habe zu beweisen, dass die Entgegenhaltung D10 eindeutig erst nach dem Prioritätstag öffentlich zugänglich gemacht worden sei. Diese Behauptung beruht auf folgender Feststellung in der angefochtenen Entscheidung:

"Es wurde jedoch kein Beweismaterial eingereicht, welches geeignet wäre zu zeigen, dass D10 eindeutig nach dem fraglichen Datum öffentlich zugänglich war."

Die Kammer kann in dieser Feststellung weder eine Umkehr der Beweislast oder noch überhaupt irgendeine Aussage zur Beweislast erkennen. Es handelt sich schlicht und einfach um eine Feststellung im Rahmen der Beurteilung von Qualität und Gewicht des Beweismaterials, die korrekt zu sein scheint, da es keine Beweise dafür gab, dass die Entgegenhaltung D10 eindeutig erst nach dem Prioritätstag öffentlich zugänglich gemacht wurde. Der Feststellung folgt unmittelbar eine weitere Feststellung zur Abwägung der Wahrscheinlichkeit:

"Auch liegt nichts vor, was belegen würde, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es erst nach dem Prioritätstag der Öffentlichkeit zugänglich war, größer ist als die Wahrscheinlichkeit, dass es bereits vor diesem Datum öffentlich zugänglich war."

Damit besteht überhaupt kein Zweifel, dass die Einspruchsabteilung nicht die Beweislast umgekehrt, sondern nur das vorliegenden Beweismaterial gewürdigt hat.

4. Der Vollständigkeit halber weist die Kammer darauf hin, dass die von der Beschwerdegegnerin im Beschwerdeverfahren eingereichten zusätzlichen Beweismittel zur öffentlichen Zugänglichkeit der Entgegenhaltung D10 (vor allem die Entgegenhaltung D22, die Erklärung von Herrn Lindén) - wenn sie denn berücksichtigt würden - insofern ein weiteres Argument dafür wären, dass nach Abwägung der Wahrscheinlichkeit, die Entgegenhaltung D10 vor dem 28. September 1994 öffentlich zugänglich war, als Herr Lindén bereits vor diesem Tag Exemplare davon besaß. Da die Kammer aber zu dem Schluss kommt, dass die Einspruchsabteilung anhand der ihr vorliegenden Beweismittel zur richtigen Entscheidung gelangt ist, besteht keine Notwendigkeit, die zusätzlichen Beweismittel zu berücksichtigen.

Substantielle Argumente

Hauptantrag

Artikel 54 EPÜ

Ausreichende/mangelnde Offenbarung in Entgegenhaltung D10

5. Die Beschwerdegegnerin trägt vor, dass die Entgegenhaltung D10 gegen SEQ ID NO 1 des Streitpatents gerichtete Antikörper sowie ein auf diesen Antikörpern basierendes Nachweisverfahren für hPTH 1-37 offenbare. Daher sei die Entgegenhaltung D10 für den Gegenstand unter anderem des Anspruchs 1 des Hauptantrags neuheitsschädlich.

6. Laut Beschwerdeführerin versetze die Entgegenhaltung D10 den Fachmann nicht in die Lage, die darin erwähnten Antiseren und Antikörper herzustellen.

7. Erst das Streitpatent offenbare - im Gegensatz zu Entgegenhaltung D10 - zwei tatsächlich erfolgreich nacharbeitbare Ausführungsformen der Immunogene zur Herstellung von Antikörpern zur Diagnose von biologisch aktivem hPTH (1-37), nämlich

(i) Trägerprotein-Peptide Konjugate, wobei synthetisierte Peptide über die Carboxylgruppen des Peptids mit dem Trägerprotein nach der Carbodiimid-Methode gekuppelt werden (siehe Streitpatent Seite 5, Beispiel 3); und

(ii) Multiple Antigenic Peptides (MAP), wobei FMOC-carboxyaktivierte Trityl-geschützte Aminosäuren gemäß der Sequenz des human Parathormons in einer C-terminalen Kupplungs- und Verlangerungsreaktion auf den Träger synthetisiert werden (siehe die Beispiele 1 und 4 des Streitpatents, auf Seiten 5 und 6).

8. Bezüglich der oben erwähnten Trägerprotein-Peptide Konjugate nimmt die Kammer wie folgt Stellung:

Das Beispiel 3 des Streitspatents bezieht sich zwar auf die Kupplung synthetisierter Peptide an das Trägerprotein über die Carboxylgruppen des Peptids nach der Carbodiimid-Methode.

Gemäß Absatz [0009] und Anspruch 2 des Patents kann jedoch das Peptid ebenso über das N-terminale Ende an das Trägerprotein gekuppelt werden. Diese Offenbarungen stehen im Einklang mit dem auf Seite 4, Zeile 23 des Patents erwähnten "Formaldehyd", das bekannterweise ein N-terminaler Verkupplungsmittel ist.

9. Laut Beschwerdeführerin zeigen die Entgegenhaltungen D1 (siehe Seite 6, Abb. 1) und D4 (siehe Seite 161, rechte Spalte, "Results"), dass bei einer Immunisierung mit PTH (1-10), wobei eine N-terminale Kupplung der Peptide auf das Trägerprotein vorgenommen wurde, keine geeigneten Antikörper generiert werden.

10. Die Kammer stellt fest, dass es sich - im Gegensatz zu der Entgegenhaltung D1 - bei der in der Entgegenhaltung D4 beschriebenen Kupplungsmethode in Wirklichkeit um eine C-terminale Kupplung (siehe D4, Seite 160, linke Spalte, Zeilen 25-28: "C terminally bound peptide") handelt. Die Entgegenhaltung D4 kann somit das Argument der Beschwerdeführerin, dass keine geeigneten Antikörper erzeugt werden, falls ein Peptid N-terminal an das Trägerprotein gekoppelt ist, nicht stützen. Übrigens sind im Streitpatent selbst auch keine experimentellen Daten offenbart, die beweisen würden, dass Peptide, die mit den Trägerproteinen C-terminal verknüpft sind, tatsächlich wie gewünscht immunogen sind.

11. Im Hinblick auf die obigen Feststellungen ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass die Trägerprotein-Peptid-Konjugate gemäß dem Beispiel 3 des Streitpatents - in dem eine Kupplung der Peptide an das Trägerprotein über die C-terminale Aminosäure der Peptide beschrieben wird - tatsächlich zu den gewünschten Antikörpern führen. Es ergibt sich daher auch, dass das Beispiel 3 des Streitpatents die Ausführbarkeit dieses Teils der Erfindung nicht stützen kann.

12. Was die Multiple Antigenic Peptides (MAP) betrifft, nimmt die Kammer wie folgt Stellung:

Das Beispiel 4 befasst sich mit der "Synthese der Multiple Antigenic Peptides (MAP)" (siehe den Titel des Beispiels). Die Synthese dieser MAP erfolgt an einem an einem Wang—Harz gebundenes Lysin-Gerüst. Hierzu wird zunächst Fmoc-L-Lysin(Fmoc)-OH in einer C-terminalen Verlängerungsreaktion in drei Kupplungszyklen an ein an Wang-Harz C-terminal gebundenes Alanin gekoppelt. Durch Abspaltung der Schutzgruppen mit Piperidin werden acht (2**(3)) freie Aminofunktionen erhalten, an die die N-terminale Sequenz des humanen Parathormons in der Reihenfolge des Absatzes [0020] (wobei "Fmoc-Asn(Trt)-Wang-Harz" durch "Fmoc-Asn(Trt)-OH ersetzt werden sollte) ansynthetisiert werden kann.

13. Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass die Entgegenhaltung D10 keine Angaben zur Herstellung und zur Struktur dieser MAP enthalte, sodass in Abwesenheit der unverzichtbaren Anleitungen des Beispiels 4 und Absatz [0020] des Streitpatents keine geeigneten Antikörper produziert werden konnten.

14. Im Bezug auf MAP, wird in der Entgegenhaltung D10 folgendes festgestellt:

"To generate sequence-specific polyclonal antibodies to hPTH 1-37 we synthesized multiple antigenic peptide systems (MAP) representing parts of the primary structure of hPTH 1-37. We obtained ten polyclonal antisera raised in rabbits: sera K1-K3 (from hPTH 1-10 MAP), including the alpha-helical region between the residues 5-9..[.].. show a predominant binding sequence at hPTH 1-5...".

Die Entgegenhaltung D10 offenbart also, dass "multiple antigenic peptide systems (MAP)" synthetisiert wurden, welche Teile der Primärstruktur von hPTH (1-37) enthielten. Eines dieser MAP war hPTH 1-10 MAP, welches den alpha-Helix-Bereich zwischen den Aminosäuren 5 bis 9 enthielt. Durch Immunisierung von Kaninchen mit diesem hPTH 1-10 MAP wurden die Antiseren K1-K3 erhalten. Diese Antiseren K1-K3 erkannten überwiegend den N-Terminus von hPTH.

15. Die Kammer hat keinen Zweifel, dass vor dem Prioritätstag des angegriffenen Patents (28. September 1994) der Fachmann die Bedeutung des Akronyms "MAP" sofort verstanden hätte, da die Struktur und das Verfahren zur Herstellung von MAP aus den Entgegenhaltungen D24 und D25 schon bekannt war. So geht aus der Abbildung 3 auf Seite 5410 der Entgegenhaltung D24 hervor, dass die Synthese dieser MAP auf einem Heptalysin-Harz-Gerüst erfolgte. Hierzu wird zunächst Fmoc-L-Lysin(Fmoc)-OH in einer C-terminalen Verlängerungsreaktion in drei Kupplungszyklen an ein an Wang-Harz C-terminal gebundenes Alanin gekoppelt. Durch Abspaltung der Schutzgruppen wurden acht freie Aminofunktionen erhalten (Lys4-Lys2-Lys-betaAla-OCH2-Harz), an denen die in Tabelle 1 der Entgegenhaltung D24 erwähnten Sequenzen (IG-11, FA-14, usw.) durch eine C-terminale Verlängerungsreaktion ansynthetisiert wurden. Der Fachmann hätte daher die Lehre der Entgegenhaltung D10 anhand der z.B. aus dem Dokument D24 bekannten Methode einfach nacharbeiten können. Das heißt, er hätte die Sequenz hPTH 1-10 ("SEQ ID NO 1" im Anspruch 1) anstatt der Sequenz IG-11 in einer C-terminalen Verlängerungsreaktion am Lys4-Lys2-Lys-betaAla-OCH2-Harzgerüst einfach ansynthetisiert.

Darüber hinaus offenbart die Entgegenhaltung D10, dass Antiseren K1 bis K3 durch Immunisierung von Kaninchen mit "hPTH 1-10 MAP" generiert wurden. Somit hätte der Fachmann nach Immunisierung von Kaninchen mit diesem Immunogen Antiseren gewonnen. Aufgrund der identischen Herstellungsmethoden hätten nach Auffassung der Kammer diese Antiseren, ebenso wie die erfindungsgemäßen Antiseren (siehe den Absatz [0014] des Patents), zwangsläufig an den N-Terminus von hPTH binden müssen ("sera K1-K3 (from hPTH 1-10 MAP), ... show a predominant binding sequence at hPTH 1-5").

16. Somit kann sich die Kammer dem von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argument der mangelnden Offenbarung in Entgegenhaltung D10 der "hPTH 1-10 MAP" nicht anschließen.

Unterscheidung zwischen biologisch aktivem/biologisch inaktivem hPTH

17. Die Beschwerdeführerin vertritt die Meinung, dass die Entgegenhaltung D10 keinerlei Aussage über die Verwendung der Antikörper zur Unterscheidung zwischen biologisch aktivem hPTH (1-37) und biologisch inaktivem hPTH (1-37) enthielt, da vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents nicht bekannt war, dass die biologische Aktivität von hPTH (1-37) mit der Abspaltung der zwei ersten N-terminalen Aminosäuren verloren geht.

18. Obwohl es in der Entgegenhaltung D10 nicht explizit erwähnt ist, die gegen hPTH 1-10 MAP gerichteten Antikörper zum Nachweis von biologisch aktivem hPTH 1-37 zu verwenden, geht jedoch nach Auffassung der Kammer aus dem Titel dieses Dokuments ("Immunological Detection of Human Parathyroid Hormone 1-37 (hPTH 1-37), the Physiologically Circulating Fragment of hPTH“) für den Fachmann deutlich hervor, dass es sich in diesem Dokument um biologisch aktives, intaktes hHPTH 1-37 handelt, insbesondere da es vor dem Prioritätsdatum des Patents (28. September 1994) ja schon bekannt war, dass die biologische Aktivität von hPTH 1-37 mit der Abspaltung der zwei ersten Aminosäuren verloren geht (siehe z.B. die in der linken Spalte unter Absatz 3.3 auf Seite 786 von Entgegenhaltung D5 erwähnten, im Jahr 1988 bzw. 1992 veröffentlichten Referenzen [11] und [12]).

19. Somit kann sich die Kammer auch diesem von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argument nicht anschließen.

20. Im Hinblick auf diese Erwägungen kommt die Kammer daher zum Schluss, dass die Entgegenhaltung D10 den Fachmann in die Lage versetzte, gegen SEQ ID NO 1 des Streitpatents gerichtete Antikörper herzustellen und sie in einem Verfahren zum Nachweis von aktivem hPTH 1-37, d.h. zur Unterscheidung zwischen biologisch aktivem hPTH (1-37) und biologisch inaktivem hPTH (1-37), zu verwenden. Daher ist die Entgegenhaltung D10 für den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags neuheitsschädlich.

Hilfsantrag

21. Der Anspruch 1 des Hauptantrags richtet sich auf die Verwendung spezifischer Peptide, um Antikörper herzustellen, die geeignet sind, aktives hPTH 1-37 zu "diagnostizieren", d.h. zu erkennen. Der Anspruch 1 des Hilfsantrages unterscheidet sich von diesem Anspruch durch folgenden Zusatz am Ende des Anspruchs:

"wobei die Antikörper zwischen biologisch aktivem und biologisch inaktivem hPTH, denen die ersten beiden Aminosäuren Serin und Valin fehlen, unterscheiden."

22. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass durch die Aufnahme dieses Merkmals, der Gegenstand der Ansprüche des Hilfsantrags von der Entgegenhaltung D10 abgegrenzt wird und somit neu ist.

23. Wie von der Beschwerdeführerin selbst betont (siehe Beschwerdebegründung, Seite 8, Ende vom Absatz 4.5), bedeutet der Ausdruck im Anspruch 1 des Hauptantrags "zur Diagnose von biologisch aktivem hPTH 1-37", dass die im Anspruch 1 erwähnten Antikörper oder Antikörperfragmente die Fähigkeit besitzen, zwischen biologisch aktivem (d.h. intaktem hPTH 1-37) und biologisch inaktivem hPTH (oder Fragmenten davon), denen die ersten Aminosäuren Valin und Serin fehlen, unterscheiden zu können.

24. Die Kammer stimmt dieser Interpretation des Anspruchs 1 des Hauptantrags zu und kommt somit zu der Schlussfolgerung, dass durch den im Anspruch 1 eingeführten Zusatz (siehe den obigen Absatz 21), kein neues Merkmal eingeführt wird, welches im Anspruch 1 des Hauptantrags nicht bereits anwesend gewesen wäre. Der in den Anspruch 1 aufgenommene Zusatz stellt somit lediglich eine weitere explizite, jedoch nicht einschränkende Charakterisierung der gleichen Antikörper dar, die bereits im Anspruch 1 implizit war.

25. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin offenbart die Entgegenhaltung D10 nur Antikörper, die eine bevorzugte, jedoch nicht spezifische Sequenz ("predominant binding sequence") erkennen. Daher würden diese Antikörper auch andere Epitope der hPTH Sequenz (z.B. das N-terminal Epitop 5-9 eines inaktiven hPTH-Fragments) erkennen und wären daher ungeeignet - in Gegensatz zu den erfindungsgemäßen Antikörpern - zwischen aktivem und inaktivem hPTH (dem die ersten beiden Aminosäuren Serin und Valin fehlen) unterscheiden zu können.

26. Die Kammer kann sich dieser Argumentation bezüglich einer angeblichen Unterschiedlichkeit der Bindungseigenschaften zwischen den erfindungsgemäßen und den in der Entgegenhaltung D10 offenbarten Antikörpern, nicht anschließen.

27. Ebenso wie die in der Entgegenhaltung D10 erwähnten Antikörper binden die erfindungsgemäßen polyklonalen Antikörper (d.h. eine Mischung von an unterschiedliche Epitope eines Antigens bindende Antikörper) genauso an unterschiedliche Epitope eines bestimmten Peptids (z.B. hPTH 1-10; siehe Anspruch 1) und nicht ausschließlich an ein spezifisches Epitop dieses Peptids. Der Ausdruck "spezifisch" in Absatz [0010] und in Anspruch 3 des Patents ist tatsächlich so zu verstehen, dass ein Antikörper an ein bestimmtes Peptid binden muss, ohne Kreuzreaktivität mit anderen. Aus dieser Bedeutung folgt nicht zwangsläufig, dass dieser Antikörper ausschließlich an ein spezifisches Epitop dieses Peptids binden muss.

28. Auch im Lichte der Beschreibung des Streitpatents (siehe Absatz [0016]: "Nach der Immunisierung kann aus den immunisierten Tieren eine Immunoglobulin Fraktion isoliert werden, die Antikörper-Fraktionen enthält, welche einen Antikörper-Titer gegen mindestens eines der Peptide aufweisen"), welche gemäß Artikel 69 EPÜ zur Auslegung des Schutzumfanges eines Anspruches heranzuziehen ist, sind die beanspruchten Antikörper in diesem Sinne zu verstehen.

29. Darüber hinaus - wie auch die Einspruchsabteilung bereits festgestellt hat (siehe Seite 13, letzten Absatz der angefochtenen Entscheidung) - sind Antikörper, die ausschließlich an ein bestimmtes Epitop eines Peptids binden in der ursprünglichen Anmeldung nicht offenbart.

30. Daher ist die Kammer der Auffassung, dass die in der Entgegenhaltung D10 beschriebene Verwendung der Antikörper zum Nachweis von biologisch aktivem hPTH (1-37) auch für den Gegenstand vorliegenden Anspruchs 1 neuheitsschädlich ist, dass also der Zusatz am Ende des Anspruchs 1 des Hilfsantrags:

"wobei die Antikörper zwischen biologisch aktivem und biologisch inaktivem hPTH, denen die ersten beiden Aminosäuren Serin und Valin fehlen, unterscheiden."

dem Anspruch nicht zur Anerkennung der Neuheit verhelfen kann.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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